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Verordnung über die Einrichtung einer Härtefallkommission nach § 23a des Aufenthaltsgesetzes (Härtefallkommissionsverordnung - HFKV)

Verordnung über die Einrichtung einer Härtefallkommission nach § 23a des Aufenthaltsgesetzes (Härtefallkommissionsverordnung - HFKV)
vom 17. Januar 2005
(GVBl.II/05, [Nr. 02], S.46)

Auf Grund des § 23a Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950) verordnet die Landesregierung:

§ 1
Einrichtung

(1) Bei der für Inneres zuständigen obersten Landesbehörde wird eine Härtefallkommission als zuständige Stelle für Ersuchen nach § 23a des Aufenthaltsgesetzes eingerichtet.

(2) Die Befugnis zur Aufenthaltsgewährung steht ausschließlich im öffentlichen Interesse und begründet keine eigenen Rechte des Ausländers.

§ 2
Zusammensetzung und Berufungsverfahren

(1) Die Härtefallkommission hat bis zu acht stimmberechtigte Mitglieder. Die für Inneres zuständige oberste Landesbehörde beruft die Mitglieder und ihre Stellvertreter für die Dauer von drei Jahren durch Aushändigung einer Urkunde. Eine wiederholte Berufung für weitere zwei Jahre ist zulässig. Beim vorzeitigen Ausscheiden eines Mitgliedes oder eines stellvertretenden Mitgliedes erfolgt eine Nachberufung für den verbleibenden Berufungszeitraum.

(2) Die evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, die katholische Kirche, die Flüchtlingsorganisationen des Landes Brandenburg, die LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege Brandenburg, der Städte- und Gemeindebund Brandenburg, der Landkreistag Brandenburg, die für Soziales zuständige oberste Landesbehörde sowie die für Inneres zuständige oberste Landesbehörde können je ein Mitglied sowie einen Vertreter vorschlagen. Zusätzlich sind die Ausländerbeauftragte des Landes Brandenburg und der Leiter der Geschäftsstelle nach § 3 Mitglied der Härtefallkommission ohne Stimmrecht. Der Leiter der Geschäftsstelle führt den Vorsitz. Die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder der Härtefallkommission sollen über Kenntnisse des Aufenthalts- und Asylrechts oder über Erfahrungen in der Migrations- und Flüchtlingsberatung oder -betreuung verfügen.

(3) Soweit aus dem Kreise der Flüchtlingsorganisationen des Landes Brandenburg kein Mitglied benannt wird, wird die für Soziales zuständige oberste Landesbehörde eine Flüchtlingsorganisation zur Benennung auffordern.

(4) Durch Beschluss der Härtefallkommission kann im Einzelfall ein Sachverständiger hinzugezogen werden und mit beratender Stimme an der Sitzung teilnehmen.

§ 3
Geschäftsstelle

(1) Bei der für Inneres zuständigen obersten Landesbehörde wird eine Geschäftsstelle für die Härtefallkommission eingerichtet. Der Mitarbeiter der für Inneres zuständigen obersten Landesbehörde, dem die Leitung der Geschäftsstelle übertragen worden ist, vertritt die Härtefallkommission nach außen.

(2) Die Geschäftsstelle bereitet die Sitzungen vor. Sie holt die erforderlichen Stellungnahmen ein und legt den Mitgliedern der Kommission die zu behandelnden Anträge rechtzeitig vor dem Sitzungstermin mit einer Stellungnahme vor.

(3) Die Geschäftsstelle führt eine Statistik über die Zahl der angemeldeten und beratenen Fälle sowie über das Beratungsergebnis und die Entscheidung der für Inneres zuständigen obersten Landesbehörde nach § 23a Abs. 1 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes.

§ 4
Antragsverfahren

(1) Die Härtefallkommission wird ausschließlich im Wege der Selbstbefassung tätig. Dritte können nicht verlangen, dass die Härtefallkommission sich mit einem bestimmten Einzelfall befasst oder eine bestimmte Entscheidung trifft. Glaubhaft begründete Anträge Dritter können nur durch Mitglieder der Härtefallkommission in die Kommission eingebracht werden. In den Anträgen sind das bisherige ausländerrechtliche Verfahren sowie die dringenden humanitären oder persönlichen Gründe, welche die weitere Anwesenheit eines Ausländers im Bundesgebiet rechtfertigen, nachvollziehbar darzustellen. Dem Antrag ist eine Einverständniserklärung des Betroffenen zur Offenlegung aller für die Entscheidung erforderlichen personenbezogenen Daten beizufügen.

(2) Anträge nach Absatz 1 werden zunächst der Geschäftsstelle zugeleitet. Vor einer Befassung der Härtefallkommission bittet die Geschäftsstelle die zuständige Ausländerbehörde um eine Stellungnahme zu dem dargestellten Sachverhalt und um ein fachrechtliches Votum.

(3) Ist ein Ausschlusstatbestand im Sinne des § 5 erfüllt, wird dies der Kommission vom Leiter der Geschäftsstelle mit einem Bericht über den Ausschlussgrund mitgeteilt.

(4) Die für Inneres zuständige oberste Landesbehörde stellt sicher, dass außer in den Fällen des § 5 Nr. 9 durch die zuständige Ausländerbehörde für die Dauer der Befassung der Härtefallkommission von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abgesehen wird.

§ 5
Ausschlussgründe

Ausschlussgründe im Sinne des § 23a Abs. 2 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes liegen vor bei Ausländern,

  1. die sich nicht im Bundesgebiet aufhalten oder für die keine Ausländerbehörde des Landes Brandenburg zuständig ist,
  2. die sich entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 des Aufenthaltsgesetzes im Bundesgebiet aufhalten, es sei denn eine Ausreise ist aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich,
  3. für die noch eine Aufenthaltserlaubnis in einem anderen aufenthaltsrechtlichen Verfahren bei der zuständigen Ausländerbehörde oder im asylrechtlichen Verfahren vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erreicht werden kann oder wenn lediglich Gründe vorgetragen werden, die als zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abschließend geprüft worden sind oder werden,
  4. die im Rahmen des ausländer- oder asylrechtlichen Verfahrens falsche oder unvollständige Angaben gemacht oder über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit getäuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt haben,
  5. die zur Fahndung ausgeschrieben sind,
  6. die Straftaten von erheblichem Gewicht im Sinne des § 23a Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes begangen haben oder gegen die eine Abschiebungsanordnung nach § 58a des Aufenthaltsgesetzes erlassen worden ist,
  7. denen ein Aufenthaltstitel nach § 5 Abs. 4 des Aufenthaltsgesetzes versagt wurde oder die nach den §§ 53 und 54 des Aufenthaltsgesetzes ausgewiesen sind,
  8. deren Fall in der Härtefallkommission schon behandelt wurde, ohne dass sich die der vorherigen Entscheidung zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich wesentlich geändert hat, oder
  9. für die der Termin einer Rückführung bereits feststeht.

Eine Veränderung der Sach- oder Rechtslage ist dann wesentlich im Sinne der Nummer 8, wenn bei Kenntnis eine andere Entscheidung der Kommission in Betracht gekommen wäre.

§ 6
Beratungsverfahren

(1) Die Mitglieder der Härtefallkommission sind in ihrer Entscheidung unabhängig und frei von Weisungen.

(2) Die Härtefallkommission tagt bei Bedarf, in der Regel einmal im Monat. Sie ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte ihrer Mitglieder anwesend ist. Ihre Sitzungen sind nicht öffentlich. Berichterstatter des jeweils zu beratenden Einzelfalls ist das Mitglied der Härtefallkommission, das den Fall eingebracht hat. Beratungsinhalte, im Verfahren bekannt gewordene Daten sowie das Abstimmungsverhalten unterliegen der Verschwiegenheitspflicht. Die Mitglieder der Härtefallkommission geben nach der Beratung ihre Sitzungsunterlagen an die Geschäftsstelle ab.

(3) Die Kommission trifft zu den ihr vorgelegten zulässigen Anträgen auf Grund einer Abwägung aller Gesichtspunkte eine Entscheidung, ob dringende humanitäre oder persönliche Gründe die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet rechtfertigen und deshalb ein Ersuchen an die für Inneres zuständige oberste Landesbehörde gestellt wird oder nicht.

(4) Ein Ersuchen bedarf der Zustimmung von mindestens zwei Dritteln der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder der Härtefallkommission oder deren Stellvertreter; im Übrigen entscheidet die Härtefallkommission mit einfacher Mehrheit der Stimmberechtigten. Jedes Mitglied im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 verfügt über eine Stimme.

§ 7
Ersuchen und Entscheidung der für Inneres zuständigen obersten Landesbehörde

(1) Kommt die Härtefallkommission zu dem Ergebnis, dass der weitere Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet im Sinne des § 23a des Aufenthaltsgesetzes gerechtfertigt ist, so ersucht sie die für Inneres zuständige oberste Landesbehörde anzuordnen, dass durch die zuständige Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis erteilt oder verlängert wird. Die Gründe für das Härtefallersuchen werden im Sitzungsprotokoll schriftlich festgehalten.

(2) In dem Härtefallersuchen soll im Einzelnen dargelegt werden, aus welchen dringenden Gründen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet aus der Sicht der Härtefallkommission gerechtfertigt ist.

(3) Die für Inneres zuständige oberste Landesbehörde entscheidet, ob eine Anordnung dahin gehend zu treffen ist, dass die zuständige Ausländerbehörde einem Ausländer – abweichend von den im Aufenthaltsgesetz festgelegten Voraussetzungen für die Erteilung und Verlängerung eines Aufenthaltstitels – eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen oder zu verlängern hat. Die Anordnung kann im Einzelfall unter Berücksichtung des Umstandes erfolgen, ob der Lebensunterhalt des Ausländers gesichert ist oder eine Verpflichtungserklärung nach § 68 des Aufenthaltsgesetzes abgegeben wird.

§ 8
Funktionsbezeichnungen

Die in dieser Verordnung verwendeten Funktions-, Status- und anderen Bezeichnungen gelten für Frauen und Männer.

§ 9
In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten

(1) Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

(2) Sie tritt gemäß Artikel 15 Abs. 4 des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950, 2010) am 31. Dezember 2009 außer Kraft.

Potsdam, den 17. Januar 2005

Die Landesregierung des Landes Brandenburg
Der Ministerpräsident
Matthias Platzeck

Der Minister des Innern
Jörg Schönbohm