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Brandenburgisches Vorschriftensystem (BRAVORS)

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Aktuelle Fassung

Neufassung der Verwaltungsvorschriften des Ministeriums des Innern zum Brandenburgischen Polizeigesetz (Verwaltungsvorschriften zum Brandenburgischen Polizeigesetz - VVBbgPoIG)


vom 5. Juni 2001
(ABl./01, [Nr. 28], S.466)

Aufgrund des § 72 des Brandenburgischen Polizeigesetzes (BbgPolG) vom 19. März 1996 (GVBl. I S. 74), geändert durch Gesetz vom 19. Dezember 200ö (GVBl. I S. 179), ergehen nachfolgende Verwaltungsvorschriften:

1. Zu § 1 (Aufgaben der Polizei)

1.1 Hinsichtlich der Gefahrenbegriffe „konkrete Gefahr", „abstrakte Gefahr" und „Anscheinsgefahr" wird auf Nummern 1.1 und 13.2 der Verwaltungsvorschriften des Ministers des Innern zur Durchführung des Ordnungsbehördengesetzes (VwV OBG) vom 11. Juni 1993 (ABI. S. 1238) verwiesen. Bezüglich der Begriffe „öffentliche Sicherheit" und „öffentliche Ordnung" wird auf Nummern 13.1 und 13.1.2 VwV OBG verwiesen.

1.2 Soweit in den Befugnisvorschriften der Begriff der Gefahr verwendet wird, ist darunter allein die konkrete Gefahr zu verstehen.

1.3 Die Subsidiarität des polizeilichen Handelns zum Schutz privatrechtlicher Ansprüche bezieht sich nicht allein auf die Voraussetzungen („Ob"), sondern auch auf die Handlungen, die zu diesem Zweck vorgenommen werden dürfen („Wie"). Solche Handlungen dürfen sich nur auf die Sicherung und nicht die Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen beziehen. Die Polizei darf lediglich handeln, wenn die Anspruchsvoraussetzungen offenkundig oder zumindest glaubhaft gemacht sind, die von der Polizei vorzunehmende Handlung vom Rechtsinhaber im Zeitpunkt des Einschreitens gerichtlich durchsetzbar wäre und die polizeiliche Handlung die endgültige Anspruchsverwirklichung nicht vorwegnimmt.

2. Zu § 2 (Verhältnis zu anderen Behörden)

Ungeachtet einzelner originärer Zuständigkeiten der Polizei im Bereich der Gefahrenabwehr (z. B. § 44 Abs. 2 der Straßenverkehrs-Ordnung, §§ 12 ff. des Versammlungsgesetzes, § 4 des Vereinsgesetzes) sind für die Gefahrenabwehr grundsätzlich die Ordnungsbehörden zuständig (§ 1 Abs. 1 und 2 des Ordnungsbehördengesetzes). Hinsichtlich der Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Polizei und Ordnungsbehörden wird auf Nummer 1.4 VwV OBG verwiesen.

3. Zu § 3 (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit)

Die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist die wichtigste Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit jedes polizeilichen Eingriffs. Der Grundsatz besagt, dass die Polizei bei der Erfüllung ihrer Aufgaben und mehreren möglichen Maßnahmen nur diejenigen treffen darf, die geeignet sind, den angestrebten Zweck zu erreichen (Geeignetheit) und die möglichst wenig Nachteile mit sich bringen (Erforderlichkeit). Eine danach zulässige Maßnahme hat dann zu unterbleiben, wenn die mit ihr verbundenen Nachteile insgesamt die Vorteile überwiegen (Übermaßverbot).

4. Zu § 4 (Ermessen, Austauschmittel)

Im Gegensatz zum für die Strafverfolgung geltenden Legalitätsprinzip (§ 163 der Strafprozessordnung - StPO -) gilt für die Polizei bei der Gefahrenabwehr das Opportunitätsprinzip. Der Polizei steht bei dem Vollzug dieses Gesetzes grundsätzlich ein Ermessen zu. Ermessen setzt Handlungsalternativen voraus. Die Polizei entscheidet darüber, ob (Entschließungsermessen) und wie (Auswahlermessen, sofern mehrere zulässige Beseitigungsmöglichkeiten bestehen) sie die Gefahr abwehren will, unter Berücksichtigung gegebenenfalls weiterer Verantwortlicher. Eine pflichtgemäße Ermessensbetätigung liegt nicht vor bei Ermessensausfall, Ermessensüberschreitung oder Ermessensfehlgebrauch. Im Einzelfall kann sich die Zahl der Handlungsalternativen auf eine Alternative reduzieren. Dies ist der Fall, wenn nur noch eine Ermessensentscheidung fehlerfrei ist, alle anderen Ermessensentscheidungen ermessensfehlerhaft wären. Die Polizei ist dann verpflichtet, diese eine ihr noch verbleibende Entscheidung zu wählen. Man spricht in diesen Fällen von Ermessensreduzierung auf Null. Diese Situation wird nur im Ausnahmefall eintreten, etwa bei hoher Intensität der Störung, hoher Intensität der Gefährdung oder in besonders schweren Gefahrensfällen.

(Nummer 5 nicht besetzt)

6. Zu § 6 (Verantwortlichkeit für den Zustand von Sachen und Tieren)

Wirken sich Maßnahmen auf Tiere aus (z. B. bei Sicherstellung, Ersatzvornahme oder der Anwendung unmittelbaren Zwanges), sind insbesondere die Vorschriften des Tierschutzgesetzes zu beachten. Auf Tiere, die nach § 90 a des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht als Sachen gelten, sind die für Sachen geltenden Vorschriften des BbgPolG entsprechend anzuwenden (z. B. § 22).

(Nummern 7 bis 9 nicht besetzt)

10. Zu § 10 (Allgemeine Befugnisse, Begriffsbestimmung)

Absatz 1 enthält die Generalklausel für die Eingriffsbefugnisse der Polizei bei der Abwehr konkreter Gefahren. Sie bildet als Befugnisnorm die Rechtsgrundlage für polizeiliche Maßnahmen, soweit keine spezialgesetzlichen Ermächtigungen bestehen. Soweit spezialgesetzliches Gefahrenabwehrrecht zur Anwendung kommt (z. B. Versammlungsgesetz), ist ein Rückgriff auf. die Generalklausel ergänzend und nur insoweit zulässig, als das Spezialgesetz keine Regelung trifft. Hinsichtlich der Gefahrenbegriffe wird auf Nummer 1.1 verwiesen.

11. Zu § 11 (Befragung, Auskunftspflicht)

11.1 Unter einer Befragung nach Absatz 1 ist die Aufforderung der Polizei gegenüber einer bestimmten Person zu verstehen, Angaben oder eine Aussage zu machen. Erforderlich sind die von den Befragten zu erwartenden Angaben nur dann, wenn im Einzelfall die polizeiliche Aufgabe ohne Kenntnis der Daten überhaupt nicht, nicht sachgerecht oder nicht ohne zeitliche Verzögerung erfüllt werden könnte. Die Befugnis zur Befragung beinhaltet nur ein Fragerecht der Polizei und regelt nicht, ob und in welchem Umfang der Befragte eine Auskunftspflicht hat. Eine Auskunftspflicht zur Sache besteht nur im Rahmen gesetzlicher Handlungspflichten, die sich z. B. aus § 138 des Strafgesetzbuches ergeben können. Gemäß § 58 Abs. 2 ist unmittelbarer Zwang zur Abgabe einer Erklärung ausgeschlossen.

11.2 Absatz 3 erlaubt Kontrollen im öffentlichen Verkehrsraum zur vorbeugenden Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität. Hierzu kann die Polizei im öffentlichen Verkehrsraum angetroffene Personen kurzzeitig anhalten, befragen und verlangen, dass mitgeführte Ausweispapiere zur Prüfung ausgehändigt werden, sowie mitgeführte Sachen in Augenschein nehmen. Das Merkmal „grenzüberschreitende Kriminalität" meint Straftaten, die unter bewusster Ausnutzung der Grenzsituation begangen werden. Die Maßnahme ist nur zulässig, wenn aufgrund von Lageerkenntnissen anzunehmen ist, dass Straftaten von erheblicher Bedeutung (§ 10 Abs. 3) begangen werden sollen. Die Befugnisse gelten nur an Orten, für die polizeiliche Erkenntnisse vorliegen, dass dort grenzüberschreitende Kriminalität stattfindet. Der Begriff „öffentlicher Verkehrsraum" erfasst alle Straßen und alle anderen öffentlichen Verkehrseinrichtungen, z. B. Flugplatzbereiche, Bahnhöfe. Die von Lageerkenntnissen abhängigen Kontrollen erfolgen zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten der grenzüberschreitenden Kriminalität von erheblicher Bedeutung; dazu zählen z. B. Delikte aus den Bereichen Menschenhandel, Schleusungskriminalität, Rauschgiftkriminalität, illegaler Waffenhandel, bandenmäßig organisierte Eigentumskriminalität (z. B. in Form der Kfz-Verschiebung). Die Kontrolle ist bereits im Vorfeld einer konkreten Gefahr und unabhängig von einem bestimmten sonstigen Anlass zulässig. Als Korrektiv zu dieser Verdachts- und Ereignisunabhängigkeit müssen die Kontrollen jedoch anhand von Erkenntnissen, die auf der Grundlage polizeilicher Lagebilder gewonnen werden (Lageerkenntnisse), hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten.

11.3 Die lnaugenscheinnahme mitgeführter Sachen ist ein Minus gegenüber der Durchsuchung von Sachen. Sie erfolgt durch sinnliche Wahrnehmung, insbesondere durch Sehen, Hören, Tasten, Riechen etc. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit umfasst die Inaugenscheinnahme nur z. B. das Ansehen abgedeckter Gegenstände sowie das Öffnen mitgeführter Behältnisse und der Kofferräume oder Ladeflächen von Kfz, nicht aber deren Durchsuchung. Ergeben sich jedoch im Rahmen der Befragung bzw. Inaugenscheinnahme konkrete Verdachtsoder Gefahrenmomente, so handelt die Polizei auf der Grundlage der StPO oder der übrigen Bestimmungen des Polizeigesetzes und kann z. B. auch Durchsuchungen vornehmen.

11.4 Die Befugnis zur Durchführung von lagebildabhängigen Kontrollen unterliegt dem Vorbehalt der Anordnung der Maßnahme sowie der Festlegung von Ort, Zeit und Umfang ihrer Durchführung durch den zuständigen Polizeipräsidenten oder seinen Vertreter im Amt. Präsidiumsweite, präsidiumsübergreifende oder gar landesweite Kontrollen als Regelfall sind nicht zulässig.

12. Zu § 12 (Identitätsfeststellung)

12.1 Die Identitätsfeststellung im Straf- oder Bußgeldverfahren richtet sich nach der Strafprozessordnung.

12.2 Die Identitätsfeststellung nach § 12 ist die offene Erhebung der Personalien bei dem Betroffenen selbst, so dass z. B. so genannte Kfz-Halterabfragen nicht als Identitätsfeststellung im Sinne der Vorschrift gelten.

12.3 Die Identitätsfeststellung nach Absatz 1 Nr. 1 setzt das Vorliegen einer konkreten Gefahr voraus.

12.4 Das Tatbestandsmerkmal „Tatsachen die Annahme rechtfertigen" in Absatz 1 Nr. 2 ist erfüllt, wenn Fakten vorliegen, die den zu ziehenden Schluss mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zulassen. Das bedeutet, dass die Entscheidung über die Maßnahme nicht nur auf polizeilichem Erfahrungswissen und Vermutungen beruhen darf, sondern stets auf der Grundlage einer hinreichend sicheren Faktenlage zu treffen ist.

12.5 Absatz 1 Nr. 6 erlaubt der Polizei verdachts- und ereignisunabhängige Identitätsfeststellungen zur vorbeugenden Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität und zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung (§ 10 Abs. 3) mit internationalem Bezug im Gebiet der Bundesgrenze bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern, sofern polizeiliche Erkenntnisse vorliegen, dass am Ort der Maßnahme derartige grenzüberschreitende Kriminalität stattfindet. Aus dem Gebot der Verhältnismäßigkeit sowie aus praktischer Notwendigkeit ergibt sich, dass hinsichtlich der Voraussetzungen zur Durchführung einer verdachts- und ereignisunabhängigen Kontrolle nur die auf der Grundlage allgemeiner polizeilicher Erfahrungen beruhenden Erkenntnisse den Grund für die Annahme bilden können, dass die beabsichtigte Kontrollmaßnahme hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Ferner gilt die Kontrollbefugnis nur für die Orte, für die polizeiliche Erkenntnisse vorliegen, dass dort grenzüberschreitende Kriminalität stattfindet.

12.6 Das Kriterium des internationalen Bezuges bei den Straftaten von erheblicher Bedeutung meint keine zusätzliche Voraussetzung, sondern knüpft, an das Eingangskriterium der grenzüberschreitenden Kriminalität an und grenzt zur Klarstellung die hier in Rede stehenden Straftaten von der Gesamtheit aller Straftaten von erheblicher Bedeutung ab. Der internationale Bezug der Straftaten kann sich z. B. daraus ergeben, dass

  • die Straftat unmittelbar durch den Grenzübertritt begangen wird,
  • Tatbeteiligte im Ausland wohnen und zur Tatbegehung in die Bundesrepublik Deutschland einreisen oder vom Ausland aus an der Tatbegehung mitwirken,
  • Tatbeteiligte in der Bundesrepublik Deutschland wohnen und zur Tatbegehung ins Ausland reisen oder von der Bundesrepublik Deutschland aus an der Tatbegehung im Ausland mitwirken,
  • deliktisch erlangte Sachen illegal in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt oder ins Ausland verbracht werden.
     

12.7 Die Identitätsfeststellung nach Absatz 1 Nr. 7 kommt in Betracht, wenn sie geeignet ist, die Wahrnehmung privater Rechte zu sichern, sofern ohne sofortige Identitätsfeststellung die Verwirklichung des Rechts in Frage gestellt wäre. Dabei ist es nicht die Aufgabe der Polizei eine Entscheidung darüber zu treffen, ob ein zu schützendes privates Recht vorliegt. Die Maßnahme wird daher praktisch nur in offenkundigen Fällen in Betracht kommen.

12.8 Die Durchsuchung nach Absatz 2 Satz 4 ist nur zulässig, um die Identität einer Person festzustellen.

13. Zu § 13 (Erkennungsdienstliche Maßnahmen)

13.1 Andere als in Absatz 1 Nr. 1 bis 4 genannte erkennungsdienstliche Maßnahmen sind nur zulässig, wenn und soweit sie hinsichtlich der Beeinträchtigung des Betroffenen mit diesen Maßnahmen vergleichbar sind. Schwerwiegende (also andere als nur äußerliche) Eingriffe in die körperliche Integrität oder Datenerhebungen aus dem Bereich der Intimsphäre sind auf der Grundlage dieser Vorschrift nicht zulässig,

13.2 Für die Aufbewahrung und Vernichtung von erkennungsdienstlichen Unterlagen gilt § 47. Daneben ist die Richtlinie des Ministeriums des Innern für die Führung kriminalpolizeilicher personenbezogener Sammlungen (KpS-Richtlinie) vom 4. April 1997 (ABI. S. 350) zu beachten.

14. Zu § 14 (Prüfung von Berechtigungsscheinen)

Eine Anordnung nach § 14 setzt voraus, dass der Betroffene die Tätigkeit, für deren Ausübung der Berechtigungsschein erforderlich ist, ausübt oder nach den Umständen erkennbar ist, dass er sie beginnen wird oder beendet hat. Eine Überprüfung setzt demnach voraus, dass der Betroffene von der Polizei bei Ausübung der Tätigkeit angetroffen wird oder dass das Eingreifen der Polizei in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Beginn bzw. dem Ende der Tätigkeit steht. Die Überprüfung setzt keine konkrete Gefahr voraus.

(Nummer 15 nicht besetzt)

16. Zu § 16 (Platzverweisung und Aufenthaltsverbot)

16.1 Der Platzverweis kann auch mit der Anordnung verbunden werden, mitgeführte Sachen (insbesondere Fahrzeuge) oder Tiere zu entfernen. Soll im Zusammenhang mit einer Platzverweisung eine Wohnung betreten oder durchsucht werden, müssen die Voraussetzungen des § 23 erfüllt sein.

16.2 Nach Absatz 2 ist es der Polizei möglich, längerfristige Aufenthaltsverbote auszusprechen. Unter Beachtung der mit einem Aufenthaltsverbot einhergehenden Einschränkung des Grundrechts auf Freizügigkeit, ist die Eingriffsbefugnis auf die Verhütung von Straftaten beschränkt. Ein Aufenthaltsverbot kommt danach nur in Betracht, wenn Tatsachen (bloße Vermutungen reichen nicht aus) die Annahme rechtfertigen, dass die Person an einem bestimmten Ort. für den das Aufenthaltsverbot gelten soll, Straftaten begehen oder zu ihrer Begehung (durch Anstiftung oder Beihilfe) beitragen wird. Die zu erwartende Begehung von Ordnungswidrigkeiten reicht in keinem Fall aus. Grundsätzlich ist dabei auf die einzelne Person (Adressat) und ihr Verhalten abzustellen.

16.3 Tatsachen für die Begehung von Straftaten liegen insbesondere vor, wenn

  • der Adressat bereits in der Vergangenheit mehrfach im gleichen räumlichen Bereich oder aus vergleichbarem Anlass durch Begehung von Straftaten auffällig geworden ist und nach den Umständen des Einzelfalls eine Wiederholung der Straftaten zu erwarten ist (z. B. bei Drogendealern einer so genannten offenen Drogenszene oder gegenüber gewalttätigen Fußballfans, denen der Aufenthalt an einschlägigen Treffpunkten oder in der Nähe des Fußballstadions untersagt werden kann). Anders als bei der Platzverweisung nach § 16 Abs. 1, wonach die Polizei einen Störer lediglich vorübergehend von einem Platz verweisen darf, besteht durch die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes die Möglichkeit, denn Störer das Betreten eines Ortes bereits von vornherein und für einen längeren Zeitraum zu untersagen;
  • der Adressat die Begehung der Tat angekündigt oder dazu aufgefordert hat oder
  • beim Adressaten Waffen, Werkzeuge oder sonstige Gegenstände aufgefunden werden, die ersichtlich zur Tatbegehung bestimmt sind oder erfahrungsgemäß bei derartigen Straftaten verwendet werden.

16.4 Nach dem in § 3 Abs. 1 ausdrücklich normierten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist die Polizei verpflichtet, von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen diejenige zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheint und den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten belastet. Dies erfordert zunächst die Prüfung, ob der Platzverweis - als milderes Mittel gegenüber dem Aufenthaltsverbot - ein geeignetes Mittel zur Erreichung des angestrebten Zieles darstellt. Ein Aufenthaltsverbot als schwerwiegenderer Eingriff in die Rechte des Betroffenen ist demgegenüber nur in den Fällen zulässig, in denen ein Platzverweis nicht in gleicher Weise geeignet erscheint, den verfolgten polizeilichen Zweck zu erreichen. Dies gilt insbesondere dann, wenn

  • aufgrund wiederholter Verstöße der betroffenen Person gegen bereits erlassene Platzverweise anzunehmen ist, dass sie sich auch in Zukunft durch einen Platzverweis nicht von Straftaten an einem bestimmten Ort abhalten lässt (z. B. offene Drogenszene) und der Platzverweis sich insofern als ungeeignet erwiesen hat, oder
  • aufgrund der Umstände des Einzelfalls ein Platzverweis nach der zu treffenden Prognose keine hinreichende Aussicht bietet, um Straftaten an einem bestimmten Ort zu verhindern (z. B. bei mehrtägigen oder gar mehrwöchigen Großveranstaltungen, bei denen Straftaten zu erwarten sind), und der Platzverweis daher keine gleich geeignete Alternative zum Aufenthaltsverbot darstellt.

16.5 Das Aufenthaltsverbot kann für einen bestimmten Ort oder ein Gebiet innerhalb einer Gemeinde oder auch ein gesamtes Gemeindegebiet verhängt werden, wobei sich ein auf das gesamte Gemeindegebiet erstreckendes Aufenthaltsverbot - aufgrund der engen Voraussetzungen des Aufenthaltsverbotes - im Einzelfall allenfalls auf sehr kleine Gemeinden beziehen kann. Voraussetzung ist in jedem Fall, dass die Person nach der Prognoseentscheidung eine Straftat gerade dort, das heißt in dem durch das Aufenthaltsverbot näher zu bezeichnenden Gebiet begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird. Das Verbotsgebiet muss für die betreffende Person eindeutig bestimmt sein. Insbesondere muss für den Betroffenen über die Reichweite des Aufenthaltsverbotes Klarheit herrschen; denn das Aufenthaltsverbot gilt nicht umfassend, sondern nur soweit es zur Verhütung von Straftaten erforderlich ist. Wohnt der Betroffene im Verbotsgebiet, so ist ihm der Zugang zu seiner Wohnung und die Bewegungsfreiheit in zumutbarer Weise zu ermöglichen. Der Zugang zur Wohnung darf durch das Verbot nicht beeinträchtigt werden. In gleicher Weise muss jedem Betroffenen, unabhängig von seinem Wohnsitz, die Wahrnehmung seiner berechtigten Interessen innerhalb des Verbotsgebietes möglich sein. Die Frage nach den „berechtigten Interessen" ist angesichts der Vielfalt der denkbaren Sachverhalte nur für den jeweils konkreten Einzelfall abschließend zu beantworten. Offensichtlich berechtigte Interessen bestehen insbesondere im Zusammenhang mit dem Zugang zum eigenen Arbeitsplatz bzw. einer Arbeitsstelle, mit Besuchen bei einem Arzt, einem Rechtsanwalt, einer Drogenberatungsstelle etc. Einer entsprechenden Einschätzung unterliegen z. B. die Lebenssachverhalte Schulbesuch oder Religionsausübung. Ebenfalls darf das Aufenthaltsverbot nicht die Wahrnehmung berechtigter Interessen anderer Personen verhindern (z. B. schützenswerte Rechte von Familienangehörigen, die nicht mit dem Adressaten des Aufenthaltsverbotes in einer Wohnung zusammenleben, deren Wohnung sich aber in dem Verbotsgebiet befindet).

16.6 Zeitlich ist das Aufenthaltsverbot auf den zur Verhütung von Straftaten erforderlichen Umfang zu beschränken. Die Dauer des Verbots darf drei Monate nicht übersteigen, wobei diese Höchstfrist nicht schematisch angewendet werden darf. Viehhehr muss in jedem Einzelfall die erforderliche Dauer gesondert bestimmt werden. Ein Aufenthaltsverbot kann, wenn die betroffene Person nach Ablauf der Frist des Aufenthaltsverbots erneut in einschlägiger Weise auffällig wird, auch wiederholt angeordnet werden. Ohne zusätzlich hinzugetretene Tatsachen darf das ursprünglich ausgesprochene Aufenthaltsverbot nicht weiter verlängert werden. Auf der Grundlage des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (§ 3 Abs. 3) ist die Polizei verpflichtet, ihre Maßnahmen einzustellen, sobald der Zweck erreicht ist oder es sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann. Dieser Grundsatz gilt auch bei der Verhängung des Aufenthaltsverbotes hinsichtlich seiner zeitlichen Befristung. Es ist daher regelmäßig und wiederholt zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Fortdauer des Aufenthaltsverbotes noch vorliegen.

16.7 Aufenthaltsverbote sind durch eine schriftliche Verfügung zu erlassen. Im Tenor ist das Verbotsgebiet hinreichend klar und bestimmt zu bezeichnen. Die Bezugnahme auf eine Karte/Skizze ist ausreichend. Dem Betroffenen ist das Aufenthaltsverbot zugleich mündlich (gegebenenfalls durch einen Sprachmittler) zu eröffnen. Auf die Ausnahmen vom Aufenthaltsverbot (z. B. Zugang zur Wohnung, Wahrnehmung sonstiger berechtigter Interessen, vgl. Nummer 16.5) ist der Betroffene ausdrücklich hinzuweisen. Wird das Aufenthaltsverbot gegenüber einem Minderjährigen ausgesprochen, ist die schriftliche Verfügung auch dem gesetzlichen Vertreter zuzustellen. In der Verfügung hat die Androhung von Zwangsmitteln für den Fall der Zuwiderhandlung zu erfolgen. Der Betroffene ist auch mündlich darauf hinzuweisen, dass bereits beim ersten Verstoß gegen das Aufenthaltsverbot ein Zwangsgeld erhoben werden kann.

16.8 Das Aufenthaltsverbot kann durch die in § 54 Abs. 1 genannten Zwangsmittel (außer der Ersatzvornahme) durchgesetzt werden. Bleiben diese Zwangsmittel wiederholt wirkungslos - der Betroffene wird wiederholt im Verbotsgebiet angetroffen - kann die Gewahrsamnahme gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 3 in Betracht kommen. Gemäß § 18 Abs. 1 hat die Polizei auch in diesem Fall unverzüglich, spätestens innerhalb von vierundzwanzig Stunden eine richterliche Anhörung sowie unverzüglich eine richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsentziehung herbeizuführen. Die Dauer der Freiheitsentziehung darf vier Tage nicht überschreiten (§ 20 Abs. 1 Nr. 3).

16.9 Bei Veranstaltungen, die unter das Versammlungsgesetz fallen, stellt das Versammlungsgesetz die abschließende Regelung dar, sodass der Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht und seine Ermächtigungsgrundlagen ausgeschlossen ist (so genannte Polizeifestigkeit des Versammlungsrechts). Daher bestimmt Satz 4 ausdrücklich, dass die Vorschriften des Versammlungsrechts unberührt bleiben. Dies bedeutet, dass ein Aufenthaltsverbot nicht allein mit dem Ziel gegenüber (potentiellen) Versammlungsteilnehmern ausgesprochen werden darf, die Versammlung bzw. die Teilnahme einzelner Personen an dieser Versammlung zu behindern bzw. verhindern. Soweit Personen den Verlauf einer (friedlichen) Versammlung durch die Begehung von Straftaten gefährden und dadurch die Versammlung stören oder als Teilnehmer aus der Versammlung heraus Straftaten begehen, ist zunächst zu prüfen, ob die versammlungsrechtlichen Möglichkeiten gegen den Störer ausreichen, um den Schutz der Versammlung zu gewährleisten. Soweit die versammlungsrechtlichen Instrumentarien zur Erreichung des polizeilichen Ziels geeignet sind und Erfolg versprechen, ist ein Rückgriff auf das Polizeirecht nicht zulässig. Im Einzelfall kann die Anwendung eines Aufenthaltsverbotes jedoch erforderlich sein, insbesondere dann, wenn der bloße Ausschluss des Störers im konkreten Fall ohne ausreichende Wirkung geblieben ist bzw. dieser die Erreichung des Zweckes offenkundig nicht erreichen kann und auch ein Platzverweis insoweit nicht genügt. In Betracht kommen hier etwa mehrtägige oder großräumige Veranstaltungen, die aus zahlreichen Einzelveranstaltungen bestehen. Insbesondere in solchen Fällen bestehen keine, adäquaten versammlungsrechtlichen Befugnisnormen, die einen Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht verbieten. Bei einem bestehenden vollziehbaren Versammlungsverbot ist zu beachten, dass allein die Teilnahme an einer verbotenen Versammlung oder einem Aufzug für sich noch keine Straftat, sondern lediglich eine Ordnungswidrigkeit darstellt (vgl., § 29 Abs. 1 Nr. 1 des Versammlungsgesetzes). Es müssen daher für die Erteilung von Aufenthaltsverboten zusätzlich Tatsachen vorliegen, die die Begehung von konkret bestimmbaren Straftaten befürchten lassen. Insbesondere kommen dabei die Straftatbestände der §§ 21 bis 28 des Versammlungsgesetzes in Betracht. Auch hier reicht die
bloße Vermutung, es könne in irgendeiner Weise zu irgendwelchen, nicht näher bestimmbaren Straftaten kommen, jedoch nicht aus.

17. Zu § 17 (Gewahrsam)

17.1 Absatz 1 Nr. 1 regelt den so genannten Schutzgewahrsam. Er dient in erster Linie dem Schutz des Betroffenen vor einer Gefahr für Leib oder Leben. Die Gefahr muss eine konkrete Gefahr sein. Es kommt nicht darauf an, ob sich der Gefährdete schuldhaft oder schuldlos in Gefahr begeben hat. Die Gefahr kann auch von Dritten ausgehen oder durch Naturereignisse oder sonstige Fälle höherer Gewalt verursacht sein. Der Schutzgewahrsam ist insbesondere zulässig, wenn sich die gefährdete Person erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet. Bevor eine hilflose Person in Gewahrsam genommen wird, ist zu prüfen, ob sie gegebenenfalls unter. Einschaltung des Rettungsdienstes unmittelbar einem Angehörigen oder einer anderen geeigneten Stelle (Krankenhaus, Heim o. Ä.) übergeben werden kann. Ebenso ist zu verfahren, wenn eine hilflose Person bereits in Gewahrsam genommen worden ist. Soll eine hilflose Person in den polizeilichen Gewahrsam eingeliefert werden, ist.zuvor die Gewahrsamsfähigkeit durch einen Arzt feststellen zu lassen. Hilflosigkeit liegt insbesondere vor, wenn bei einer Person tiefgreifende Störungen des Bewusstseins, der Orientierung, der Wahrnehmung, der Auffassung oder auch des Denkens auftreten.

17.2 Die Ingewahrsamnahme mit der Absicht der Verbringung an einen entfernt gelegenen Ort (so genannter Verbringungsgewahrsam) nur zu dem Zweck, einen Platzverweis (z. B. gegenüber einem Nichtsesshaften) durchzusetzen oder eine Straftat zu verhindern, ist grundsätzlich nicht zulässig. Selbst wenn die Voraussetzungen des § 16 vorliegen, besteht für einen Betroffenen nur die Verpflichtung, einen bestimmten Ort zu verlassen oder ihn nicht zu betreten, nicht jedoch die Pflicht, sich an einen entfernt gelegenen Ort (z. B. zum Stadtrand) zu begeben.

17.3 Für die in Absatz 2 eingeräumte Befugnis der Polizei ist es nicht erforderlich, dass von dem Minderjährigen eine konkrete Gefahr ausgeht oder dass ihm eine solche droht. Die Polizei kann Minderjährige, die sich der Obhut der Sorgeberechtigten entzogen haben, in Gewahrsam nehmen, um sie den Sorgeberechtigten oder dem Jugendamt zuzuführen. Wer sich der Obhut des Sorgeberechtigten entzieht, begeht keine Straftat oder Ordnungswidrigkeit. Kinder und Jugendliche können auf ihre Bitte auch ohne Kenntnis der Personensorgeberechtigten vom Jugendamt gemäß § 42 des Sozialgesetzbuches - Kinder- und Jugendhilfe - (Achtes Buch) in Obhut genommen werden.

17.4 Die Ingewahrsamnahme nach Absatz 3 ist auch zulässig, wenn noch kein Vollstreckungshaftbefehl oder noch kein Ersuchen der Justizvollzugsanstalt vorliegt. Die Justizvollzugsanstalt ist unverzüglich zu unterrichten.

(Nummer 18 nicht besetzt)

19. Zu § 19 (Behandlung festgehaltener Personen)

Der Vollzug der Freiheitsentziehung im Polizeigewahrsam ist im Einzelnen in der Polizeigewahrsamsordnung für das Land Brandenburg (Runderlass des Ministeriums des Innern vom 5. April 1995; ABI. S. 402) geregelt.

20. Zu § 20 (Dauer der Freiheitsentziehung)

Die Polizei hat von Amts wegen regelmäßig zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Freiheitsentziehung entfallen sind. Sie hat von sich aus darauf hinzuwirken, dass der Betroffene sobald wie möglich entlassen werden kann.

21. Zu § 21 (Durchsuchung von Personen)

21.1 Die Durchsuchung von Personen in Straf- oder Bußgeldverfahren richtet sich nach der Strafprozessordnung. Die Durchsuchung nach § 21 beschränkt sich auf die Suche nach Sachen, die sich in den Kleidern, am Körper oder in den ohne weiteres zugänglichen Körperöffnungen (Mund, Nase, Ohren) der betroffenen Person befinden können. Die Suche nach Gegenständen im Inneren des Körpers einschließlich der nicht ohne weiteres zugänglichen Körperöffnungen stellt eine körperliche Untersuchung dar, die nicht unter diese Vorschrift fällt.

21.2 Die Durchsuchung nach Absatz 1 Nr. 1 dient der Suche nach Sachen, die zum Angriff auf Personen oder Sachen.. zur Flucht oder Selbstgefährdung geeignet sind. Die Regelung des Absatzes 1 Nr. 2 setzt voraus, dass entsprechende Tatsachen vorliegen; bloße Vermutungen reichen nicht aus. Die Durchsuchung hilfloser Personen nach Absatz l Nr. 3 beschränkt sich auf die Suche nach Identitätspapieren, Identitätsnachweisen, so genannten Unfallausweisen sowie nach Hinweisen für den Grund der Hilflosigkeit, um Beistand leisten zu können.

22. Zu § 22 (Durchsuchung von Sachen)

22.1 Die Durchsuchung von Sachen in Straf- oder Bußgeldverfahren richtet sich nach der Strafprozessordnung. Befindet sich die Sache am Körper einer Person oder in einer Wohnung, müssen für die Durchsuchung die Voraussetzungen des § 21 oder der §§ 23 und 24 vorliegen.

22.2 Für das Betreten oder Durchsuchen beweglicher Sachen, die wie z. B. Schiffe, Wohnwagen, Wohnmobile und Zelte auch zu Wohnzwecken genutzt werden, gelten die §§ 23 und 24.

22.3 Der Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf sein Recht hinzuweisen, bei der Durchsuchung anwesend sein zu können. Polizeivollzugsbeamte kommen als Zeugen nur in Betracht, wenn andere Personen zu diesem Zwecke nicht herangezogen werden können.

23. Zu § 23 (Betreten und Durchsuchung von Wohnungen)

23.1 In Straf- oder Bußgeldverfahren gelten die Vorschriften der Strafprozessordnung.

23.2 Wohnung ist jede fest stehende, fahrende oder schwimmende Wohn-, Arbeits-, Betriebs- oder Geschäftszwecken dienende Räumlichkeit. Hierzu zählen auch die Nebenräume und das befriedete Besitztum, soweit es im Zusammenhang mit einer Wohnung im engeren Sinne steht. Wohnungen sind auch Schiffe, Wohnwagen, Zelte, Schlafkojen in Lastkraftwagen, Hotelzimmer und Zimmer in Wohnheimen. Räume, die der Öffentlichkeit aufgrund einer tatsächlichen oder mutmaßlichen Einwilligung des Inhabers frei zugänglich sind, wie z. B. Gaststätten, Theater, Kinos, Kaufhäuser gelten ebenfalls als Wohnung im Sinne der Vorschrift. Inhaber einer Wohnung ist, wer rechtmäßig die tatsächliche Gewalt über die Räumlichkeit ausübt, wie z. B. auch Mieter, Untermieter oder Hotelgast. Bei Gemeinschaftsunterkünften wird die Position des Wohnungsinhabers im Sinne der Vorschrift von der Hausleitung wahrgenommen. Die Befugnis zum Betreten einer Wohnung schließt die Befugnis ein, von Personen, Sachen und Zuständen, die ohne weiteres wahrgenommen werden können, Kenntnis zu nehmen. Soweit es für die Erfüllung der polizeilichen Aufgabe erforderlich ist, umfasst das Betretungsrecht bei Grundstücken auch das Recht zum Befahren mit Fahrzeugen. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Nachbarschaft nach Absatz 1 Nr. 3 ist in der Regel dann anzunehmen, wenn die Polizei um Hilfe gerufen wird und nach Würdigung aller Umstände die schädlichen Umwelteinflüsse nicht zumutbar sind.

23.3 Voraussetzung für das Betreten der Wohnung ist gemäß Absatz 3 eine dringende Gefahr. Aufgrund des besonderen Schutzbereichs der Wohnung ist bei der Entscheidung über das Betreten der Wohnung insbesondere die Verhältnismäßigkeit zu prüfen. Eine dringende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung braucht nicht bereits eingetreten zu sein; es genügt, einen Zustand nicht eintreten zu lassen, der seinerseits eine dringende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen würde. Eine dringende Gefahr liegt vor, wenn eine Sachlage oder ein Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiven Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein wichtiges Rechtsgut schädigen wird.

24. Zu § 24 (Verfahren bei der Durchsuchung von Wohnungen)

24.1 In Straf- oder Bußgeldverfahren gelten die Vorschriften der Strafprozessordnung.

24.2 Der Wohnungsinhaber ist auf sein Recht hinzuweisen,bei der Durchsuchung anwesend sein zu können.

25. Zu § 25 (Sicherstellung)

25.1 Die Sicherstellung von Gegenständen, die als Beweismittel in Straf- oder Bußgeldverfahren von Bedeutung sein können, richtet sich ebenso wie die Sicherstellung von Gegenständen, die der Einziehung unterliegen, nach den Vorschriften der Strafprozessordnung.

25.2 Unter Nummer 1 fällt auch die Sicherstellung von Fahrzeugen.

25.3 Die Durchführung der Sicherstellung von Sachen, die von in Gewahrsam genommenen Personen mitgeführt werden, richtet sich nach der Polizeigewahrsamsordnung für das Land Brandenburg.

(Nummern 26 bis 28 nicht besetzt)

29. Zu § 29 (Grundsätze der Datenerhebung)

29.1 Nach Artikel 11 der Verfassung des Landes Brandenburg hat jeder das Recht, über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten selbst zu bestimmen, auf Auskunft über die Speicherung seiner persönlichen Daten und auf Einsicht in Akten und sonstige amtliche Unterlagen, soweit sie ihn betreffen und Rechte Dritter nicht entgegenstehen (Recht auf informationelle Selbstbestimmung). Einschränkungen sind nur im überwiegenden Allgemeininteresse durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes im Rahmen der darin festgelegten Zwecke zulässig. Jede Erhebung personenbezogener Daten ist dem Berechtigten zur Kenntnis zu geben, sobald der Zweck der Erhebung dies zulässt. Die nachfolgenden Vorschriften regeln abschließend die Erhebung personenbezogener Daten durch die Polizei.

29.2 Bezüglich datenschutzrechtlicher Begriffsbestimmungen und allgemeiner Grundsätze über die Verarbeitung personenbezogener Daten wird auf das Brandenburgische Datenschutzgesetz verwiesen.

30. Zu § 30 (Datenerhebung)

30.1 Absatz 1 enthält eine Generalklausel für die Erhebung personenbezogener Daten durch die Polizei auch über andere Personen als die in den §§ 5, 6 und 7 genannten Personen und ist damit die grundlegende Norm zur Datenerhebung, soweit das Gesetz keine andere Regelung trifft. Absatz 1 gilt nicht für Datenerhebungsmaßnahmen der Polizei, die in den §§ 31 bis 36, 42, 45 und 46 besonders geregelt sind.

30.2 Nach Absatz 2 können Daten über Verantwortliche für technische Anlagen oder Einrichtungen, von denen eine erhebliche Gefahr ausgehen kann (z. B. Flughäfen, Müllverbrennungsanlagen, Industrieanlagen, Kraftwerke) erhoben werden, soweit diese zur Vorbereitung für die Hilfeleistung in Gefahrenfällen erforderlich sind, etwa die Erreichbarkeit technischer Leiter oder ihrer Vertreter zur Nachtzeit, an Wochenenden und Feiertagen.

31. Zu § 31 (Datenerhebung bei öffentlichen Veranstaltungen und Ansammlungen sowie auf öffentlich zugänglichen Straßen und Plätzen)

31.1 Die zwangsläufige Datenerhebung bei anderen Personen im Sinne von Absatz 1 Satz 2 ist ein Eingriff im datenschutzrechtlichen Sinne. Absatz 1 Satz 2 stellt insoweit die verfassungsrechtlich geforderte rechtliche Grundlage für den Fall dar, dass im Zusammenhang mit der nach Absatz 1 Satz 1 vorzunehmenden Datenerhebung auch Dritte dadurch von der Datenerhebung betroffen sind, dass sie gleichsam „durch das Bild laufen". Die Datenerhebung über diese Personen („andere Personen") darf nicht zielbezogen, sondern nur zwangsläufigerweise erfolgen. Die Speicherung oder sonstige Verwendung dieser Daten ist nicht zulässig (vgl. Nummer 39.1); die Daten sind zu löschen (vgl. Nummer 47.1). Bei der hierzu notwendigen Schwärzung, Anonymisierung oder teilweisen Vernichtung der Datenträger ist sicherzustellen, dass die weitere Speicherung und Verwendung der zielgerichtet erhobenen Daten nicht unmöglich gemacht wird. Die weitere Nutzung nach § 39 Abs. 5 und 6 von zwangsläufig erhobenen Daten ist ausgeschlossen; § 47 Abs. 5 und 6 findet auf solche Daten, bis auf Fälle unabweisbarer Beweisnot (§ 47 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2), ebenfalls keine Anwendung.

31.2 Die offene Beobachtung mittels Bildübertragung von öffentlich zugänglichen Straßen und Plätzen (Videoüberwachung) nach Absatz 3 Satz 1 ist zulässig, wenn auf der Grundlage von Lageerkenntnissen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass an diesen Orten eine Begehung von Straftaten droht. Die Videoüberwachung muss Teil eines umfassenden Konzeptes zur Kriminalitätsüberwachung sein. Dazu gehört u. a. auch die Möglichkeit des schnellstmöglichen Einsatzes von Polizeivollzugsbeamten vor Ort. Die Durchführung von Videoüberwachungen ist nur zur Gefahrenabwehr, insbesondere zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten, aber nicht für bloße Ordnungswidrigkeiten, zulässig. Die Videoüberwachung ist ständig auf das weitere Vorliegen der Voraussetzungen hin zu überprüfen.

31.3 Im Gegensatz zu den im Brandenburgischen Polizeigesetz bereits geregelten besonderen Formen der verdeckten Datenerhebung erfolgt die Videoüberwachung auf öffentlich zugänglichen Straßen und Plätzen ausschließlich offen, das heißt für jedermann sichtbar. Auf die Videoüberwachung (als Bildübertragung) sowie auf die Möglichkeit der Bildaufzeichnung ist in geeigneter Form (z. B. durch gut sichtbare Hinweisschilder) offen hinzuweisen. Bei dem Einsatz der hier in Rede stehenden Videotechnik geht es nicht um die gezielte Überwachung von Personen, sondern um den Schutz von Personen und Rechtsgütern durch die Überwachung bestimmter Örtlichkeiten.

31.4 Videoüberwachungen dürfen nur an den Orten durchgeführt werden, für die die Polizei örtlich und sachlich zuständig ist bzw. an denen sie zum Zwecke der Gefahrenabwehr (§ 1 Abs. 1) berechtigterweise tätig werden darf. Daraus folgt, dass die Polizei vor Durchführung einer Videoüberwachungsmaßnahme zusätzlich zu den Eingriffsvoraussetzungen (z. B. Vorliegen der Lageerkenntnisse) zu klären hat, ob bzw. inwieweit sie bei der Durchführung der Maßnahme die Rechte Dritter (z. B. Hausrecht, Eigentumsrechte usw.) zu beachten hat. Der Begriff „öffentlich zugängliche Straßen und Plätze" erfasst nicht nur öffentlich gewidmete Straßen und Plätze, sondern überdies alle bewusst auf öffentlichen Zugang angelegten Räume. Die Befugnis zur Durchführung von Videoüberwachungen zu präventiven Zwecken steht nur den Polizeibehörden zu.

31.5 Die polizeiliche Lage resultiert aus der Gesamtheit der Informationen, aus besonderen polizeilich bedeutsamen Umständen, Gegebenheiten und Entwicklungen; ihre Darstellung erfolgt in Lagebildern/Lageerkenntnissen.

31.6 Die Daten sind spätestens einen Monat nach der Datenerhebung zu vernichten oder zu löschen. Als einzige Ausnahme von diesem Vernichtungs- bzw. Löschungsgebot gilt nur, dass die Daten für die Verfolgung der durch die Videoüberwachung festgestellten Straftaten benötigt werden. Die Monatsfrist dient allein dazu, festzustellen, ob die erhobenen Daten zur Strafverfolgung benötigt werden (zur Zweckbindung vgl. § 38 Abs. 1). Innerhalb dieser Frist ist eine Datenübermittlung aufgrund der strengen Zweckbindung nicht zulässig.

32. Zu § 32 (Datenerhebung durch Observation)

32.1 Erfasst werden von der Legaldefinition in Absatz 1 Satz 1 Maßnahmen (verdeckte und offene Observationen) mit größerer Eingriffsintensität, die einen nicht unerheblichen organisatorischen, personellen und sachlichen Aufwand erfordern.

32.2 Daten über die in Absatz 1 Nr. 2 genannten Personen dürfen nur aufgrund einer hinreichend sicheren Faktenlage („Tatsachen") erhoben werden. Der Polizei müssen stichhaltige, nachprüfbare Umstände vorliegen, die auf eine bevorstehende Straftat und deren Täter schließen lassen. Als Person, gegen die sich der Einsatz der Observation richten darf, kommt nur derjenige in Betracht, bei dem hinreichend sichere objektive Anhaltspunkte für die beabsichtigte Begehung einer Straftat sprechen (potentieller Straftäter). Nicht ausreichend für die Maßnahme sind bloße Vermutungen, bloße Intuition oder bloßes polizeiliches Erfahrungswissen. Der Begriff der Straftaten von erheblicher Bedeutung ist in § 10 Abs. 3 legal definiert.

32.3 Bei der Speicherung der Daten von „Kontakt- oder Begleitpersonen" in Dateien ist § 39 Abs. 4 zu beachten. Die Begriffe „Kontaktperson" und „Begleitperson" sind eng auszulegen. Mit Blick auf Sinn und Zweck der Vorschrift - vorbeugende Bekämpfung von Straftaten - kommen nur solche Personen in Frage, zu denen der potentielle Straftäter gerade in Bezug auf die drohende Straftat Verbindung hat oder aufnimmt. Erfasst werden danach als Kontakt- oder Begleitpersonen nur Personen mit strafrechtsrelevanten Beziehungen zum potentiellen Straftäter. Als „Kontaktpersonen" können nur die Personen angesehen werden, zu denen die Zielperson eine enge persönliche, arbeitsmäßige oder geschäftliche Verbindung unterhält. „Begleitpersonen" sind solche Personen, zu denen die Zielperson eine Verbindung unterhält, die einerseits über flüchtige oder zufällige Alltagskontakte oder Beziehungen hinausreicht, andererseits aber noch nicht enger persönlicher, arbeitsmäßiger oder geschäftlicher Natur ist. Weder „Begleitpersonen" und erst recht nicht „Kontaktpersonen" sind solche Personen, zu denen die Zielperson nur äußerliche, flüchtige oder zufällige Alltagskontakte oder Beziehungen unterhält. Solche Personen sind vielmehr „andere Personen" im Sinne von Absatz 1 Satz 2 (vgl. auch Nummer 32.6), so dass sich die Zulässigkeit der Datenerhebung dann allein nach dieser Vorschrift richtet.

32.4 Unter den Begriff Kontakt- oder Begleitperson fallen nicht diejenigen Personen, die in einem Vertrauensverhältnis zu Personen nach Absatz 1 Nr. 2 stehen, dessen. Funktionsfähigkeit durch Amts- und Berufsgeheimnisse gewahrt wird die durch Grundrechte, institutionelle Gewährung oder durch einfaches Recht Berücksichtigung gefunden haben (vgl. auch §§ 53, 53 a StPO). Zu diesem Personenkreis gehören insbesondere Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Buchprüfer, Ärzte, Krankenschwestern, Hebammen, Heilpraktiker, Drogenberater, Psychologen, Geistliche sowie Personen, die im Presse- und Rundfunkwesen tätig sind. Eine Datenerhebung aus diesem Bereich ist unzulässig. Dies gilt allerdings nicht, soweit der Geheimnisträger selbst als Täter oder Teilnehmer einer Tat nach § 10 Abs. 3 in Betracht kommt, da dann eine Datenerhebung von Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 gedeckt wird. Hat die Polizei Kenntnis vom Bestehen eines derartigen Vertrauensverhältnisses, muss sie von einer Datenerhebung absehen. Stellt sie im Verlauf einer Datenerhebung fest, dass sie in ein geschütztes Vertrauensverhältnis eingegriffen hat, darf sie die dabei erhobenen Daten nicht speichern, sondern hat sie unverzüglich zu löschen (vgl. Nummer 47.1).

32.5 Die Datenerhebung nach Absatz 1 Nr. 3 muss für die Erreichung des angestrebten Erfolges nicht nur nötig, sondern unerlässlich, mit anderen Worten also unverzichtbar zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten von erheblicher Bedeutung sein.

32.6 Hinsichtlich der Datenerhebung über andere Personen nach Absatz 1 Satz 2 wird auf Nummer 31.1 verwiesen. Die Datenerhebung nach Absatz 1 Satz 2 erfolgt allein, um eine Datenerhebung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 2 oder 3 zu ermöglichen. Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass diese Daten nicht gespeichert werden dürfen, gilt nur für den Fall, dass ohne ihre Speicherung auch die Speicherung der Daten unmöglich ist, die die Polizei für ihre Aufgabenerfüllung benötigt. In diesem Fall sind die nach Absatz 1 Satz 2 erhobenen Daten umgehend wieder zu löschen, sobald und soweit dies möglich ist, ohne die Speicherung und Verwendung der nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 2 oder 3 zielgerichtet erhobenen Daten zu gefährden. In der Zwischenzeit unterliegen die nach Absatz 1 Satz 2 erhobenen Daten einer absoluten Zweckbindung; sie dürfen zwar weiter gespeichert, aber nicht um ihrer selbst willen genutzt, verändert oder übermittelt werden.

32.7 Wer im Einzelfall über die Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1 zu entscheiden hat, richtet sich nach der Dauer der Maßnahme. Dauert sie insgesamt nicht länger als einen Monat, wird sie vom Behördenleiter angeordnet. Für kurzfristige Observationen (Absatz 4) kann der Behördenleiter die ihm obliegende Anordnungskompetenz auf geeignete Beamte des höheren Polizeivollzugsdienstes übertragen. Damit ist die Entscheidungskompetenz auf die Fälle begrenzt, in denen nur in einem zeitlich überschaubaren Rahmen in das Grundrecht des Betroffenen eingegriffen werden soll. Behördenleiter sind die Leiter des zuständigen Polizeipräsidiums oder des Landeskriminalamtes. Die Anordnungskompetenz geht bei Abwesenheit oder Verhinderung des Behördenleiters auf denjenigen über, der in diesen Fällen die Behördenleiterfunktion wahrnimmt. Sie kann nicht auf Dauer übertragen werden.

32.8 Für die Benachrichtigung der in Absatz 1 Satz 2 genannten Personen gilt § 29 Abs. 6. Dadurch ist klargestellt, dass auch die anderen Personen von der Datenerhebung unter den in § 29 Abs. 6 genannten Voraussetzungen zu benachrichtigen sind, sobald der Zweck der Erhebung dies zulässt. Soweit nur zum Zweck der Unterrichtung nach Absatz 3 aufwendige weitere Datenerhebungen erforderlich wären, entfällt eine Unterrichtung gegenüber den in Absatz 1 Satz 2 genannten Personen. Uni so gewissenhafter ist die Löschung dieser Daten nach den in Nummern 32.6 und 31.1 aufgeführten Maßgaben vorzunehmen. Die Unterrichtungspflicht besteht gegenüber Personen, gegen die eine Maßnahme zielgerichtet durchgeführt wurde. Sie bezieht sich auf die Mitteilung, dass gegen die zu informierende Person eine Maßnahme durchgeführt worden ist, auf Beginn und Ende der Maßnahme sowie deren Rechtsgrundlage. Die Polizei hat durch geeignete Verfahrensregelungen sicherzustellen, dass die Voraussetzungen für eine Benachrichtigung regelmäßig überprüft werden können.

32.9 Eine kurzfristige Observation nach Absatz 4 ist abzubrechen, sobald sie die in Absatz 1 vorgegebenen Zeitkriterien überschreitet und nicht zwischenzeitlich die materiellen und formellen Voraussetzungen für die längerfristige Observation erfüllt werden.

33. Zu § 33 (Datenerhebung durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel zum Abhören und Aufzeichnen des gesprochenen Wortes und zur Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen)

33.1 Die Systematik des § 33 Abs. 1 folgt § 32 Abs. 1 hinsichtlich der davon betroffenen Personenkreise. Daher sind Nummern 32.2 bis 32.6 auf § 33 Abs. 1 entsprechend anzuwenden.

33.2 Wer nach Absatz 2 im Einzelfall über die Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1 zu entscheiden hat, richtet sich nach der Intensität der. Maßnahme. Dauert sie insgesamt nicht länger als einen Monat, wird sie vom Behördenleiter (zum Begriff des Behördenleiters und der Abwesenheitsvertretung vgl. Nummer 32.7) angeordnet_ Damit ist die Entscheidungskompetenz auf die Fälle begrenzt, in denen nur in einem zeitlich überschaubaren Rahmen in das Grundrecht des Betroffenen eingegriffen werden soll.

33.3 Hinsichtlich des Begriffes „Wohnung“ wird auf die Ausführungen in Nummer 23.2 verwiesen.

33.4 Betroffene im Sinne von Absatz 3 sind Wohnungsinhaber (Eigentümer, Mieter, Untermieter und sonstige Nutzungsberechtigte), die unmittelbaren Besitz an der Wohnung haben. Im Rahmen der Entscheidung über die Anwendung der Maßnahme ist zu beachten, ob der Wohnungsinhaber im Einzelfall Störer oder Notstandspflichtiger, potentieller Täter, Kontakt- oder Begleitperson oder andere Person ist: Sollen Maßnahmen auf der Grundlage des Absatzes 3 Nr. 1 ergriffen werden, ist dies nur möglich, wenn der Wohnungsinhaber entweder Störer oder Notstandspflichtiger ist. In den Fällen einer Maßnahme nach Absatz 3 Nr. 2 darf sich der Einsatz nur gegen solche Wohnungsinhaber richten, die entweder potentielle Täter oder Teilnehmer bezüglich der in Absatz 3 Nr. 2 aufgeführten Straftaten sind oder aber deren Kontakt- oder Begleitpersonen. Zum Begriff der Kontakt- oder Begleitpersonen wird auf Nummern 32.3 und 32.4 verwiesen.

33.5 Absatz 3 ermächtigt die Polizei von vornherein nicht dazu, durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel gezielt personenbezogene Daten in oder aus solchen Räumen der Wohnung des Betroffenen zu erheben, die angesichts ihrer konkreten Nutzung zum absoluten Kernbereich privater Lebensgestaltung gehören. Ob und welche Räume von Wohnungen zu dem absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung gehören, ist vom jeweiligen Einzelfall abhängig. Die verdeckte Datenerhebung muss daher unter Umständen nicht nur nach Umfang und Dauer beschränkt werden, sondern gegebenenfalls vollständig unterbleiben. Soweit die Polizei bei einem auf der Grundlage dieser Bestimmung stattfindenden verdeckten Einsatz technischer Mittel unbeabsichtigt personenbezogene Daten in oder aus solchen Räumen erhebt, die zu dem absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung gehören, besteht die Pflicht zur umfassenden und unverzüglichen Löschung der Daten (vgl. Nummer 47.1).

33.6 Artikel 13 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes (in der Fassung vom 26. März 1998, BGBI. I S. 610) gestattet den Einsatz technischer Mittel zur Überwachung von Wohnungen zur Abwehr von Gefahren für hochrangige Rechtsgüter. Nach dem Brandenburgischen Polizeigesetz hat die Polizei die Aufgabe, nur im Rahmen der Gefahrenabwehr vorbeugende Bekämpfung von Straftaten zu betreiben (§ 1 Abs. 1 Satz 2). § 33 Abs. 3 Nr. 2 ermächtigt die Polizei nur für den Fall dazu, durch den Einsatz verdeckter technischer Mittel personenbezogene Daten in oder aus Wohnungen zu erheben, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die in der Bestimmung aufgeführten Straftaten „organisiert begangen werden sollen" und die vorbeugende Bekämpfung der mit diesen Straftaten verbundenen dringenden Gefahr sonst aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Eine Wohnraumüberwachung ist danach nur statthaft, wenn die Schwelle zu einer konkreten Gefahr bereits erreicht ist. Nicht der bloße Verdacht, irgendjemand könnte irgendwann eine Straftat begehen, berechtigt zum Eingriff, sondern erst eine Tatsachenlage, in der ein Schadenseintritt (organisierte Begehung einer der in der Vorschrift aufgeführten schweren Straftaten) sich konkret anbahnt. In einer solchen Situation besteht eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit auch dann, wenn die Polizei noch keine letzte Gewissheit über die künftige Tatbegehung hat. Handeln zur Abwehr von Gefahren verlangt keine Gewissheit, sondern die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts. Eine solche Wahrscheinlichkeit besteht, wenn greifbare Umstände darauf hindeuten, dass eine der aufgeführten Straftaten organisiert begangen werden soll. Eine derartige Gefahr ist zugleich als dringende Gefahr zu charakterisieren. Für das Erfordernis der „Dringlichkeit" der Gefahr tritt die zeitliche Komponente ebenso wie die Anforderung an einen bestimmten Grad von Wahrscheinlichkeit in dem Maße zurück, in dem - greifbar an der Schwere der in Frage stehenden Straftat und der Gefährlichkeit der Begehungsweise - die materielle Komponente Bedeutung gewinnt. Je bedeutsamer das Rechtsgut und je gefährlicher die Begehungsweise, je schwerwiegender damit im Falle seiner konkret drohenden Begehung der Rechtsbruch, desto „dringender" ist die Gefahr im verfassungsrechtlichen Sinne. Die Vorschrift dient angesichts der Schwere der aufgeführten Straftaten, ihrer großen Bedeutung für die öffentliche Sicherheit und nicht zuletzt angesichts der vorausgesetzten Anhaltspunkte für eine organisierte Begehungsweise der Abwehr einer in diesem Sinne dringenden Gefahr.

33.7 Absatz 6 regelt den Einsatz technischer Mittel, die ausschließlich zum eigenen Schutz des Polizeibeamten mitgeführt und verwendet werden und legt fest, dass die Aufzeichnungen unverzüglich nach Beendigung des Einsatzes zu löschen sind. Eine Verwertung der bei dem Einsatz erlangten Erkenntnisse ist außer zu Zwecken der Strafverfolgung und der Gefahrenabwehr nicht zulässig. Dies erfasst auch die ursprünglich zulässige Nutzung der Daten zur Behebung einer Beweisnot und zu wissenschaftlichen Zwecken bzw. die Archivierung der Daten. Die weitere Verwertung der Daten zu den oben genannten zulässigen Zwecken darf nur auf der Grundlage einer richterlichen Entscheidung erfolgen.

33.8 Für die Benachrichtigung der in Absatz 1 Satz 2 genannten Personen gilt § 29 Abs. 6. Dadurch ist klargestellt, dass auch die anderen Personen von der Datenerhebung unter den in § 29 Abs. 6 genannten Voraussetzungen zu benachrichtigen sind, sobald der Zweck der Erhebung dies zulässt. Soweit nur zum Zweck der Unterrichtung nach Absatz 7 aufwendige weitere Datenerhebungen erforderlich wären, entfällt eine Unterrichtung gegenüber den in Absatz ,1 Satz 2 genannten Personen. Um so gewissenhafter ist die Löschung dieser Daten nach den in Nummern 32.6 und 31.1 aufgeführten Maßgaben vorzunehmen. Die Unterrichtungspflicht besteht gegenüber Personen, gegen die eine Maßnahme zielgerichtet durchgeführt wurde. Sie bezieht sich auf die Mitteilung, dass gegen die zu informierende Person eine Maßnahme durchgeführt worden ist, auf Beginn und Ende der Maßnahme sowie deren Rechtsgrundlage. Die Polizei hat durch geeignete Verfahrensregelungen sicherzustellen, dass die Voraussetzungen für eine Benachrichtigung regelmäßig überprüft werden können.

33.9 Der Einsatz eines selbsttätigen Aufzeichnungsgerätes gemäß Absatz 8 ist nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 zulässig. Eine längerfristige oder andauernde Aufzeichnung ist nicht zulässig. Soweit die Daten nicht dem generellen Löschungsgebot (vgl. Nummer 47.1) unterliegen, sondern zur Verfolgung von Straftaten weiter benötigt werden, ist hinsichtlich der Straftaten, die eine Verwertung der Daten rechtfertigen sollen, im Einzelfall der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Dies wird in der Regel bedeuten, dass eine weitere Verwendung der Daten nur dann in Betracht kommt, wenn durch das Aufzeichnungsgerät Erkenntnisse über Straftaten von solcher Bedeutung erlangt wurden, dass das Interesse an ihrer Verfolgung das grundrechtliche Schutzinteresse überwiegt. Davon ist in der Regel nur bei den in Absatz 3 aufgeführten Straftaten auszugehen.

34. Zu § 34 (Datenerhebung durch den Einsatz von Personen, deren Zusammenarbeit mit der Polizei Dritten nicht bekannt ist)

34.1 Wie § 33 Abs. 1 lehnt sich auch § 34 Abs. 1 an die Gesetzessystematik des § 32 Abs. 1 an. Insofern sind die Nummern 32.2 bis 32.6 entsprechend anzuwenden.

34.2 Personen, die von der Polizei zur Datenerhebung eingesetzt werden, ohne dass ihre Zusammenarbeit mit der Polizei den Betroffenen bekannt ist, werden herkömmlicherweise als „V-Männer“, „V-Leute" oder „V-Personen" bezeichnet (im Folgenden V-Personen). V-Personen bewegen sich in Szenen, Milieus oder Organisationen, in denen nach polizeilicher Erkenntnis Straftaten begangen werden. Ein diesen Bereichen zuzuordnendes Mitglied wird von der Polizei entweder als Informant gewonnen oder planmäßig dorthin eingeschleust. Der Einsatz von V-Personen ist nicht damit verbunden, dass sie eine geheime Identität erhalten. V-Personen leben als Personen, deren Zusammenarbeit mit der Polizei Dritten nicht bekannt ist, weiterhin unter ihrem Namen und in ihrem jeweils angestammten Lebensumfeld; geheim gehalten wird allein der Umstand der Zusammenarbeit mit der Polizei. Es ist zu vermeiden, dass V-Personen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit einen Rechtsanspruch auf der Grundlage eines faktischen Arbeitsverhältnisses erwerben. V-Personen haben und erhalten keine hoheitlichen Befugnisse. Ihr Tätigwerden ist kein Ermitteln und keine Datenerhebung im polizeilichen Sinne. Die Datenerhebung erfolgt durch die Polizei selbst, die sich dazu lediglich einer V-Person bedient. V-Personen dürfen von der Polizei weder zur Begehung von Straftaten angehalten werden, noch dürfen sie von sich aus Straftaten begehen oder zu Straftaten anstiften.

34.3 Hinsichtlich des Einsatzes von V-Personen sind der Gemeinsame Runderlass des Ministeriums der Justiz und des Ministeriums des Innern über die Inanspruchnahme von Informationen, den Einsatz von V-Personen und Verdeckten Ermittlern (vom 21. Februar 1994, ABI. S. 352) und der Erlass des Ministeriums des Innern über das polizeiliche Verfahren bei der Inanspruchnahme von Informationen, dem Einsatz von Vertrauenspersonen und Verdeckten Ermittlern sowie dem Einsatz nicht offen ermittelnder Polizeibeamter (vom 11. Dezember 1995, Az.: IV/8.2-2701, nicht veröffentlicht) zu beachten, soweit sie auch auf die polizeiliche Aufgabe der Gefahrenabwehr anwendbar sind.

34.4 Behördenleiter im Sinne von Absatz 2 ist nur der Leiter des zuständigen Polizeipräsidiums oder des Landeskriminalamtes. Diese benennen nur ausnahmsweise und nur im Einzelfall erfahrene Polizeivollzugsbeamte, die über Maßnahmen nach Absatz 1 entscheiden. Diese Beamten dürfen in anderer Weise nicht an dein Einsatz beteiligt sein. Die zu den Akten zu nehmende schriftliche Begründung der Anordnung unterstützt die Effektivität der nachträglichen gerichtlichen Kontrolle.

34.5 Eine Unterrichtung über den Einsatz nach Absatz 3 kann nur so lange unterbleiben, bis der Einsatz der V-Person oder Leib und Leben einer Person nicht mehr gefährdet ist. Eine Benachrichtigung muss erfolgen, wenn eine Gefährdung des Einsatzes oder einer Person nicht mehr besteht. Es ist daher regelmäßig zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Benachrichtigung vorliegen. Eine kalendermäßige Wiedervorlage ist einzurichten. Für die Benachrichtigung der in Absatz 1 Satz 2 genannten Personen gilt § 29 Abs. 6. Dadurch ist klargestellt, dass auch die anderen Personen. von der Datenerhebung unter den in § 29 Abs. 6 genannten Voraussetzungen zu benachrichtigen sind, sobald der Zweck der Erhebung dies zulässt.

35. Zu § 35 (Datenerhebung durch den Einsatz Verdeckter Ermittler)

35.1 Als „Verdeckter Ermittler" darf nur ein für diese Funktion ausgebildeter und bestimmter Polizeivollzugsbeamter eingesetzt werden. Hinsichtlich des Einsatzes von Verdeckten Ermittlern sind der Gemeinsame Runderlass des Ministeriums der Justiz und des Ministeriums des Innern über die Inanspruchnahme von Informationen, den Einsatz von V -Personen und Verdeckten Ermittlern (vom 21. Februar 1994, ABI. S. 352) und der Erlass des Ministeriums des Innern über das polizeiliche Verfahren bei der Inanspruchnahme von Informationen, dem Einsatz von Vertrauenspersonen und Verdeckten Ermittlern sowie dem Einsatz nicht offen ermittelnder Polizeibeamter (vom 11. Dezember 1995, Az.: IV/8.2-2701, nicht veröffentlicht) zu beachten, soweit sie auch auf die polizeiliche Aufgabe der Gefahrenabwehr anwendbar sind.

35.2 Bezüglich Absatz 1 Nr. 2 wird auf Nummer 32.2 verwiesen.

35.3 Soweit geschützte Vertrauensverhältnisse durch den Einsatz Verdeckter Ermittler betroffen sind, wird auf Nummer 32.4 verwiesen.

35.4 Bezüglich des Begriffs des Behördenleiters (Absatz 4) und der Vertretungsbefugnis wird auf Nummer 32.7 verwiesen. Die zu den Akten zu nehmende schriftliche Begründung der Anordnung unterstützt die Effektivität der nachträglichen gerichtlichen Kontrolle.

35.5 Eine Unterrichtung über den Einsatz nach Absatz 5 kann nur so lange unterbleiben, bis der Einsatz des Verdeckten Ermittlers oder Leib und Leben einer Person nicht mehr gefährdet ist. Eine Benachrichtigung muss erfolgen, wenn eine Gefährdung des Einsatzes oder einer Person nicht mehr besteht. Es ist daher regelmäßig zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Benachrichtigung vorliegen. Eine kalendermäßige Wiedervorlage ist einzurichten.

36. Zu § 36 (Polizeiliche Beobachtung)

36.1 Bei Kraftfahrzeugen hat die ausschreibende Polizeibehörde spätestens vierteljährlich zu prüfen, ob das zur Polizeilichen Beobachtung ausgeschriebene Kraftfahrzeug noch für den bisherigen Halter zugelassen ist. Dabei sind insbesondere die in Planung, Ausführung oder zeitlicher Folge gezeigte kriminelle Energie bei früheren Straftaten, die rücksichtslose Durchsetzung des verbrecherischen Willens oder die offensichtliche Wirkungslosigkeit von Straf- und Resozialisierungsmaßnahmen zu berücksichtigen. Die für die Polizeiliche Beobachtung maßgebliche Polizei-Dienstvorschrift (PDV) 384.2 (Erlass des Ministeriums des Innern zur Inkraftsetzung der PDV 384.2 - Polizeiliche Beobachtung vom 19. Juni 1995, Az.: IV/7-1591 - nicht veröffentlicht) ist zu beachten.

36.2 Absatz 2 berechtigt, beim Antreffen der Person oder des Fahrzeugs personenbezogene Daten zu erheben und an die ausschreibende Polizeibehörde zu übermitteln. Ziel der Maßnahme ist es, Erkenntnisse über Reisebewegungen und Aufenthaltsorte der ausgeschriebenen Person zu erhalten. Die Vorschrift räumt nicht die Befugnis ein, eine Person z. B. anzuhalten, nach ihren Identitätsdaten zu fragen oder die Daten mit dem Inhalt der Datei, in der die Ausschreibung gespeichert ist, abzugleichen.

36.3 Die Unterrichtungspflicht nach Absatz 4 bezieht sich auf die Mitteilung, dass gegen die zu informierende Person eine Maßnahme durchgeführt worden ist, auf Beginn und Ende der Maßnahme sowie deren Rechtsgrundlage. Die Polizei hat durch geeignete Verfahrensregelungen sicherzustellen, dass die Voraussetzungen für eine Benachrichtigung regelmäßig überprüft werden können.

37. Zu § 37 (Allgemeine Regeln über die Dauer der Datenspeicherung)

Soweit die in gesetzlichen Vorschriften festgelegten Prüfungstermine und Aufbewahrungsfristen nicht entgegenstehen, gilt die KpS-Richtlinie. Eine kalendermäßige Wiedervorlage ist einzurichten.

(Nummer 38 nicht besetzt)

39. Zu § 39 (Speicherung, Veränderung und Nutzung von Daten)

39.1 Die Speicherung, Veränderung oder Nutzung rechtmäßig erlangter personenbezogener Daten ist nur für die in Absatz 1 genannten Zwecke zulässig. Absatz 1 ermächtigt nicht zur Datenerhebung nur zum Zweck der Dokumentation polizeilichen Handelns. Eine Vorgangsverwaltung im Sinne des Absatzes 1 ist die Registratur von Akten und Vorgängen mittels elektronischer Datenverarbeitung.

39.2 Personenbezogene Daten sind zu löschen, wenn der der Speicherung zugrunde liegende Tatverdacht entfallen ist. Dies ist regelmäßig bei einer verfahrensabschließenden Entscheidung der Staatsanwaltschaft (gemäß § 170 Abs. 2 StPO) oder des erkennenden Strafgerichts (Freispruch) der Fall.

39.3 Die Absätze 5 und 6 enthalten gesetzliche Regelungen zur Nutzungsänderung, die im Verhältnis zu besonderen Regelungen im Bundes- und Landesrecht nachrangig sind. Sofern Daten für Aus- und Fortbildungszwecke genutzt werden sollen, sind sie grundsätzlich zu anonymisieren. Das Verbot, personenbezogene Daten, die auf der Grundlage der §§ 32 bis 35 erhoben worden sind, für polizeiliche Aus- und Fortbildungszwecke nutzen zu dürfen, berücksichtigt die besondere Sensibilität dieser Daten. Im Übrigen sind Nummer 31 Satz 6, Nummern 32.6 und 33.7 zu beachten.

40. Zu § 40 (Datenabgleich)

40.1 § 40 ist keine Rechtsgrundlage zur Erhebung der Daten, die abgeglichen werden sollen. Der Datenabgleich kann nur mit rechtmäßig erlangten Daten (§ 39) vorgenommen werden.

40.2 Es muss eine hinreichende Wahrscheinlichkeit bestehen, dass durch den Abgleich sachdienliche Hinweise zu erwarten sind, die zur Abwehr der Gefahr genutzt werden können.

40.3 Die Vorschrift gibt nicht die Befugnis, einen Betroffenen, der bisher nicht angehalten worden ist, zum Zwecke der Durchführung des Datenabgleichs anzuhalten.

41. Zu § 41 (Allgemeine Regeln der Datenübermittlung)

41.1 Der Hinweis auf die §§ 32 bis 35 macht deutlich, dass eine Übermittlung von personenbezogenen Daten, die durch Observation, den Einsatz technischer Mittel innerhalb und außerhalb von Wohnungen, den Einsatz von Vertrauenspersonen sowie den Einsatz Verdeckter Ermittler erhoben wurden, nur innerhalb des Polizeibereichs zulässig ist.

41.2 Das nach Absatz 3 der Datenübermittlung vorangestellte Prüfungsverfahren ist stets in vollem Umfang und ohne Einschränkung durchzuführen. Bei der Übermittlung von personenbezogenen Daten, die im Rahmen von Grundrechtseingriffen erhoben worden sind, ist sicherzustellen, dass die Voraussetzungen wie bei jeder konventionellen Übermittlung überprüft werden können. Dies dient der verfahrensmäßigen Absicherung des Zweckbindungsgebotes und stellt sicher, dass sensible Daten im Rahmen von „Kettenübermittlungen" nicht immer weiter übermittelt werden und auf diese Art der Bezug zum Erhebungszusammenhang verloren geht.

(Nummer 42 nicht besetzt)

43. Zu § 43 (Datenübermittlung an öffentliche Stellen, an ausländische öffentliche Stellen sowie an über und zwischenstaatliche Stellen)

43.1 Soweit Datenübermittlungen der Polizei an andere Behörden aufgrund spezialgesetzlicher Regelungen abschließend geregelt sind, ist eine Übermittlung von Daten auf der Grundlage dieser Vorschrift ausgeschlossen.

43.2 Die in Absatz 1 geregelte Datenübermittlung dient der Aufgabenerfüllung der übermittelnden Polizeibehörden.

43.3 Absatz 2 berücksichtigt die gleichartige Aufgabenzuweisung im Bereich der Gefahrenabwehr gegenüber den allgemeinen Ordnungsbehörden und der Polizei und gibt der Polizei die Befugnis, in Fällen, in denen die Kenntnis von personenbezogenen Daten für ein Tätigwerden einer öffentlichen Stelle der Gefahrenabwehr Voraussetzung ist, die Daten zu übermitteln. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn die Polizei die konkrete Gefahr nicht (endgültig) beseitigen kann und die öffentliche Stelle noch tätig werden muss.

43.4 Die Datenübermittlung nach Absatz 3 Nr. 2 setzt voraus, dass der Empfänger im Bereich der Gefahrenabwehr tätig wird, die ihm zur Verfügung gestellten Daten aber nicht nur zur Abwehr einer konkreten Gefahr nutzen will. Die Weitergabe der Daten ist auf besonders gelagerte Einzelfälle begrenzt, deren Vorliegen von der anfragenden Stelle darzulegen ist.

44. Zu § 44 (Datenübermittlung an Personen oder an Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs)

44.1 Mit der Datenübermittlung nach Absatz 1 muss eine polizeiliche Aufgabe erfüllt werden. Bei der Entscheidung über die Datenübermittlung ist zu berücksichtigen, ob der Polizei bekannt ist, dass der Empfänger mit früher übermittelten Daten nicht rechtmäßig verfahren ist.

44.2 Vor jeder Auskunftserteilung nach Absatz 2 ist zu prüfen, ob der Auskunftsbegehrende die erbetenen Daten von einer anderen Stelle, die im Rahmen ihrer Aufgabenstellung zu einer Auskunftserteilung befugt ist, erhalten kann. Ein rechtliches Interesse des Auskunftsbegehrenden im Sinne von Absatz 2 Nr. 1 ist gegeben, wenn er die Daten des Dritten zur eigenen Rechtswahrung braucht. Dies ist glaubhaft gemacht, wenn ein objektiver Betrachter nach Würdigung der vorzulegenden Beweismittel davon ausgehen kann, dass durch die Datenübermittlung die Rechtswahrung überwiegend wahrscheinlich wird. Zielt das Auskunftsbegehren jedoch darauf ab, zur Wahrung rechtlicher Interessen den Aufenthalt einer Person zu erfahren, die sich nach den Angaben des Auskunftsbegehrenden in Untersuchungshaft oder zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe in einer Justizvollzugsanstalt befindet oder befinden soll, ist der Auskunftsbegehrende an die Justizbehörden zu verweisen.

(Nummer 45 nicht besetzt)

46. Zu § 46 (Rasterfahndung)

Die Vorschrift regelt die Rasterfahndung zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die aufgeführten Rechtsgüter. Im Gegensatz zum polizeiinternen Datenabgleich nach § 40 gibt die Rasterfahndung der Polizei die Befugnis, auch auf externe Datenbestände zuzugreifen. Bezüglich des Personenkreises, der dem in Absatz 2 genannten Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegt, wird auf die Ausführungen in Nummer 32.4 verwiesen.

47. Zu § 47 (Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten)

47.1 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 ist Ausdruck einer generellen Löschungspflicht. Diese generelle und unverzüglich zu erfüllende Löschungspflicht besteht neben den gesetzlich geregelten Fällen auch dann, wenn die auf der Grundlage der Vorschriften über die polizeiliche Datenerhebung gewonnenen Daten wegen der Geltung anderer Vorschriften oder unter Berücksichtigung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit nicht verwendet werden dürfen (vgl. Nummern 31.1, 32.4, 33.5 und 33.9). Die generelle Löschungspflicht ist stets an einer sorgfältigen Güterabwägung zwischen den Grundrechten auf Datenschutz und freie Entfaltung der Persönlichkeit der betroffenen Personen einerseits und den polizeilichen Aufklärungs- und Verfolgungsinteressen auszurichten. Dabei muss stets der unantastbare Bereich persönlicher Lebensgestaltung gewährleistet bleiben (vgl. auch Nummer 33.5).

47.2 Unter Beachtung der Ausführungen zu Nummer 3 rechtfertigt nicht jede Beweisproblematik, von der Löschung und Vernichtung personenbezogener Daten abzusehen. Es muss vielmehr eine dringende Beweisnot vorliegen, deren Behebung von solchem überwiegenden öffentlichen oder privaten Interesse ist, dass demgegenüber das Interesse des Betroffenen an einer Löschung der Daten ausnahmsweise zurückzutreten hat. Zudem erfordert ein Absehen von der Löschung und Vernichtung, dass die Daten zur Behebung der dringenden Beweisnot unerlässlich sind.

48. Zu § 48 (Errichtung von Dateien, Umfang der Dateibeschreibung, Freigabe von Programmen)

Die Errichtung von Dateien, der Umfang der Dateibeschreibung und die Freigabe von Programmen sind in den Ausführungsvorschriften zu § 48 des Brandenburgischen Polizeigesetzes (Dateienrichtlinie-Polizei) vom 18. August 1997 (ABI. S. 750) geregelt.

(Nummer 49 nicht besetzt)

50. Zu § 50 (Vollzugshilfe)

Die Zulässigkeit der Maßnahme, die durch die Vollzugshilfe verwirklicht werden soll, richtet sich nach dem für die ersuchende Behörde geltenden Recht. Diese Behörde trägt daher die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der durchzusetzenden Maßnahme. Unter Berücksichtigung der Ausführungen zu § 52 hat die Polizei grundsätzlich nicht die Verpflichtung, die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme zu prüfen. Die Polizei darf die Vollzugshilfe nicht deshalb verweigern, weil sie die beabsichtigte Maßnahme für unzweckmäßig hält. Die Durchführung der Vollzugshilfe richtet sich nach dem für die Polizei geltenden Recht. Die Polizei trägt die Verantwortung für die Art und Weise der Anwendung des unmittelbaren Zwanges.

(Nummer 51 nicht besetzt)

52. Zu § 52 (Vollzugshilfe bei Freiheitsentziehung)

52.1 Die in Vollzugshilfe durchgeführte Freiheitsentziehung ist als Maßnahme der ersuchenden Behörde anzusehen (vgl. Nummer 50). Daher hat grundsätzlich die ersuchende Behörde eine vorherige richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit der Freiheitsentziehung herbeizuführen.

52.2 Legt die ersuchende Behörde eine richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit der Freiheitsentziehung nicht vor und bezeichnet sie auch nicht eine solche Entscheidung, so hat sich die Polizei sofort zu vergewissern, ob die ersuchende Behörde unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeiführt.

52.3 Die §§ 19 und 20 gelten auch für Freiheitsentziehungen im Rahmen der Vollzugshilfe. Die materielle Prüfung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 obliegt der ersuchenden Behörde. Die Polizei hat der ersuchenden Behörde unverzüglich alle Anhaltspunkte mitzuteilen, die für einen Wegfall des Grundes der Freiheitsentziehung sprechen. Hat die Polizei sichere Kenntnis vom Wegfall des Grundes und ist die ersuchende Behörde nicht erreichbar, so hat die Polizei die festgehaltene Person zu entlassen.

(Nummern 53 bis 59 nicht besetzt)

60. Zu § 60 (Rechtliche Grundlagen der Anwendung unmittelbaren Zwangs)

Die §§ 60 bis 69 gelten sowohl für die Gefahrenabwehr als auch für die Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, soweit die Strafprozessordnung keine Regelung über unmittelbaren Zwang enthält. Der Hinweis auf die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes gilt insbesondere für die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und die Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens. Hinsichtlich des Gebrauchs von Schusswaffen wird auf den Erlass des Ministeriums des Innern über den polizeilichen Schusswaffengebrauch vom 1. Juni 2001 (Az.: IV/2.41-2045/6782 - nicht veröffentlicht) hingewiesen.

61. Zu § 61 (Begriffsbestimmung des unmittelbaren Zwangs, zugelassene Waffen)

61.1 Als technische Sperren zum Absperren von Straßen, Plätzen oder anderem Gelände kommen z. B. Seile, Draht, Stacheldraht, Dienstfahrzeuge, Nagelböden und -bänder, Sperrgitter und Container in Betracht. Reiz- und Betäubungsstoffe dürfen nur gebraucht werden, wenn der Einsatz anderer Hilfsmittel oder einfacher körperlicher Gewalt (Zurückdrängen) keinen Erfolg verspricht oder wenn durch den Einsatz von Reiz- und Betäubungsstoffen die Anwendung von Waffen vermieden werden kann.

61.2 Die Aufzählung der zugelassenen Waffen in Absatz 3 ist abschließend.

(Nummer 62 nicht besetzt)

63. Zu § 63 (Hilfeleistung für Verletzte)

Die Pflicht, Verletzten Beistand zu leisten und erforderliche ärztliche Hilfe zu verschaffen, ist vordringlicher als die Beweissicherung und geht auch Berichtspflichten vor.

64. Zu § 64 (Androhung unmittelbaren Zwangs)

Die Form der Androhung ist an die Erfordernisse des Einzelfalles anzupassen; in jedem Falle muss die Androhung unmissverständlich sein.

(Nummer 65 nicht besetzt)

66. Zu § 66 (Allgemeine Vorschriften für den Schusswaffengebrauch)

Der Schusswaffengebrauch ist die schwerwiegendste Maßnahme des unmittelbaren Zwanges. Der Polizeivollzugsbedienstete hat daher vorher die Rechtmäßigkeit und die Verhältnismäßigkeit besonders sorgfältig zu prüfen. Bestehen rechtliche oder tatsächliche Zweifel, ob die Voraussetzungen für den Schusswaffengebrauch vorliegen, ist von der Schusswaffe kein Gebrauch zu machen. Alles Nähere - auch im Zusammenhang mit dem so genannten Finalen Rettungsschuss - regelt der Erlass des Ministeriums des Innern über den polizeilichen Schusswaffengebrauch vom 1. Juni 2001 (Az.: IV/2.412045/6782 - nicht veröffentlicht).

67. Zu § 67 (Schusswaffengebrauch gegen Personen)

Hinsichtlich des Schusswaffengebrauchs gegen Personen wird auf den Erlass des Ministeriums des Innern über den polizeilichen Schusswaffengebrauch vom 1. Juni 2001 (Az.: IV/2.41-2045/6782 - nicht veröffentlicht) hingewiesen.

(Nummern 68 bis 71 nicht besetzt)

72. In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten

Diese Verwaltungsvorschriften treten am Tage nach der Bekanntmachung im Amtsblatt für Brandenburg in Kraft.

Gleichzeitig treten die Verwaltungsvorschriften des Ministeriums des Innern zum Brandenburgischen Polizeigesetz (VVBbgPolG) vom 19. Januar 1999 (ABI. S. 110) außer Kraft