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Brandenburgisches Vorschriftensystem (BRAVORS)

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Aktuelle Fassung

Gemeinsamer Erlass des Ministeriums für Infrastruktur und Raumordnung und des Ministeriums für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz zur Anwendung des § 8 Abs. 2 Satz 3 des Waldgesetzes des Landes Brandenburg auf Bebauungspläne


vom 14. August 2008
(ABl./08, [Nr. 38], S.2189)

Im Rahmen der kommunalen Planungshoheit sind die Kommunen befugt, bewaldete Flächen durch die Bauleitplanung zu überplanen und dadurch für eine andere Nutzungsart vorzusehen. Stehen der Waldumwandlung (das heißt Änderung der Nutzungsart) keine öffentlichen und/oder privaten Belange entgegen, werden die dafür erforderlichen Maßnahmen zum Ausgleich der Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes entweder bereits im Bebauungsplan festgesetzt oder sind Gegenstand des späteren Zulassungsverfahrens (zum Beispiel Baugenehmigungsverfahren). Nachstehende Erläuterungen beziehen sich vorrangig auf die Umsetzung im qualifizierten Bebauungsplan gemäß § 30 des Baugesetzbuches (BauGB). Dieses Verfahren bietet die Möglichkeit, bereits im Vorfeld umfassende Regelungen festzulegen. Das hat den Vorteil, dass Investoren, Bauherren und die planende Gemeinde bereits in der Planungsphase genau wissen, welche Kompensationsmaßnahmen bei einer Inanspruchnahme des Waldes erforderlich werden. Da die Kompensationsmaßnahmen Teil der Investitionskosten sind, ist es von erheblicher Bedeutung, präzise Angaben dazu vorzulegen.

1 Rechtsgrundlage

Wird Wald im Plangebiet in Anspruch genommen, bedarf es gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 des Waldgesetzes des Landes Brandenburg (LWaldG) der Genehmigung der unteren Forstbehörde. Dieser Genehmigung steht gleich, wenn nach § 8 Abs. 2 Satz 3 LWaldG in einem rechtsgültigen Bebauungsplan nach § 30 BauGB eine anderweitige Nutzung vorgesehen ist, sofern darin die hierfür erforderlichen forstrechtlichen Kompensationen zum Ausgleich der nachteiligen Wirkungen festgesetzt sind. In diesem Fall werden alle Aussagen zu forstrechtlichen Kompensationsmaßnahmen im Bebauungsplan getroffen. Dadurch wird die Beteiligung der Forstbehörde im Zulassungsverfahren (Baugenehmigungsverfahren) entbehrlich.

Der Träger der Bauleitplanung muss sich bereits zum Beginn der Planungen entscheiden, wie er die Vorschriften zum Umweltschutz umsetzen möchte. In der Bauleitplanung ist nicht nur darüber zu entscheiden, ob sich die Eingriffe in Natur und Landschaft im Planbereich rechtfertigen lassen, sondern auch darüber, ob und in welchem Umfang angesichts vorrangiger städtebaulicher Erfordernisse für unvermeidbare Beeinträchtigungen Ausgleich und Ersatz zu leisten ist (vgl. BATTIS/KRAUTZBERGER/LÖHR Kommentar BauGB, 10. Auflage, § 1a, Rn 23). Das Baugesetzbuch versteht unter Ausgleichsmaßnahmen auch Ersatzmaßnahmen, vgl. § 200a Satz 1 BauGB. Diese müssen nicht in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit dem Eingriff in Natur und Landschaft stehen.

Gemäß § 1a Abs. 3 Satz 2 bis 4 BauGB erfolgt der Ausgleich durch geeignete Darstellungen und Festsetzungen nach den §§ 5 und 9 BauGB als Flächen oder Maßnahmen. Soweit dies mit einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung und den Zielen der Raumordnung sowie des Naturschutzes und der Landschaftspflege vereinbar ist, können die Darstellungen und Festsetzungen auch an anderer Stelle als am Ort des Eingriffs erfolgen. Anstelle von Darstellungen und Festsetzungen können auch vertragliche Vereinbarungen gemäß § 11 BauGB getroffen werden. Die Kommune muss durch die vertraglichen Regelungen sicherstellen, dass der tatsächliche Erfolg der Kompensation hierdurch ebenso sichergestellt wird wie durch eine ansonsten mögliche bauplanerische Festsetzung (BATTIS/KRAUTZBERGER/ LÖHR a. a. O., § 1a, Rn 27).

2 Bebauungspläne gemäß § 30 BauGB und forstrechtliche Kompensationsanforderungen

Damit ein Bebauungsplan[1] die Anforderungen zur Waldumwandlung und deren Kompensation gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 LWaldG erfüllt, muss er zu nachfolgend genannten Inhalten Aussagen enthalten. Die Kompensationsmaßnahmen für die Waldinanspruchnahme werden im B-Plan nach Art und Umfang geregelt. Die zeitliche Abfolge der Maßnahmen, die besonderen Genehmigungstatbestände (hier nach Naturschutzrecht, UVP-Recht) werden ebenfalls abschließend im B-Plan dargelegt.

  1. Art und Umfang der Kompensationsmaßnahme - nach Forstrecht
    1. Erstaufforstungsfläche
    2. und/oder Waldumbaufläche
    3. und/oder Waldrandgestaltung
    4. gegebenenfalls weitere Maßnahmen mit Flächenangabe oder anderer geeigneter Bezugsgrößen
  2. Maßnahmebeschreibung
    1. Pflanzenanzahl
    2. und Baumart(en)
    3. und Kulturpflege bis zur gesicherten Kultur
    4. und Nachbesserung
  3. Fristsetzung für Maßnahmedurchführung
  4. Zeitpunkte für Zwischen- und Schlussabnahmen
  5. Sicherheitsleistung
    1. Fälligkeit
    2. und Höhe
    3. und Art der Sicherheit
    4. und Zeitraum
  6. Besondere Genehmigungstatbestände
    1. Entlassung beziehungsweise Ausnahmegenehmigungen für Schutzgebiete nach Naturschutzrecht oder Biotope gemäß § 32 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes (BbgNatSchG)
    2. Prüfpflichten gemäß dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) und dem Brandenburgischen Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (BbgUVPG) bei Erreichen der Schwellenwerte für Waldrodung und/oder Erstaufforstung
    3. Erstaufforstungsgenehmigung für Ausgleichs- und Ersatzflächen
  7. Flächenverfügbarkeit durch unwiderrufliche Sicherung der Ersatz- und Ausgleichsflächen bis zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme.

3 Flächenbereitstellung, Umsetzung der Maßnahmen und Hinterlegung Sicherheitsleistung

3.1 Flächenbereitstellung

Die planende Gemeinde hat verschiedene Möglichkeiten, Flächen für die Kompensation einer Waldinanspruchnahme bereitzustellen.

  1. Die Flächen liegen im B-Plangebiet selbst. Die erforderlichen Flächen werden festgesetzt und textlich in der Begründung beziehungsweise durch den Umweltbericht näher beschrieben.
  2. Die Flächen liegen im Gemeindegebiet, aber außerhalb des Geltungsbereiches des B-Planes. Hier ist gegebenenfalls ein Rückgriff auf den Flächennutzungsplan der Gemeinde oder eine Änderung des Flächennutzungsplanes angezeigt.
  3. Die Flächen liegen außerhalb der Gemeinde. Hierbei ist eine Beteiligung der betroffenen anderen Gemeinden erforderlich. Die Flächen müssen über vertragliche Regelungen gesichert werden. Außerdem ist die potenzielle Genehmigungsfähigkeit für Erstaufforstungen seitens der unteren Naturschutzbehörde und der unteren Forstbehörde vorab abschließend zu klären.

Eine unwiderrufliche Sicherung der Ausgleichs- und Ersatzflächen ist im Zusammenhang mit dem B-Plan erforderlich. Das kann entweder durch zivilrechtliche Verträge oder öffentlich-rechtliche Verträge erfolgen. Die tatsächliche Verfügbarkeit der Flächen muss gewährleistet sein. Hierbei sind gegebenenfalls langfristige Pachtverträge und deren Kündigungsmodalitäten zu berücksichtigen.

3.2 Umsetzung der Ersatzmaßnahmen

  1. Eine parzellenweise Umsetzung ist zielführend bei einer schrittweisen Inanspruchnahme des Waldes. Jeder einzelne Vorhabensträger erbringt seine Kompensationsmaßnahme und erhält dafür eine Fristsetzung zur Durchführung der Maßnahmen.
  2. Eine Einmalleistung ist gerechtfertigt, wenn der Wald zeitgleich in Anspruch genommen wird. Das kommt in Betracht bei gewerblichen Planungen. Die planende Gemeinde oder der Investor erbringt die Kompensation gemäß Fristsetzung in zeitlichem und räumlichem Zusammenhang.
  3. Eine Einmalleistung ist auch als Vorleistung (vorgezogene Maßnahme) möglich. Sie hat den Vorteil, dass bei der Waldumwandlung die Sicherheitsleistung nicht erhoben werden muss, da die Kompensation bereits erbracht worden ist. Falls es allerdings nicht zur Inanspruchnahme der Waldflächen kommt, wurde gegebenenfalls zuviel erbracht. Dieser Nachteil könnte durch eine Weitergabe der Flächen an andere Kompensationspflichtige aufgewogen werden.

3.3 Sicherheitsleistung

Die Kompensation der negativen Wirkungen einer Waldumwandlung muss abgesichert sein. Damit dem Grundsatz der Walderhaltung in jedem Fall Rechnung getragen wird, ist in Höhe der zu erbringenden Leistungen eine Sicherheit zu hinterlegen. Die Sicherheitsleistung wird dem Kompensationspflichtigen nach Abschluss der Maßnahmen zurückgegeben oder durch die die Sicherheitsleistung verwahrende Behörde über Ersatzvornahme in Anspruch genommen, wenn den Verpflichtungen nicht oder nur unzureichend nachgekommen wurde. In diesem Zusammenhang müssen folgende Fragen vor Beginn der Waldinanspruchnahme geklärt werden:

  1. Wer ist zur Hinterlegung verpflichtet? Bei Gemeinden und Landkreisen sowie dem Land selbst kann von einer Erhebung abgesehen werden, wenn die Kompensationspflicht im Rahmen der behördlichen Tätigkeit anfällt.
  2. In welcher Form soll die Sicherheitsleistung erbracht werden (zum Beispiel selbstschuldnerische Bankbürgschaft, Verwahrkonto etc.)?
  3. Die Sicherheitsleistung wird für die gesamte Kompensation errechnet. Sofern mehrere Beteiligte (zum Beispiel Bauherren) auftreten, ist eine anteilige Verteilung zu regeln. Es besteht auch die Möglichkeit, dass ein Investor die Sicherheitsleistung insgesamt hinterlegt und dann intern die weitere Verteilung übernimmt.
  4. Modalitäten der Abnahme der erfolgreichen Kompensation und der daran anschließenden Rückzahlung sind zu regeln. Es ist verhandelbar, dass ein Teil der Sicherheitsleistung schon nach Teilabnahme und nicht erst vor Endabnahme der Kompensationsmaßnahme zurückgegeben werden kann. Die dafür nötigen Bedingungen müssen definiert werden.

4 Verfahrenshinweise

Werden im B-Plan nur teilweise, unvollständige beziehungsweise nicht hinreichende Regelungen zur Waldkompensation getroffen, darf von § 8 Abs. 2 Satz 3 LWaldG kein Gebrauch gemacht werden. In diesem Fall ist über die Waldumwandlung im anschließenden konkreten Genehmigungsverfahren zu entscheiden (zum Beispiel Baugenehmigungsverfahren) und die untere Forstbehörde muss beteiligt werden.

Beabsichtigt die Gemeinde in einem Bebauungsplan die Kompensation einer geplanten Waldumwandlung umfassend zu regeln, ist bereits in der Phase der frühzeitigen TÖB-Beteiligung gegenüber der unteren Forstbehörde eine entsprechende Erklärung zielführend. Dann kann die Gemeinde auf Hinweis der Forstbehörde gegebenenfalls noch unvollständige Planungsunterlagen nachbessern und den Planentwurf vervollständigen.

Außerdem sind durch die Regelungen der Kompensation einer Waldinanspruchnahme andere Behörden ebenfalls fachlich betroffen (zum Beispiel untere Naturschutzbehörde). Daher müssen spätestens zu Beginn der öffentlichen Auslegung und der Behördenbeteiligung die Unterlagen vollständig vorliegen, um einer Beurteilung zugängig zu sein. Das sichert außerdem die Einhaltung des zeitlichen Ablaufes für den Träger der Planung.


[1] Dazu zählen:

qualifizierter Bebauungsplan (§ 30 Abs. 1 BauGB)
vorhabenbezogener Bebauungsplan (§ 30 Abs. 2 BauGB)
einfacher Bebauungsplan (§ 30 Abs. 3 BauGB).