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Ausführungsvorschriften zur Gewährleistung der sicherheitstechnischen und betriebsärztlichen Betreuung der Beschäftigten in den Dienststellen des Landes Brandenburg gemäß Arbeitssicherheitsgesetz (AV ASiG)

Ausführungsvorschriften zur Gewährleistung der sicherheitstechnischen und betriebsärztlichen Betreuung der Beschäftigten in den Dienststellen des Landes Brandenburg gemäß Arbeitssicherheitsgesetz (AV ASiG)
vom 14. April 2015
(ABl./15, [Nr. 22], S.475)

1 Allgemeines

1.1 In den Dienststellen, die in der Anlage 1 zu diesen Ausführungsvorschriften aufgeführt sind, nachfolgend Dienststellen genannt, ist nach § 16 des Gesetzes über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit vom 12. Dezember 1973 (BGBl. I S. 1885), das zuletzt durch Artikel 3 Absatz 5 des Gesetzes vom 20. April 2013 (BGBl. I S. 868) geändert worden ist, im Folgenden ASiG genannt, ein den Grundsätzen des ASiG gleichwertiger arbeitsmedizinischer und sicherheitstechnischer Arbeitsschutz zu gewährleisten.

1.2 Die Grundsätze des ASiG sind erfüllt, wenn nach Maßgabe dieser Ausführungsvorschriften Fachkräfte für Arbeits-sicherheit sowie Betriebsärztinnen und Betriebsärzte tätig werden. Die Fachkräfte für Arbeitssicherheit sowie die Betriebsärztinnen und Betriebsärzte beraten und unterstützen die Dienststellenleitungen in allen Fragen der Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit. Damit soll erreicht werden, dass

  1. die der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit dienenden Vorschriften den besonderen Verhältnissen der Dienststellen entsprechend angewandt werden,
  2. der Stand der Technik, Arbeitsmedizin, Arbeitshygiene und die gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit sowie zur Förderung der Gesundheit berücksichtigt und umgesetzt werden und
  3. die der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit sowie der Gesundheitsförderung dienenden Maßnahmen einen möglichst hohen Wirkungsgrad erreichen.

1.3 Diese Ausführungsvorschriften gelten grundsätzlich gleichermaßen für Beamtinnen und Beamte wie für Beschäftigte, auf die der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder Anwendung findet, und für Auszubildende, im Folgenden zusammengefasst Beschäftigte genannt. Sofern im Beamtenrecht des Landes besondere Bestimmungen zur Anwendung von Arbeitsschutzvorschriften für die Beamtinnen und Beamten getroffen wurden, gelten diese.

1.4 Für den Einsatz von Betriebsärztinnen und Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit sind ergänzend zum ASiG und diesen Ausführungsvorschriften die Bestimmungen der Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (DGUV Vorschrift 2) der Unfallkasse Brandenburg in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. August 2011 (ABl. S. 1611) in ihrer jeweils jüngsten im Amtsblatt für Brandenburg veröffentlichten Fassung anzuwenden.

2 Wahrnehmung der Aufgaben - Kompetenzzentrum für Sicherheit und Gesundheit

2.1 Für die Wahrnehmung der Aufgaben nach den §§ 3 und 6 ASiG in den Dienststellen wird auf der Grundlage des Beschlusses der Landesregierung vom 12. August 2014 im Landesamt für Arbeitsschutz ein landeseigener überbetrieblicher Dienst von Fachkräften für Arbeitssicherheit und Betriebsärztinnen und -ärzten nach § 19 ASiG als Kompetenzzentrum für Sicherheit und Gesundheit, im Folgenden Kompetenzzentrum genannt, eingerichtet.

2.2 Das Kompetenzzentrum gewährleistet ab dem 1. Januar 2015 die sicherheitstechnische Betreuung aller Beschäftigten der Dienststellen und der in den Justizvollzugsanstalten des Landes beschäftigten Gefangenen.

2.3 Die betriebsärztliche Betreuung wird nach einem Stufenkonzept für alle Beschäftigten der Dienststellen und der in den Justizvollzugsanstalten des Landes beschäftigten Gefangenen entsprechend der personellen Verfügbarkeit des arbeitsmedizinischen Fachpersonals schrittweise durch das Kompetenzzentrum übernommen.

2.4 Für die Zeit bis zur vollständigen Übernahme der betriebsärztlichen Betreuung durch das Kompetenzzentrum ist es erforderlich, dass Dienststellen, die nicht in der Anlage 5 aufgeführt sind, die erforderlichen betriebsärztlichen Leistungen selbst ausschreiben. Ab dem 01.01.2015 schließen diese Dienststellen zeitlich befristete Verträge mit einer Laufzeit von zwei Jahren und einer Verlängerungsoption von bis zu weiteren zwei Jahren mit externen Anbietern ab. Die Verträge mit einer Verlängerungsoption werden zum 01.01.2016 vom Landesamt für Arbeitsschutz auf Seiten des Auftraggebers übernommen. Einzelheiten des Stufenkonzepts enthält Anlage 2.

2.5 Das Kompetenzzentrum gewährleistet in der ersten Stufe gemäß Anlage 2 die betriebsärztliche Betreuung der Beschäftigten in den Organisationseinheiten nach Anlage 5.

3 Pflichten der Dienststelle

3.1 Die Dienststellenleitung ist für die Umsetzung der dem Arbeitgeber oder Dienstherrn obliegenden gesetzlichen Aufgaben nach dem Arbeitsschutzgesetz und den darauf gestützten Verordnungen, nach dem Arbeitszeitgesetz oder der Arbeitszeitverordnung, nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz, nach dem Mutterschutzgesetz oder den gemäß § 71 des Landesbeamtengesetzes entsprechend geltenden Rechtsvorschriften für Bundesbeamtinnen und -beamte verantwortlich.

3.2 Die Dienststelle

  1. nimmt gemäß Beschluss der Landesregierung vom 12. August 2014 die angebotenen sicherheitstechnischen und betriebsärztlichen Leistungen des Kompetenzzentrums in Anspruch.
  2. ermittelt entsprechend den Vorgaben der DGUV Vorschrift 2 jährlich die den dienststellenspezifischen Erfordernissen entsprechenden Einsatzzeiten getrennt nach Grund- und betriebsspezifischer sowie nach sicherheitstechnischer und betriebsärztlicher Betreuung.
  3. schließt mit dem Kompetenzzentrum schriftliche Vereinbarungen über die voraussichtlich erforderliche Anzahl der Einsatzstunden zur Wahrnehmung der Aufgaben nach den §§ 3 und 6 ASiG, getrennt für Fachkräfte für Arbeitssicherheit und für Betriebsärztinnen und Betriebsärzte gemäß den Anlagen 3 (1) und 3 (2).
  4. bestätigt die erbrachten Leistungen des Kompetenzzent-rums schriftlich auf dem Formblatt nach Anlage 4 vierteljährlich.
  5. gibt dem Kompetenzzentrum die Informationen und erteilt die Auskünfte, die zur Erfüllung der Aufgaben des Kompetenzzentrums notwendig sind.
  6. stellt geeignete Räume zeitweilig für sicherheitstechnische und betriebsärztliche Tätigkeiten in ihren Räumlichkeiten zur Verfügung.
  7. gewährleistet dem sicherheitstechnischen und betriebsärztlichen Fachpersonal nach Absprache und unter Beachtung der schutzwürdigen Belange der Dienststellen den Zutritt zu allen Anlagen und Betriebsstätten.

3.3 Die Dienststellenleitung beteiligt die Betriebsärztin oder den Betriebsarzt und die Fachkraft für Arbeitssicherheit des Kompetenzzentrums an dem nach § 11 ASiG zu bildenden Arbeitsschutzausschuss. Dieser setzt sich zusammen aus

  • der Dienststellenleitung oder einer von ihr beauftragten Person,
  • zwei vom zuständigen Personalrat benannten Personalratsmitgliedern,
  • dem Betriebsarzt oder der Betriebsärztin,
  • der Fachkraft für Arbeitssicherheit und
  • der oder dem Sicherheitsbeauftragten nach DGUV Vorschrift 1.

3.4 Die Sitzungen des Arbeitsschutzausschusses werden von der Dienststellenleitung oder der von dieser beauftragten Person einberufen und geleitet. Unbeschadet der Festlegung in § 11 Satz 4 ASiG ist unverzüglich eine Sitzung einzuberufen, wenn mindestens zwei Mitglieder des Arbeitsschutzausschusses dies schriftlich beantragen.

4 Pflichten des Kompetenzzentrums

4.1 Das Kompetenzzentrum

  1. übernimmt alle sich aus den Vorschriften des ASiG in Verbindung mit der DGUV Vorschrift 2 ergebenden sicherheitstechnischen und betriebsärztlichen Aufgaben.
  2. berät und unterstützt die Dienststellen bei der Bedarfsermittlung sowie bei der Aufteilung der Einsatzstunden für die Betriebsärztinnen und Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit.
  3. dokumentiert die erbrachten Leistungen in der Form gemäß Anlage 4.
  4. erstellt jährlich für die Dienststellen einen Bericht über die Erfüllung der übertragenen Aufgaben sowie über die Zusammenarbeit der Betriebsärztin oder des Betriebsarztes und der Fachkraft für Arbeitssicherheit gemäß § 5 DGUV Vorschrift 2.
  5. arbeitet im Arbeitsschutzausschuss gemäß § 11 ASiG mit und sichert die Teilnahme des Fachpersonals an den vierteljährlich einzuberufenden Sitzungen.
  6. arbeitet bei der Aufgabenwahrnehmung mit den Dienststellen zusammen und stellt insbesondere die gemäß §§ 9 und 10 ASiG geforderte Zusammenarbeit zwischen den Betriebsärztinnen und Betriebsärzten, den Fachkräften für Arbeitssicherheit und dem Personalrat sicher.
  7. stellt sicher, dass das eingesetzte Personal über die notwendige Fachkunde verfügt und sich im erforderlichen Umfang fortbildet, um jederzeit die sich aus dem ASiG und den Bestimmungen der DGUV Vorschrift 2 ergebenden Aufgaben zu allen Fragen der Sicherheit und des Schutzes sowie der Förderung der Gesundheit der Beschäftigten einschließlich einer menschengerechten Gestaltung der Arbeit erfüllen zu können.

4.2 Ein jährlicher Bericht über zusammenfassende Schwerpunkte und Erkenntnisse aus der Betreuungstätigkeit wird vom Kompetenzzentrum erstellt und bis zum 31.03. des Folgejahres im Intranet der Landesregierung zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt.

5 Festlegung von Inhalt und Umfang betriebsärztlicher und sicherheitstechnischer Betreuungsleistungen

5.1 Grundbetreuung

  1. Die Grundbetreuung umfasst Basisleistungen, die kontinuierlich anfallen. Das Kompetenzzentrum unterstützt im Rahmen der Grundbetreuung die Dienststellenleitungen bei der Umsetzung ihrer im Arbeitsschutzgesetz und anderen Rechtsvorschriften zum Arbeitsschutz festgelegten Aufgaben und Pflichten.
  2. Der Umfang der Grundbetreuung wird über die Zuweisung zu einer von drei Betreuungsgruppen nach Abschnitt 2 der Anlage 2 DGUV Vorschrift 2 bestimmt.
Gefährdung  Betreuungsgruppe Einsatzzeit für die Grundbetreuung (Summenwert für Betriebsärztinnen und -ärzte und Fachkräfte)
hoch  I 2,5 Einsatzstunden pro Jahr je Beschäftigte oder Beschäftigten
mittel II 1,5 Einsatzstunden pro Jahr je Beschäftigte oder Beschäftigten
gering III 0,5 Einsatzstunden pro Jahr je Beschäftigte oder Beschäftigten
  1. Die Betreuungsgruppe ist aus der Betriebsart, die nach der in Deutschland geltenden Klassifikation der Wirtschaftszweige (WZ-2008) festgelegt wird, zu ermitteln. Eine Orientierungshilfe gibt der Auszug für die Unfallkasse Brandenburg aus der Klassifikation der Wirtschaftszweige in Abschnitt 4 der Anlage 2 DGUV Vorschrift 2.
  2. Ergibt sich die Betriebsart nicht zweifelsfrei aus der in Buchstabe c genannten Orientierungshilfe, ist die Zuordnung mit dem Kompetenzzentrum abzustimmen.
  3. Die Einsatzzeit für die Grundbetreuung errechnet sich durch Multiplikation der Beschäftigtenzahl mit dem gruppenspezifischen Stundenfaktor.
  4. Die Grundbetreuungszeit ist nach den vorliegenden spezifischen Gefährdungen bedarfsgerecht in betriebsärztliche und sicherheitstechnische Leistungen aufzuteilen. Der Mindestanteil für eine der beiden Disziplinen beträgt jeweils 20 Prozent, mindestens aber 0,2 Stunden pro Jahr und Beschäftigte oder Beschäftigten.
  5. Bei Beschäftigten mit unterschiedlichen Tätigkeiten ist die überwiegend ausgeübte Tätigkeit zugrunde zu legen.

5.2 Betriebsspezifischer Teil der Betreuung

  1. Die Dienststellenleitung ermittelt den betriebsspezifischen Betreuungsbedarf nach Anhang 4 der DGUV Vorschrift 2 jährlich oder häufiger nach Anlass. (Die Anhänge der DGUV Vorschrift 2 sind im Amtsblatt nicht veröffentlicht. Die DGUV Vorschrift 2 ist als Download oder Druckschrift bei der Unfallkasse Brandenburg kostenlos erhältlich).
  2. Die Dienststellenleitung prüft die Aufgabenfelder hinsichtlich ihrer Relevanz für die betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung regelmäßig, insbesondere nach wesentlichen Änderungen. Als Prüfgrundlage sind der betriebsärztliche und sicherheitstechnische Jahresbericht sowie Erfahrungen aus den Vorjahren heranzuziehen.
  3. Leistungsumfang und Personalaufwand werden anhand von Auslöse- und Aufwandskriterien getrennt für Betriebsärztin oder Betriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit festgelegt.
  4. Betriebsärztinnen und Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit unterstützen und beraten die Dienststellenleitung bei der Bedarfsermittlung, sofern sie systematisch über Planungen und Veränderungen informiert und in diese Prozesse eingebunden werden.
  5. Die Betreuungsleistungen sollen anhand der Aufwandskriterien konkret auf die Bedürfnisse der Dienststelle zugeschnitten werden. Die Zuordnung der betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Leistungen ergibt sich aus der benötigten Fachkompetenz und den betrieblichen Bedingungen. Leistungen können über einen längeren Zeitraum zum Beispiel auch in Form von Projekten definiert werden.

6 Unabhängigkeit bei der Anwendung der Fachkunde (vgl. § 8 ASiG)

6.1 Können sich Betriebsärztinnen und -ärzte oder Fachkräfte für Arbeitssicherheit über eine von ihnen vorgeschlagene arbeitsmedizinische oder sicherheitstechnische Maßnahme mit der oder dem Verantwortlichen für die Wahrnehmung von Arbeitgeberpflichten der Dienststelle nicht verständigen, so soll der Vorschlag unmittelbar der Dienststellenleitung unterbreitet werden.

6.2 Lehnt die Dienststellenleitung den Vorschlag ab, so ist dies der oder dem Vorschlagenden schriftlich mitzuteilen und zu begründen; der Personalrat der Dienststelle erhält eine Abschrift.

6.3 Die Ablehnung des Vorschlags soll in einer Sitzung des Arbeitsschutzausschusses erörtert werden.

6.4 Bei Aufrechterhaltung der Ablehnung kann der Personalrat gegen die Entscheidung der Dienststellenleitung die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde anrufen.

7 Einvernehmenserklärung

Die Landtagsverwaltung, der Landesrechnungshof, das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, die Landesbeauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht und die Beauftragte des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur haben ihr Einvernehmen mit den Inhalten dieses Erlasses erklärt.

8 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieser Erlass tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2015 in Kraft. Gleichzeitig tritt der Erlass der Landesregierung zu den Ausführungsvorschriften über die Gewährleistung eines arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Dienstes in den Dienststellen des Landes Brandenburg vom 7. Juni 1994 (ABl. S. 1010) außer Kraft.

Anlagen