Hinweis: brandenburg.de hat seine Internet-Seiten auf barrierefreien Zugriff optimiert und verwendet deshalb standardisiertes CSS (Stylesheets). Sollte Ihr Browser dieses nicht korrekt anzeigen, unterstützt er nicht die üblichen Webstandards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Brandenburgisches Vorschriftensystem (BRAVORS)

A | A | A |
Aktuelle Fassung

Berücksichtigung dezentraler Lösungen zur Niederschlagsentwässerung bei der Bebauungsplanung


vom 11. Oktober 2011
(ABl./11, [Nr. 46], S.2035)

1 Anlass

Eine unmittelbare Folge von anhaltender Siedlungsentwicklung und damit verbundener Bautätigkeit ist die fortschreitende Versiegelung der Böden. Wichtige Bodenfunktionen, wie zum Beispiel die Speicherung und natürliche Reinigung der Niederschlagswässer, werden stark eingeschränkt. Das auf den versiegelten Flächen anfallende Niederschlagswasser wird überwiegend noch in der Kanalisation gesammelt, abgeleitet und in die oberirdischen Gewässer abgegeben. Das Wasser wird dem Gebiet entzogen und die Grundwasserneubildung stark vermindert. Es tritt eine zusätzliche Gewässerverschmutzung ein, außerdem führt die beschleunigte Abflussbildung zu einer verschärften Hochwassergefahr.

Dezentrale Maßnahmen zum Rückhalt und zur ortsnahen Bewirtschaftung des Regenwassers sind ein geeignetes Instrument, um die wasserwirtschaftlich nachteiligen Bebauungsfolgen zu mindern. Sie sollen zukünftig regelmäßig zur Anwendung kommen, soweit dem keine zwingenden Gründe entgegenstehen.

2 Dezentrale Niederschlagswasserbewirtschaftung

Dezentrale Systeme zur Regenwasserbewirtschaftung sind mittlerweile erprobt, marktüblich verfügbar und auch unter ungünstigen Randbedingungen einsetzbar. Die einschlägigen technischen Regelwerke1 geben umfangreiche Hinweise für die Planung und Ausführung sowie den Betrieb und die Wartung dieser Anlagen.

Die Herstellung dezentraler Entwässerungssysteme ist gegenüber der kanalgebundenen Ableitung des Niederschlagswassers in der Regel kostengünstiger und selbst unter ungünstigeren Randbedingungen wenigstens kostenneutral. Sie sind hinsichtlich ihrer Unterhaltung und der Betriebsstabilität gleichwertig und weisen in Hinblick auf ihre Anpassungsflexibilität deutliche Vorzüge auf. Die Anlagen werden den aktuellen Anforderungen des Gewässerschutzes gerecht, leisten wichtige Beiträge zur Stabilisierung des Gebietswasserhaushaltes und zum dezentralen Hochwasserschutz. Darüber hinaus lassen sie sich vorteilhaft in die Gestaltung von Verkehrs- und Freiflächen integrieren und führen zu einer Aufwertung des Ortsbildes.

In entwässerungstechnisch neu zu erschließenden Gebieten sind in der Regel noch alle Entscheidungsoptionen offen; so auch die grundsätzliche Entscheidung über die Art und Weise der Niederschlagsentwässerung. Eine anfänglich getroffene Wahl des Entwässerungssystems wirkt über die Kapitalbindung der technischen Infrastruktur über viele Jahrzehnte fort und setzt für zukünftige Anpassungsmaßnahmen praktisch unüberwindliche Zwangspunkte. Die bestehenden Spielräume und Möglichkeiten für eine dezentrale Niederschlagswasserbewirtschaftung sollen deshalb frühzeitig im Planungsprozess ausgelotet und, wo möglich, in die Praxis überführt werden.

Aber auch in Gebieten mit bestehender Bebauung sollten die Möglichkeiten des Einsatzes dezentraler Entwässerungssysteme berücksichtigt werden, soweit auf Grund eines verhältnismäßig geringen Versiegelungsgrades hierfür entsprechende Gestaltungsspielräume bestehen. Typische Fälle hierfür sind zum Beispiel Bestandsüberplanungen oder die innerörtliche Revitalisierung von Altstandorten, soweit hier keine oder nur fragmentarische Entwässerungsanlagen existieren. In Baugebieten mit einer Grundflächenzahl im Bereich von 0,3 bis 0,4 bestehen aus der Bebauungsstruktur heraus erfahrungsgemäß keine Restriktionen. Auch bei höheren Grundflächenzahlen bestehen noch vielfältige Handlungsmöglichkeiten (zum Beispiel durch den Einsatz von Rigolensystemen), bevor Flächennutzungskonflikte als Hinderungsgrund zum Tragen kommen.

3 Regelungen zur Niederschlagsversickerung als kommunale Aufgabe

Mit dem Brandenburgischen Wassergesetz (BbgWG) konkretisiert das Land die rechtlichen Vorgaben der EU-Richtlinie 2000/60/EG und des Wasserhaushaltsgesetzes.2 § 54 Absatz 4 BbgWG schreibt vor, dass das Niederschlagswasser zu versickern ist, soweit eine Verunreinigung des Grundwassers nicht zu besorgen ist und sonstige Belange dem nicht entgegenstehen. Für die Beeinträchtigung der Grundwasserneubildung infolge von Bodenversiegelung spricht § 54 Absatz 3 BbgWG ein Minimierungsgebot aus.

Die Beseitigung des Niederschlagswassers ist gemäß § 66 BbgWG grundsätzlich eine kommunale Pflichtaufgabe. Diese Pflicht kann durch eine kommunale Satzung auf den Grundstückseigentümer übertragen werden. In dieser Satzung kann die Gemeinde neben der schlichten Pflichtübertragung auch die rechtliche und materielle Ausgestaltung der Beziehungen zwischen Gemeinde und Bürger vollumfänglich regeln. Hierunter fällt zum Beispiel die Frage, ob die Gemeinde Abwasseranlagen als öffentliche Einrichtung zur Niederschlagswasserableitung betreibt, unter welchen Umständen hierfür ein Anschluss- und Benutzungszwang oder Anschluss- und Benutzungsrechte bestehen, unter welchen Bedingungen eine Benutzung der öffentlichen Einrichtung erfolgen kann oder in welcher Weise Grundstücksanschlüsse auszuführen sind.

Somit bestehen in Hinblick auf kommunale Regelungen zur Niederschlagswasserbewirtschaftung - und hier im Besondern mit Blick auf dezentrale Lösungen - zwei Varianten:

  1. Die Gemeinde hat in einer Satzung zu § 54 Absatz 4 BbgWG die Übertragung der Beseitigungspflicht auf die Grundstückseigentümer umfassend geregelt und hierin auch Festlegungen zum Betrieb einer öffentlichen Einrichtung (Anlage) zur Niederschlagswasserbeseitigung getroffen, wobei es sich sowohl um dezentrale Anlagen als auch um Mischformen herkömmlicher, kanalgebundener Ableitungssysteme und dezentraler Anlagen handeln kann. Die Festsetzung der dezentralen Beseitigung des Niederschlagswassers ist dann auf Grundlage der bestehenden Satzung auch für das neu zu erschließende Baugebiet maßgebend und kann von vornherein als Festsetzung in den Bebauungsplan übernommen werden.
  2. Die Gemeinde hat bislang keine Satzung zu § 54 Absatz 4 BbgWG erlassen oder eine erlassene Satzung weist nur einen eng umrissenen Regelungsrahmen auf (im Sinne einer schlichten Pflichtübertragung auf die Eigentümer privater Grundstücke). Hier kann ersatzweise auch eine gebietsbezogene Regelung durch Festsetzungen im Bebauungsplan erfolgen. Diese Verfahrensweise kommt zum Beispiel dann in Betracht, wenn in dem neu zu erschließenden Baugebiet, abweichend von der übrigen Siedlungsentwässerung, von vornherein die dezentrale Beseitigung des Niederschlagswassers von öffentlichen und privaten Flächen erwogen wird. Das Verfahren richtet sich in diesen Fällen nach den für Bebauungspläne geltenden Vorschriften des Bauplanungsrechts, also des Baugesetzbuchs (BauGB).

Der Fokus auf eine zukünftig verstärkte Niederschlagswasserversickerung wird sich naturgemäß auf die neuen oder städtebaulich wesentlich neu zu ordnenden Baugebiete richten. Diese städtebaulichen Aufgaben erfordern jedoch in aller Regel die Aufstellung von Bebauungsplänen. Das Fehlen einer satzungsgemäßen Vollregelung zur Niederschlagsentwässerung auf Grundlage des Wasserrechts stellt keinen Hinderungsgrund dar. Vielmehr kann die Gemeinde in diesen Fällen die Niederschlagsversickerung im aufzustellenden Bebauungsplan festsetzen.

4 Regelung der Niederschlagswasserversickerung im Bebauungsplan

4.1 Frühzeitige Prüfung entgegenstehender Belange

Die Gemeinde muss bei der Planaufstellung frühzeitig prüfen, ob natürliche Gebietseigenschaften einer Versickerung des Niederschlagswassers möglicherweise entgegenstehen.

Dauerhaft hoch anstehendes Grundwasser, ungünstige Versickerungseigenschaften der Böden oder regelmäßig wiederkehrende Gebietsvernässungen stellen unabweisbare Hinderungsgründe hinsichtlich der Versickerung des Niederschlagswassers dar. Eine leistungsfähige Entscheidungshilfe bietet das Fachinformationssystem Boden im Internetangebot des Landesamtes für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg unter http://www.geo.brandenburg.de/boden. Die Ersteinschätzung kann anhand der Karte “Retentionsflächen Überschwemmung“ vorgenommen werden. Zur Versickerung des Niederschlagswassers kommen die Gebiete mit grüner und lila Signatur in der Regel nicht in Frage. Detaillierte Angaben können auch der Karte “Vernässungsverhältnisse“ entnommen werden, die sowohl die standörtlichen Grundwasser- als auch Stauwasserverhältnisse berücksichtigt. In jedem Fall ist hier aber zu beachten, dass die Grunddaten im Maßstab 1 : 50 000 erhoben wurden und kleinräumige Details deshalb nicht abgebildet sind. Eine Ergänzung mit standörtlichen Informationen ist in jedem Fall ratsam.

Besonders geeignet für die ortsnahe Versickerung von Niederschlagswasser sind Standorte ohne vorherrschenden beziehungsweise mit niedrigem Grund- und Stauwassereinfluss. Bei Mischformen mit erhöhtem Grund- oder Stauwassereinfluss sind ergänzend örtliche Kenntnisse und Daten (zum Beispiel Baugrundgutachten, hydrologische Messreihen) einzubeziehen.

Weitere Hinderungsgründe können sich aus den Belangen des Grundwasserschutzes ergeben. Die Verunreinigung des abfließenden Niederschlagswassers hängt hauptsächlich von der Verschmutzung seiner Herkunftsflächen ab. Keine Vorbehalte gegenüber einer Versickerung bestehen bei gering verunreinigtem Niederschlagswasser von Dachflächen, Hofflächen, Geh- und Radwegen, Anlieger- und Erschließungsstraßen sowie von verkehrsberuhigten Bereichen bis zu einer durchschnittlichen täglichen Verkehrsstärke (DTV) von 2 000 Kfz. Niederschlagswasser von höher frequentierten Durchgangsstraßen (bis DTV 5 000 Kfz) können über die belebte Bodenzone oder nach einer vorgeschalteten Sedimentationsanlage mit Leichtflüssigkeitsabscheider auch unterirdisch versickert werden. Im Übrigen kann davon ausgegangen werden, dass eine mittlere Mächtigkeit des Sickerraumes von mindestens 1 m eine für den Grundwasserschutz ausreichende Überdeckung darstellt.

Grundsätzliche Beschränkungen zur Versickerung von Niederschlagswasser bestehen in den Trinkwasserschutzgebieten. In der Schutzzone III darf das Niederschlagswasser nur breitflächig über die belebte Bodenzone versickert werden (das heißt keine Einleitung in den Untergrund). In der Schutzzone II ist nur die Versickerung gering belasteter Niederschlagswässer über die belebte Bodenzone zulässig. In der Trinkwasserschutzzone I ist die Versickerung von Niederschlagswasser generell verboten.

4.2 Beteiligung der zuständigen Wasserbehörde

Zu den nach § 4 Absatz 1 und 2 BauGB zu beteiligenden Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange gehört regelmäßig auch die zuständige Wasserbehörde, weil in der Frage der Siedlungsentwässerung stets wasserwirtschaftliche Belange berührt werden. Im Interesse einer sachgerechten Abwägung über den Einsatz dezentraler Lösungen zur Niederschlagsversickerung ist es ratsam, die fachlichen Entscheidungsgrundlagen und Kompetenzen der Wasserbehörden gezielt und frühzeitig in Anspruch zu nehmen.

In ihrer Stellungnahme hat die Wasserbehörde alle ihr vorliegenden Informationen und Erkenntnisse, die für die Ermittlung 2037 Amtsblatt für Brandenburg - Nr. 46 vom 23. November 2011 und Bewertung des Abwägungsmaterials zweckdienlich sind, der Gemeinde zur Verfügung zu stellen. Dies sind vor allem Informationen über die hydrologischen Bedingungen im Geltungsbereich des Bebauungsplanes und erforderlichenfalls auch in dessen Umfeld. Neben Angaben zur Versickerungsfähigkeit der Böden sind vor allem die Gebietsgrundwasserstände, deren längerfristige Schwankungsbreite sowie Kenntnisse über kleinräumige Inhomogenitäten im geologischen Aufbau des Untergrundes wichtige Entscheidungskriterien. Im Sinne eines umfassenden Variantenvergleichs zwischen der dezentralen Bewirtschaftung beziehungsweise der zentralen Ableitung des Niederschlagswassers sollen auch die hydraulische Leistungsfähigkeit sowie die gewässerökologischen Anforderungen und Entwicklungsziele der in Frage kommenden Ableitgewässer betrachtet werden. Aus diesem Grunde sollte die Wasserbehörde sehr frühzeitig in die planerischen Überlegungen zur Niederschlagsentwässerung eingebunden werden.

Weitere Ermittlungen, zum Beispiel die Erstellung von Bodengutachten, muss die Wasserbehörde nicht durchführen; dies ist Aufgabe der planenden Gemeinde. Datenanfragen zu den Gebietsgrundwasserständen beantwortet auch das Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz.

4.3 Festsetzungen zur dezentralen Versickerung

4.3.1 Festsetzungsbeispiele

Soweit die Voraussetzungen für eine Versickerung des Niederschlagswassers im Geltungsbereich gegeben sind, soll der Bebauungsplan geeignete textliche oder zeichnerische Festsetzungen treffen. Hierfür kommen sowohl dezentrale, das heißt grundstücksbezogene, als auch (semi-)zentrale Lösungen in Betracht, die sich dann auf größere, zusammenhängende Teile oder auch das gesamte Baugebiet beziehen.

  1. Versickerung auf dem Grundstück

    Eine verbreitete Regelung ist die der Versickerung auf den Grundstücken selbst, wobei die Art der Versickerung nicht festgelegt ist. Die Art der Versickerung (Flächenversickerung, Sickerschacht oder Rigolensystem) bleibt der Entscheidung des Eigentümers vorbehalten.

    Formulierungsvorschlag zur textlichen Festsetzung:

    „Das von den Dachflächen anfallende Niederschlagswasser ist auf den Grundstücken, auf denen es anfällt, zu versickern. (§ 54 Absatz 4 BbgWG in Verbindung mit § 9 Absatz 4 BauGB)“.
  2. Festsetzung von Flächen für die Niederschlagsversickerung

    Bei bestimmten, vor allem dichteren Bauweisen wie zum Beispiel der Reihenhausbebauung kann es erforderlich werden, die für die Niederschlagsversickerung vorgesehenen Flächen im Bebauungsplan bereits konkret festzusetzen. Die Skizze zeigt die zeichnerische Festsetzung einer Versickerungsfläche, die grundstücksübergreifend festgesetzt wird, in einem Fall als private Grünfläche nach § 9 Absatz 1 Nummer 15 BauGB, im anderen Fall als Baugebiet, jeweils überlagert mit einer Schutzfestsetzung nach § 9 Absatz 1 Nummer 20 BauGB.

    Für die Versickerungsfläche wird als Maßnahme zum Schutz von Boden und Natur festgesetzt, dass das dem örtlichen Wasserkreislauf durch Versiegelung und Überbauung der Grundstücke entzogene Regenwasser in diesen zurückzuführen ist.3 Das heißt, die direkte Rückführung des Niederschlagswassers dient der Kompensation beziehungsweise der Minderung des hier vorliegenden Eingriffs, ist also als Ausgleichsmaßnahme anrechenbar.

    Bei den folgend aufgezeigten Varianten von grundstücksübergreifend festgesetzten Flächen für die Versickerung ist die Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks erkennbar größer als bei dem unter Buchstabe a aufgezeigten Beispiel. Aus diesem Grund bedarf das Erfordernis dieser Festsetzung einer sorgfältigen städtebaulichen Begründung.

    Bild 1

    Bild 2

    Die zeichnerische Festsetzung wird durch folgende textliche Festsetzung ergänzt:

    „Im reinen Wohngebiet ist das von den Dachflächen anfallende Niederschlagswasser auf den angrenzenden Flächen zum Schutz von Boden und Natur in zu begrünenden Mulden zu versickern. (§ 9 Absatz 1 Nummer 14, 15 und 20 BauGB)“.

    Soweit das Landeswasserrecht es zulässt, wie im Land Brandenburg seit 2008 der Fall, ist eine weitere Festsetzungsvariante möglich. Das Brandenburgische Wassergesetz enthält in § 54 Absatz 4 eine ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage, die Versickerung des Niederschlagswassers auf den Grundstücken auch im Bebauungsplan zu regeln. Festgesetzt wird im folgenden Beispiel ebenfalls eine grundstücksübergreifende, private Grünfläche gemäß § 9 Absatz 1 Nummer 15 BauGB, hier überlagert mit der Festsetzung einer Fläche für die Versickerung nach Nummer 14; die Maßnahme der Versickerung selbst wird als landesrechtliche Regelung des § 54 Absatz 4 BbgWG über § 9 Absatz 4 BauGB in den Bebauungsplan übernommen.

    Bild 3

    Die zeichnerische Festsetzung wird durch folgende textliche Festsetzung ergänzt:

    „Im reinen Wohngebiet ist das von Dachflächen anfallende Niederschlagswasser auf den angrenzenden privaten Grünflächen in zu begrünenden Mulden zu versickern. (§ 9 Absatz 1 Nummer 14 und 15 in Verbindung mit § 54 Absatz 4 BbgWG und § 9 Absatz 4 BauGB)“.
  3. Festsetzung eigenständiger, semizentraler Flächen für die Rückhaltung und Versickerung

    In anderen Baugebieten, zum Beispiel solchen des Geschosswohnungsbaus, wird es entwässerungstechnisch in der Regel geboten sein, die Versickerungsflächen nicht auf den Baugrundstücken selbst anzulegen, sondern eigenständige, zentrale Flächen für die Rückhaltung und Versickerung im Baugebiet vorzusehen. Die Festsetzung erfolgt dann als Fläche für die Abwasserbeseitigung (gelbe Fläche) unter Angabe der Zweckbestimmung, hier ein Regenwasserrückhaltebecken; in Frage käme zum Beispiel auch ein Versickerungsbecken oder ein Regenwasserteich mit anschließender Sickerzone.

    Bild 4

    Festsetzung eigenständiger Flächen gemäß § 9 Absatz 1 Nummer 14 BauGB für zentrale Anlagen im Baugebiet

4.3.2 Vollziehbarkeit in technischer und rechtlicher Hinsicht

Ganz gleich, ob die Festsetzung von dezentralen oder zentralen Versickerungsanlagen vorgesehen wird, ist in jedem Fall sicherzustellen, dass ein für die Versickerung geeigneter Untergrund gegeben ist. Darüber hinaus muss darauf hingewirkt werden, die Versickerungsfähigkeit des Untergrundes zu erhalten (zum Beispiel Bodenverdichtung vermeiden).

Im Zuge der Bemessung von oberirdischen Anlagen (zum Beispiel Versickerungsmulden) ist zu beachten, dass auch abfließende Starkniederschläge keine Schäden verursachen, was zum Beispiel bei hanggeneigten Entwässerungsgebieten eintreten könnte. Erforderlichenfalls müssen hier Notüberläufe in Erwägung gezogen werden.

Neben der technischen muss die rechtliche Vollziehbarkeit eines Entwässerungskonzeptes gegeben sein. Laut einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes darf die Gemeinde ein Muldensystem zur Beseitigung von Niederschlagswasser nur dann als Festsetzung in den Bebauungsplan aufnehmen, wenn sie realistischerweise davon ausgehen kann, dass der Vollzug der Festsetzung in einem späteren Verwaltungsverfahren oder auf andere Weise erfolgen kann und wird.4

Bei den aufgezeigten Fallbeispielen der Versickerung auf dem Grundstück selbst (Buchstabe a) und der semizentralen Fläche für die Regenwasserrückhaltung (Buchstabe c) werden in der Regel keine Vollzugsprobleme auftreten, jedenfalls soweit im Fall der Rückhaltefläche sich diese in der Hand des Vorhabenund/oder Erschließungsträgers oder der Kommune befindet. Einer gesonderten Sicherung des Vollzuges bedarf es bei grundstücksübergreifend und auf privaten Flächen festgesetzten Versickerungsmaßnahmen (Buchstabe b). Sich über mehrere benachbarte Grundstücke erstreckende Mulden oder Rigolen zur Versickerung sind nur als einheitliche Baumaßnahme durch den Vorhaben- und/oder Erschließungsträger umsetzbar. Dies wäre durch die Eigentümer der einzelnen Parzellen realistisch nicht leistbar. Aber der Erhalt und die Funktionalität dieser grundstücksübergreifenden Versickerungsanlagen muss rechtlich gesichert werden. Soweit der Erschließungsträger die Grundstücke veräußert, kann er die Sicherung und den Erhalt der Anlagen bereits in die Grundstückskaufverträge aufnehmen. Darüber hinaus sollten dingliche Sicherungen in Form der Eintragung von Grunddienstbarkeiten für die gemeinsamen Versickerungsanlagen vorgesehen werden.

Zusätzlich ist darauf hinzuweisen, dass es den zuständigen Fachbehörden, also den unteren Wasserbehörden in Verbindung mit den unteren Bauaufsichtsbehörden der Landkreise obliegt, durch wirksame Kontrollen und gegebenenfalls nachträgliche Anordnungen sicherzustellen, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für die plankonforme Beseitigung des Niederschlagswassers dauerhaft bestehen bleiben.


1 Arbeitsblatt DWA-A 138 “Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser“ (April 2005); Merkblatt DWA-M 153 “Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Regenwasser“ (August 2007); Kommentar zum DWA-Regelwerk “Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser“ (August 2008).

2 Die Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie) spricht für die Gewässer und das Grundwasser ein Verschlechterungsverbot aus. Das Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz WHG) legt mit § 55 Absatz 2 WHG fest, dass das Niederschlagswasser ortsnah versickert, verrieselt oder direkt oder über eine Kanalisation ohne Vermischung mit Schmutzwasser in ein Gewässer eingeleitet werden soll.

3 Weitere Hinweise in: Arbeitshilfe Bebauungsplanung, Kapitel B 14.1, Stand Juni 2006, hrsg. vom MIL Brandenburg. Hinweis: Die Ausführungen der Arbeitshilfe basieren auf dem Stand des Brandenburgischen Wassergesetzes von 2004; eine Überarbeitung des Kapitels erfolgt 2012.

4 BVerwG, Urteil vom 30.08.2001 - 4 CN 9.00 -, BVerwGE 115, 77; BVerwG, Beschluss vom 25.09.1997 - 4 BN 4.97 - UPR 1998, 33.