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Brandenburgisches Vorschriftensystem (BRAVORS)

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Letzte gültige Fassung Änderungshistorie

ARCHIV

Verwaltungsvorschriften des Ministers für Wissenschaft, Forschung und Kultur zum Gesetz zur Ausgestaltung der Rechte der Sorben (Wenden) im Land Brandenburg


vom 28. April 1997
(ABl./97, [Nr. 21], S.422)

Außer Kraft getreten am 8. Juni 2016 durch Verwaltungsvorschriften des MWFK vom 13. Mai 2016
(ABl./16, [Nr. 22], S.610)

I. Allgemeines

Das Sorben(Wenden)-Gesetz (SWG) vom 7. Juli 1994 (GVBl. I S. 294) gewährt sowohl dem sorbischen/wendischen Volk als auch jedem einzelnen Sorben/Wenden Rechte. Zu unterscheiden ist zwischen Rechten, die im gesamten Land Brandenburg bestehen, und solchen, die ausschließlich im angestammten Siedlungsgebiet der Sorben/Wenden bestehen.

1. Zu den Rechten, die jedem im Land Brandenburg wohnenden Sorben/Wenden - auch außerhalb des angestammten Siedlungsgebietes - zustehen, gehört gemäß § 1 Abs. 2 SWG das Recht, seine ethnische, kulturelle und sprachliche Identität frei zum Ausdruck zu bringen, zu wahren und weiterzuentwickeln

2. Im angestammten Siedlungsgebiet der Sorben/Wenden werden dem sorbischen/wendischen Volk unter anderem folgende Rechte eingeräumt:

  • Schutz, Erhaltung und Pflege des angestammten Siedlungsgebietes (§ 3 Abs. 1 SWG)
  • Wahrung der Interessen der Sorben/Wenden durch Bestellung von kommunalen Sorbenbeauftragten oder durch andere geeignete Maßnahmen (§ 6 Abs. 1 SWG)
  • Schutz und Förderung der sorbischen/wendischen Kultur (§ 7 SWG)
  • Schutz und Förderung der sorbischen/wendischen Sprache (§ 8 SWG)
  • Zweisprachige Beschriftung von öffentlichen Gebäuden und Einrichtungen, Straßen, Wegen, Plätzen und Brücken (§ 11 Abs. 1 SWG).

II. Zielsetzung

Um eine einheitliche Auslegung und Durchführung des SWG zu gewährleisten, werden nachfolgend Hinweise gegeben:

  • zu der Feststellung, ob eine Gemeinde zum sorbischen/wendischen Siedlungsgebiet gehört,
  • zu den sich aus der Zugehörigkeit zum sorbischen/wendischen Siedlungsgebiet für eine Gemeinde aus dem SWG ergebenden Folgen.

Bestimmungen für die Bereiche Bildung, Schule und Kindertagesstätten (§ 10 SWG) bleiben einer gesonderten Regelung vorbehalten.

III. Angestammtes Siedlungsgebiet (§ 3 SWG)

Es obliegt den Gemeinden, zu prüfen und festzustellen, ob sie zum angestammten Siedlungsgebiet gehören. Sie sind an die gesetzlichen Vorgeben gebunden. Ihre Entscheidungen unterliegen der Überprüfung durch die Kommunalaufsichtsbehörden.

Voraussetzung für die Zugehörigkeit einer Gemeinde zum angestammten sorbischen/wendischen Siedlungsgebiet ist, dass die Gemeinde in dem in § 3 Abs. 2 Satz 2 SWG umschriebenen Gebiet liegt und dass in der Gemeinde gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 SWG eine kontinuierliche sprachliche und kulturelle Tradition bis zur Gegenwart nachweisbar ist.

1. Aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 Satz 2 SWG geht hervor, dass nicht jede Gemeinde, die in dem umschriebenen Gebiet liegt, automatisch zum angestammten Siedlungsgebiet gehört. Durch diese Festlegung wird das angestammte Siedlungsgebiet insgesamt umschrieben.

Gemeinden außerhalb des umschriebenen Gebietes können nicht zum angestammten Siedlungsgebiet gehören, auch wenn dort die anderen in § 3 Abs. 2 SWG genannten Voraussetzungen möglicherweise erfüllt wären.

Liegt eine Gemeinde in dem Gebiet, hat sie die weiteren Voraussetzungen unter Nummer 2 zu prüfen.

2. Für die Zugehörigkeit zum angestammten Siedlungsgebiet ist Voraussetzung, dass gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 SWG in der Gemeinde eine kontinuierliche sprachliche und kulturelle Tradition bis zur Gegenwart nachweisbar ist. Es genügt, wenn dies in einem Teil der Gemeinde der Fall ist.

  1. Von einer kontinuierlichen sprachlichen Tradition ist auszugehen, wenn in einer Gemeinde mindestens seit 50 Jahren bis zur Gegenwart die sorbische/wendische Sprache gesprochen wird.
  2. Von einer kontinuierlichen kulturellen Tradition ist auszugehen, sofern in der Gemeinde mindestens seit 50 Jahren bis zur Gegenwart sorbische/wendische Kultur gepflegt wird. Dies ist in der Regel der Fall, wenn
  • sorbische/wendische Vereine oder Verbände in der Gemeinde ansässig sind,
  • sorbische/wendische Theaterveranstaltungen stattfinden,
  • sorbisches/wendisches Brauchtum gepflegt wird,
  • sich Kinder der Gemeinde am Sorbisch-/Wendischunterricht beteiligen oder
  • Gottesdienst in sorbisch/wendischer Sprache abgehalten wird.

Dies ist keine abschließende, sondern lediglich eine beispielhafte Aufzählung von möglichen Kriterien.

IV. Kommunale Sorbenbeauftragte (§ 6 SWG)

Nach § 6 Abs. 1 SWG sollen die dort benannten Ämter und kommunalen Gebietskörperschaften Beauftragte für die Angelegenheiten der Sorben/Wenden ernennen, sofern sie nicht andere geeignete Maßnahmen zur Wahrung der Interessen der Sorben/Wenden treffen. Von der Größe des Amtes oder der Gebietskörperschaft sowie von der Zahl der Sorben/Wenden ist es abhängig, welchen Umfang diese Tätigkeit in Anspruch nehmen wird. In der Regel ist dem Gesetz Genüge getan, wenn ein Mitarbeiter des Amtes oder der kommunalen Gebietskörperschaft diese Aufgabe zusätzlich wahrnimmt.

Denkbar ist es auch, einen ehrenamtlichen Beauftragten zu bestellen. Name, Adresse und Sprechzeiten des Beauftragten sollten in angemessener Weise öffentlich bekannt gemacht werden.

Besonders ist darauf zu verweisen, dass für die Beauftragten für die Angelegenheiten der Sorben/Wenden nach § 6 Abs. 2 SWG die Regelungen über die Kompetenzen der Gleichstellungsbeauftragten gemäß § 23 Abs. 3 Gemeindeordnung (GO) und § 21 Abs. 3 Landeskreisordnung (LkrO) entsprechend gelten.

V. Förderung der sorbischen/wendischen Kultur (§ 7 SWG)

Die Verpflichtung zur Förderung der sorbischen/wendischen Kultur erfüllt das Land insbesondere durch seine Beteiligung an der Stiftung für das sorbische Volk. Diese gemeinsam vom Bund und den Ländern Sachsen und Brandenburg getragene Stiftung fördert die verschiedenen sorbischen Einrichtungen im Siedlungsgebiet der Sorben/Wenden sowie Einzelprojekte. Über Förderungsanträge entscheiden die zuständigen Gremien der Stiftung.

Darüber hinaus haben die Landkreise und Gemeinden nach § 7 Abs. 2 SWG, § 24 Abs. 2 GO und § 22 Abs. 2 LKrO im angestammten Siedlungsgebiet der Sorben/Wenden die sorbische/wendische Kultur angemessen in die Kulturarbeit einzubeziehen. Die konkrete Ausgestaltung liegt im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung bei den Landkreisen und Gemeinden.

Es empfiehlt sich, die Erfüllung dieser Aufgabe für die Öffentlichkeit nachvollziehbar zu machen (z. B. durch entsprechende Haushaltsansätze oder Projekte).

VI. Sorbische/Wendische Sprache (§ 8 SWG)

§ 8 SWG verlangt besonders eine Förderung der sorbischen/wendischen Sprache.

Der Landesgesetzgeber hat für den Bereich des Verwaltungsverfahrens den Gebrauch der sorbischen/wendischen Sprache in § 23 Abs. 5 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Brandenburg (VwVfGBbg) geregelt.

Danach sind in Verwaltungsverfahren nach dem VwVfGBbg sorbische/wendische Verfahrensbeteiligte, wenn sie die sorbische/wendische Sprache benutzen, von den Kosten für Dolmetscher oder Übersetzer befreit. Ferner wird eine Frist auch durch in sorbischer/wendischer Sprache abgefasste Anträge, Anzeigen oder Willenserklärungen in Lauf gesetzt.

VII. Zweisprachige Beschriftung (§ 11 SWG)

Gemäß § 11 Abs. 1 SWG sind öffentliche Gebäude und Einrichtungen, Straßen, Wege, Plätze und Brücken im angestammten sorbischen/wendischen Siedlungsgebiet in deutscher und niedersorbischer Sprache zu kennzeichnen. Folgende Beschriftungen sind somit zweisprachig zu gestalten:

1. Richtzeichen Nr. 432 gemäß § 42 StVO zu innerörtlichen Zielen und zu Einrichtungen mit erheblicher Verkehrsbedeutung.

2. Richtzeichen Nr. 437 gemäß § 42 StVO, Straßenschilder.
Die Entscheidung über die Ausführung der Straßennamensschilder erfolgt durch die zuständige Gemeindeverwaltung.

3. Sonstige innerörtliche Schilder öffentlicher Gebäude und Einrichtungen ohne erhebliche Verkehrsbedeutung. Namensschilder für Plätze und Brücken sowie Hinweisschilder hierauf.

Gemäß § 11 Abs. 2 SWG können auch andere Gebäude zweisprachig beschriftet werden, sofern diese Bedeutung für die Öffentlichkeit haben. Gleiches gilt für andere als die in Nummern 1 bis 3 genannten Schilder innerhalb der Gemeinde. Die Möglichkeit einer zweisprachigen Beschriftung sollte umfassend genutzt werden.

Niedersorbische Textversion der Verwaltungsvorschrift