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Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Vermeidung,Verwertung und Beseitigung von Abfällen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes


vom 20. März 2006
(ABl./06, [Nr. 13], S.290)

Außer Kraft getreten am 5. April 2012
(ABl./06, [Nr. 13], S.290)

Diese Verwaltungsvorschrift gilt für die nach § 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) in Verbindung mit der Vierten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (4. BImSchV) genehmigungsbedürftigen Anlagen. Sie enthält Vorschriften zur Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG, die zu beachten sind bei

  1. der Prüfung der Anträge auf Erteilung einer Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage (§§ 4 und 6 BImSchG) sowie zur wesentlichen Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebes einer Anlage (§ 16 BImSchG),
  2. der Prüfung der Anträge auf Erteilung einer Teilgenehmigung oder eines Vorbescheides (§§ 8, 9 BImSchG),
  3. der Prüfung der Anträge auf Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a BImSchG) und
  4. nachträglichen Anordnungen (§ 17 BImSchG) sowie
  5. nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen im Sinne des § 22 BImSchG, für die aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 22 Abs. 1 Satz 2 BImSchG die Anforderungen des § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG entsprechend gelten.

Nach der Grundpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG sind genehmigungsbedürftige und diesen gleichgestellte (§ 22 Abs. 1 Satz 2 BImSchG) nicht genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden.

Die Pflichten der Betreiber von genehmigungsbedürftigen und immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen richten sich nach den Vorschriften des Immissionsschutzrechts (vgl. § 9 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes - KrW-/AbfG -). § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG bezieht sich jedoch nur auf die Frage, ob die anfallenden Abfälle vermieden, verwertet oder beseitigt werden müssen. Für die Art und Weise der Verwertung oder Beseitigung gelten die abfallrechtlichen Vorschriften.

Bei der Prüfung des Vermeidungspotentials sind auch die in den branchenbezogenen Anhängen der Abwasserverordnung enthaltenen Anforderungen zur Verminderung des Abwasseranfalls und der Schadstofffracht zu beachten.

1 Einzelheiten zum Anwendungsbereich

Folgende Besonderheiten sind zum Anwendungsbereich außerdem zu beachten:

1.1 Der in § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG verwendete Abfallbegriff ist identisch mit dem Abfallbegriff des § 3 Abs. 1 KrW-/AbfG. Allerdings erfassen die Pflichten des § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG nur die Vermeidung und Entsorgung solcher Abfälle, welche durch Errichtung und Betrieb der Anlage entstehen. Die Beschränkung des Geltungsbereichs des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes durch § 2 Abs. 2 hat keine Auswirkungen auf den Abfallbegriff nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG, so dass auch zum Beispiel Betriebsabwässer oder dem Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz beziehungsweise der Verordnung 1774/2002/EG unterliegende Stoffe von § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG erfasst werden können. Für die Beseitigung von Abwässern, die in Gewässer oder Abwasseranlagen eingeleitet werden, gelten im Übrigen die Anforderungen des Wasserrechts (§ 7a des Wasserhaushaltsgesetzes, Abwasserverordnung, Brandenburgische Indirekteinleiterverordnung).

1.2 Den Zweck des Anlagenbetriebs bestimmt der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage, indem er sie im Antrag und den beigefügten Unterlagen beschreibt. Bei nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen ergibt sich der Zweck gegebenenfalls aus vergleichbaren Unterlagen des baurechtlichen Genehmigungsverfahrens. Außerdem ist die Verkehrsanschauung zu berücksichtigen, wie sie insbesondere in den Anlagenbeschreibungen im Anhang der 4. BImSchV Berücksichtigung gefunden hat. Die Zweckbestimmung ist anhand der Verkehrsanschauung unter Berücksichtigung der Festlegungen im Genehmigungsbescheid zu objektivieren, wobei wirtschaftliche Gesichtspunkte mit in Rechnung zu stellen sein können.

Stoffe, die in Anlagenteilen oder Nebeneinrichtungen wie zum Beispiel Abwasserbehandlungsanlagen oder Abgasreinigungseinrichtungen entstehen oder anfallen, die aufgrund oder zur Einhaltung gesetzlicher Anforderungen errichtet sind, werden nicht vom Anlagenzweck erfasst und sind (schon) deshalb keine Produkte. Würde dagegen der Anlagenbetreiber einen bestimmten Stoff auch noch entstehen lassen, wenn er das Hauptprodukt der Anlage ohne den Anfall dieses Stoffes mit gleichen oder geringeren Kosten herstellen könnte, so handelt es sich nicht um einen Abfall, sondern um ein weiteres Produkt, auf dessen Herstellung der Zweck des Anlagenbetriebs auch gerichtet ist. So können zum Beispiel in Erdölraffinerien neben verschiedenen Kraftstoffen auch Flüssiggase, Heizöle, Schmieröle, Bitumen und Schwefel anfallen. Die Chloralkali-Elektrolyse ist auf die Erzeugung von Chlor, Natronlauge und Wasserstoff ausgerichtet.

Ein Kraftwerk hingegen wird nach der Verkehrsanschauung nicht betrieben, um ein gipshaltiges “Abgasreinigungsprodukt“ zu erzeugen. Ebenso wenig wird ein Stahlwerk betrieben, um Schlacke für den Straßenbau zu gewinnen. Allerdings kann durch weitere nachgeschaltete - auch integrierte - (Abfall-)Behandlungsanlagen aus “Reaktionsabfall auf Calciumbasis aus der Rauchgasentschwefelung in fester Form“ (Abfallschlüssel 10 01 05) das Produkt REA-Gips entstehen, wie aus unbearbeiteter Schlacke (Abfallschlüssel 10 02 02) Hüttensand oder ein Düngemittel (Thomasmehl) werden kann.

1.3 Im § 19g des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) wird zwar die Gültigkeit für Abwasser ausgeschlossen, jedoch nicht für Abfall. Dies bedeutet, dass für Anlagen zum Umgang mit Abfällen, die wassergefährdende Stoffe enthalten oder enthalten können, die Regelungen des § 19g ff. WHG und der Anlagenverordnung einschlägig sind.

2 Vermeidung

§ 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG verpflichtet Anlagenbetreiber dazu, die genehmigungsbedürftige Anlage so zu errichten und zu betreiben, dass Abfälle primär vermieden werden.

2.1 Die Menge und Zusammensetzung der Abfälle, die in einer Anlage entstehen, werden durch die Anlagen- und Prozessgestaltung und die eingesetzten Roh- und Hilfsstoffe bestimmt. Abfälle werden daher vermieden, wenn

  • bereits ihre Entstehung durch geeignete Maßnahmen (bestimmte Verfahrenstechniken und Einsatzstoffe) verhindert wird,
  • Stoffe nach ihrer Entstehung innerhalb der Anlage einschließlich ihrer Nebeneinrichtungen in einer Weise wieder eingesetzt werden, die als integrierter Teil des Betriebs betrachtet und dem Anlagenzweck zugeordnet werden kann, oder
  • ihre Menge oder Schädlichkeit innerhalb der Anlage verringert wird.

Zu der Abfallvermeidung gehören beispielsweise:

  • Verwendung abfallfrei oder abfallarm zu verarbeitender Einsatzstoffe,
  • Anwendung abfallarmer Verfahren (zum Beispiel Pulverlackierung statt Spritzlackierung, Chloralkali- Elektrolyse nach dem Membranverfahren anstelle des Amalgamverfahrens),
  • Kreislaufführung von Stoffen (zum Beispiel geschlossene Kühlwasserkreisläufe, Formsandkreisläufe in Gießereien, Wiedereinsatz von Lackoverspray im Spritzprozess innerhalb einer Lackieranlage),
  • Rückführung von Stoffen innerhalb eines integrierten Prozesses (zum Beispiel Lösemittelrückführung),
  • Wahl einer abfallarmen Abgas- und Abwasserreinigungstechnik (zum Beispiel Einsatz eines Trockenentstaubungsverfahrens mit Filterstaubrückführung anstelle eines Nassentstaubungsverfahrens mit Abwasser und Schlamm).

Die in den branchenbezogenen Anhängen zur Abwasserverordnung enthaltenen Anforderungen zur Verminderung des Abwasseranfalls und der Schadstofffracht dienen in der Regel auch der Abfallvermeidung. Bei der Umsetzung der Anforderungen des § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG sind zweckmäßigerweise die Anforderungen zur Verminderung des Abwasseranfalls und der Schadstofffracht einzubeziehen, soweit dies nicht im Einzelfall bereits im Rahmen wasserrechtlicher Verfahren erfolgt ist.

Die von der EU-Kommission auf der Grundlage von Artikel 16 Abs. 2 der Richtlinie 96/61/EG über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltbelastung (IVU-Richtlinie) veröffentlichten “Best available technique Reference documents“ (BREF-Dokumente) enthalten auch Beschreibungen von Maßnahmen zur Abfallvermeidung. Diese BREF-Dokumente sind bei der Prüfung solcher Maßnahmen zu berücksichtigen.

2.2 Die Abfallvermeidung kann nur gefordert werden, wenn sie technisch möglich und zumutbar ist. Technisch möglich ist die Vermeidung, wenn zur Erreichung des Betriebszwecks ein praktisch geeignetes Verfahren zur Verhinderung der Entstehung oder zur Verringerung der Menge oder Schädlichkeit des Abfalls zur Verfügung steht. Praktisch geeignet ist das technische Verfahren dann, wenn es ohne längere Erprobungsphase verwirklicht werden kann.

Zumutbar ist die Vermeidung, wenn sie unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu verwirklichen ist. Dabei ist neben der objektiven Verhältnismäßigkeitsprüfung eine Abwägung der Vor- und Nachteile im konkreten Einzelfall durchzuführen.

Bei der Prüfung der Zumutbarkeit sind insbesondere wirtschaftliche und umweltbezogene Gesichtspunkte gegeneinander abzuwägen, dabei sind die vorgesehene Nutzungsdauer, die Absetzbarkeit der Erzeugnisse zu einem marktfähigen Preis sowie technische Besonderheiten der Anlage ebenso zu berücksichtigen wie Art, Menge und Gefährlichkeit der Abfälle. Die Vermeidung kann unzumutbar sein, wenn es erforderlich wäre, das (vorgesehene) Produktions-, Abgas- oder Abwasserreinigungsverfahren grundlegend zu verändern. Es kann aber zumutbar sein, zu verlangen, dass Roh- oder Hilfsstoffe eingesetzt werden, die nicht zu bestimmten Abfällen führen, oder dass zusätzliche Verfahrensschritte vorgesehen und zusätzliche Anlagenteile eingebaut werden, die eine Stoffrückführung in den Produktionsprozess ermöglichen (zum Beispiel Aufbereitung von Lösemitteln durch Destillation mit anschließender Rückführung in den Produktionsprozess anstelle einer Verwertung mit geringeren Qualitätsanforderungen).

Maßnahmen zur Abfallvermeidung dürfen nicht dazu führen, dass sonstige Grundpflichten aus § 5 BImSchG verletzt werden.

2.3 Die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung. Die Immissionsschutzbehörde kann sich zur Beurteilung dieser Frage insbesondere an den Kriterien des § 5 Abs. 5 Satz 2 KrW-/AbfG orientieren. Dies sind

  • die zu erwartenden Emissionen,
  • das Ziel der Schonung der natürlichen Ressourcen,
  • die einzusetzende oder zu gewinnende Energie und
  • die Anreicherung von Schadstoffen in Erzeugnissen, Abfällen zur Verwertung oder daraus gewonnenen Erzeugnissen.

3 Verwertung oder Beseitigung

Die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften. Aus diesem Grunde nimmt die für den Vollzug des jeweiligen Fachrechts zuständige Behörde Stellung, ob und gegebenenfalls wie der Abfall zu verwerten oder zu beseitigen ist. Die Aussage der jeweiligen Fachbehörde berücksichtigt die Immissionsschutzbehörde bei ihrer Entscheidung.

Ist weder eine Vermeidung oder Verwertung noch eine Beseitigung des Abfalls in zulässiger Form möglich, darf die Anlage nicht betrieben werden.

4 Genehmigungsverfahren

4.1 Im Genehmigungsverfahren ist zu entscheiden, ob für die bei Errichtung und Betrieb der Anlage entstehenden Abfälle die Voraussetzungen für eine Vermeidung, eine Verwertung oder eine Beseitigung vorliegen. Ausgehend von den vom Antragsteller vorzulegenden Unterlagen hat die Genehmigungsbehörde im Zusammenwirken mit den jeweiligen Fachbehörden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls anhand der gesetzlichen Merkmale des § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG zu prüfen und festzulegen, in welcher Weise mit den Abfällen umzugehen ist.

Organisatorische, bauliche und technische Maßnahmen, durch die vermieden wird, dass Abfälle anfallen, gehören zum Betrieb der Anlage. Deshalb schließt die Prüfung, ob auf Dauer sichergestellt ist, dass die Genehmigungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BImSchG erfüllt werden sowie andere Vorschriften und Belange im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG nicht entgegenstehen, die Prüfung der mit der Vermeidung verbundenen Auswirkungen ein (vgl. Nummer 3).

Soll nach der Inbetriebnahme einer Anlage von den Festlegungen in der Genehmigung zum Umgang mit Abfällen dadurch abgewichen werden, dass die Abfälle künftig auf andere Art vermieden, verwertet oder beseitigt werden, ist in der Regel eine Anzeige nach § 15 BImSchG erforderlich. Liegen zugleich die Voraussetzungen des § 16 BImSchG vor, ist eine Änderungsgenehmigungerforderlich.

4.2 Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 BImSchG sind dem Genehmigungsantrag die zur Prüfung nach § 6 BImSchG erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen.

Für die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG kann es erforderlich sein, dass Angaben zu nachfolgend genannten Anforderungen gemacht werden.

4.2.1 Dem Genehmigungsantrag ist eine auf das Kalenderjahr bezogene Stoffbilanz beizufügen.

Hierunter ist eine Gegenüberstellung der Einsatzstoffe (Brenn-, Roh- und Hilfsstoffe) mit den Produkten, Emissionen und Abfällen (einschließlich Abwässern) zu verstehen.

Die Angaben zu den Einsatzstoffen, Produkten und Abfällen müssen jeweils im Einzelnen aufgeschlüsselt sein nach

  • Art (chemische Zusammensetzung),
  • Beschaffenheit (physikalische Eigenschaften),
  • Menge (in Kilogramm oder Megagramm) und
  • Abfallschlüssel nach Abfallverzeichnisverordnung (nur bei Abfällen).

Bei den Abfällen müssen hierbei für jede Anfallstelle getrennte Angaben gemacht werden.

Die jeweiligen Mengenangaben sind einschließlich des Stoffaustrages über die Abgasströme (Emissionen) zu bilanzieren. Der Stofffluss durch die Anlage muss so dargestellt sein, dass die Plausibilität der Stoffbilanz beurteilt werden kann (zum Beispiel durch ein Fließbild).

4.2.2 Die Eigenschaften von Abfällen sind darzulegen. Dabei ist auf bestehende stoffrechtliche Klassifizierungen (zum Beispiel Gefahrstoffverordnung, Wassergefährdungsklassen) hinzuweisen. Soweit Abfälle zum Beispiel in wasser- oder abfallrechtlichen Vorschriften als wassergefährdend nach § 19g Abs. 5 WHG beziehungsweise als Abfall im Sinne des § 41 Abs. 1 KrW-/AbfG beziehungsweise einer Rechtsverordnung nach § 41 Abs. 3 KrW-/AbfG klassifiziert sind, muss die jeweilige Klassifizierung angegeben sein.

4.2.3 Für jeden einzelnen Abfall, der vermieden werden soll, sind die vorgesehenen Maßnahmen zur Verminderung der Menge sowie der Schädlichkeit zu beschreiben. Bei der Prüfung der im Genehmigungsantrag gemäß § 4c Nr. 3 der Neunten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über das Genehmigungsverfahren - 9. BImSchV) vorzunehmenden Darlegung von Gründen, weshalb eine weitergehende Vermeidung von Abfällen technisch nicht möglich oder unzumutbar ist, sind insbesondere die in den jeweiligen anlagenbezogenen Musterverwaltungsvorschriften zu § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG aufgeführten Vermeidungsmaßnahmen zu berücksichtigen.

4.2.4 Für Abfälle, die verwertet werden sollen, muss anhand von Verfahrensunterlagen dargelegt sein, weshalb die Abfälle nicht vermieden oder in ihrer Menge verringert werden können (zum Beispiel durch Kreislaufführung von Hilfsstoffen, bessere Ausnutzung von Rohstoffen, höhere Standzeiten von Katalysatoren). Bei der Prüfung der diesbezüglichen Darlegungen im Genehmigungsantrag sind insbesondere die in den jeweiligen anlagenbezogenen Musterverwaltungsvorschriften zu § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG aufgeführten Vermeidungsmaßnahmen zu berücksichtigen. Für jeden einzelnen Abfall, der verwertet werden soll, muss der genaue Verwendungszweck des Abfalls angegeben werden.

Soweit Abfälle in einer Anlage verwertet werden sollen, muss diese unter Angabe des Standortes, der Art (zum Beispiel Anlage zur Herstellung von Zement) und des Betreibers bezeichnet werden. Darüber hinaus müssen die Grundzüge des Verfahrens und die Art der Verwertung beschrieben werden. Schließlich ist eine Bestätigung der für die Verwertungsanlage zuständigen Überwachungsbehörde beizufügen, dass der Einsatz zulässig ist. Die Angaben des Betreibers sind auch erforderlich, wenn die Verwertung der Abfälle nicht in einer Anlage, sondern auf andere Weise (zum Beispiel bei Baumaßnahmen) erfolgen soll.

Der Zeitraum, während dessen die Verwertung sichergestellt ist, muss angegeben sein (Zahl der Jahre). Wegen des möglicherweise eintretenden Erfordernisses einer Betriebsstilllegung bei Wegfall des Verwertungsweges ist bei der Prüfung der Angaben ein auf den Einzelfall abgestellter Mindestzeitraum zugrunde zu legen, der nicht so kurz sein darf, dass der mit der Errichtung der Anlage verbundene Aufwand in keinem angemessenen Verhältnis zu der Zeit der gesicherten Nutzungsmöglichkeit steht. Durch die Vorlage geeigneter Unterlagen (zum Beispiel Abnahmeverträge) muss nachgewiesen werden, dass die Anlage, in der die Verwertung erfolgen soll, über ausreichende Kapazitäten verfügt und für die Verarbeitung der Abfälle bereitsteht. Nicht ausreichend ist eine bloße Absichtserklärung des Betreibers für eine bestimmte Art der Verwertung, deren Verwirklichung mit dem materiellen Recht übereinstimmt und deren Durchführbarkeit angenommen werden kann, sofern nicht gleichzeitigdie Einhaltung des § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG durch hinreichend bestimmte Auflagen zum Genehmigungsbescheid sichergestellt werden kann.

Soweit Aufbereitungsmaßnahmen vorgesehen sind, die eine Verwertung der Abfälle erst ermöglichen (zum Beispiel Separierung oder Konditionierung), muss dies aus den Unterlagen und Erläuterungen hervorgehen.

4.2.5 Für Abfälle, die beseitigt werden sollen, muss anhand von Verfahrensunterlagen dargelegt sein, weshalb die Abfälle nicht vermieden, in ihrer Menge verringert oder verwertet werden können. Könnten Abfälle zum Beispiel durch übliche Behandlungsmaßnahmen verwertbar gemacht werden, muss erläutert werden, warum diese Möglichkeiten nicht ergriffen werden sollen. Bei der Prüfung der diesbezüglichen Darlegungen im Genehmigungsantrag sind insbesondere die in den jeweiligen anlagenbezogenen Musterverwaltungsvorschriften zu § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG aufgeführten Vermeidungsmaßnahmenzu berücksichtigen.

Handelt es sich um Abfälle, die durch den Betrieb einer Umweltschutzeinrichtung entstehen (zum Beispiel Abgas- oder Abwasserreinigungsanlage), so muss der Antragsteller darlegen, aus welchen Gründen er sich für das von ihm gewählte Verfahren entschieden hat, sofern auf dem Markt auch andere Verfahren mit verwertbaren Abfällen angeboten werden.

Für alle anderen Abfälle soll dargelegt werden, welche Erkenntnisquellen genutzt wurden, um Verwertungsmöglichkeiten festzustellen und weshalb eine Verwertung nicht beabsichtigt ist.

Für Abfälle, die mangels Vermeidungs- oder Verwertungsmöglichkeiten beseitigt werden müssen, sind folgende Angaben erforderlich:

  • Art des vorgesehenen Beseitigungsweges und Kennzeichnung der Beseitigungsanlage;
  • Zeitraum, während dessen die Beseitigung sichergestellt ist;
  • Nachweise darüber, von wem und für welche Zeit die Beseitigung übernommen wird und dass die Beseitigung rechtlich und tatsächlich durchführbar ist.

Wegen des möglicherweise eintretenden Erfordernisses einer Betriebsstilllegung bei Wegfall des Entsorgungsweges ist bei der Prüfung der Angaben zum Zeitraum, für den die Beseitigung gesichert ist, ein auf den Einzelfall abgestellter Mindestzeitraum zugrunde zu legen, der nicht so kurz sein darf, dass der mit der Errichtung der Anlage verbundene Aufwand in keinem angemessenen Verhältnis zu der Zeit der gesicherten Nutzungsmöglichkeit steht.

4.2.6 Beruft sich der Antragsteller darauf, dass ihm ein anderes als das beabsichtigte Verfahren aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar sei, müssen von ihm Angaben über die Kosten des von ihm vorgesehenen Verfahrens und der im Übrigen in Betracht kommenden Vermeidungs- und Verwertungsmöglichkeiten gemacht werden.

4.3 Im Genehmigungsbescheid sind - soweit zur Sicherstellung der Pflichten des § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG erforderlich - für jeden Abfall die einzuhaltenden Anforderungen festzulegen. Dabei ist auf den jeweiligen Abfall bezogen festzulegen, inwieweit er der Verwertung oder Beseitigung zuzuführen ist. Auf die Antragsunterlagen kann Bezug genommen werden.

Die Begleitumstände des Umgangs mit Abfällen können ebenso wie zum Beispiel die Untersagung einer Vermischung oder die Behandlung von Abfällen durch Auflagen zum Genehmigungsbescheid festgelegt werden. Soweit der Nachweis über den Verbleib der Abfälle nur für einen bestimmten Zeitraum geführt werden kann, ist der Weiterbetrieb nach Ablauf des Zeitraums davon abhängig zu machen, dass der erforderliche Nachweis rechtzeitig vorgelegt wird.

4.4 Es ist nicht erforderlich, dass bereits zum Zeitpunkt der Genehmigung sämtliche Modalitäten der Verwertung oder Beseitigung feststehen. Es reicht aus, wenn diese durch eine nachträgliche Auflage nach § 12 Abs. 2a BImSchG bestimmt werden können und deren Erfüllung spätestens bis zur Inbetriebnahme der Anlage nachgewiesen wird.

5 Überwachungsverfahren

Nach § 52 Abs. 1 BImSchG haben die zuständigen Überwachungsbehörden auch zu prüfen, ob die Betreiber von Anlagen die ihnen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG obliegenden Pflichten erfüllen. Gegenstand und Ablauf der hiernach erforderlichen Prüfung hängen entscheidend davon ab, ob und gegebenenfalls welche Regelungen bezüglich dieser Betreiberpflichten im jeweiligen Genehmigungsbescheid beziehungsweise in Rechtsverordnungen nach § 22 Abs. 1 Satz 2 BImSchG getroffen sind.

Soweit im Genehmigungsbescheid festgelegt ist, dass die Abfälle vermieden werden müssen, hat die Überwachungsbehörde zu prüfen, ob die getroffenen Regelungen eingehalten sind. Hierzu ist es erforderlich, Art und Menge der Einsatzstoffe sowie die Prozesstechnik mit den entsprechenden Angaben in den Genehmigungsunterlagen zu vergleichen.

Ist nach den Festlegungen im Genehmigungsbescheid die Entsorgung der Abfälle zugelassen, hat die Überwachungsbehörde anhand der vom Anlagenbetreiber zu führenden Nachweise zu prüfen, ob die Abfälle in der genehmigten Weise entsorgt werden. Zu den Überwachungspflichten im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG gehört jedoch nicht die Prüfung, ob die Art und Weise der Entsorgung selbst in Übereinstimmung mit dem jeweils anzuwendenden formellen und materiellen Recht erfolgt.

Stellt die Immissionsschutzbehörde durch eine Anzeige, einen Änderungsgenehmigungsantrag oder im Rahmen der Überwachung fest, dass Abfälle nicht mehr verwertet oder anders als in der Genehmigung vorgesehen verwertet oder beseitigt werden, so hat sie beziehungsweise die jeweils zuständige Fachbehörde zu prüfen, ob und inwieweit der Anfall des Abfalls vermieden, der Abfall anders verwertet oder anders beseitigt werden muss. Ist dies der Fall, muss die Immissionsschutzbehörde unter Beachtung der Stellungnahme der Fachbehörde prüfen, ob Anlass zu einer nachträglichen Anordnung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BImSchG besteht.

Besondere Bedeutung kommt in diesen Fällen der Frage zu, ob die im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung der Verwertung sowie der Vermeidung der Abfälle entgegenstehenden Gründe immer noch vorliegen. Führt die Prüfung zu dem Ergebnis, dass die Abfälle verwertet werden müssen, weil nunmehr eine geeignete Verwertungsmöglichkeit zur Verfügung steht, so ist sie durch eine nachträgliche Anordnung nach § 17 Abs. 1 BImSchG sicherzustellen. Entsprechendes gilt, wenn bei weiterhin fehlender Verwertungsmöglichkeit nunmehr eine Vermeidung der Abfälle in Betracht kommt.

Enthält der Genehmigungsbescheid keine ausdrücklichen Festlegungen zur Grundpflicht aus § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG, hat sich die Überwachungsbehörde vom Betreiber im Rahmen des § 52 BImSchG deren Erfüllung belegen zu lassen und durch eine nachträgliche Anordnung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BImSchG sicherzustellen.

Bei nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen, für die aufgrund der Art oder Menge aller oder einzelner anfallender Abfälle durch Rechtsverordnung nach § 22 Abs. 1 Satz 2 BImSchG die Anforderungen des § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG entsprechend gelten, hat die Überwachungsbehörde zu prüfen, ob die Abfälle in zulässiger Weise vermieden, verwertet oder beseitigt werden. Hinsichtlich der Zulässigkeit der Maßnahmen gelten die gleichen Prüfkriterien wie bei den genehmigungsbedürftigen Anlagen.

6 Hinweis auf Bestimmungen zur Verwertung in den anlagenbezogenen Musterverwaltungsvorschriften

Die anlagenbezogenen Musterverwaltungsvorschriften, die zum großen Teil vor der Neufassung des § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG erlassen worden sind, enthalten Ausführungen zur Verwertung von Abfällen. Obgleich diese nicht mehr in den Regelungsbereich des Immissionsschutzrechts fallen, können sie bei der abfallrechtlichen Prüfung der Verwertungsmöglichkeiten als Arbeitsmaterial herangezogen werden.

7 In-Kraft-Treten

Diese Verwaltungsvorschrift tritt am Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft und gilt von diesem Zeitpunkt an für den Zeitraum von sechs Jahren.