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Gesetz zur Umsetzung des Elften Buches Sozialgesetzbuch (Landespflegegesetz - LPflegeG)

Gesetz zur Umsetzung des Elften Buches Sozialgesetzbuch (Landespflegegesetz - LPflegeG)
vom 29. Juni 2004
(GVBl.I/04, [Nr. 15], S.339)

Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Abschnitt 1
Allgemeine Bestimmungen

§ 1
Geltungsbereich

Dieses Gesetz gilt für ambulante, teilstationäre und vollstationäre Pflegeeinrichtungen einschließlich der Einrichtungen der Kurzzeitpflege im Land Brandenburg, auf die das Elfte Buch Anwendung findet.

§ 2
Zielsetzung

(1) Ziel dieses Gesetzes ist es, eine leistungsfähige, wirtschaftliche und zahlenmäßig ausreichende ambulante, teilstationäre und vollstationäre pflegerische Versorgungsstruktur sicherzustellen. Zugleich soll eine regional gegliederte, ortsnahe und aufeinander abgestimmte Versorgung für alle Pflegebedürftigen gewährleistet werden. Das Versorgungssystem ist unter Beachtung der Grundsätze der Qualitätssicherung, des Verbraucherschutzes und des Vorrangs der ambulanten vor der stationären Versorgung weiter zu entwickeln.

(2) Pflegebedürftige mit geringer finanzieller Leistungsfähigkeit sollen öffentlich geförderte Pflegeheimplätze vorrangig in Anspruch nehmen können.

§ 3
Sicherstellung der Versorgungsstruktur

(1) Das Land, die Kommunen, die Pflegeeinrichtungen und die Träger der Pflegeversicherung wirken unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung eng zusammen, um die in § 2 genannten Ziele zu verwirklichen.

(2) Das Land ist verantwortlich für die Sicherstellung der teilstationären und vollstationären pflegerischen Versorgungsstruktur einschließlich der Einrichtungen der Kurzzeitpflege. Das für Soziales zuständige Ministerium hat entsprechend dieser Verantwortung den Pflegemarkt zu beobachten und auszuwerten sowie die vorhandene pflegerische Versorgungsstruktur zu analysieren. Sofern Defizite in der Versorgungsstruktur zu besorgen sind oder festgestellt werden, hat das Land geeignete Maßnahmen zu treffen, um diese zu beseitigen und ihre Entstehung zu verhindern.

§ 4
Landespflegeausschuss

(1) Der gemäß dem Elften Buch Sozialgesetzbuch gebildete Landespflegeausschuss berät das für Soziales zuständige Ministerium in Fragen der Sicherstellung und qualitativen Weiterentwicklung der pflegerischen Versorgungsstruktur. Die Beratung umfasst insbesondere:

  1. die allgemeinen Versorgungsziele, insbesondere unter der Berücksichtigung der Entwicklung der Pflegebedürftigkeit, der Bevölkerungsstruktur sowie der ambulanten, teilstationären und vollstationären pflegerischen Leistungsangebote,
  2. Zusammenhänge und Wechselwirkungen innerhalb des pflegerischen Versorgungssystems,
  3. strukturbildende Maßnahmen im Zusammenhang mit angrenzenden Versorgungssystemen,
  4. Aufbau und Ausbau eines Systems präventiver und pflegeergänzender Hilfen.

Der Landespflegeausschuss kann zu den in Satz 2 genannten Beratungsinhalten einvernehmlich Empfehlungen abgeben.

(2) Das Land unterrichtet den Landespflegeausschuss über alle veranlassten und beabsichtigten Maßnahmen im Rahmen seiner Sicherstellungsverantwortung gemäß § 3 und gibt ihm Gelegenheit zur Stellungnahme.

§ 5
Statistik und Auskunftspflichten

(1) Die Träger von Pflegeeinrichtungen, die Träger der Pflegeversicherung, die privaten Versicherungsunternehmen und der Medizinische Dienst der Krankenversicherung sind verpflichtet, dem für Soziales zuständigen Ministerium die zum Zwecke der Durchführung und Weiterentwicklung des Elften Buches Sozialgesetzbuch sowie der Überprüfung der mit diesem Gesetz angestrebten Ziele erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Dies gilt insbesondere für die in § 109 Abs. 1 und 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch genannten Sachverhalte. Die Daten der Pflegebedürftigen, der in der Pflege tätigen Personen, der Angehörigen und ehrenamtlichen Helfer dürfen nur in anonymisierter Form übermittelt werden.

(2) Das für Soziales zuständige Mitglied der Landesregierung wird ermächtigt, im Benehmen mit dem für Finanzen und dem für Inneres zuständigen Mitglied der Landesregierung durch Rechtsverordnung statistische Erhebungen bei den Trägern von Pflegeeinrichtungen sowie den Trägern der Pflegeversicherung, den privaten Versicherungsunternehmen und dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung zum Zwecke der Durchführung und Weiterentwicklung des Elften Buches Sozialgesetzbuch sowie der Überprüfung der mit diesem Gesetz angestrebten Ziele zu regeln. Die Rechtsverordnung kann insbesondere die in § 109 Abs. 1 und 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch genannten Sachverhalte, soweit sie nicht im Rahmen der Bundesstatistik erhoben werden, umfassen. Erhebungen zu Sachverhalten im Sinne des § 109 Abs. 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch können sich auch auf Geschlecht, Geburtsjahr und Wohnort der Pflegebedürftigen erstrecken. Die Auskunftspflichtigen teilen die in den Statistiken erfassten Sachverhalte dem für Soziales zuständigen Mitglied der Landesregierung mit. Die Daten dürfen nur zu dem Zweck verarbeitet werden, zu dem sie übermittelt wurden.

§ 6
Zuständigkeiten

(1) Zuständige Behörde gemäß § 76 Abs. 2 Satz 6, § 76 Abs. 4 sowie § 92 Abs. 2 Satz 1 und § 92 Abs. 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch ist das für Soziales zuständige Ministerium. Es kann die Geschäftsführung gemäß § 92 Abs. 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch auf eine andere Landesbehörde seines Geschäftsbereiches übertragen.

(2) Zuständige Behörde für die Wahrnehmung der Aufgaben gemäß § 82 Abs. 3 Satz 3, § 82 Abs. 4 Satz 2 sowie § 109 Abs. 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und gemäß § 9 Abs. 2 der Pflege-Buchführungsverordnung ist das Landesamt für Soziales und Versorgung.

(3) Zuständiger Träger der Sozialhilfe gemäß § 72 Abs. 2 Satz 1, § 73 Abs. 3 Satz 2, § 74 Abs. 1 Satz 2, § 85 Abs. 2 Nr. 2, § 86 Abs. 1 Satz 1 und § 89 Abs. 2 Nr. 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch für teilstationäre und vollstationäre Pflegeeinrichtungen ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe. In allen anderen Fällen ist zuständiger Träger der Sozialhilfe der örtliche Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Pflegeeinrichtung befindet.

(4) Zuständig für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten gemäß § 121 Abs. 1 Nr. 1, 3 bis 6 des Elften Buches Sozialgesetzbuch sind die Landkreise und kreisfreien Städte. Sie nehmen diese Aufgabe als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung wahr. Das für Soziales zuständige Ministerium ist Sonderaufsichtsbehörde gemäß § 132 der Gemeindeordnung für das Land Brandenburg. Die Geldbußen aus der Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach Satz 1 fließen in die Kasse der Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat. Diese Verwaltungsbehörde trägt abweichend von § 105 Abs. 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten die notwendigen Auslagen; sie ist auch ersatzpflichtig im Sinne des § 110 Abs. 4 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten. Das Landesamt für Soziales und Versorgung nimmt am Ende eines jeden Jahres eine Abrechnung der den Landkreisen und kreisfreien Städten entstandenen Kosten und der tatsächlich vereinnahmten Bußgelder und Verwaltungsgebühren vor. Wenn den jeweiligen Landkreisen und kreisfreien Städten ein Differenzbetrag entsteht, wird er vom Land erstattet. Anstelle des Verfahrens nach Satz 7 kann die Erstattung auch pauschaliert erfolgen. Das für Soziales zuständige Mitglied der Landesregierung wird ermächtigt, im Benehmen mit dem für Finanzen und dem für Inneres zuständigen Mitglied der Landesregierung durch Rechtsverordnung Näheres zum Verfahren der Festsetzung der Pauschalen und zu den Voraussetzungen zu erlassen. In den Bestimmungen zu den Pauschalen ist sicherzustellen, dass die anspruchsberechtigten Gebietskörperschaften durch zumutbare eigene Anstrengungen zu einem vollständigen Mehrbelastungsausgleich kommen können.

Abschnitt 2
Besondere Bestimmungen für die öffentlich geförderten Pflegeeinrichtungen

§ 7
Grundsatz

Entsprechend dem Ziel gemäß § 2 Abs. 2 sind die öffentlich geförderten teilstationären und vollstationären Pflegeheimplätze vorrangig mit Personen der Zielgruppe gemäß § 8 zu belegen.

§ 8
Zielgruppe

(1) Zielgruppe der öffentlich geförderten teilstationären und vollstationären Pflegeeinrichtungen sind Personen mit geringer finanzieller Leistungsfähigkeit, die ihren Wohnsitz vor Heimaufnahme im Land Brandenburg haben. Geringe finanzielle Leistungsfähigkeit liegt grundsätzlich vor, wenn das jährliche Gesamteinkommen je Person 12 000 Euro nicht überschreitet. In begründeten Einzelfällen können auch Personen mit geringer finanzieller Leistungsfähigkeit aus anderen Bundesländern in öffentlich geförderte teilstationäre und vollstationäre Pflegeeinrichtungen aufgenommen werden.

(2) Soweit die Landkreise und kreisfreien Städte von ihrer Berechtigung nach § 9 Gebrauch machen, dürfen sie personenbezogene Daten der Bewerber für einen öffentlich geförderten Platz, insbesondere Angaben zum Wohnsitz und zu den Einkommensverhältnissen, verarbeiten, soweit dies für die Bescheinigung der vorrangigen Inanspruchnahme öffentlich geförderter Pflegeheimplätze erforderlich ist.

§ 9
Belegungsrecht

(1) Zur Durchsetzung des Zieles gemäß § 2 Abs. 2 sind die Landkreise und kreisfreien Städte berechtigt, für die öffentlich geförderten teilstationären und vollstationären Plätze in den Pflegeeinrichtungen Personen zu benennen, denen der Träger von Pflegeeinrichtungen nach Maßgabe von § 10 Nr. 1 öffentlich geförderte Pflegeheimplätze zu überlassen hat (Belegungsrecht).

(2) Die Landkreise und kreisfreien Städte sind berechtigt, nach Maßgabe dieses Gesetzes im Benehmen mit den Trägern der öffentlich geförderten Pflegeeinrichtungen Näheres zum Verfahren der vorrangigen Belegung von öffentlich geförderten teilstationären und vollstationären Pflegeheimplätzen zu regeln.

§ 10
Pflichten der Träger von öffentlich geförderten Pflegeeinrichtungen

Die Träger von öffentlich geförderten teilstationären und vollstationären Pflegeeinrichtungen sind verpflichtet,

  1. auf Verlangen des Landkreises oder der kreisfreien Stadt, in dessen Bereich die Pflegeeinrichtung liegt, unverzüglich jeden freiwerdenden öffentlich geförderten Platz zu melden,
  2. die Pflegeheimplätze vorrangig mit Personen der Zielgruppe gemäß § 8 zu belegen,
  3. auf Verlangen des Landkreises oder der kreisfreien Stadt, in dessen Bereich die Pflegeeinrichtung liegt, unverzüglich die für die Überprüfung der Einhaltung der Verpflichtung gemäß § 7 erforderlichen Auskünfte zu erteilen und, falls erforderlich, Einsicht in die notwendigen Unterlagen zu gewähren.

§ 11
Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer fahrlässig oder vorsätzlich

  1. entgegen § 10 Nr. 1 nicht unverzüglich jeden freiwerdenden öffentlich geförderten Platz meldet,
  2. entgegen § 10 Nr. 2 trotz Vorliegen von Anträgen der Zielgruppe gemäß § 8 die Pflegeheimplätze mit Personen belegt, die die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllen,
  3. entgegen § 10 Nr. 3 eine Auskunft nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 3 mit einer Geldbuße bis zu 2 500 Euro und in dem Fall des Absatzes 1 Nr. 2 mit einer Geldbuße bis zu 10 000 Euro geahndet werden. Eine Ahndung des Verstoßes im Fall des Absatzes 1 Nr. 2 entfällt, wenn die Aufnahme des nicht vorrangig Berechtigten aus medizinischer oder pflegerischer Sicht erforderlich und nachgewiesen ist.

(3) Verwaltungsbehörde im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist der jeweils zuständige Landkreis oder die jeweils zuständige kreisfreie Stadt.

Abschnitt 3
Schlussvorschriften

§ 12
In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt das Landespflegegesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Mai 1998 (GVBl. I S. 158) außer Kraft.

Potsdam, den 29. Juni 2004

Der Präsident des Landtages Brandenburg
Dr. Herbert Knoblich