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Brandenburgisches Vorschriftensystem (BRAVORS)

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Letzte gültige Fassung Anlagen (4) Änderungshistorie

ARCHIV

Erlass des Ministeriums für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung zur Sicherung gebietsheimischer Herkünfte bei der Pflanzung von Gehölzen in der freien Landschaft


vom 26. August 2004
(ABl./04, [Nr. 43], S.825)

geändert durch Erlass vom 8. April 2006
(ABl./06, [Nr. 22], S.402)

Außer Kraft getreten
(ABl./04, [Nr. 43], S.825)

Vorbemerkung

Auf der Konferenz von Rio 1992 hat sich Deutschland durch Unterzeichnung des Übereinkommens vom 5. Juni 1992 über die biologische Vielfalt (Biodiversitätskonvention) zur Erhaltung der biologischen Vielfalt verpflichtet. Bundestag und Bundesrat haben der Unterzeichnung mit dem Gesetz vom 30. August 1993 zu dem Übereinkommen vom 5. Juni 1992 über die biologische Vielfalt (Biodiversitätskonvention, BGBl. II S. 1741) zugestimmt. Gemäß Artikel 2 der Biodiversitätskonvention umfasst die biologische Vielfalt auch die innerartliche Vielfalt. Dies bedeutet, dass die evolutiven Entwicklungsmöglichkeiten der wild lebenden Arten auch künftig gewährleistet sein müssen. Dies schließt eine Erhaltung der regionalen, gebietsheimischen Pflanzensippenausstattung in ihrer genetischen Vielfalt ein. Als gebietsheimisch werden im Folgenden Gehölze beziehungsweise Gehölzsippen bezeichnet, die aus Populationen stammen, welche in dem betreffenden Gebiet über einen langen Zeitraum in vielfacher Generationenfolge vorkommen.

Insbesondere bei den am häufigsten gepflanzten Massenstraucharten stammen bis zu 90 Prozent der von den Baumschulen angebotenen Gehölze einheimischer Arten nicht aus regionaltypischen Herkünften, sondern aus süd- beziehungsweise südosteuropäischen Ländern. Deshalb ist davon auszugehen, dass in Deutschland durch das jährliche, vielfach behördlich veranlasste Ausbringen vieler Millionen Exemplare von Gehölzpflanzen im Landschaftsbau seit Jahren eine Florenverfälschung großen Ausmaßes stattfindet.

Dies trifft auch für Brandenburg zu, obwohl § 40 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes (BbgNatSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Mai 2004 (GVBl. I S. 350) der Vermeidung derartiger Risiken Rechnung trägt. Danach dürfen Pflanzen gebietsfremder oder standortfremder Arten nur mit Genehmigung der Fachbehörde für Naturschutz und Landschaftspflege ausgesetzt oder in der freien Natur angesiedelt werden, wobei mit „standortfremd“ nichtgebietsheimische Arten gemeint sind. Das Ausbringen nichtgebietsheimischen Pflanzenmaterials, also von Sorten oder Ökotypen oder Herkünften einheimischer Arten aus anderen Gebieten, beispielsweise von Baumschulware aus fremden Wuchsgebieten, unterliegt also ausdrücklich einem Genehmigungsvorbehalt. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die Gefahr einer Verfälschung der heimischen Tier- oder Pflanzenwelt oder eine Gefährdung des Bestandes oder der Verbreitung heimischer wild lebender Tier- oder Pflanzenarten oder von Populationen solcher Arten nicht auszuschließen ist. Von der Genehmigungspflicht ausgenommen ist lediglich der Pflanzenanbau in der Land- und Forstwirtschaft.

Es besteht deshalb die Gefahr, dass die ursprüngliche Anpassungsfähigkeit der in Brandenburg bodenständigen, gebietsheimischen Gehölze durch die umfängliche Verwendung gebietsfremder Pflanzenherkünfte gefährdet und die im Verlauf der Evolution über Jahrhunderte entstandene genetische Diversität zunehmend verändert wird. Im Ergebnis dieser Florenverfälschung können regionale Ökotypen - insbesondere bei formenreichen Sippen - gänzlich verschwinden und kann die noch vorhandene innerartliche biologische Vielfalt in Brandenburg in erheblichem Umfang eingeschränkt werden.

Um die genannten Gefahren für die heimische Flora zu vermeiden, ihre Anpassungsfähigkeit langfristig zu sichern und die heimische Artenvielfalt auf Dauer zu erhalten, ergeht nachfolgender Erlass:

Bei allen Gehölzpflanzungen zur Anlage von Waldrändern, Hecken, Feld- und Ufergehölzen in der freien Landschaft

  1. auf den zum Ressortvermögen des Ministeriums für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung (MLUR) gehörenden Flächen,
  2. im Auftrag der Behörden und Einrichtungen des Geschäftsbereichs des MLUR,
  3. die mit Fördermitteln aus dem Geschäftsbereich des MLUR oder aus Mitteln der Ersatzzahlung nach § 15 BbgNatSchG, der Walderhaltungsabgabe nach § 8 Abs. 4 des Waldgesetzes des Landes Brandenburg (LWaldG) vom 20. April 2004 (GVBl. I S. 137) oder der Jagdabgabe nach § 23 Abs. 1 des Jagdgesetzes für das Land Brandenburg (BbgJagdG) vom 9. Oktober 2003 (GVBl. I S. 250) finanziert werden,

ist grundsätzlich Pflanzgut gebietsheimischer Gehölze (Anlage 1) zu verwenden, das aus dem dem jeweiligen Pflanzort entsprechenden artspezifischen Herkunftsgebiet (Anlage 2 und Anlage 3) stammt. Das Vermehrungsgut muss von den anerkannten Erntebeständen des Ernteregisters des Landes Brandenburg gewonnen werden.

Gleiches gilt grundsätzlich auch für oben genannte Gehölzpflanzungen in der freien Landschaft, die im Rahmen von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nach den §§ 12, 48 und 72 BbgNatSchG, nach § 5 Abs. 3 der Baumschutzverordnung vom 28. Mai 1981 (GBl. I Nr. 22 S. 273), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. Juli 2001 (GVBl. II S. 251), oder nach § 8 Abs. 3 des Waldgesetzes des Landes Brandenburg von den Naturschutz- oder Forstbehörden angeordnet werden. In Fällen, in denen Naturschutzbehörden gemäß § 17 Abs. 2 BbgNatSchG beteiligt sind, haben sie darauf hinzuwirken, dass entsprechende Nebenbestimmungen in die Zulassungsentscheidungen aufgenommen werden. Auf die Genehmigungspflicht nach § 40 BbgNatSchG bei der Pflanzung nichtgebietsheimischen Pflanzenmaterials ist hinzuweisen.

Andere Behörden und öffentliche Stellen haben im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Verwirklichung der Ziele dieses Erlasses gemäß § 60 Abs. 1 BbgNatSchG zu unterstützen.

Aus phytosanitären Gründen sind Gehölze der Gattung Crataegus (Weißdorn) sowie Prunus spinosa (Schlehe) nur außerhalb der in Anlage 4 gekennzeichneten Obstanbaugebiete zu pflanzen. Die Bestimmungen der Verordnung zur Bekämpfung der Feuerbrandkrankheit (Feuerbrandverordnung) vom 20. Dezember 1985 (BGBl. I S. 2551), zuletzt geändert durch Verordnung vom 27. Oktober 1999 (BGBl. I S. 2071), bleiben unberührt. Bei der Pflanzung von Gehölzen der Arten Pyrus pyraster (Wild-Birne) und Malus sylvestris (Wild-Apfel) ist grundsätzlich Vermehrungsgut zu verwenden, das von virusfreien Erntebeständen gewonnen wurde. Kann die Virusfreiheit nicht gewährleistet werden, dürfen Gehölze dieser Arten ebenfalls nicht in den in Anlage 4 gekennzeichneten Obstanbaugebieten gepflanzt werden.

Bei der Pflanzung von Gehölzarten der Anlage 1, die zugleich dem Gesetz über forstliches Vermehrungsgut (FoVG) vom 22. Mai 2002 (BGBl. I S. 1658) unterliegen, sind die Bestimmungen dieses Gesetzes sowie der Forstsaat-Herkunftsgebietsverordnung (ForstsaatHGebV) vom 7. Oktober 1994 (BGBl. I S. 3578), zuletzt geändert durch Verordnung vom 15. Januar 2003 (BGBl. I S. 238), auch bei Pflanzungen in der freien Landschaft anzuwenden.

Übergangs- und Ausnahmeregelungen

Pflanzungen für die gartenbauliche, landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Produktion (z. B. Streuobstwiesen, Baumschulenmutterquartiere, Samenspenderanlagen), für Alleen, für die Energieholzgewinnung sowie die Pflanzung masttragender Gehölze (insbesondere Rosskastanie) aus Mitteln der Jagdabgabe bleiben von dem Erlass unberührt. Herkünfte der in der Anlage 1 nicht aufgeführten einheimischen Gehölzarten werden über gesonderte Maßnahmen der Generhaltung und des Naturschutzes erhalten.

Steht von einer zur Pflanzung vorgesehenen Gehölzart kein Pflanzmaterial aus regionalen Herkünften zur Verfügung, kann bis zum 31. Dezember 2008 und bei der Pflanzung von Heistern bis zum 31. Dezember 2012 auch Pflanzgut verwendet werden, dessen Ausgangsmaterial aus den angrenzenden deutschen Tieflandsherkunftsgebieten stammt und mit einem entsprechenden nachprüfbaren Herkunftsnachweis versehen ist. Steht von der jeweiligen Gehölzart auch solches Pflanzgut nicht zur Verfügung, ist auf eine verfügbare Gehölzart regionaler Herkunft mit gleicher standörtlicher Eignung auszuweichen. Steht auch solches Pflanzmaterial nicht zur Verfügung, kann bis zum 31. Dezember 2008 (bei Heistern bis zum 31. Dezember 2012) auch herkömmliches Pflanzgut ohne Herkunftsnachweis der zur Pflanzung vorgesehenen Gehölzart verwendet werden. Nach den genannten Fristen ist ausschließlich Pflanzmaterial aus regionalen Herkünften zu verwenden. Steht dieses nicht zur Verfügung, muss die Pflanzmaßnahme verschoben werden, bis entsprechendes Pflanzgut zur Verfügung steht.

Nachweisverfahren

In den jeweiligen Ausschreibungen ist das geforderte Herkunftsgebiet anzugeben und ein entsprechender Beleg einzufordern. Die regionale Herkunft gilt als nachgewiesen, wenn die Baumschule ein anerkanntes Herkunftszeugnis oder ein vergleichbares anerkanntes Zertifikat vorlegen kann, das eine durchgängige Herkunftssicherung, angefangen von der Ernte, über die Gehölzanzucht bis hin zum Vertrieb bestätigt.

Anlagen