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Brandenburgisches Vorschriftensystem (BRAVORS)

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Letzte gültige Fassung Änderungshistorie

ARCHIV

Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes (VV AsylbLG)


vom 14. Oktober 2011
(ABl./16, [Nr. 51], S.1533)

geändert durch Verwaltungsvorschrift
(ABl./11, [Nr. 45], S.1951)

Außer Kraft getreten am 8. Dezember 2016
(ABl./16, [Nr. 51], S.1533)

1 Leistungen in besonderen Fällen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)

Nach § 2 Absatz 1 AsylbLG erhalten Leistungsberechtige, die über eine Dauer von insgesamt 48 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten haben und die Dauer des Aufenthaltes nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben, analog Leistungen nach dem SGB XII. Liegen die genannten Voraussetzungen vor, sind Leistungen entsprechend SGB XII zu gewähren. Hinsichtlich der Form der Leistungen ist zu unterscheiden, ob die Leistungsberechtigten in Wohnungen oder Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind.

1.1 Form der Leistungen außerhalb von Gemeinschaftsunterkünften

Leistungsberechtigte, die nicht in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind, haben im Regelfall wie Leistungsberechtigte nach SGB XII Anspruch auf Geldleistungen. Nach der Rechtsprechung erfasst der Verweis in § 2 Absatz 1 AsylbLG auch den in § 10 Absatz 3 Satz 1 SGB XII geregelten Vorrang von Geld- vor Sachleistungen (vgl. LSG NRW, Urteil v. 29.08.2008, Az. L 20 B 52/08 AY).

Diese Bestimmung gilt ebenso für ausländische Flüchtlinge, die eine Duldung besitzen. Asylbegehrende handeln nicht schon rechtsmissbräuchlich, wenn sie trotz des aufgrund der Duldung bestehenden Abschiebungsverbots nicht freiwillig ausreisen und hierfür keine anerkennungswerten Gründe nachweisen können (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2008, Az. B B/gb AY 1/07 R). Nur wenn ein darüber hinausgehendes sozialwidriges Verhalten vorliegt, besteht kein Anspruch auf Leistungen nach § 2 Absatz 1 AsylbLG.

Da die Geldleistung den Regelfall darstellt, bedarf die im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung erfolgte ausnahmsweise Gewährung von Sachleistungen oder Wertgutscheinen einer besonderen auf den Einzelfall zugeschnittenen Begründung. Keinesfalls ausreichend ist das Anstellen genereller Erwägungen wie z. B. eine für erforderlich gehaltene Gleichbehandlung aller Asylbegehrender.

Eine Ausnahme von diesem Regelfall wäre beispielsweise bei wiederholtem unwirtschaftlichem Umgang mit Barmitteln möglich.

1.2 Form der Leistung innerhalb von Gemeinschaftsunterkünften

Bei einer Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft gilt die Sonderregelung des § 2 Absatz 2 AsylbLG, wonach die zuständige Behörde die Form der Leistung auf Grund der örtlichen Umstände bestimmt. Insoweit verbleibt es beim grundsätzlichen Vorrang der Geldleistung, auf Grund örtlicher Gegebenheiten kann aber davon abgewichen werden.

Eine Ermessensentscheidung für eine generelle Gewährung von Sachleistungen mit der abstrakten Begründung, dass unterschiedliche Formen der Leistungsgewährung zu sozialen Spannungen führen könnten, ist rechtlich nicht tragfähig. Denn mit einer solchen pauschalen Ablehnung einer Geldleistungsgewährung an Leistungsberechtigte wegen der bloßen Möglichkeit des Entstehens sozialer Spannungen wäre faktisch immer allein die Bestimmung der Sachleistung ermessensgerecht. Eine diesbezügliche Begründung erfordert deshalb in der Regel das Vorliegen von bereits konkret eingetretenen Spannungen. Soweit es bisher zu keinen sozialen Spannungen gekommen ist, sind an die Begründung für eine Ablehnung von Geldleistungen hohe Anforderungen zu stellen. In diesem Fall sind zumindest konkrete Anhaltspunkte für das Entstehen solcher Spannungen zu fordern, wobei die Behörde zusätzlich zu prüfen hat, ob statt der ausschließlichen Gewährung von Sachleistungen vorrangig auch andere Maßnahmen den befürchteten Spannungen entgegenwirken können.

Wenn sich Leistungsträger im Rahmen der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens für die Gewährung von Sachleistungen entscheiden, steht Leistungsberechtigten jedoch ein gegenüber § 3 Absatz 1 Satz 4 AsylbLG erhöhter Barbetrag zu. Der Barbetrag stellt einen Teil-Regelsatz nach dem SGB XII dar, der zur Deckung derjenigen Bedürfnisse nach dem SGB XII dient, die bei einer Gemeinschaftsunterbringung und –versorgung nicht durch Sachleistungen befriedigt werden.

2 Grundleistungen nach § 3 AsylbLG

Nach § 3 Abs. 1 AsylbLG wird der notwendige Bedarf an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts durch Sachleistungen gedeckt. Soweit es nach den Umständen erforderlich ist, können gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 AsylbLG anstelle von vorrangig zu gewährenden Sachleistungen auch Leistungen in Form von Wertgutscheinen, von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen gewährt werden.

Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist zwar von einem grundsätzlichen Vorrang der Gewährung von Sachleistungen auszugehen. Unter der Voraussetzung, dass es nach den Umständen erforderlich ist, steht den zuständigen Behörden allerdings ein verhältnismäßig weites Ermessen bezüglich der Alternativleistungsformen zu. Bei der Bewertung „des nach den Umständen Erforderlichen“ können sowohl Gesichtspunkte aus Sicht der Behörde als auch aus Sicht der Betroffenen selbst eine Rolle spielen.

Gründe aus Sicht der Behörde, die eine Ermessensentscheidung zugunsten von Geldleistungen rechtfertigen können, sind beispielsweise:

  • höherer verwaltungstechnischer oder organisatorischer Aufwand bei Gewährung von Sachleistungen oder Gutscheinen; hierzu gehören z. B. auch vermehrte Probleme in Bezug auf geeignete Anbieter oder Lieferanten
  • höherer Kostenaufwand bei Gewährung von Sachleistungen oder Gutscheinen
  • Pflicht zur Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums; dieses kann z. B. in Frage gestellt sein, wenn im Rahmen eines Gutscheinsystems nur eine kleine Anzahl an Läden zur Verfügung steht, die ein höheres Preisniveau als Discounter aufweisen.

Als Gründe, die aus Sicht der Betroffenen eine Entscheidung zugunsten von Geldleistungen rechtfertigen können, kommen insbesondere in Betracht:

  • individueller Ernährungsbedarf
  • Unterbringung in einer Mietwohnung.

3 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieser Runderlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft. Die Runderlasse des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie über die Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes vom 14. Januar 2003 und 10. März 2003 (nicht im Amtsblatt veröffentlicht) treten mit Inkrafttreten dieses Runderlasses außer Kraft.