Hinweis: brandenburg.de hat seine Internet-Seiten auf barrierefreien Zugriff optimiert und verwendet deshalb standardisiertes CSS (Stylesheets). Sollte Ihr Browser dieses nicht korrekt anzeigen, unterstützt er nicht die üblichen Webstandards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Brandenburgisches Vorschriftensystem (BRAVORS)

A | A | A |
Letzte gültige Fassung Änderungshistorie

ARCHIV

Bildung und Aufgaben der Unfallkommission in Brandenburg


vom 16. Dezember 2009
(ABl./09, [Nr. 51], S.2606)

Außer Kraft getreten am 31. Dezember 2014 durch Gemeinsamen Erlass des MIL und MI vom 16. Dezember 2009
(ABl./09, [Nr. 51], S.2606)

1 Grundsätze

Auf Grundlage von § 45 Absatz 1 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) und der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 44 StVO, § 4 des Bundesfernstraßengesetzes, § 10 Absatz 2 des Brandenburgischen Straßengesetzes und des § 79 in Verbindung mit § 10 des Brandenburgischen Polizeigesetzes in der jeweils gültigen Fassung haben die örtlich und sachlich zuständigen Straßenverkehrsbehörden, Straßenbaubehörden und Polizeidienststellen zur Bekämpfung von Verkehrsunfällen eng zusammenzuarbeiten, um zu ermitteln, wo sich Unfälle häufen, worauf sie zurückzuführen sind und welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um unfallbegünstigende Besonderheiten zu beseitigen. Hierzu sind Verkehrsunfallkommissionen zu bilden, deren Organisation, Zuständigkeiten und Aufgaben durch diesen Erlass geregelt werden.

Dieser Erlass gilt nicht bei Gefahr im Verzug oder in Fällen mit unverzüglichem Handlungsgebot.

2 Organisation

2.1 In Brandenburg werden gebildet:

eine Landesunfallkommission, eine Autobahnunfallkommission und örtliche Verkehrsunfallkommissionen in den kreisfreien Städten, Landkreisen, in den großen kreisangehörigen Städten sowie zeitweise in Städten mit einer Einwohnerzahl von über 20 000 Einwohnern, soweit eine Aufgabenübertragung nach § 5 Absatz 1 des Brandenburgischen Standarderprobungsgesetzes erfolgt ist.

2.2 Die Landesunfallkommission (LUK) wird organisiert und geleitet durch den Leiter der obersten Straßenverkehrsbehörde. Der Landesunfallkommission gehören als ständige Mitglieder Vertreter der obersten Straßenverkehrsbehörde, der obersten Straßenbaubehörde, des Ministeriums des Innern, der Polizeipräsidien und des Landesbetriebes Straßenwesen Brandenburg an. Sachverständige sollen thematisch und regelmäßig hinzugezogen werden.

2.3 Die Autobahnunfallkommission (AUK) wird durch den Leiter der Straßenverkehrsbehörde für die Autobahnen beim Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg organisiert und geleitet. Ständige Mitglieder sind Vertreter der Polizei und Autobahnmeistereien. Der Leiter der AUK entscheidet über die Beteiligung von Sachverständigen oder weiteren Behörden.

2.4 Die Örtliche Verkehrsunfallkommission (ÖUK) wird durch den Leiter der örtlich zuständigen Straßenverkehrsbehörde organisiert und geleitet. Ständige Mitglieder sind Vertreter der Polizei sowie der Straßenbaulastträger. Der Leiter der ÖUK entscheidet über die Beteiligung von Behörden, Sachverständigen und Interessenverbände. Dazu gehören insbesondere die Verkehrswachten, Vertreter von Schulen und Kindertageseinrichtungen, Blinden- und Behindertenverbänden, Vertreter von Jagd-, Forstbehörden und Nahverkehrsunternehmen.

2.5 Die Sitzungen der Autobahnunfallkommission und der örtlichen Verkehrsunfallkommissionen sollen bei Bedarf, in der Regel quartalsweise, mindestens jedoch einmal jährlich nach Vorlage der Unfallzahlen des Vorjahres stattfinden. Der Leiter der Verkehrsunfallkommission kann selbst oder auf Antrag eines ständigen Mitgliedes eine außerordentliche Sitzung der Unfallkommission innerhalb einer Woche einberufen. Bedarf ist mindestens dann gegeben, wenn es zu signifikanten Unfallhäufungen kommt oder die aktuelle Unfallbilanz im Vergleich zum Vorjahr eine deutlich negative Entwicklung zeigt.

2.6 Die ständigen Mitglieder sind an die einstimmigen Beschlüsse der Unfallkommission gebunden, soweit nicht innerhalb einer Nachprüfzeit von zwei Wochen eine erneute Beschlussfassung beantragt wird. Die Umsetzung der Maßnahme hat mit Terminvorgabe und Benennung der Verantwortlichkeit zu erfolgen.

3 Zuständigkeiten

Die allgemeine sachliche Zuständigkeit aller Verkehrsunfallkommissionen regelt sich entsprechend den Grundsätzen nach Nummer 1 dieses Erlasses. Die örtliche Zuständigkeit regelt sich entsprechend der örtlichen Zuständigkeit des jeweiligen Leiters der Verkehrsunfallkommission. Zuständigkeiten sind nicht übertragbar.

3.1 Landesunfallkommission

Die Landesunfallkommission ist insbesondere zuständig für die

  • Beobachtung der Entwicklung des Unfallgeschehens
  • jährlichen Leitlinien für alle Unfallkommissionen nach Auswertung der Vorjahresbilanz
  • Fachaufsicht über Verkehrsunfallkommissionen
  • fachliche Anleitung und Information über neue Erkenntnisse zur Unfallbekämpfung
  • Mitwirkung bei der Behandlung der Rechtsvorschriften für den Straßenverkehr
  • Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von Verkehrsversuchen
  • Förderung der Fortbildung und des Erfahrungsaustausches.

3.2 Autobahnunfallkommission

Die AUK ist insbesondere für das Erkennen und Beseitigen von Unfallhäufungsstellen und -strecken sowie die Erfassung und Bekämpfung von thematischen Unfallhäufungsbereichen zuständig. Baustellen unterliegen der besonderen Beobachtung und sollten analytisch nicht dem allgemeinen Unfallgeschehen zugeordnet werden. Die Entwicklung des Unfallgeschehens ist differenziert zu beobachten und auszuwerten.

3.3 Örtliche Verkehrsunfallkommissionen

Die örtlichen Verkehrsunfallkommissionen sind insbesondere zuständig für das Erkennen und Beseitigen von Unfallhäufungsstellen und -strecken sowie die Erfassung und Bekämpfung von thematischen Unfallhäufungsbereichen, unabhängig von der Straßenbaulast. Insbesondere thematische Entwicklungen sind differenziert zu beobachten.

4 Besondere Aufgaben der Mitglieder AUK und der örtlichen Verkehrsunfallkommission

4.1 Aufgaben des Leiters der Verkehrsunfallkommission

Der Leiter der Verkehrsunfallkommission lädt ein, bestimmt den Teilnehmerkreis und zeichnet das Sitzungsprotokoll. Er veranlasst und unterzeichnet Berichterstattungen an die Landesunfallkommission und kontrolliert die Umsetzung der Maßnahmen.

Der Leiter der Verkehrsunfallkommission veranlasst die Führung einer Liste aller Unfallhäufungsstellen und der thematischen Unfallhäufungsbereiche in elektronischer Form. Er ist verantwortlich für die zeitliche und inhaltliche Kontrolle der Umsetzung der Beschlüsse. Er informiert die Landesunfallkommission, wenn Beschlüsse nicht wie vorgesehen umgesetzt werden.

Er entscheidet innerhalb einer Woche über das weitere Verfahren zur erneuten Beschlussfassung, soweit innerhalb der Nachprüfzeit eine erneute Beschlussfassung beantragt wurde. Die Nachprüfzeit eröffnet allen die abschließende Möglichkeit, Beschlüsse auf ihre Realisierbarkeit zu prüfen. In dringenden Fällen ist, gegebenenfalls unter Beteiligung eines Mitgliedes der Landesunfallkommission, eine außerordentliche Sitzung einzuberufen.

Zur Abstimmung von geeigneten Verbesserungsmaßnahmen lädt die Straßenverkehrsbehörde zu Ortsbesichtigungen - insbesondere auch Verkehrsschauen - ein. Dabei sind die Unfallkriterien (zum Beispiel Uhrzeit, Beteiligte) zu berücksichtigen.

4.2 Aufgaben des Vertreters der Polizei

Der Vertreter der Polizei sichert die Erfassung des Verkehrsunfallgeschehens und insbesondere der Ursachen. Er unterrichtet den Leiter der Verkehrsunfallkommission über Auffälligkeiten, insbesondere wenn sich

  • im innerörtlichen Straßennetz innerhalb eines Jahres an Knotenpunkten beziehungsweise auf einer Strecke von 200 bis 500 Metern fünf gleichartige Unfälle (gleicher Unfalltyp oder gleiche Unfallumstände) oder drei Verkehrsunfälle mit Personenschaden oder
  • im innerörtlichen Straßennetz innerhalb von drei Jahren an Knotenpunkten beziehungsweise auf einer Strecke von 200 bis 500 Metern fünf Unfälle mit Personenschaden oder
  • im außerörtlichen Straßennetz innerhalb eines Jahres an Knotenpunkten (Anschlussstellen) beziehungsweise auf einer Strecke von 1 000 Metern fünf gleichartige Unfälle (gleicher Unfalltyp oder gleiche Unfallumstände) oder drei Verkehrsunfälle mit Personenschaden oder
  • im außerörtlichen Straßennetz innerhalb von drei Jahren an Knotenpunkten (Anschlussstellen) beziehungsweise auf einer Strecke von 1 000 Metern fünf Unfälle mit Personenschaden

ereignet haben.

Die Unterrichtung des Leiters der Verkehrsunfallkommission erfolgt mithilfe der durch die Software generierten Formulare. Der Meldung ist eine Darstellung der Unfallabläufe (zum Beispiel Unfalldiagramm) beizufügen. Hierbei sind alle Unfälle des Untersuchungsbereichs zu zeigen.

Neben den gemäß Unfallstatistikgesetz erforderlichen Angaben zu Straßenverkehrsunfällen erfasst die Polizei den genauen Unfallort in einer Kartenauflösung von 1 : 500 in den Koordinaten des Landessystems Brandenburg.

Der Vertreter der Polizei sichert die Analyse des Unfallgeschehens auch nach thematischen Bereichen mit fünf oder mehr Unfällen mit Personenschaden in drei Jahren aufgrund von zum Beispiel

  • Alkoholeinfluss
  • Geschwindigkeitsübertretungen
  • Verstößen an Lichtsignalen
  • Querungsverhalten von Fußgängern
  • falsch fahrenden Radfahrern
  • saisonbedingten Ereignissen sowie
  • Unfällen mit jungen Fahrern.

Die Ergebnisse dieser Analyse sind mindestens einmal jährlich durch den Vertreter der Polizei in der Unfallkommission auszuwerten. 

4.3 Aufgaben der Vertreter von Straßenbaulastträgern

Die Vertreter der Straßenbaulastträger haben insbesondere darauf hinzuwirken, dass Beschlüsse der Verkehrsunfallkommissionen, soweit sie bauliche Maßnahmen oder straßenverkehrsrechtliche Anordnungen betreffen, mit der erforderlichen Priorität geplant und umgesetzt werden. Stehen der Umsetzung beschlossener Maßnahmen Gründe entgegen, ist gemäß Nummer 4.1 eine erneute Beschlussfassung zu beantragen.

Die Vertreter der Straßenbaulastträger sichern die Erfassung und Untersuchung des Verkehrsunfallgeschehens mithilfe des „Brandenburgischen Expertensystems zum Analysieren und Dokumentieren von unfallauffälligen Streckenabschnitten“ (BASta), soweit das System örtlich anwendbar ist. Sie unterrichten den Leiter der Verkehrsunfallkommission über Stellen und Strecken, die aufgrund ihres Verkehrssicherheitspotenzials besonders auffällig sind.

Zusätzlich sind Bereiche zu untersuchen, bei denen thematische Auffälligkeiten Handlungsbedarf hinsichtlich baulicher Veränderungen erkennen, zum Beispiel

  • in Kurven
  • in Alleen
  • bei Dunkelheit
  • bei Nässe
  • an Lichtsignalen
  • auf und an Radwegen
  • auf und an Überwegen.

Die Ergebnisse der Untersuchung sind mindestens einmal jährlich durch die Vertreter der Baulastträger für Bundes,- Landes- und Kreisstraßen in der Unfallkommission auszuwerten.

Die Straßenbaulastträger melden die Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen, gegebenenfalls abschnittsweise, an den Leiter der Unfallkommission und den Vertreter der Polizei.

Der Vertreter der Straßenbaulastträger hat bei Abwägung der baulichen Maßnahmen darauf hinzuweisen, dass planerische, gesetzliche, genehmigungsrechtliche und haushaltsrechtliche Abläufe notwendig werden, die gegebenenfalls keine zeitnahe Realisierung gewährleisten. Er sollte deshalb auch dahingehend Einfluss nehmen, dass vorrangig kurzfristig zu realisierende Maßnahmen zum Einsatz kommen.

4.4 Gemeinsame Aufgaben aller Mitglieder einer Verkehrsunfallkommission

Bei der Auswahl von Maßnahmen sind wissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen. Die Mitglieder der Verkehrsunfallkommissionen sollen sich eigenständig entsprechend dem Stand der Technik fortbilden. Sie sollen darauf hinwirken, dass ihre Arbeit nicht losgelöst von anderen Aktivitäten zur Erhöhung der Verkehrssicherheit erfolgt und insbesondere Präventionsmaßnahmen unterstützen. 

Als Maßnahmen zur Reduzierung des Verkehrsunfallgeschehens kommen kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen in Betracht. Kurzfristige Erfolg versprechende Maßnahmen sind auch dann umzusetzen, wenn mittel- beziehungsweise langfristige Maßnahmen in Planung sind.

Sofern Maßnahmen von verschiedenen Behörden beziehungsweise Einrichtungen zu veranlassen oder umzusetzen sind, ist die Koordinierung und Abstimmung durch die Straßenverkehrsbehörde sicherzustellen.

Nach Ablauf der 14-tägigen Nachprüfzeit gelten Beschlüsse als verbindlich.

5 Fachaufsicht gegenüber den Verkehrsunfallkommissionen

Die Fachaufsicht über die Verkehrsunfallkommissionen führt die Landesunfallkommission. Grundlage bildet der Jahresbericht, der bis spätestens 31. Januar des Folgejahres der Landesunfallkommission vorzulegen ist.

Kann zwischen den Teilnehmern kein Konsens gefunden werden oder kommt es bei der Umsetzung von Beschlüssen zu unverhältnismäßigem Verzug, ist nach Anhörung der zuständigen Behörde die Landesunfallkommission durch den Leiter der Unfallkommission zu unterrichten.

6 Öffentlichkeitsarbeit

Unter vorrangiger Nutzung der regionalen Medien (Presse, Rundfunk, Fernsehen, Internet) ist kontinuierlich über Untersuchungsergebnisse, erfolgreiche Maßnahmen und die Beseitigung von Unfallhäufungen zu informieren. Veröffentlichungen können zum Beispiel

  • Bilanzen über die Verkehrsunfallentwicklung im jeweiligen Verantwortungsbereich
  • Erfolge und Handlungsbedarf bei der Beseitigung von Unfallhäufungen und
  • die Tätigkeit der Verkehrsunfallkommission im abgelaufenen Berichtszeitraum

enthalten.

Die Öffentlichkeitsarbeit sollte regelmäßiger Bestandteil der Kommissionssitzungen sein.

7 Qualifizierung und Kompetenzen der Mitglieder der Verkehrsunfallkommissionen

Die Mitglieder der Verkehrsunfallkommissionen müssen entsprechend ihrer Zuständigkeit zur Unfallbekämpfung qualifiziert und für eine effektive Arbeit in den Unfallkommissionen mit ausreichenden Kompetenzen ausgestattet sein. Sie müssen befähigt und autorisiert sein, behördenintern wirkungsvoll und schnell zur Umsetzung der Beschlüsse und Empfehlungen beizutragen.

Zur Sicherstellung der Qualität der Verkehrsunfallkommissionsarbeit sollen alle Mitglieder der örtlichen Verkehrsunfallkommission und der Autobahnunfallkommission ein entsprechendes Grundseminar abschließen. Die Seminare werden von der Landesunfallkommission organisiert. Sie sind durchzuführen, wenn mindestens zwölf Anmeldungen vorliegen. Darüber hinaus sollen diese Kommissionsmitglieder mindestens einmal innerhalb von zwei Jahren ein Aufbauseminar absolvieren.

Vorbehaltlich der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel werden die Kosten vom Land übernommen. Die Seminare werden in der Regel an der Fachhochschule der Polizei durchgeführt.

8 Schlussbestimmungen

Der Erlass tritt am 1. Januar 2010 in Kraft und am 31. Dezember 2014 außer Kraft. Gemeinsam mit dem Inkrafttreten dieses Erlasses tritt der Gemeinsame Erlass des Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr und des Ministeriums des Innern zur Verhütung von Verkehrsunfällen durch Erkennen, Untersuchen und Beseitigen von örtlichen Unfallhäufungen vom 28. Juli 2000 (ABl. S. 773) außer Kraft.

Bei verwaltungsorganisatorischen Änderungen gilt dieser Erlass sinngemäß weiter.

Die Landesunfallkommission ist ermächtigt, zusätzliche Durchführungsbestimmungen zu diesem Erlass einzuführen.