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Brandenburgisches Vorschriftensystem (BRAVORS)

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Aktuelle Fassung

Erlass des Ministeriums für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg zu § 62 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes (Naturschutzbeiräte-Erlass)


vom 17. Mai 2005
(ABl./05, [Nr. 23], S.652)

1 Zweck des Erlasses

Dieser Erlass dient der gleichmäßigen Durchführung der Beteiligung der bei den Naturschutzbehörden des Landes Brandenburg berufenen Naturschutzbeiräte. Darüber hinaus konkretisiert dieser Erlass die sonstigen gesetzlichen Aufgaben und Befugnisse der Naturschutzbeiräte.

2 Aufgaben und Befugnisse der Naturschutzbeiräte

2.1 Allgemeine Funktion/Bedeutung

Die Naturschutzbeiräte werden zur Vertretung der Belange von Naturschutz und Landschaftspflege und zur wissenschaftlichen und fachlichen Beratung gebildet, § 62 Abs. 1 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes (BbgNatSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Mai 2004 (GVBl. I S. 350).

Die Naturschutzbeiräte in ihrer Gesamtheit sowie deren einzelne Mitglieder sind an Weisungen, Aufträge und Richtlinien der Naturschutzbehörde, bei der sie eingerichtet sind, nicht gebunden. Im gemeinsamen Interesse ist auf eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Naturschutzbeirat und Naturschutzbehörde hinzuwirken.

2.2 Die Aufgaben im Einzelnen

Die Aufgaben der Naturschutzbeiräte ergeben sich aus § 62 Abs. 1 Satz 2 BbgNatSchG. Danach sollen die Naturschutzbeiräte

  1. die Naturschutzbehörden durch Vorschläge und Anregungen fachlich unterstützen,
  2. Fehlentwicklungen in Natur und Landschaft entgegenwirken und
  3. der Öffentlichkeit die Absichten und Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege vermitteln.

2.2.1 Beratungsfunktion

Sowohl mit der Aufgabe der fachlichen Beratung und Unterstützung der Naturschutzbehörden als auch mit der Aufgabe, Fehlentwicklungen von Natur und Landschaft entgegenzuwirken, wird für die Naturschutzbeiräte ein Tätigkeitsfeld umrissen, das von Beratung als reiner Informationsbereitstellung bis hin zum aktiven Einbringen eigener Vorschläge und Zielvorstellungen reicht. Ihnen ist insofern eine aktive Rolle zugewiesen, als sie dazu aufgerufen sind, auch von sich aus die Initiative zu ergreifen und nicht nur das zu beurteilen, was ihnen die Naturschutzbehörden vorlegen.

Die Befugnis der Naturschutzbeiräte, Vorschläge und Anregungen zu unterbreiten, besteht nur gegenüber den Naturschutzbehörden, nicht gegenüber anderen Stellen der öffentlichen Verwaltung, da die Aufgabe der Naturschutzbeiräte vor allem in der wissenschaftlichen und fachlichen Beratung der Naturschutzbehörden liegt. Da untere Naturschutzbehörde im Sinne des § 52 Satz 2 BbgNatSchG der Landkreis beziehungsweise die kreisfreie Stadt als Körperschaft ist, kann der Naturschutzbeirat gegenüber den zuständigen Organen dieser Körperschaft fachliche Vorschläge und Anregungen unterbreiten. Das allgemeine, jedermann zustehende Petitionsrecht gemäß § 21 der Gemeindeordnung (GO) beziehungsweise § 19 der Landkreisordnung (LKrO) bleibt davon unberührt.

Die fachliche Beratung und Unterstützung der Naturschutzbeiräte beschränkt sich dabei auf rein naturschutzfachliche Belange. Es gehört nicht zu ihren Aufgaben, im Vorgriff auf die Verwaltungsverfahren, an denen sie beteiligt sind (siehe unten 2.3), eine Güter- und Interessenabwägung (etwa mit Gemeinwohlbelangen im Rahmen einer Befreiung vom gesetzlichen Biotopschutz) vorzunehmen. Vielmehr dürfen sie sich bei ihren Stellungnahmen oder sonstigen Vorschlägen nur von naturschutzfachlichen Gesichtspunkten leiten lassen (etwa von einer fachlichen Einschätzung der Wertigkeit des betreffenden Biotops und der im Falle einer Ausnahme oder Befreiung erfolgenden Beeinträchtigungen).

2.2.2 Öffentlichkeitsarbeit

Mit der Aufgabe, “der Öffentlichkeit die Absichten und Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu vermitteln“, ist ein vom Grundsatz sehr weit gespanntes Aufgabenfeld der Naturschutzbeiräte umrissen, dem durch ihre ehrenamtliche Tätigkeit zugleich Grenzen gesteckt sind. Den Naturschutzbeiräten kommt dabei vor allem eine die professionelle Öffentlichkeitsarbeit der Naturschutzbehörden ergänzende Funktion zu. Die Naturschutzbeiräte sind zwar berechtigt, sich unmittelbar an die Öffentlichkeit zu wenden. Im Interesse einer guten Zusammenarbeit soll die Naturschutzbehörde aber frühzeitig vor Veröffentlichungen unterrichtet werden, so dass sie hierzu vorab Stellung nehmen kann. Angelegenheiten, die der Verschwiegenheitsverpflichtung (§ 27 GO, § 24 Abs. 1 Satz 3 LKrO) unterliegen, sowie Angelegenheiten in laufenden Verwaltungsverfahren (§ 4 Abs. 2 des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes, §§ 29, 30 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg) dürfen der Öffentlichkeit nicht mitgeteilt werden.

2.3 Mitwirkungsbefugnisse

Die Befugnisse der Naturschutzbeiräte ergeben sich aus § 62 Abs. 1 Satz 3 und 4 BbgNatSchG. Danach sind die Naturschutzbeiräte vor allen wichtigen Entscheidungen und Maßnahmen der Naturschutzbehörden in angemessener Frist und Form einzubeziehen, insbesondere sind die für die jeweilige Angelegenheit relevanten Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Das Gleiche gilt, wenn Entscheidungen der unteren Naturschutzbehörde in anderen landesrechtlichen Zulassungen auf Landkreisebene ersetzt oder eingeschlossen werden. Die Beteiligung des Naturschutzbeirats erfolgt in diesen Fällen ebenfalls durch die Naturschutzbehörde.

Nimmt der Naturschutzbeirat wegen fehlender Beschlussfähigkeit oder aus anderen Gründen nicht zu einer beabsichtigten Entscheidung oder Maßnahme Stellung, obwohl ihm hierzu in angemessener Frist und Form Gelegenheit gegeben worden ist, ergeht die Entscheidung oder Maßnahme der Naturschutzbehörde ohne die Stellungnahme des Naturschutzbeirates.

Die Naturschutzbeiräte befassen sich ausschließlich mit Angelegenheiten, welche die Naturschutzbehörde betreffen, bei der sie eingerichtet sind. Die Naturschutzbeiräte der verschiedenen Ebenen handeln unabhängig voneinander, eine Zusammenarbeit bleibt ihnen jedoch unbenommen. Ein Instanzenzug unter den Beiräten findet nicht statt, so dass Angelegenheiten nicht allein deswegen dem Naturschutzbeirat bei der obersten Naturschutzbehörde vorgelegt werden dürfen, weil der Naturschutzbeirat bei der unteren Naturschutzbehörde mit seiner Auffassung nicht durchgedrungen ist.

Wichtige Entscheidungen und Maßnahmen:

Als wichtige Entscheidungen und Maßnahmen der unteren Naturschutzbehörde im Sinne des § 62 Abs. 1 Satz 3 BbgNatSchG sind stets anzusehen:

  • Genehmigungen von Tiergehegen gemäß § 43 Abs. 2 BbgNatSchG, soweit wichtige Belange des § 43 Abs. 3 Nr. 1 und 2 BbgNatSchG berührt sind,
  • Genehmigung von Zoos gemäß § 43a Abs. 2 BbgNatSchG,
  • Ausnahmegenehmigungen vom Bauverbot an Gewässern gemäß § 48 Abs. 3 BbgNatSchG,
  • Ausnahmegenehmigungen vom gesetzlichen Schutz bestimmter Teile von Natur und Landschaft gemäß § 72 Abs. 1 und 2 BbgNatSchG, soweit solche nicht das Verbot nach § 34 Nr. 1 BbgNatSchG betreffen,
  • Befreiungen von Geboten und Verboten mit Ausnahme von § 34 Nr. 1 BbgNatSchG gemäß § 72 Abs. 3 und 9 BbgNatSchG,
  • auf Landesrecht beruhende Zulassungen der Landkreise oder kreisfreien Städte, die eine der vorgenannten Zulassungen einschließen oder ersetzen,
  • Fälle der Beteiligung an straßenrechtlichen Verfahren, soweit auf Grund des gemeinsamen Erlasses von Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung und Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr vom 5. Januar 1998 auf eine eigenständige naturschutzrechtliche Zulassung neben der straßenrechtlichen Zulassung verzichtet wird,
  • Feststellung gemäß § 26d BbgNatSchG, ob ein Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen eines Gebie-tes von gemeinschaftlicher Bedeutung oder eines Europäischen Vogelschutzgebietes in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, soweit diese Feststellung im Rahmen einer der vorgenannten Verfahren zu treffen ist,
  • Verordnungen zur Festsetzung von Natur- (§ 21 BbgNatSchG) oder Landschaftsschutzgebieten (§ 22 BbgNatSchG), Naturdenkmalen (§ 23 BbgNatSchG) oder geschützten Landschaftsbestandteilen (§ 24 BbgNatSchG),
  • Verordnungen oder Verfügungen über die einstweilige Sicherstellung von Teilen von Natur und Landschaft (§ 27 Abs. 1 und 2 BbgNatSchG),
  • Verordnungen oder Verfügungen zur Aufhebung von Schutzausweisungen oder einstweiligen Sicherstellungen sowie Verordnungen zur Ausgliederung von Teilflächen aus Schutzgebieten (§ 28 Abs. 1 und 8 BbgNatSchG),
  • die Aufhebung der Veränderungssperre nach eingeleitetem Unterschutzstellungsverfahren (§ 28 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 27 Abs. 3 BbgNatSchG),
  • Aufstellung und Fortschreibung von Landschaftsrahmenplänen gemäß § 6 Abs. 2 BbgNatSchG, bei kreisfreien Städten auch Aufstellung und Fortschreibung von Landschaftsplänen sowie Flächennutzungsplänen.

Was darüber hinaus als wichtige Entscheidung und Maßnahme anzusehen ist, entscheidet die untere Naturschutzbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der vorstehenden Maßstäbe.

3 In-Kraft-Treten

Dieser Erlass tritt mit seiner Veröffentlichung im Amtsblatt für Brandenburg in Kraft.