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Brandenburgisches Vorschriftensystem (BRAVORS)

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Aktuelle Fassung

Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung Brandenburg (MUNR) zum Vollzug der §§ 32, 36 des Brandenburgischen Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (VV-Biotopschutz - BbgNatSchG)


vom 25. November 1998
(ABl./99, [Nr. 03], S.22)

Gliederung:

I. Einführung

II. Erläuterung zu den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 32, 36 und 72 BbgNatSchG

1. Gesetzlicher Biotopschutz in Brandenburg, Verhältnis zu § 20 c des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG)

2. Unmittelbare Wirkung des gesetzlichen Schutzes

3. Die Verbote des § 32 Abs. 1 und 2 BbgNatSchG
3.1 Maßnahmen im Sinne des § 32 BbgNatSchG
3.2 Zerstörung oder erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigung eines Biotops

4. Das Biotopverzeichnis
4.1 Eintragung in das Biotopverzeichnis und Benachrichtigung des Eigentümers
4.2 Auskunfts- und Rechtsschutzmöglichkeiten des Eigentümers oder Nutzungsberechtigten
4.3 Bedeutung der Kartieranleitung

5. Einzelfragen des gesetzlichen Biotopschutzes
5.1 Verhältnis zur Eingriffsregelung der §§ 10 bis 18 BbgNatSchG, §§ 8 a, 9 BNatSchG
5.2 Biotopschutz auf landwirtschaftlich genutzten Flächen
5.3 Verhältnis zu den Schutzvorschriften für besonders geschützte Arten
5.4 Bedeutung des § 36 Abs. 4 BbgNatSchG
5.5 Duldungspflicht nach § 68 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 BbgNatSchG
5.6 Verhältnis zu den §§ 19 c und 19 e BNatSchG

6. Ausnahmen vom gesetzlichen Biotopschutz
6.1 Zuständigkeit, Verfahren, Kostenentscheidung
6.2 Antragsbefugnis
6.3 Verhältnis zu anderen Genehmigungstatbeständen
6.4 § 36 Abs. 1 a BbgNatSchG - Geringfügigkeit
6.5 § 36 Abs. 1 b BbgNatSchG - Notwendigkeit wegen überwiegender Gemeinwohlgründe
6.6 Ermessensausübung

7. Befreiungen nach § 72 BbgNatSchG
7.1 Zuständigkeit, Verfahren, Kostenentscheidung, Antragsbefugnis und Verhältnis zu anderen Genehmigungstatbeständen
7.2 Nicht beabsichtigte Härte - § 72 Abs. 1 Nr. 1 a BbgNatSchG
7.3 Nicht gewollte Beeinträchtigung von Natur und Land-schaft - § 72 Abs. 1 Nr. 1 b BbgNatSchG
7.4 Überwiegen der Gemeinwohlgründe - § 72 Abs. 1 Nr. 2 BbgNatSchG
7.5 Ermessensausübung

8. Verfahren bei unerlaubter Beeinträchtigung eines gesetzlich geschützten Biotops

III. Definitionen der Biotoptypen des § 32 BbgNatSchG (Gesondertes Inhaltsverzeichnis)

IV. Inkrafttreten

I. Einführung

§ 32 BbgNatSchG stellt bestimmte Biotope in Brandenburg unter unmittelbaren gesetzlichen Schutz. Von den sich daraus ergebenden Verboten können gemäß § 36 BbgNatSchG Ausnahmen zugelassen beziehungsweise, wenn dies nicht möglich ist, gemäß § 72 BbgNatSchG Befreiungen erteilt werden, durch die allerdings die sich aus der FFH-Richtlinie (“Flora-Fauna-Habitat”) ergebende Verpflichtung zum Schutz der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und der Europäischen Vogelschutzgebiete nicht unterlaufen werden darf (siehe 5.6). Für Entscheidungen über solche Ausnahmen und Befreiungen ist seit dem Inkrafttreten des 3. Brandenburgischen Funktionalreformgesetzes in den Landkreisen die untere Naturschutzbehörde (UNB) zuständig, in kreisfreien Städten ist weiterhin die oberste Naturschutzbehörde zuständig.

Die vorliegende Verwaltungsvorschrift erläutert die für den gesetzlichen Biotopschutz maßgeblichen gesetzlichen Regelungen (II.) und definiert die in § 32 BbgNatSchG genannten Biotoptypen (III.); sie dient der einheitlichen Auslegung der Biotopschutzvorschriften durch die Naturschutzbehörden im Lande Brandenburg.

II. Erläuterung der gesetzlichen Bestimmungen der §§ 32, 36 und 72 BbgNatSchG

1. Gesetzlicher Biotopschutz in Brandenburg, Verhältnis zu § 20 c BNatSchG

Die bundesgesetzliche Biotopschutzvorschrift des § 20 c

BNatSchG gilt als Rahmenvorschrift im Land Brandenburg nicht unmittelbar, sondern verpflichtet den Landesgesetzgeber, den Schutz der in § 20 c Abs. 1 BNatSchG genannten Biotope zu sichern. Diese Verpflichtung ist mit § 32 BbgNatSchG erfüllt worden. Entsprechend der Ermächtigung des § 20 c Abs. 3 BNatSchG sind in Brandenburg zusätzlich Streuobstbestände, Hangwälder, Restbestockungen natürlicher Waldgesellschaften, Magerrasen, Kleingewässer, Schwimmblattgesellschaften, Binnendünen, Salzstellen und Lesesteinhaufen unter Schutz gestellt (§ 32 Abs. 1 BbgNatSchG). Die Aufzählung des § 32 BbgNatSchG ist abschließend, der Schutz gilt also nur für die dort genannten Biotoptypen. Tier- oder Pflanzenarten, die auf Biotope angewiesen sind, welche sich nicht für eine generelle gesetzliche Unterschutzstellung eignen, können durch das System des gesetzlichen Biotopschutzes nicht geschützt werden. Ihre Lebensstätten können jedoch über den Schutz nach § 20 f BNatSchG hinaus durch Rechtsverordnung nach §§ 21 bis 24 BbgNatSchG unter Schutz gestellt werden, wenn die dort genannten Voraussetzungen gegeben sind.

2. Unmittelbare Wirkung des gesetzlichen Schutzes

Die Biotope des § 32 BbgNatSchG sind unmittelbar durch Gesetz geschützt; ein weiterer Unterschutzstellungsakt oder eine Eintragung ist nicht notwendig. Ein wirksamer Biotopschutz wäre nicht zu gewährleisten, wenn der Schutz von der Eintragung aller Biotope abhinge. Der Schutz besteht also auch, wenn der Biotop (noch) nicht gemäß § 32 Abs. 3 BbgNatSchG in das Biotopverzeichnis eingetragen ist. Da manche Biotope relativ kurzfristigen Sukzessionen unterliegen, kommt es nur auf den gegenwärtigen Zustand in der Natur an. Eine Fläche unterliegt daher trotz Eintragung nicht dem gesetzlichen Biotopschutz, wenn die Kriterien für die Definition von Biotoptypen des § 32 BbgNatSchG nicht oder nicht mehr erfüllt sind. Der Biotopschutz gilt unabhängig von dem Grund und der Art und Weise der Entstehung des Biotopes. Auch sogenannte “Sekundärbiotope”, die auf vormals genutzten Gebieten nach Nutzungseinstellung entstanden sind, unterstehen grundsätzlich dem uneingeschränkten gesetzlichen Schutz (zu Besonderheiten bei Stillegung landwirtschaftlicher Flächen siehe 5.2).

3. Die Verbote des § 32 Abs. 1 und 2 BbgNatSchG

3.1 Maßnahmen im Sinne des § 32 BbgNatSchG

§ 32 Abs. 1 BbgNatSchG stellt ein umfassendes Veränderungsverbot auf: Verboten sind Maßnahmen, die zur Zerstörung oder erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung eines der genannten Biotope führen können, also auch Maßnahmen, deren beeinträchtigende Wirkung nicht feststeht, aber möglich und hinreichend wahrscheinlich ist.

Maßnahme im Sinne von § 32 BbgNatSchG kann jedwede Art der Handlung sein. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob die Maßnahme einen Eingriff im Sinne des § 10 BbgNatSchG darstellt, so daß auch stoffliche Beeinträchtigungen (etwa durch Staub, Gas, Dünger oder Biozide) sowie die Intensivierung der Nutzung oder Änderung der Nutzungsart dem Verbot des § 32 BbgNatSchG unterfallen können (§ 32 Abs. 2 BbgNatSchG).

Verbotene Maßnahmen im Sinne von § 32 BbgNatSchG können Handlungen sein, nicht aber Unterlassungen. Somit verbietet § 32 BbgNatSchG zwar bestimmte Tätigkeiten, verpflichtet aber nicht zur Vornahme von Handlungen, die über die bisherige Nutzung hinausgehen oder den Zustand des Biotops erhalten helfen sollen (zum Beispiel Pflege eines Biotops). Die gänzliche Aufgabe einer Nutzung ist daher durch den Biotopschutz nicht ausgeschlossen, auch wenn sie den Biotop beeinträchtigt (etwa Beeinträchtigung einer Feuchtwiese bei Aufgabe der Mahd). Dagegen kann die Änderung der Nutzungsart, das heißt die Aufgabe einer Nutzung zugunsten einer anderen, nach § 32 Abs. 2 BbgNatSchG unzulässig sein.

Eine Maßnahme ist auch unzulässig, wenn sie nur im Zusammenwirken mit anderen Einflüssen zu einer erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung des Biotops führen kann. Auch gefährdende Maßnahmen, die nicht im Bereich des Biotops selbst vorgenommen werden, sind verboten, sofern ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Handlung und der möglichen Beeinträchtigung des Biotops besteht (beispielsweise Beeinträchtigung einer Feuchtwiese durch Senkung des Grundwasserspiegels).

3.2 Zerstörung oder erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigung eines Biotops

Eine Zerstörung des Biotops liegt vor, wenn er durch die Handlung beseitigt oder völlig funktionslos geworden ist. Eine Beeinträchtigung ist gegeben, wenn eine Maßnahme nachteilige Auswirkungen auf den Biotop hat. Erheblich ist die Beeinträchtigung, wenn sie schwere Nachteile für den Biotop (nicht notwendigerweise für den Naturhaushalt insgesamt) mit sich bringt; nachhaltig, wenn sie sich dauerhaft oder unabsehbar lange auf den Biotop auswirkt.

4. Das Biotopverzeichnis

Das Landesumweltamt (LUA) als Fachbehörde gemäß § 32 Abs. 3 BbgNatSchG führt ein Verzeichnis der gesetzlich geschützten Biotope und benachrichtigt die betroffenen Eigentümer gemäß § 32 Abs. 3 BbgNatSchG von der Eintragung. Es soll, insbesondere für Grundstückseigentümer, möglichst einfach erkennbar sein, wo sich gesetzlich geschützte Biotope befinden. Die Eintragung erleichtert außerdem im Falle eines Verstoßes gegen § 32 BbgNatSchG den Nachweis einer Ordnungswidrigkeit im Sinne von § 73 Abs. 1 Nr. 9 BbgNatSchG (siehe 8.).

Die Biotope müssen nicht innerhalb einer bestimmten Frist eingetragen werden. Die Eintragung sollte jedoch sobald wie möglich erfolgen, bei Änderungen der tatsächlichen Situation ist das Verzeichnis zu aktualisieren. Das Verzeichnis muß durch Karten oder durch Beschreibung die Lage der betroffenen Grundstücke genau bezeichnen. Da das Vorliegen von gesetzlich geschützten Biotopen auch für andere Personen (zum Beispiel Nutzungsberechtigte oder Nutzer benachbarter Flächen) von Bedeutung sein kann, ist das Verzeichnis gemäß § 32 Abs. 3 Satz 4 BbgNatSchG während der Dienststunden in der Fachbehörde für jedermann einsehbar.

4.1 Eintragung in das Biotopverzeichnis und Benachrichtigung des Eigentümers

Die Eintragung in das Verzeichnis hat nur deklaratorische Bedeutung, das heißt, die Verbote des § 32 BbgNatSchG gelten unabhängig von der Eintragung (siehe oben 2.). Diese ist kein Verwaltungsakt, denn sie trifft keine rechtsverbindliche und bestandskraftfähige Entscheidung über das Vorliegen eines gesetzlich geschützten Biotops, sondern gibt lediglich informatorisch den gegenwärtigen Kenntnisstand der Fachbehörde bekannt.

Von der Eintragung ist der Eigentümer gemäß § 32 Abs. 3 BbgNatSchG unverzüglich, das heißt jeweils unmittelbar nach der Eintragung durch das LUA zu benachrichtigen. Ist der Eigentümer nicht zu ermitteln, oder stößt die Ermittlung auf erhebliche Schwierigkeiten, so genügt statt der Benachrichtigung des Eigentümers die ortsübliche Bekanntgabe der Eintragung in der entsprechenden Gemeinde (§ 32 Abs. 3 BbgNatSchG). Erhebliche Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Eigentümers liegen vor, wenn sich weder aus dem Grundbuch noch aus den den Gemeinden vorliegenden Eigentümerverzeichnissen ergibt, wer Eigentümer des Grundstückes ist, oder sich dessen Aufenthaltsort nicht mit vertretbarem zeitlichen Aufwand ermitteln läßt. Welche Bekanntmachungsformen ortsüblich sind, ergibt sich im Regelfall aus der Hauptsatzung der jeweiligen Gemeinde. Übliche Formen sind

  • die Veröffentlichung im Amtsblatt der betroffenen Gemeinde,
  • die Veröffentlichung in einer in der Gemeinde verbreiteten Tageszeitung,
  • bei Gemeinden von weniger als 5000 Einwohnern ein Anschlag an der Verkündungstafel des Rathauses und den sonstigen hierfür bestimmten Stellen für mindestens eine Woche und gleichzeitiger Hinweis auf den Anschlag durch das Amtsblatt oder eine Tageszeitung.

Die dem Biotopverzeichnis beigefügten Karten können durch Ersatzbekanntmachung bekannt gemacht werden, indem sie in den Räumen der Gemeindeverwaltung für jedermann während der Dienststunden einsehbar niedergelegt werden und in der Eintragungsbekanntmachung die örtliche Lage mit Worten grob beschrieben wird und auf die Niederlegung der Karten hingewiesen wird.

Die Benachrichtigung oder Bekanntgabe sollte einen Hinweis auf die sich aus § 32 BbgNatSchG ergebenden Verbote, die Bußgeldvorschrift des § 73 Abs. 1 Nr. 9 BbgNatSchG und die Möglichkeit einer Ausnahme oder Befreiung enthalten. Die Benachrichtigung (beziehungsweise ortsübliche Bekanntgabe) ist ebenfalls kein Verwaltungsakt, auch ist sie nicht die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes. Sie ergeht daher ohne Rechtsmittelbelehrung als einfache schriftliche behördliche Mitteilung und ist nicht zuzustellen.

Die UNB soll den Eigentümer schon vor der Eintragung von dem Bestehen eines gesetzlich geschützten Biotopes durch einfache Mitteilung in Kenntnis setzen, wenn hierdurch eine mögliche (unwissentliche) Beschädigung durch den Eigentümer abgewendet werden kann. Die Benachrichtigung ermöglicht einen erleichterten Nachweis des Verschuldens und damit einer Ordnungswidrigkeit hinsichtlich eines Verstoßes gegen Verbotstatbestände gemäß § 32 Abs. 1 BbgNatSchG. Bei einem Irrtum über die Voraussetzungen des § 32 wird nämlich der Eigentümer oder Nutzungsberechtigte, solange er nicht von der Eintragung benachrichtigt oder auf andere Weise über den Biotopcharakter seiner Fläche unterrichtet worden ist, nicht wegen Verstoßes gegen Absatz 1 herangezogen werden können.

Die Benachrichtigung kann jederzeit, etwa nach Feststellung des Vorliegens eines gesetzlich geschützten Biotops im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens erfolgen, denn die UNB hat aufgrund von § 54 Abs. 1 Satz 2 BbgNatSchG die Aufgabe, andere Behörden wie etwa die Bauaufsicht vor der Zulassung bestimmter Vorhaben im Rahmen ihrer Beteiligung auf die Einhaltung der Rechtsvorschriften über Naturschutz und Landschaftspflege hinzuweisen, also auch auf das Erfordernis einer Ausnahme nach § 36 BbgNatSchG bei Vorliegen eines gesetzlich geschützten Biotops nach § 32 BbgNatSchG.

In diesen Fällen hat die Feststellung durch die UNB im oben genannten Sinne insofern bindenden Charakter, als ein Bauvorhaben dann nur noch genehmigt werden kann, wenn die entsprechende Ausnahme oder Befreiung gemäß § 36 bzw. § 72 BbgNatSchG vorliegt. Ist die oberste Naturschutzbehörde für diese Entscheidung zuständig, hat die Benachrichtigung durch die UNB der kreisfreien Stadt “lediglich” Indizwirkung.

4.2 Auskunfts- und Rechtsschutzmöglichkeiten des Eigentümers oder Nutzungsberechtigten

Verlangt der Grundstückseigentümer einer Fläche vom LUA Auskunft über deren Eintragung im Verzeichnis der gesetzlich geschützten Biotope, so ist ihm hierüber Auskunft zu geben. Ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Auskunft besteht nach Maßgabe des § 67 BbgNatSchG in Verbindung mit §§ 4 ff. des Umweltinformationsgesetzes (UIG). Die Auskunft ergeht als einfache Mitteilung, nicht als Verwaltungsakt. Erhält der Antragsteller keine Auskunft, kann er im Wege der allgemeinen Leistungsklage vor dem Verwaltungsgericht auf Auskunftserteilung klagen. Erhält er eine Auskunft, aber entspricht die Auskunft nicht seiner Auffassung, so kann er vor dem Verwaltungsgericht auf die Feststellung des Nichtvorliegens eines gesetzlich geschützten Biotops klagen.

Die Eintragung in das Biotopverzeichnis und die Benachrichtigung des Eigentümers können ebenfalls nicht mit Widerspruch und Anfechtungsklage angegriffen werden, da sie keine Verwaltungsakte sind. Auch eine einfache Leistungsklage auf Löschung eines Biotops aus dem Verzeichnis ist unzulässig, da die Eintragung den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen kann.

Entscheidungen über Ausnahmen oder Befreiungen vom gesetzlichen Biotopschutz nach § 36 beziehungsweise § 72 BbgNatSchG ergehen dagegen als Verwaltungsakte, gegen ihre Versagung beziehungsweise gegen Nebenbestimmungen kann daher (bei Entscheidungen der unteren Naturschutzbehörde nach vorherigem Widerspruch) Anfechtungs- beziehungsweise Verpflichtungsklage erhoben werden. Ist der Antragsteller allerdings der Ansicht, daß er gar keiner Ausnahme bedürfe, weil es sich nicht um einen gesetzlich geschützten Biotop handle beziehungsweise dieser nicht erheblich oder nachhaltig beeinträchtigt werde, kann er eine entsprechende Feststellungsklage gegen die Naturschutzbehörde erheben, die ihm gegenüber das Erfordernis einer Ausnahme behauptet.

4.3 Bedeutung der Kartieranleitung

Die vom LUA herausgegebene Kartieranleitung “Biotopkartierung Brandenburg” ist eine naturschutzfachliche Anleitung, die einen Überblick über die in Brandenburg vorkommenden Biotope und ihre Charakteristika gibt und eine einheitliche Zuordnung und Kartierung von Biotopen ermöglichen soll. Rechtliche Wirkungen entfaltet die Kartieranleitung nicht. Zur Auslegung des § 32 BbgNatSchG ist nicht auf die Kartieranleitung, sondern auf die nachfolgenden Definitionen (III.) abzustellen.

5. Einzelfragen des gesetzlichen Biotopschutzes

5.1 Verhältnis zur Eingriffsregelung der §§ 10 bis 18 BbgNatSchG, §§ 8 a, 9 BNatSchG

Die §§ 32, 36 BbgNatSchG verdrängen innerhalb ihres Anwendungsbereiches die Vorschriften der Eingriffsregelung (§§ 10 bis 17 BbgNatSchG). Das heißt: Soweit eine geplante Maßnahme allein negative Auswirkungen auf den Biotop entfaltet, ist die Zulässigkeit ausschließlich nach §§ 32, 36 BbgNatSchG unter Beachtung des Vermeidungsgrundsatzes des § 12 Abs. 1 BbgNatSchG (siehe hierzu 6.3) zu beurteilen. Eine weitere Prüfung der Zulässigkeit am Maßstab der §§ 10 bis 17 BbgNatSchG ist nicht erforderlich. Nur soweit es zu weiteren Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes oder zu Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes kommt, sind diese nach den Vorschriften der allgemeinen Eingriffsregelung zu beurteilen (zum Verhältnis der Ausnahmegenehmigung nach § 36 BbgNatSchG zu anderen behördlichen Zulassungen siehe 6.3).

Auch § 8 a BNatSchG als allein die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung modifizierende Vorschrift verdrängt nicht den gesetzlichen Biotopschutz nach § 32 BbgNatSchG, sondern tritt vielmehr seinerseits hinter dieser spezielleren Vorschrift zurück. Daraus folgt insbesondere:

  • die Geltung des Biotopschutzes auch im Innenbereich: Die Ausnahmevorschrift des § 8 a Abs. 2 BNatSchG ist auf den gesetzlichen Biotopschutz nicht anwendbar. Auf Vorhaben nach §§ 30, 33 oder 34 BauGB sind daher zwar kraft Gesetzes die Vorschriften der Eingriffsregelung nicht anzuwenden, sie unterliegen aber dennoch den Vorschriften des gesetzlichen Biotopschutzes;
  • die Geltung des Biotopschutzes als höherrangiges Recht: das gesetzliche Verbot des § 32 BbgNatSchG unterliegt nicht der Abwägung im Rahmen der Bauleitplanung oder anderer städtebaulicher Satzungen. Ein nach § 32 BbgNatSchG besonders geschützter Biotop kann daher nur überplant werden, wenn er infolge der Planung nicht erheblich oder nachhaltig beeinträchtigt wird oder die nach § 36 zuständige Naturschutzbehörde der Gemeinde das Vorliegen der Voraussetzungen einer Ausnahme oder Befreiung zusichert.

Auch bei Vorhaben von Behörden des Bundes und Vorhaben, denen eine Entscheidung von Bundesbehörden vorausgeht, gelten keine Sonderregelungen, denn die Vorschrift des § 9 BNatSchG betrifft ebenfalls allein die Eingriffsregelung und findet auf den gesetzlichen Biotopschutz keine Anwendung. Auch ein von einer Bundesbehörde durchgeführtes Vorhaben bedarf also einer Ausnahme nach § 36 oder Befreiung nach § 72 BbgNatSchG, wenn durch dieses Vorhaben der Tatbestand des § 32 verwirklicht würde.

Schließlich findet auch § 11 Abs. 1 BbgNatSchG auf den gesetzlichen Biotopschutz keine Anwendung. Maßnahmen der ordnungsgemäßen land- und forstwirtschaftlichen Bodennutzung sowie der ordnungsgemäßen fischereilichen Flächennutzung sind zwar wegen § 11 BbgNatSchG unabhängig von ihren Auswirkungen nicht als Eingriffe im Sinne des § 10 BbgNatSchG anzusehen, unterliegen aber den Vorschriften des gesetzlichen Biotopschutzes, so daß auch die “ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung” die Verbote des § 32 BbgNatSchG zu beachten hat (siehe auch gemeinsame Leitlinien des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung (MUNR) und des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (MELF) zur ordnungsgemäßen landwirtschaftlichen Bodennutzung). Andererseits werden Maßnahmen der ordnungsgemäßen landwirtschaftlichen, fischereiwirtschaftlichen und vor allem der ordnungsgemäßen forstwirtschaftlichen Bodennutzung je nach Biotoptyp oft nicht zur Zerstörung beziehungsweise erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung eines Biotops führen. Dies gilt insbesondere bei forstlichen Maßnahmen, die die “Empfehlungen für forstliche Maßnahmen in geschützten Biotopen” des Arbeitskreises Landespflege der obersten Forstverwaltungen der Bundesländer berücksichtigen. Dennoch sollten solche Maßnahmen - nicht zuletzt aus Gründen des Artenschutzes - in einer engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit der zuständigen Landnutzungsbehörden mit den Naturschutzbehörden abgestimmt werden (zur Zusammenarbeit zwischen Naturschutz- und Forstbehörden ist ein gemeinsamer Erlaß von MELF und MUNR in Vorbereitung).

5.2 Biotopschutz auf landwirtschaftlich genutzten Flächen

Wie jede andere Fläche kann auch eine landwirtschaftlich genutzte Fläche gesetzlich geschützter Biotop sein, wenn sie die Voraussetzungen des § 32 BbgNatSchG erfüllt. Dies ergibt sich aus § 32 Abs. 2 BbgNatSchG, der als mögliche den Biotop beeinträchtigende Maßnahmen ausdrücklich die Änderung oder Intensivierung der Nutzung nennt, also voraussetzt, daß ein Biotop (landwirtschaftlich) genutzt werden kann. Sofern eine gegenwärtig genutzte Fläche einen geschützten Biotop darstellt, wird die Fortführung der Nutzung in der bisherigen Art und im bisherigen Umfang in der Regel nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Biotopes führen. Anderes gilt für die Änderung oder Intensivierung der Nutzung und die Aufnahme einer Nutzung, selbst wenn die Fläche früher bereits landwirtschaftlich genutzt wurde und der Biotop seine Entstehung nur der Einstellung der Nutzung verdankt.

Eine Besonderheit gilt für Flächen, die nach Maßgabe der “Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 des Rates vom 30. Juni 1992 zur Einführung einer Stützregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen” (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 181 S. 12) stillgelegt worden sind. Ist auf einer solchen Fläche aufgrund der Stillegung ein Biotop im Sinne des § 32 BbgNatSchG entstanden, so ist dieser gegen Beeinträchtigungen, die von einer Wiederaufnahme der landwirtschaftlichen Nutzung nach Beendigung der Stilllegungsperiode oder von landwirtschaftlicher Nutzung auf anderen Flächen ausgehen können, nicht geschützt. Dies ergibt sich aus § 1 des Gesetzes zur Gleichstellung stillgelegter und landwirtschaftlich genutzter Flächen (BGBl. 1995 I S. 910). Für mögliche Beeinträchtigungen durch nichtlandwirtschaftliche Maßnahmen gelten hingegen die Verbote des § 32 BbgNatSchG uneingeschränkt (siehe auch 7.2).

5.3 Verhältnis zu den Schutzvorschriften für besonders geschützte Arten

Nach § 20 f Abs. 3 BNatSchG gelten die Verbote der Absätze 1 und 2 dieser Vorschrift nicht für den Fall, daß die Handlungen bei einer nach § 20 c zugelassenen Maßnahme vorgenommen werden, soweit hierbei Tiere oder Pflanzen der besonders geschützten Arten nicht absichtlich beeinträchtigt werden. Dies bedeutet, daß im Falle der Erteilung einer Ausnahme nach § 36 BbgNatSchG oder Befreiung nach § 72 BbgNatSchG oder einer diese Entscheidungen einbeziehenden Zulassung mit Konzentrationswirkung die Verbote nach § 20 f Abs. 1 und 2 BNatSchG nicht gelten. Vielmehr sind in diesen Fällen Gesichtspunkte des besonderen Artenschutzes ausschließlich im Rahmen der Prüfung der §§ 36 und 72 BbgNatSchG zu berücksichtigen. Dies gilt nach § 20 f Abs. 3 Satz 1, letzter Halbsatz BNatSchG aber wiederum nur dann, wenn der Handelnde die genannten Tiere oder Pflanzen nicht absichtlich beeinträchtigt.

5.4 Bedeutung des § 36 Abs. 4 BbgNatSchG

Nach § 36 Abs. 4 BbgNatSchG bleiben die Vorschriften des Pflanzenschutzrechts, des Tierschutzrechts, des Seuchenrechts sowie des Forst-, Jagd- und Fischereirechts von den Vorschriften des Fünften Abschnitts über gesetzlich geschützte Teile von Natur und Landschaft unberührt. Die Vorschrift hat die unmittelbar geltende Vorschrift des § 20 Abs. 2 BNatSchG, die sich auch auf § 20 c BNatSchG bezieht, in Landesrecht übernommen, um klarzustellen, daß diese Unberührtheitsklausel nicht nur für den Arten-, sondern auch für den gesetzlichen Biotopschutz gilt.

Durch die Vorschriften des § 36 Abs. 4 BbgNatSchG bzw. des § 20 Abs. 2 BNatSchG wird aber kein genereller Vorrang der dort genannten Rechtsbereiche gegenüber dem Biotopschutzrecht festgelegt. Vielmehr gelten die Vorschriften der verschiedenen Gesetze grundsätzlich nebeneinander, soweit sie nicht identische Inhalte regeln. Ob dies der Fall ist, somit eine Normkollision besteht und sich dann eine Vorschrift aus den genannten Rechtsbereichen gegenüber dem gesetzlichen Biotopschutz durchsetzt, ist jeweils nach allgemeinen Auslegungsregeln im konkreten Fall zu bestimmen. Diese Prüfung kann im Einzelfall rechtlich sehr schwierig sein. Um dennoch eine gleichmäßige Durchführung der Aufgaben des gesetzlichen Biotopschutzes zu sichern, ist es daher erforderlich, in Fällen, in denen § 36 Abs. 4 BbgNatSchG angewendet werden soll, zuvor das MUNR, Referat N 5 zu unterrichten, das sich erforderlichenfalls mit dem jeweils zuständigen Ressort der Landesregierung in Verbindung setzt.

5.5 Duldungspflicht nach § 68 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 BbgNatSchG

Nach § 68 Abs. 2 BbgNatSchG besteht eine Duldungspflicht der Eigentümer und Nutzungsberechtigten gemäß Absatz 1 der Vorschrift auch bei Maßnahmen, die die zuständige Naturschutzbehörde nach vorheriger Ankündigung zum Schutz, zur Pflege oder Entwicklung eines gesetzlich geschützten Biotops besonders angeordnet hat. Der Duldungsverpflichtete hat das Recht zu beantragen, selbst für die Maßnahme zu sorgen (§ 68 Abs. 1 Satz 3 BbgNatSchG). Dem hat die Behörde stattzugeben, sofern nicht begründete Zweifel bestehen, daß der Antragsteller die Maßnahme nicht sachgerecht oder schonend genug durchführt. Die Maßnahmen werden von der Naturschutzbehörde auf ihre Kosten durchgeführt oder veranlaßt.

5.6 Verhältnis zu den §§ 19 c und 19 e BNatSchG

§ 19 c BNatSchG regelt die Verträglichkeit und Unzulässigkeit von Projekten, die zu Beeinträchtigungen von Gebieten gemeinschaftlicher Bedeutung im Sinne der FFH-Richtlinie oder Europäischen Vogelschutzgebieten führen können, sowie diesbezügliche Ausnahmen. § 19 e BNatSchG trifft eine Regelung hinsichtlich stofflicher Belastungen dieser Gebiete durch nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) genehmigungsbedürftige Anlagen. Beide Vorschriften sind gemäß § 19 f Abs. 2 Satz 1 BNatSchG für gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 32 BbgNatSchG nur insoweit anzuwenden, als die Schutzvorschriften, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulassung von Projekten enthalten. Jedoch bleiben nach § 19 f Abs. 2 Satz 2 BNatSchG die Pflichten nach § 19 c Abs. 4 Satz 2 BNatSchG über die Beteiligung der Kommission und nach § 19 c Abs. 5 Satz 2 BNatSchG über die Unterrichtung der Kommission unberührt.

6. Ausnahmen vom gesetzlichen Biotopschutz

6.1 Zuständigkeit, Verfahren, Kostenentscheidung

Zuständig zur Entscheidung über Ausnahmen vom gesetzlichen Biotopschutz sind nach § 36 Abs. 2 Satz 1 BbgNatSchG in Landkreisen die unteren Naturschutzbehörden, in kreisfreien Städten das MUNR als oberste Naturschutzbehörde. Die Ausnahme kann nur auf Antrag erteilt werden. Der Antrag kann formlos schriftlich oder mündlich zur Niederschrift gestellt werden und muß nicht ausdrücklich als Antrag nach § 36 BbgNatSchG bezeichnet werden. Eine falsche Bezeichnung insoweit schadet nicht. Der Antrag ist so auszulegen, wie es dem erkennbaren Ziel und Zweck am besten dient, in Zweifelsfällen ist eine Klarstellung anzuregen. Wird für ein Vorhaben eine Genehmigung nach Baurecht oder anderen Rechtsvorschriften beantragt, so ist zu prüfen, ob der Antrag gleichzeitig als Antrag nach § 36 BbgNatSchG bewertet und von der zuständigen Naturschutzbehörde bearbeitet werden kann. Sofern dies nicht möglich ist, soll auf die Notwendigkeit der Antragstellung hingewiesen werden.

Die Entscheidung über die Ausnahme ergeht aufgrund der vom Antragsteller eingereichten Unterlagen, gegebenenfalls kann die Naturschutzbehörde weitere Unterlagen anfordern oder eigene Untersuchungen anstellen. Vor der Entscheidung ist nach § 63 Abs. 2 Nr. 2 BbgNatSchG den anerkannten Naturschutzverbänden Gelegenheit zur Äußerung und gegebenenfalls zur Einsicht in die einschlägigen Sachverständigengutachten zu geben sowie bei Entscheidungen der zuständigen UNB nach § 36 Abs. 2 Satz 2 und 3 die Beteiligung ihres Naturschutzbeirates erforderlich. Hat dieser einer beabsichtigten Ausnahmegenehmigung widersprochen, so kann die UNB eine Ausnahme nur mit Zustimmung des MUNR zulassen. Äußert sich das MUNR nicht innerhalb von drei Monaten, so gilt die Zustimmung als erteilt, die UNB kann dann die Ausnahme zulassen.

Die Erteilung bzw. Versagung der Ausnahme ist ein Verwaltungsakt. Gemäß § 14 des Gebührengesetzes für das Land Brandenburg (GebGBbg) ist eine Kostenentscheidung zu treffen, die mit der Sachentscheidung verbunden werden soll. Ob, in welchen Fällen und von wem Gebühren erhoben werden können, ergibt sich aus §§ 13, 11, 15 GebGBbg. Die Höhe der Gebühr richtet sich nach § 9 GebG und Tarifstelle 4.2.1. der Anlage 1 der Gebührenordnung des MUNR (GebO MUNR; GVBl. 1997 II S. 630, 648). Der Gebührenrahmen liegt danach zwischen 50 und 5.000 DM, innerhalb dieses Rahmens richtet sich die Gebühr nach dem mit der Amtshandlung verbundenen Verwaltungsaufwand, dem wirtschaftlichen Wert oder sonstigen Nutzen der Amtshandlung für den Gebührenschuldner sowie - auf dessen Antrag - nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers.

6.2 Antragsbefugnis

Antragsbefugt ist grundsätzlich derjenige, der die Maßnahme im Sinne des § 32 Abs. 1 und 2 BbgNatSchG durchführen will, also der Eigentümer oder Nutzungsberechtigte, im Falle einer städtebaulichen Planung der Träger der Bauleitplanung.

6.3 Verhältnis zu anderen Genehmigungstatbeständen

Nur in bestimmten Ausnahmefällen ersetzt eine spezialgesetzliche Genehmigung die Genehmigung nach § 36 BbgNatSchG. Die Zuständigkeit für den Biotopschutz geht dann von der Naturschutzbehörde auf die andere Genehmigungsbehörde über, die bei der Naturschutzbehörde eine fachliche Stellungnahme einholen muß. Diese Fälle der “Konzentrationswirkung” betreffen insbesondere Planfeststellungsverfahren, planfeststellungsersetzende Genehmigungsverfahren sowie Verfahren zur Genehmigung von Anlagen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz und dem Atomgesetz.

In der Regel ist jedoch eine eigenständige Entscheidung der Naturschutzbehörde erforderlich. Dies gilt auch, wenn andere Genehmigungen nach Naturschutzrecht erforderlich sind, etwa die Genehmigung oder Befreiung eines Vorhabens in einem Natur- oder Landschaftsschutzgebiet. Es sind dann zwei Verwaltungsentscheidungen zu treffen. Die Entscheidung über eine Befreiung von den Schutzgebiets- beziehungsweise -objektsvorschriften oder auch eine landschaftsschutzrechtliche Genehmigung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 und 3 BbgNatSchG ist dabei als speziellere Regelung vorrangig im Verhältnis zu der Entscheidung über die Ausnahme oder Befreiung vom gesetzlichen Biotopschutz des § 32 BbgNatSchG und daher zunächst zu prüfen. Dies gilt bei allen naturschutzrechtlichen Schutzgebieten, Naturdenkmalen und geschützten Landschaftsbestandteilen mit Ausnahme von Schutzausweisungen nach § 24 Abs. 1 Satz 2 BbgNatSchG. Erstreckt sich nämlich der Schutz eines Landschaftsbestandteils wie typischerweise bei Baumschutzverordnungen oder -satzungen auf den Bestand des ganzen Landes oder von Teilgebieten, nicht aber auf einen einzelnen Landschaftsbestandteil, ist insofern der gesetzliche Biotopschutz als speziellere Regelung vorrangig und damit zuerst zu prüfen.

Das Gesagte gilt auch, wenn beide Entscheidungen als ein Verwaltungsakt ergehen können, weil die gleiche Genehmigungsbehörde zuständig ist, also etwa der Landkreis bei gesetzlich geschützten Biotopen in Landschaftsschutzgebieten oder das MUNR bei einem solchen Biotop in einem Naturschutzgebiet, das in einer kreisfreien Stadt liegt. Sind unterschiedliche Naturschutzbehörden zuständig, kann und muß die nach §§ 36 bzw. 72 in Verbindung mit § 32 BbgNatSchG zuständige Behörde erst dann über den Antrag entscheiden, wenn die für die Entscheidung über die Befreiung von den Schutzgebiets- bzw. -objektsvorschriften oder die landschaftsschutzrechtliche Genehmigung zuständige Behörde über den Antrag entschieden hat.

Etwaige Nebenbestimmungen sind aufeinander abzustimmen und so zu bemessen, daß der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Dabei ist vorrangig vor der Anordnung von Ausgleichsmaßnahmen (beziehungsweise Ersatzmaßnahmen oder einer Abgabe - siehe hierzu 6.4 und 6.5) die Möglichkeit von Vermeidungsmaßnahmen zu prüfen, denn die Verpflichtung, Beeinträchtigungen so weit wie möglich zu vermeiden und zu mindern (§ 12 Abs. 1 BbgNatSchG), gilt auch hinsichtlich gesetzlich geschützter Biotope. Danach sind Beeinträchtigungen zu unterlassen, soweit das mit dem Vorhaben verfolgte Ziel auch ohne sie auf zumutbare, die Natur schonendere Weise, insbesondere an einem anderen Standort, erreicht werden kann, und unvermeidbare Beeinträchtigungen so zu gestalten, daß ihre negativen Folgen möglichst gering gehalten werden.

Ist in beiden genannten Verfahren eine Beteiligung der anerkannten Naturschutzverbände oder des Naturschutzbeirats bei der unteren Naturschutzbehörde erforderlich, kann deren Beteiligung für beide Verfahren gemeinsam durchgeführt werden.

6.4 § 36 Abs. 1 a BbgNatSchG - Geringfügigkeit

Ausnahmen vom gesetzlichen Biotopschutz können nach § 36 Abs. 1 a BbgNatSchG zugelassen werden, wenn die Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes oder des Landschaftsbildes geringfügig sind. Dies ist nur der Fall, wenn eine erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigung des Biotopes den Naturhaushalt und das Landschaftsbild insgesamt nur geringfügig beeinträchtigt. Entsprechend der rahmenrechtlichen Vorgabe des § 20 c Abs. 2, 1. Var. BNatSchG setzt dies voraus, daß die Beeinträchtigung des Biotops ausgeglichen werden kann. Eine Ausnahmegenehmigung nach § 36 Abs. 1 a BbgNatSchG muß daher stets mit Nebenbestimmungen versehen sein, die einen (vollständigen) Ausgleich der Beeinträchtigung des Biotopes sichern.

Ausgeglichen ist die Beeinträchtigung des Biotops, wenn nach Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen und des Vorhabens keine erhebliche Beeinträchtigung des Biotops zurückbleibt. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß die Zerstörung oder erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigung eines gesetzlich geschützten Biotopes nur in Ausnahmefällen überhaupt ausgeglichen werden kann.

Die Voraussetzungen für eine Ausnahmegenehmigung nach § 36 Abs. 1 a BbgNatSchG können nur durch die Auferlegung von Ausgleichsmaßnahmen, das heißt, Maßnahmen, die die Folgen der Beeinträchtigung des Biotops beseitigen, geschaffen werden. Durch Ersatzmaßnahmen oder durch Zahlung einer Ausgleichsabgabe kann eine Zulassung einer Ausnahme nach Buchstabe a nicht ermöglicht werden.

6.5 § 36 Abs. 1 b BbgNatSchG - Notwendigkeit wegen überwiegender Gemeinwohlgründe

Zu Gründen des Gemeinwohls gehören alle Maßnahmen, an denen ein öffentliches Interesse besteht, auch wenn sie von Privaten durchgeführt werden sollen. Neben gesetzlichen Unterhaltungspflichten (etwa nach § 29 Wasserhaushaltsgesetz (WHG), § 48 Wasserstraßengesetz (WaStrG), § 48 Fernstraßengesetz (FStrG)) kann hierzu die Schaffung sozialer Einrichtungen (zur Krankenversorgung, Kinderbetreuung, Altenpflege), kultureller Einrichtungen (Schulen, Theater, Museen, sonstige Bildungsstätten), von Einrichtungen der Freizeitgestaltung (Spielplätze), Einrichtungen zur Sicherheit der Bevölkerung (Feuer- und Polizeiwachen), Katastrophen- und Umweltschutzeinrichtungen (Immissionsschutz-, Kläranlagen) und von Anlagen des öffentlichen Verkehrs oder der Ver- und Entsorgung (Einrichtungen zur verbrauchernahen Versorgung, öffentlicher Personenverkehr, Post- und Fernmeldewesen, Energie- und Wasserversorgung, Abfall- und Abwasserversorgung) zählen. Weiterhin gehören dazu Bedürfnisse des Arbeitsmarktes (längerfristige Schaffung von Arbeitsplätzen, Schaffung von Wohnraum, sofern über das Interesse des einzelnen Bauherrn hinaus ein Bedürfnis der Allgemeinheit an dem Vorhaben besteht), die Sicherung des Nahrungsmittel- und Rohstoffbedarfs, Einrichtungen der Kunst, der Religionsausübung sowie für Forschung und Lehre. Sporteinrichtungen zählen hierzu, soweit die konkrete Maßnahme einem unbegrenzten Teilnehmerkreis zur sportlichen Betätigung dient, also dem Breitensport dient. Nicht dem Gemeinwohl dienen dagegen Sportanlagen, welche nur von einer kleinen Zahl Sporttreibender genutzt werden können. Auch Fremdenverkehrs- und Erholungseinrichtungen sowie Belange der Wirtschaft, so das Gewinnen von Bodenschätzen, können Gründe des Allgemeinwohls darstellen. Es bedarf aber in jedem Falle einer Konkretisierung im Einzelfall. Reine Privatinteressen einzelner sind keine Gemeinwohlgründe.

Die Gründe des Gemeinwohls sind überwiegend, wenn sie im konkreten Fall bedeutender sind als die Gründe des Naturschutzes, der ebenfalls ein Gemeinwohlinteresse darstellt. Maßgeblich ist insbesondere, welche Bedeutung dem Biotop für Naturhaushalt und Landschaftsbild zukommt, wie hoch das allgemeine Interesse an der Verwirklichung der Maßnahme ist und ob das konkrete Gemeinwohlinteresse auch ohne Beeinträchtigung des Biotopes befriedigt werden könnte. Je größer die Schutzwürdigkeit des Biotopes, desto gewichtigere Gründe des Allgemeinwohls sind für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung erforderlich.

Die Maßnahme muß schließlich wegen der überwiegenden Gemeinwohlgründe notwendig sein. Das ist sie, wenn die Verwirklichung des Vorhabens an sich erforderlich und an anderer Stelle nicht möglich oder unzumutbar ist. Unzumutbar ist die Alternativlösung nicht, wenn sie mit größerem Aufwand verbunden ist, sondern nur, wenn ihre Verwirklichung vernünftigerweise nicht in Betracht kommen kann.

Während Nebenbestimmungen bei einer Ausnahme nach § 36 Abs. 1 a BbgNatSchG nicht Ersatzmaßnahmen oder die Zahlung einer Ausgleichsabgabe sein können, ist dies bei einer Ausnahme wegen überwiegender Gemeinwohlgründe nach § 36 Abs. 1 b BbgNatSchG nicht nur möglich, sondern sogar notwendig, wenn die Beeinträchtigung nicht oder nicht vollständig ausgeglichen werden kann. Der Verursacher muß dann die zerstörten Funktionen durch Ersatzmaßnahmen an anderer Stelle und gegebenenfalls von anderer Art kompensieren. Ist auch das nicht oder nicht vollständig möglich, so kann die Genehmigung mit einer nach Dauer und Schwere der Beeinträchtigung berechneten Ausgleichsabgabe verbunden werden. Wie bei der allgemeinen Eingriffsregelung der §§ 12 bis 15 BbgNatSchG ist damit eine vollständige Kompensation der Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes oder des Landschaftsbildes zwingend erforderlich, so daß die Nebenbestimmungen zu § 36 Abs. 1 b BbgNatSchG so zu bemessen sind, daß die Beeinträchtigungen des Biotopes durch die Nebenbestimmungen aufgewogen werden. Dies ergibt eine Auslegung nach Sinn und Zweck der Vorschrift des § 36 Abs. 1 b, 2. Halbsatz BbgNatSchG. Diese hat gerade nicht zum Ziel, denjenigen, der Maßnahmen durchführt, die einen besonders schutzwürdigen und daher gesetzlich geschützten Biotop beeinträchtigen, hinsichtlich seiner Kompensationsverpflichtungen gegenüber Verursachern von Eingriffen in Natur und Landschaft zu begünstigen. Folglich kann eine Ausnahmegenehmigung mit verschiedenen Nebenbestimmungen versehen werden, die sich auch aus § 36 Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg (VwVfGBbg) ergeben können. Werden mehrere Nebenbestimmungen festgesetzt, ist auf die Verhältnismäßigkeit besonders zu achten.

6.6 Ermessensausübung

Sind die Voraussetzungen des § 36 BbgNatSchG gegeben, so “kann” die zuständige Behörde die Genehmigung erteilen; hierüber entscheidet sie nach pflichtgemäßem Ermessen. Sie ist dabei insbesondere verpflichtet, den Gleichheitsgrundsatz zu beachten, soweit es sich bei bisher getroffenen Entscheidungen in gleichgelagerten Fällen um rechtmäßige Entscheidungen gehandelt hat. Aus Gründen der Gleichbehandlung ist jedoch nicht die Beibehaltung einer rechtswidrigen Entscheidungspraxis erforderlich. Zur Genehmigung ist die Naturschutzbehörde nur dann verpflichtet, wenn jede andere Entscheidung ermessensfehlerhaft wäre, weil überragende Gründe für den gewählten Standort sprechen, Alternativen nicht ersichtlich sind und Biotopschutzgründe nicht entgegenstehen. Sofern überwiegende Gemeinwohlinteressen im Sinne des § 36 Abs. 1 b BbgNatSchG für die Genehmigung sprechen, besteht allerdings nur ein geringer Entscheidungsspielraum, da die gegen die Ausnahme sprechenden Gründe bereits bei der Abwägung der Interessen berücksichtigt worden sind.

7. Befreiungen nach § 72 BbgNatSchG

7.1 Zuständigkeit, Verfahren, Kostenentscheidung, Antragsbefugnis und Verhältnis zu anderen Genehmigungstatbeständen

Die Entscheidung über Befreiungen von den Verboten des § 32 BbgNatSchG ist nach § 72 Abs. 2 Satz 2 BbgNatSchG von der für die nach § 36 Abs. 2 Satz 1 BbgNatSchG zuständigen Naturschutzbehörde - also in den Landkreisen die UNB, in den kreisfreien Städten das MUNR als oberste Naturschutzbehör-de - zu treffen, wenn eine Ausnahme nach § 36 BbgNatSchG nicht erteilt werden kann.

Für Form und Inhalt des Antrages sowie die Antragsbefugnis und das Verhältnis zu anderen Genehmigungstatbeständen gilt das unter 6.1 bis 6.3 Gesagte entsprechend. Ein nach § 36 BbgNatSchG abzulehnender Antrag ist stets gleichzeitig als Antrag auf Befreiung nach § 72 BbgNatSchG auszulegen. Daher gelten hinsichtlich der Beteiligung des LUA (und gegebenenfalls des MUNR) die Ausführungen zu 6.1. Entsprechend gilt auch das dort über die in Befreiungsverfahren gemäß § 63 Abs. 2 Nr. 1 bzw. § 72 Abs. 2 Satz 8 und 9 BbgNatSchG erforderliche Beteiligung der anerkannten Naturschutzverbände beziehungsweise des Naturschutzbeirats Gesagte.

Die Entscheidung über die Befreiung ergeht als Verwaltungsakt. Mit der Sachentscheidung soll die Kostenentscheidung verbunden werden. Die Höhe der Gebühr richtet sich nach § 9 GebG und Tarifstelle 4.1. der Anlage 1 der GebO MUNR; der Gebührenrahmen liegt danach zwischen 50 und 10.000 DM. Im übrigen gelten diesbezüglich die Ausführungen unter 6.1.

7.2 Nicht beabsichtigte Härte - § 72 Abs. 1 Nr. 1 a BbgNatSchG

§ 72 Abs. 1 Nr. 1 a BbgNatSchG ermöglicht eine Befreiung von naturschutzfachlichen Verboten, wenn der Gesetzesvollzug zu einer “nicht beabsichtigten Härte” führen würde. Eine unbeabsichtigte Härte kann nur dann vorliegen, wenn der Gesetzgeber die Folgen des Gesetzes in einem konkreten Fall nicht erkennen konnte und nicht gewollt hat. Die mit einem gesetzlichen Verbot verbundenen nachteiligen Folgen für die Adressaten sind in aller Regel gewollt. Nur bei atypischen Fallgestaltungen, das heißt, wenn Besonderheiten vorliegen, die den betreffenden Fall deutlich vom Regelfall unterscheiden, deshalb als anormalen Einzelfall erscheinen lassen und den Antragsteller wesentlich stärker als andere belasten, kann angenommen werden, daß die unmittelbaren Folgen eines Verbotes eine vom Gesetzgeber unbeabsichtigte Härte darstellen. Fehlt es an der Besonderheit des Falles, so ist, selbst wenn wegen unzumutbarer Belastungen ein Härtefall vorliegen sollte, dieser zumindest nicht unbeabsichtigt und rechtfertigt keine Befreiung.

Die durch § 32 BbgNatSchG vorliegend entstehenden Folgen sind vom Gesetzgeber gewollt. Ziel des Gesetzgebers bei Erlaß des gesetzlichen Biotopschutzes nach § 32 BbgNatSchG war es, alle Grundstücke, die die Voraussetzungen des § 32 BbgNatSchG erfüllen, unmittelbar unter Schutz zu stellen. Davon sind alle Eigentümer von Grundstücken mit gesetzlich geschützten Biotopen betroffen.

Eine unbeabsichtigte Härte ergibt sich nicht schon daraus, daß ein Grundstück wegen der besonderen Verhältnisse in der DDR nicht wirtschaftlich genutzt werden konnte. Der Landesgesetzgeber hat bei Erlaß des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes ebenso wie der Bundesgesetzgeber 1990 die besondere Problematik der Eigentumsverhältnisse an Grundstücken im Gebiet der ehemaligen DDR gekannt, sich aber wie dieser für einen konsequenten gesetzlichen Biotopschutz entschieden. Eventuell bestehende Härten sind insofern keinesfalls unbeabsichtigt.

Die Annahme einer unbeabsichtigten Härte kann auch grundsätzlich nicht auf betriebswirtschaftliche Erwägungen gestützt werden. Daß der gesetzliche Biotopschutz für den einzelnen mit wirtschaftlichen Belastungen verbunden sein kann, hat der Gesetzgeber gesehen und nach Maßgabe von § 71 BbgNatSchG Entschädigung für Nutzungsbeschränkungen vorgesehen. Daher müssen familiäre, wirtschaftliche oder finanzielle Besonderheiten wie zum Beispiel etwa Vorinvestitionen bei der Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung unberücksichtigt bleiben. Überhaupt können persönliche Gründe nur bei mittelbar eigentumsbezogenen Vorhaben wie etwa einem Befahren des Biotops, nicht aber bei bodenbezogenen Vorhaben wie Baumaßnahmen eine nicht beabsichtigte Härte begründen, denn das Naturschutzrecht beschränkt die Nutzung von Grund und Boden unabhängig vom jeweiligen Eigentümer oder Nutzungsberechtigten.

In Betracht kommt eine nicht beabsichtigte Härte aber in Fällen, in denen während der Laufzeit eines Vertrages über freiwillige Nutzungsbeschränkungen gemäß § 2 BbgNatSchG oder einer Förderung nach den Richtlinien des Kulturlandschaftsprogramms ein gesetzlich geschützter Biotop entstanden ist und die Fläche danach wieder in Nutzung genommen werden soll. Da solche Verträge bzw. Fördermaßnahmen in der Regel wünschenswert sind, weil Naturschutz auf Zeit durch Nutzungsbeschränkung besser ist als die Nutzung, sollte die Wiedernutzbarkeit der Fläche, die sonst durch den gesetzlichen Biotopschutz blockiert wäre, in diesen Fällen durch Erteilung einer Befreiung ermöglicht werden.

Schließlich erfordert eine Befreiung wegen einer nicht beabsichtigten Härte, daß die Abweichung mit den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege vereinbar ist. Da grundsätzlich jede Befreiung von naturschutzrechtlichen Verboten den Zielen von Naturschutz und Landschaftspflege widerspricht, ist die Vereinbarkeit nur zu bejahen, wenn die im Einzelfall für eine Befreiung sprechenden Gesichtspunkte gegenüber den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege überwiegen.

7.3 Nicht gewollte Beeinträchtigung von Natur und Landschaft - § 72 Abs. 1 Nr. 1 b BbgNatSchG

Der Tatbestand der “nicht gewollten Beeinträchtigung von Natur und Landschaft” soll solche Fälle erfassen, in denen sich das Verbot nicht positiv, sondern eher negativ auf den Biotopcharakter auswirkt. In diesen seltenen Fällen soll durch die Befreiung sichergestellt werden, daß trotz des Verbotes Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen zum Erhalt des Biotops durchgeführt werden können.

7.4 Überwiegen der Gemeinwohlgründe - § 72 Abs. 1 Nr. 2 BbgNatSchG

Trotz des nicht vollständig mit § 36 Abs. 1 b übereinstimmenden Wortlauts enthält § 72 Abs. 1 Nr. 2 BbgNatSchG die gleichen Tatbestandsvoraussetzungen, so daß eine diesbezügliche Prüfung nicht erneut vorgenommen werden muß. Siehe im übrigen unter 6.5.

7.5 Ermessensausübung

Hinsichtlich der Nebenbestimmungen und der Ermessensausübung im Rahmen einer Entscheidung nach § 72 BbgNatSchG gilt das unter 6.6 zu § 36 BbgNatSchG Gesagte entsprechend.

8. Verfahren bei unerlaubter Beeinträchtigung eines gesetzlich geschützten Biotops

Wird ein Biotop ohne die erforderliche Ausnahme nach § 36 BbgNatSchG oder Befreiung nach § 72 BbgNatSchG erheblich oder nachhaltig beeinträchtigt, kann die UNB auf Grundlage des § 54 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 2 BbgNatSchG die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen treffen, um die Einhaltung der §§ 32, 36 und 72 BbgNatSchG sicherzustellen. Dies gilt auch für die nicht für Ausnahmen nach § 36 BbgNatSchG zuständigen UNB der kreisfreien Städte.

Als Rechtsgrundlage für ein Einschreiten der für die Ausnahme oder Befreiung zuständigen Naturschutzbehörde kommt auch § 17 Abs. 6 in Verbindung mit § 36 Abs. 3 bzw. § 72 Abs. 3 BbgNatSchG in Betracht. Danach soll die zuständige Behörde die Einstellung des Vorhabens und Wiederherstellung des früheren Zustandes anordnen. Von der Einstellungs- und Wiederherstellungsanordnung sollte aber dann abgesehen werden, wenn die Maßnahme in der konkreten Form bei Antragstellung nach § 36 bzw. § 72 BbgNatSchG zugelassen worden wäre oder wenn die Einstellung und Wiederherstellung im konkreten Fall unzumutbar wäre. In beiden Fällen sowie im Fall der Unmöglichkeit der Wiederherstellung sind Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen oder die Zahlung einer Ausgleichsabgabe nach den unter 6.4 und 6.5 genannten Gesichtspunkten festzusetzen.

Die Möglichkeit der Anordnung der Wiederherstellung bzw. der Festsetzung von Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen oder einer Ausgleichsabgabe hat die zuständige Naturschutzbehörde auch dann, wenn sie eine Ausnahme oder Befreiung erteilt hat und der Verursacher die darin festgelegten Nebenbestimmungen trotz Aufforderung und angemessener Fristsetzung nicht erfüllt. In diesem Falle muß sie zunächst nach § 36 Abs. 3 bzw. § 72 Abs. 3 in Verbindung mit § 17 Abs. 5 BbgNatSchG bzw. § 54 Abs. 1 Satz 2 BbgNatSchG die Einstellung des Vorhabens anordnen und die Ausnahme beziehungsweise Befreiung widerrufen.

Mit den genannten Sachentscheidungen sollen die entsprechenden Kostenentscheidungen verbunden werden. Die Höhe der Gebühr richtet sich nach § 9 GebG und der Anlage 1 der GebO MUNR, Tarifstelle

  • 4.4.2. bei Entscheidungen über die Einstellung eines Vorhabens oder den Widerruf der Zulassung gemäß § 17 Abs. 5 BbgNatSchG; danach liegt der Gebührenrahmen zwischen 50 und 10.000 DM;
  • 4.4.3. bei Entscheidungen über die Einstellung des Vorhabens und die Wiederherstellung des vorherigen Zustandes oder dessen Ersatz gemäß § 17 Abs. 6 BbgNatSchG; danach liegt der Gebührenrahmen zwischen 50 und  5.000 DM;
  • 4.6. bei Entscheidungen über Maßnahmen gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 BbgNatSchG; danach liegt der Gebührenrahmen zwischen 25 und 3.000 DM.

Im übrigen gelten diesbezüglich die Ausführungen unter 6.1.

Der vorsätzliche oder fahrlässige Verstoß gegen die Verbote des § 32 BbgNatSchG ist gemäß § 73 Abs. 1 Nr. 9 BbgNatSchG eine Ordnungswidrigkeit. Fahrlässig handelt, wer mit der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können und müssen, daß das beeinträchtigte Gebiet ein Biotop im Sinne des § 32 BbgNatSchG war, daß es als solches unter gesetzlichem Schutz stand und daß die von ihm vorgenommene Maßnahme eine erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigung oder Zerstörung des Biotops hervorrufen konnte. Dem Nachweis des Wissens um die Biotopeigenschaft und den gesetzlichen Schutz kann die Eintragung in das Biotopverzeichnis und die Benachrichtigung nach § 32 Abs. 3 BbgNatSchG dienen. Daher soll in der Benachrichtigung unbedingt auf den gesetzlichen Schutz und seine Folgen hingewiesen werden. Allerdings kann auch ohne Eintragung und Benachrichtigung ein fahrlässiger Verstoß vorliegen, wenn der Verursacher auf andere Weise von der Biotopeigenschaft der Fläche Kenntnis erhalten hatte oder hätte erhalten müssen.

III. Definitionen der Biotoptypen des § 32 BbgNatSchG

Inhalt:

Vorbemerkungen

1. Naturnahe, unverbaute Bach- und Flußabschnitte, Feuchtwiesen, Kleingewässer, seggen- und binsenreiche Naßwiesen, Quellbereiche, Schwimmblattgesellschaften und Röhrichte der Verlandungszonen und Gewässerufer
1.1 Naturnahe, unverbaute Bach- und Flußabschnitte
1.2 Feuchtwiesen
1.3 Kleingewässer
1.4 Seggen- und binsenreiche Naßwiesen
1.5 Quellbereiche
1.6 Schwimmblattgesellschaften und Röhrichte der Verlandungszonen und Gewässerufer

2. Moore und Sümpfe
2.1 Moore
2.2 Sümpfe

3. Salzstellen, Borstgras- und Trockenrasen, Binnen-dünen, Zwergstrauch- und Wacholderheiden
3.1 Salzstellen
3.2 Borstgrasrasen
3.3 Trockenrasen
3.4 Binnendünen
3.5 Zwergstrauch- und Wacholderheiden

4. Gebüsche und Baumbestände trockenwarmer Stand-orte, Magerrasen, Lesesteinhaufen und Streuobstbestände
4.1 Gebüsche und Baumbestände trockenwarmer Standorte
4.2 Magerrasen
4.3 Lesesteinhaufen
4.4 Streuobstbestände

5. Bruch-, Moor-, Au- und Hangwälder sowie andere Restbestockungen natürlicher Waldgesellschaften
5.1 Moor- und Bruchwälder
5.2 Auwälder
5.3 Hangwälder
5.4 Andere Restbestockungen von natürlichen Waldgesellschaften

Vorbemerkungen

Im Interesse eines effektiven Vollzuges des § 32 BbgNatSchG ist es erforderlich, die danach gesetzlich geschützten Biotope möglichst eindeutig und nachvollziehbar zu definieren. Dazu ist zunächst die Erläuterung einiger wichtiger Begriffe und Zusammenhänge erforderlich.

Ein Biotop ist der räumlich abgrenzbare Lebensraum einer Lebensgemeinschaft freilebender Tier- und Pflanzenarten (Biozönose), deren Zusammensetzung durch eine Vielzahl standörtlicher Faktoren wie Nährstoff- und Mineralgehalt sowie Säure- bzw. Basenversorgung des Bodens, Wasserangebot, Exposition und anderen bestimmt wird. Aufgrund der Standortansprüche und Konkurrenzfähigkeit der einzelnen Arten entwickeln sich unter bestimmten Standortbedingungen jeweils die für die entsprechenden Standortverhältnisse typischen Lebensgemeinschaften, die aus methodischen Gründen am leichtesten anhand typischer Pflanzengesellschaften charakterisiert werden können. Auch die Art und Intensität der historischen und gegenwärtigen Nutzung ist dabei von Bedeutung. So werden zum Beispiel intakte Niedermoore natürlicherweise von Erlenbruchwäldern eingenommen. Unter dem Einfluß menschlicher Nutzung kommen hier dagegen Feucht- oder Naßwiesen beziehungsweise Weiden vor. Bei einer Nutzungsauflassung der Wiesen können über eine Entwicklungsreihe verschiedener Pflanzengemeinschaften (Sukzession) Erlenbruchwälder wieder neu entstehen.

Als weitgehend natürlich oder naturnah sind einige Moortypen, naturnahe Bach- und Flußabschnitte, Verlandungsbereiche sowie Schwimmblatt- und Röhrichtbereiche der Gewässer, zahlreiche Kleingewässer und einige Wälder und Gebüsche anzusehen. Zahlreiche der in Brandenburg geschützten Biotope sind jedoch durch menschliche Aktivitäten entstanden und werden durch die jeweilige Art der Landnutzung geprägt. Diese Biotope erlangen ihren Wert vor allem durch bestimmte extensive Nutzungen (zum Beispiel Trockenrasen, Feucht- und Naßwiesen, Streuobstbestände, Heiden), andere sind “Nebenprodukte” der extensiven bis intensiven Nutzung (zum Beispiel Lesesteinhaufen, künstliche Kleingewässer wie beispielsweise wassergefüllte Mergelgruben, Ton- oder Torfstiche oder ähn-liches).

Die eindeutige Zuordnung der in unserer Landschaft vorkommenden Biotope zu einem bestimmten im § 32 BbgNatSchG genannten Biotoptyp ist nicht in jedem Fall möglich. Einerseits finden sich in der Natur zahlreiche Übergänge und Lebensraumkomplexe, andererseits können kurz- oder längerfristige Nutzungsänderungen die charakteristische Artenzusammensetzung mehr oder weniger stark beeinflussen.

Dennoch wird im folgenden für alle im § 32 BbgNatSchG genannten Biotope eine verbindliche Definition vorgegeben, die eine möglichst eindeutige Zuordnung ermöglichen soll. In jedem Fall sind die erläuternden Beschreibungen, die Angaben zu charakteristischen Arten sowie spezifischen Besonderheiten zu beachten.

In bestimmten Biotoptypen bildet sich das charakteristische Artenspektrum in der Regel erst ab einer bestimmten Flächengröße aus beziehungsweise ist erst dann erkennbar. Deshalb wurden für einige Biotoptypen im Rahmen dieser Definitionen Mindestflächengrößen angegeben. Komplexe aus verschiedenen besonders geschützten Biotoptypen sind in ihrer Gesamtheit geschützt, wenn zumindest ein Biotoptyp die Mindestgröße oder Ausprägung aufweist.

Zur Erleichterung der Zuordnung zu einem vom § 32 BbgNatSchG erfaßten Biotoptyp werden Angaben zu den für die jeweiligen Biotope typischen Pflanzengesellschaften, Pflanzen- und Tierarten gemacht. Dabei ist unbedingt zu beachten, daß es sich nicht um vollständige Listen handelt. Sie stellen lediglich eine Auswahl dar. Darüber hinaus können in vielen Biotopen weitere typische Gesellschaften oder Arten vorkommen. Bei den aufgeführten Pflanzenarten handelt es sich sowohl um charakteristische, besonders typische Arten als auch um wichtige Begleitarten, die jedoch auch in anderen Biotopen vorkommen können. Für die Zuordnung zu einem bestimmten Biotoptyp ist es nicht erforderlich, daß alle der genannten Arten auf der betreffenden Fläche festgestellt werden. Die Nomenklatur der Pflanzenarten richtet sich nach Rothmaler, W. et. al., Exkursionsflora, Kritischer Band.

Insbesondere die Listen der angegebenen Tierarten erheben keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Es handelt sich um eine knappe Auswahl besonders typischer Arten, die entweder nur in diesem Lebensraum vorkommen oder für die der entsprechende Biotop einen wichtigen Teillebensraum (Habitat) darstellt. Die Angabe kennzeichnender Tierarten für einzelne Biotoptypen bereitet unter anderem wegen deren Mobilität ungleich größere Schwierigkeiten als die Benennung entsprechender Pflanzenarten. Zum einen sind Lebensraumangaben in der faunistischen Literatur wesentlich weniger auf die den Biotoptyp maßgeblich bestimmenden Vegetationstypen bezogen, andererseits nutzt eine Vielzahl der Arten biotoptypenübergreifende Vegetations- und Nutzungsmosaike. Die nachstehenden Aufzählungen von Tierarten sind aus diesem Grunde zur Charakterisierung eines bestimmten Biotops oder zur Abgrenzung von anderen Biotopen nur bedingt geeignet. Sie können jedoch die Einordnung einer Fläche in Ergänzung zur floristisch-vegetationskundlichen und standörtlichen Charakteristik unterstützen und zeigen, für welche gefährdeten Arten die entsprechenden Lebensräume eine besondere Bedeutung aufweisen.

Die Angaben zu den Biotoptypen-Kodierungen verweisen auf die entsprechenden Schlüssel der Anleitung zur Biotopkartierung (2. Auflage, Landesumweltamt 1995). Dort finden sich auch weitergehende Erläuterungen, die der Untersetzung der in der vorliegenden Verwaltungsvorschrift angeführten Definitionen dienen können. Es muß jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen werden, daß die Kartieranleitung nicht speziell auf die Kartierung geschützter Biotope zugeschnitten ist. Die Angaben in der Kartieranleitung zum gesetzlichen Schutz bestimmter Biotope nach § 32 BbgNatSchG können in einzelnen Fällen von den hier dargestellten Definitionen abweichen. Nach Inkrafttreten dieser Vorschrift werden die entsprechenden Abweichungen in einer Neuauflage der Kartieranleitung berücksichtigt. (Zur Untersetzung der jeweiligen Waldbiotoptypen - vgl. 4.1.6, 5.1.6, 5.2.6 und 5.4.6 - siehe auch “Mitteleuropäische Wald- und Forstökosystemtypen in Wort und Bild”, G. Hofmann in “Der Wald”-Sonderheft 1997.)

1. Naturnahe, unverbaute Bach- und Flußabschnitte, Feuchtwiesen, Kleingewässer, seggen- und binsenreiche Naßwiesen, Quellbereiche, Schwimmblattgesellschaften und Röhrichte der Verlandungszonen und Gewässerufer

1.1 Naturnahe, unverbaute Bach- und Flußabschnitte

Zu diesem Biotoptyp gehören alle naturnahen Fließgewässer, deren Ufer nicht verbaut und nur wenig begradigt sind, die einen weitgehend ungestörten Kontakt zum Untergrund haben und eine charakteristische Vegetation aufweisen.

Damit sind geschützt:

  • naturnahe Fließgewässer (auch ohne Gehölzsaum)
  • weitgehend naturnahe Fließgewässer in ihrer Gesamtheit, wenn nur kleinere Abschnitte (< 20 Meter) verbaut, begradigt, verrohrt oder in ähnlicher Art beeinträchtigt sind
  • naturnahe Abschnitte (> 20 Meter) eines sonst vollständig oder teilweise begradigten oder verbauten Gewässers
  • künstlich entstandene, bachähnliche Fließgewässer (zum Beispiel Gräben mit einer deutlich erkennbaren Fließrichtung und einem typischen Fließgewässerverlauf), wenn sie den genannten Kriterien entsprechen und wesentliche Elemente der Flora und Fauna von Fließgewässern aufweisen
  • die in direktem Bezug zum Fließgewässer stehende, unmittelbare Umgebung wie Verlandungsbereiche, Prall- und Gleithänge, Kies-, Sand- und Schlammbänke, Flutrinnen oder regelmäßig überflutete Bereiche
  • unverbaute Altarme von Fließgewässern (auch völlig vom jetzigen Gewässerverlauf abgeschlossene)

Damit sind nicht geschützt:

  • größere verbaute, begradigte oder verrohrte Abschnitte
    (> 20 Meter) eines sonst naturnahen Fließgewässers
  • unverbaute begradigte Abschnitte von Fließgewässern ohne typische Vegetation und/oder Begleitvegetation

1.1.1 Erläuterungen:

Geschützt sind auch die in einem deutlichen Bezug zum Fließgewässer stehenden, unmittelbar angrenzenden Bereiche sowie die typische gewässerbegleitende Vegetation. Ein fehlender Gehölzsaum ist kein Kriterium gegen den Schutz nach § 32 BbgNatSchG. Ebenso ist die Wasserqualität für den gesetzlichen Schutz ohne Belang. Soweit sich an begradigten Fließgewässern eine naturnahe Ufervegetation eingestellt hat, müssen auch diese als geschützte Biotope gewertet werden.

In Zweifelsfällen kann die Wasserfauna als Kriterium für die Naturnähe herangezogen werden. Die sogenannten Flußseen von Havel, Spree und Dahme (zum Beispiel Langer See), die keine fließgewässertypischen Lebensräume aufweisen, sind als Standgewässer einzustufen und unterliegen nicht dem generellen Schutz des § 32 Abs. 1 Nr. 1 BbgNatSchG. Allerdings sind deren Verlandungsbereiche (Schwimmblattzonen, Röhrichte, Ufer, Gehölzgürtel) nach § 32 BbgNatSchG geschützt.

1.1.2 Seltenheit/Gefährdung:

Fließgewässer unterschiedlicher Breite und Ausprägung gehören zu den typischen und häufigen Landschaftselementen Brandenburgs. Die meisten Bäche und Flüsse wurden jedoch in Teilabschnitten oder oft im gesamten Verlauf mehr oder weniger stark beeinträchtigt (Uferverbau, Einengung des Gewässers, Begradigung, Vertiefung, Entfernung der natürlichen Begleitvegetation etc.). Daher sind sie nur noch selten naturnah ausgebildet und landesweit stark bis extrem gefährdet.

1.1.3 Pflanzengesellschaften:

  • Gesellschaften der Verbände Phragmition, Glycerio-Sparganion und Nymphaeion albae
  • Schwimmdecken-Gesellschaften der Klasse Lemnetea
  • Gesellschaften mit Unterwasser-Makrophyten (V Potamion)

Typische Begleitvegetation:

  • Erlen-Bruchwälder (V Alnion glutinosae)
  • Weichholz-Auwälder (V Salicion albae)
  • Hartholz-Auwälder (V Alno-Ulmion)
  • verschiedene Gesellschaften der Feuchtwiesen (O Molinietalia), der Großseggenrieder (V Magnocaricion) und der Mitteleuropäischen Wirtschaftswiesen (O Molinio-Arrhenatheretalia)
  • feuchte Hochstaudenfluren des Verbandes Filipendulion ulmariae
  • Feuchtweiden und Flutrasen der Verbände Cynosurion cristati und Agropyro-Rumicion
  • Ufergesellschaften der Klasse Bidentetea tripartitae
  • nitrophile Staudengesellschaften nasser Standorte der Klasse Artemisietea (V Convolvulion, V Aegopodion podagrariae)

1.1.4 Kennzeichnende Pflanzenarten:

in Bächen:

Nasturtium microphyllum (Einreihige Brunnenkresse), Callitriche spp. (Wasserstern), Sparganium emersum (Einfacher Igelkolben), S. erectum (Ästiger Igelkolben), Berula erecta (Berle), Glyceria plicata (Falt-Schwaden), Veronica beccabunga (Bachbunge), Phalaris arundinacea (Rohr-Glanzgras), Sagittaria sagittifolia (Pfeilkraut), Ranunculus fluitans (Flutender Wasserhahnenfuß), Elodea canadensis (Kanadische Wasserpest)

in nährstoffreichen, langsam fließenden Niederungsbächen auch:

Nuphar lutea (Große Teichrose), Nymphaea alba (Weiße Seerose), Potamogeton lucens (Spiegelndes Laichkraut), P. perfoliatus (Durchwachsenes Laichkraut), Ranunculus penicillatus (Gemeiner Wasserhahnenfuß), Phragmites australis (Schilf), Ceratophyllum demersum (Gemeines Hornblatt), Hydrocharis morsus-ranae (Froschbiß)

in Flüssen:

Sparganium emersum (Einfacher Igelkolben), S. erectum (Ästiger Igelkolben), Berula erecta (Berle), Glyceria plicata (Falt-Schwaden), Phalaris arundinacea (Rohr-Glanzgras), Sagittaria sagittifolia (Pfeilkraut), Ranunculus fluitans (Flutender Wasserhahnenfuß), Elodea canadensis (Kanadische Wasserpest), Nuphar lutea (Große Teichrose), Nymphaea alba (Weiße Seerose), Potamogeton lucens (Spiegelndes Laichkraut), Potamogeton perfoliatus (Durchwachsenes Laichkraut), Ceratophyllum demersum (Gemeines Hornblatt), Hydrocharis morsus-ranae (Froschbiß)

Ufervegetation:

Bidens tripartita (Dreiteiliger Zweizahn), Limosella aquatica (Schlammling), Phragmites australis (Schilf), Iris pseudacorus (Wasser-Schwertlilie), Calystegia sepium (Echte Zaunwinde), Chenopodium rubrum (Roter Gänsefuß)

in Altarmen:

Nymphaea alba (Weiße Seerose), Nuphar lutea (Große Teichrose), Nymphoides peltata (Seekanne), Potamogeton natans (Schwimmendes Laichkraut), P. lucens (Spiegelndes Laichkraut), Hydrocharis morsus-ranae (Froschbiß), Trapa natans (Wassernuß), Salvinia natans (Schwimmfarn), Sagittaria sagittifolia (Pfeilkraut), Oenanthe aquatica (Wasserfenchel), Rorippa amphibia (Wasserkresse)

1.1.5 Kennzeichnende Tierarten:

Säugetiere (Mammalia): Lutra lutra (Fischotter), Castor fiber (Biber), Neomys fodiens (Wasserspitzmaus), Vögel (Aves):

Actitis hypoleucos (Flußuferläufer), Alcedo atthis (Eisvogel), Riparia riparia (Uferschwalbe), Fische (Pisces): Alburnus alburnus (Ukelei), Abramis brama (Brachsen), Aspius aspius (Rapfen), Barbus barbus (Barbe), Gobio gobio (Gründling), Cottus gobio (Westgroppe), Lampetra planeri (Bachneunauge), Neomacheilus barbatulus (Schmerle), Phoxinus phoxinus (Elritze), Salmo trutta fario (Bachforelle), Käfer (Coleoptera): Elmis maugetii (Klauenkäfer), Orectochilus villosus (Behaarter Taumelkäfer), Platambus maculatus (Gefleckter Schnellschwimmer), Libellen (Odonata): Calopteryx virgo (Blauflügel-Prachtlibelle), C. splendens (Gebänderte Prachtlibelle), Ophiogomphus serpentinus (Grüne Keiljungfer), Gomphus vulgatissimus (Gemeine Keiljungfer), Heuschrecken

(Saltatoria): Tetrix subulata (Gemeine Dornschrecke), Wanzen (Heteroptera): Velia saulii, Gerris najas (Wasserläufer), Krebse (Crustacae): Astacus astacus (Edelkrebs), Gammarus pulex (Bachflohkrebs), Weichtiere (Mollusca): Ancylus fluviatilis (Flußnapfschnecke), Unio crassus (Kleine Flußmuschel), Pseudanodonta complanata (Abgeplattete Teichmuschel), Unio pictorum (Malermuschel), Viviparus viviparus (Sumpfdeckelschnecke)

1.1.6 Biotoptypen nach Kartieranleitung:

01110 schnell fließende Bäche und kleine Flüsse (FB)
         01111 naturnah, unbeschattet (FBU)
         01112 naturnah, beschattet (FBB)
01120 langsam fließende Flüsse und Ströme (FF)
         01121 flachuferig mit Röhrichten und Staudenfluren (FFR)
         01122 teilweise steiluferig (FFS)
01130 Gräben (FG) (teilweise)
02112 Altarme von Fließgewässern (SFA)

1.2 Feuchtwiesen

Feuchtwiesen sind mehr oder weniger regelmäßig (meist durch einschürige Mahd) bewirtschaftete Wiesen feuchter Standorte auf Anmoor, Moor oder seltener mineralischem Boden mit unterschiedlichem Nährstoffgehalt.

Damit sind geschützt:

  • Feuchtwiesen und gelegentlich beweidete Flächen
    > 50 Quadratmeter, in denen mindestens fünf kennzeichnende Pflanzenarten regelmäßig (nicht in Einzelexemplaren) vorkommen oder einzelne bzw. mehrere kennzeichnende Arten mindestens 25 vom Hundert der Fläche decken
  • hochstaudenreiche Auflassungsstadien von Feuchtwiesen/-weiden, die den genannten Kriterien entsprechen, pflanzensoziologisch jedoch bereits den feuchten Hochstaudenfluren zugerechnet werden
  • Landröhrichte in aufgelassenem Grünland, in denen eine oder mehrere Röhrichtarten mindestens 25 vom Hundert der Fläche decken

Damit ist nicht geschützt:

  • Feuchtgrünland, in dem die typischen Pflanzenarten nur noch unmittelbar an den Rändern der Entwässerungsgräben vorkommen, die Flächen an sich jedoch nicht den oben genannten Kriterien genügen

1.2.1 Erläuterungen:

Feuchte Hochstaudenfluren des Verbandes Filipendulion, die nicht unmittelbar als Auflassungsstadien von Feuchtwiesen gewertet werden können, sind als Moore und Sümpfe ebenfalls nach § 32 BbgNatSchG geschützt. Hochstaudenfluren des Verbandes Convolvulion sind als typische gewässerbegleitende Vegetation gemeinsam mit den entsprechenden Fließ- oder Stillgewässern geschützt.

1.2.2 Seltenheit/Gefährdung:

Von jeher seltener als andere Feuchtwiesen und extrem gefährdet sind Pfeifengraswiesen (Arme Feuchtwiesen). Aber auch die für Brandenburg so typischen und früher häufigen Reichen Feuchtwiesen sind insbesondere durch Nutzungsauflassung stark gefährdet. Einer geringeren Gefährdung unterliegen lediglich die noch stärker verbreiteten und zum Teil aus Feuchtwiesen entstehenden feuchten Hochstaudenfluren.

1.2.3 Pflanzengesellschaften:

  • Gesellschaften der Mitteleuropäischen Wirtschaftswiesen (K Molinio-Arrhenatheretea mit den Verbänden Molinion caeruleae und Calthion palustris)
  • Hochstaudenfluren des Verbandes Filipendulion
  • Gesellschaften der Klasse Nardo-Callunetea (V Juncion squarrosi)
  • Röhrichte der Klasse Phragmitetea

1.2.4 Kennzeichnende Pflanzenarten:

Molinia caerulea (Pfeifengras), Potentilla erecta (Blut-wurz), Achillea ptarmica (Sumpf-Schafgarbe), Gentiana pneumonanthe (Lungen-Enzian), Dianthus superbus (Pracht-Nelke), Linum catharticum (Purgier-Lein), Serratula tinctoria (Färber-Scharte), Succisa pratensis (Teufelsabbiß), Ophioglossum vulgatum (Gemeine Natternzunge), Inula salicina (Weidenblättriger Alant), Selinum carvifolia (Kümmel-Silge), Sanguisorba officinalis (Großer Wiesenknopf), Centaurea jacea (Wiesen-Flockenblume), Iris sibirica (Sibirische Schwertlilie), Cirsium oleraceum (Kohl-Kratzdistel), C. palustre (Sumpf-Kratzdistel), Caltha palustris (Sumpf-Dotterblume), Lathyrus palustris (Sumpf-Platterbse), Lychnis flos-cuculi (Kuckucks-Lichtnelke), Deschampsia cespitosa (Rasen-Schmiele), Phalaris arundinacea (Rohr-Glanzgras), Phragmites australis (Schilf), Lysimachia vulgaris (Gemeiner Gilbweiderich), Epilobium hirsutum (Rauhhaariges Weidenröschen), Filipendula ulmaria (Echtes Mädesüß), Lythrum salicaria (Gemeiner Blutweiderich), Holcus lanatus (Wolliges Honiggras), Ranunculus acris (Scharfer Hahnenfuß), Rumex acetosa (Wiesen-Sauerampfer), Poa pratensis (Wiesen-Rispengras), Festuca pratensis (Wiesen-Schwingel), Lotus uliginosus (Sumpf-Hornklee), Myosotis palustris (Sumpf-Vergißmeinnicht), Cardamine pratensis (Wiesen-Schaumkraut), Vicia cracca (Vogel-Wicke), Lathyrus pratensis (Wiesen-Platterbse), Geum rivale (Bach-Nelkenwurz), Polygonum bistorta (Wiesen-Knöterich), Trollius europaeus (Trollblume), Cerastium holosteoides (Gemeines Hornkraut), Dactylorhiza majalis (Breitblättriges Knabenkraut), D. incarnata (Steifblättriges Knabenkraut), Nardus stricta (Borstgras)

1.2.5 Kennzeichnende Tierarten:

Säugetiere (Mammalia): Arvicola terrestris (Schermaus), Microtus oeconomus (Nordische Wühlmaus), Vögel (Aves): Ciconia ciconia (Weißstorch), Crex crex (Wachtelkönig), Numenius arquata (Großer Brachvogel), Vanellus vanellus (Kiebitz), Limosa limosa (Uferschnepfe), Alauda arvensis (Feldlerche), Anthus pratensis (Wiesenpieper), Motacilla citrinella (Schafstelze), Schmetterlinge (Lepidoptera): Brenthis ino (Violetter Silberfalter), Coenonympha glycerion (Rotbraunes Wiesenvögelchen), Eustrotia uncula (Eulenfalter), Procris statices (Grünwidderchen), Käfer (Coleoptera): Bembidion gilvipes (Ahlenläufer), Pterostichus vernalis (Frühlings-Grabkäfer), Galerucella calmariensis (Blutweiderich-Blattkäfer), Heuschrecken (Saltatoria): Chrysochraon dispar (Goldschrecke), Conocephalus dorsalis (Kurzflügelige Schwertschrecke), Mecosthetus grossus (Sumpfschrecke), Metrioptera brachyptera (Kurzflügelige Beißschrecke), Chorthippus albomarginatus (Weißrandiger Grashüpfer), Tetrix subulata (Gemeine Dornschrecke), Spinnen (Arachnida): Larinioides cornutus (Schilfradspinne), Weichtiere (Mollusca): Succinea putris (Bernsteinschnecke), Cochlicopa nitens (Glänzende Achatschnecke)

1.2.6 Biotoptypen nach Kartieranleitung:

05100 Feuchtwiesen und Feuchtweiden (GF)
          05102 Arme Feuchtwiesen (GFP)
          05103 Reiche Feuchtwiesen (GFR)
05131 Aufgelassenes Grasland feuchter Standorte (einschließlich Landröhrichte) (GAF)
05141 Hochstaudenfluren feuchter bis nasser Standorte (GSF)

1.3 Kleingewässer

Kleingewässer sind natürliche oder naturnahe ausdauernde oder nur zeitweise wasserführende Stillgewässer bis zu 1 Hektar Größe einschließlich der charakteristischen Wasser- und begleitenden Ufervegetation.

Damit sind geschützt:

  • alle ständig wasserführenden Sölle, Pfuhle, Kolke und Tümpel sowie sonstige kleine Stillgewässer, zum Beispiel wassergefüllte Geländevertiefungen mit undurchlässigem Untergrund, die als kleine Weiher mehr oder weniger stark verlandet sind
  • die unmittelbar angrenzende Vegetation der Ufer und der verlandeten Bereiche
  • kleine Teiche mit naturnaher Vegetation, zum Beispiel Mühlen- und Dorfteiche, kleine Staugewässer, ungedichtete und unverbaute Feuerlöschteiche (Hinweis: die Löschwasserentnahme durch die gemeindliche Feuerwehr bedarf bei Gefahr im Verzug gemäß §§ 6 und 11 Ordnungsbehördengesetz (OBG) keiner Genehmigung der Naturschutzbehörde)
  • künstliche, durch Abbau verschiedener Materialien entstandene Gewässer < 1 Hektar (zum Beispiel Torfstiche, Sand-, Kies-, Lehm-, Ton- und Mergelgruben, Steinbrüche etc.) mit naturnaher Ufer- oder Wasservegetation
  • Moorgewässer
  • natürliche und naturnahe Kleingewässer einschließlich feuchter Geländevertiefungen, die nur periodisch oder unregelmäßig Wasser führen (zum Beispiel Tümpel, Lachen, zeitweise trockene Sölle etc.) und eine typische Gewässervegetation aufweisen

Damit sind nicht geschützt:

  • Kleinstgewässer wie Fahrspuren, Pfützen, Baugruben und ähnliches ohne typische Gewässervegetation
  • Geländevertiefungen mit überwiegenden, gewässeruntypischen ruderalen Staudenfluren, in denen typische Gewässerarten fast völlig fehlen
  • künstlich angelegte Gartenteiche, gedichtete und verbaute Löschwasserbecken
  • Restgewässer in Braunkohleabbaugebieten ohne bedeutsame Vegetation
  • noch in Betrieb befindliche, wassergefüllte Abbau-gruben
  • gewerblich genutzte Fischteiche

1.3.1 Erläuterungen:

Röhrichte und Schwimmblattgesellschaften der Verlandungszonen und Gewässerufer sind grundsätzlich an allen Gewässern geschützt.

1.3.2 Seltenheit/Gefährdung:

Kleingewässer sind insbesondere in den Jungmoränengebieten Brandenburgs häufig anzutreffen. Durch jahrzehntelange und oft noch heute betriebene intensive Nutzung der umgebenden Flächen (zumeist Acker) sind sie jedoch stark gefährdet. Oft sind starke Verlandungserscheinungen aufgrund der Eutrophierung zu beobachten.

1.3.3 Pflanzengesellschaften:

Kleingewässer weisen keine eigenständigen Vegetationsein-heiten auf, die eine Abgrenzung von anderen Stillgewässertypen zulassen. In der Regel sind lediglich Fragmente typischer Gewässergesellschaften vorhanden. Besonders typisch sind:

  • Gesellschaften der Klasse Lemnetea
  • verschiedene Gesellschaften der Klasse Potametea
  • Zweizahn-Ufergesellschaften des Verbandes Bidention tripartitae
  • Teichbodenfluren der Klasse Littorelletea (auf trockengefallenen Teichböden)
  • Fragmente der Süßwasser-Röhrichte (V Phragmition)
  • Flutrasen (zum Beispiel mit Glyceria fluitans, G. plicata, Alopecurus aequalis, A. geniculatus)
  • verschiedene Stadien der eutrophen Verlandungsserie als Begleitgesellschaften (zum Beispiel Erlen-Bruchwälder, K Alnetea glutinosae)
  • in Verbindung mit Quellen oder quellfeuchten Flächen bzw. vermoorten Bereichen auch Elemente verschiedener Moorgesellschaften (zum Beispiel Kleinseggensümpfe, K Caricetea fuscae; Hochmoor-Gesellschaften, K Oxycocco-Sphagnetea)
  • in kalkreichen Abgrabungsseen und anderen nährstoffarmen Kleingewässern auch Armleuchteralgenrasen oder schwimmende Bestände des Brunnenmooses (Fontinalis antipyretica)
  • in Torfstichen Gesellschaften der Klasse Utricularietea intermedio-minoris

1.3.4 Kennzeichnende Pflanzenarten:

Phragmites australis (Schilf), Lemna minor (Kleine Wasserlinse), L. trisulca (Untergetauchte Wasserlinse), Ranunculus aquatilis (Gemeiner Wasserhahnenfuß), R. peltatus (Schild-Wasserhahnenfuß), R. sceleratus (Gift-Hahnenfuß), Rorippa amphibia (Wasser-Sumpfkresse), Potamogeton natans (Schwimmendes Laichkraut), Ceratophyllum demersum (Gemeines Hornblatt), Eleocharis palustris (Gemeine Sumpfsimse), Polygonum amphibium (Wasser-Knöterich), Nuphar lutea (Große Teichrose), Nymphaea alba (Weiße Seerose), Typha angustifolia (Schmalblättriger Rohrkolben), T. latifolia (Breitblättriger Rohrkolben)

auf zeitweise trockengefallenen Teichböden:

Littorella uniflora (Strandling), Cyperus fuscus (Braunes Zypergras), Carex bohemica (Zypergras-Segge), Eleocharis ovata (Ei-Sumpfsimse), Corrigiola litoralis (Hirschsprung), Limosella aquatica (Schlammling), Potamogeton spp. (Laichkraut), Myriophyllum spp. (Tausendblatt), Equisetum fluviatile (Teich-Schachtelhalm), Juncus bufonius (Kröten-Binse), J. bulbosus (Zwiebel-Binse), Pilularia globulifera (Pillenfarn); Chara spp. (Armleuchter-Algen)

in Torfstichen:

Sphagnum spp. (Torfmoos), Utricularia ochroleuca (Ockergelber Wasserschlauch), Sparganium minimum (Zwerg-Igelkolben)

1.3.5 Kennzeichnende Tierarten:

Vögel (Aves): Tachybaptus ruficollis (Zwergtaucher), Podiceps grisegena (Rothalstaucher), Circus aeruginosus (Rohrweihe), Rallus aquaticus (Wasserralle), Gallinula chloropus (Teichralle), Charadrius dubius (Flußregenpfeifer), Kriechtiere (Reptilia): Natrix natrix (Ringelnatter), Lurche (Amphibia): Rana temporaria (Grasfrosch), Rana arvalis (Moorfrosch), Pelobates fuscus (Knoblauchkröte), Bombina bombina (Rotbauchunke), Hyla arborea (Laubfrosch), Bufo viridis (Wechselkröte), Bufo calamita (Kreuzkröte - nur in vegetationsarmen, stark durchwärmten Initialstadien), Triturus vulgaris (Teichmolch), Triturus cristatus (Kammolch), Fische (Pisces): Misgurnus fossilis (Schlammpeitzger), Rhodeus sericeus amarus (Bitterling), Käfer (Coleoptera): Hydrous piceus (Großer Kolbenwasserkäfer), H. aterrimus (Kleiner Kolbenwasserkäfer), Agabus nebulosus (Schnellschwimmer), Tanysphyrus lemnae (Wasserlinsen-Rüßler), Libellen (Odonata): Libellula depressa (Plattbauch-Libelle), Coenagrion lunulatum (Mond-Azurjungfer), Lestes viridis (Große Binsenjungfer), Spinnen (Arachnida):

Argyroneta aquatica (Wasserspinne), Dolomedes fimbriatus (Listspinne)

1.3.6 Biotoptypen nach Kartieranleitung:

02120 Kleingewässer (Sölle, Kolke, Pfuhle etc., < 1 Hektar) (SK)
          02121 unbeschattet (SKU)
          02122 beschattet (SKB)
02130 Temporäre Kleingewässer (SP)
          02131 ohne Gehölzsaum (SPU)
          02132 mit Gehölzsaum (SPB)
02140 Staugewässer/Kleinspeicher (SS) (wenn < 1 Hektar)
          02141 ohne Gehölzsaum (SSU)
          02142 mit Gehölzsaum (SSB)
02150 Teiche (ST) (wenn < 1 Hektar)
          02151 ohne Gehölzsaum (STU)
          02152 mit Gehölzsaum (STB)
02160 Grubengewässer, Abgrabungsseen (SA) (wenn < 1 Hekt-ar)
          02161 Torfstiche (SAT)
          02162 Sand- und Kiesgruben (SAK)
          02163 Lehm-, Ton-, Mergelgruben (SAL)
          02164 Steinbrüche (SAS)
          02166 Gipsgruben (SAG)
          02167 sonstige Abgrabungsgewässer (SAA)
02170 Moorgewässer (SM)

1.4 Seggen- und binsenreiche Naßwiesen

Hierzu zählen von hochwüchsigen Seggen und/oder Binsen beherrschte, meist unregelmäßig oder spät beziehungsweise nicht jährlich gemähte Großseggen- und Streuwiesen sowie sonstige Binsen- und Seggenbestände auf nassem anmoorigen oder moorigen Gley- und anderen Naßstandorten.

Damit sind geschützt:

  • Naßwiesen > 50 Quadratmeter, auf denen mindestens 3 kennzeichnende Arten regelmäßig vorkommen oder einzelne bis mehrere typische Arten mindestens 25 vom Hundert der Fläche decken

Damit ist nicht geschützt:

  • Feuchtgrünland, in dem die typischen Pflanzenarten nur noch unmittelbar an den Rändern der Entwässerungsgräben vorkommen, die Flächen an sich jedoch nicht den oben genannten Kriterien genügen

1.4.1 Erläuterungen:

Binsenreiche Ausbildungen von Feuchtwiesen entstehen auch durch den Wechsel von Beweidung und phasenhafter Überstauung oder durch Auflassung sehr feuchter, intensiv genutzter Weideflächen. Solche Flächen sind durch Übernutzung und damit verbundene Oberbodenverdichtung gekennzeichnet. Hier können verschiedene Binsenarten (vor allem die Flatter-Binse Juncus effusus) dominant auftreten.

Kleinseggenbestände in Mooren und Sümpfen sind mit diesen geschützt. Flächige Bestände von Flatter-Binse (Juncus effusus) an Gewässern sind mit den Biotoptypen naturnahe, unverbaute Bach- und Flußabschnitte, Kleingewässer oder Röhrichte der Verlandungszonen geschützt.

1.4.2 Seltenheit/Gefährdung:

Großseggenbestände sind in Brandenburg noch relativ häufig, unterliegen aber infolge weitestgehender Nutzungsauflassung einer Sukzession zu gehölzgeprägten Stadien, deren Endstadium Feuchtwälder sind. Sie sind daher stark gefährdet.

1.4.3 Pflanzengesellschaften:

  • Gesellschaften der Großseggenrieder (V Magnocaricion)
  • Nährstoffreiche Naßwiesen des Verbandes Calthion

1.4.4 Kennzeichnende Pflanzenarten:

Carex gracilis (Schlank-Segge), C. acutiformis (Sumpf-Segge), C. paniculata (Rispen-Segge), Lythrum salicaria (Gemeiner Blutweiderich), Galium palustre (Sumpf-Labkraut), Peucedanum palustre (Sumpf-Haarstrang), Juncus effusus (Flatter-Binse), J. acutiflorus (Spitzblütige Binse), J. subnodulosus (Stumpfblütige Binse), J. conglomeratus (Knäuel-Binse)

1.4.5 Kennzeichnende Tierarten:

Säugetiere (Mammalia): Micromys minutus (Zwergmaus), Sorex araneus (Waldspitzmaus), Vögel (Aves): Gallinago gallinago (Bekassine), Acrocephalus paludicola (Seggenrohrsänger), Käfer (Coleoptera): Badister unipustulatus (Einfleck-Wanderkäfer), Carabus clathratus (Ufer-Laufkäfer), Heuschrecken (Saltatoria): Mecostethus grossus (Sumpfschrecke), Weichtiere (Mollusca): Succinea putris (Bernsteinschnecke)

1.4.6 Biotoptypen nach Kartieranleitung:

05101 Großseggenwiesen (Streuwiesen) (GFS)
05103 Reiche Feuchtwiesen (GFR) (teilweise)
05131 Aufgelassenes Grasland feuchter Standorte (einschließlich Landröhrichte) (GAF)

1.5 Quellbereiche

Quellen sind natürliche, meist örtlich begrenzte Grundwasseraustritte an der Erdoberfläche, die dauerhaft oder zeitweise Wasser führen.

Damit sind geschützt:

  • alle natürlichen Quellwasseraustritte unabhängig von Größe und Ausprägung der Vegetation
  • Reste einstiger Quellwasseraustritte neben Quellfassungen
  • verbaute Quellaustritte mit quelltypischer Umgebung

Damit sind nicht geschützt:

  • vollständig verbaute oder gefaßte Quellen

1.5.1 Erläuterungen:

Der Quellbereich umfaßt die typische quellwasserbeeinflußte Vegetation der Umgebung in Form von Quellfluren, Kleinseggensümpfen, Niedermooren, Naßwiesen, feuchten Staudenfluren oder Quellwäldern.

1.5.2 Seltenheit/Gefährdung:

Quellen sind zwar in Brandenburg relativ häufig, nur noch selten sind sie jedoch unbeeinflußt. Neben Verbauungen und verschiedenen Nutzungseinflüssen (insbesondere bei Quellen in Grünlandbereichen) ist die zunehmende Eutrophierung des Grundwassers eine der Hauptgefährdungsursachen. Quellen sind daher extrem gefährdet, wobei Sturzquellen und Tümpelquellen aufgrund ihrer Seltenheit einer besonderen Gefährdung unterliegen.

1.5.3 Pflanzengesellschaften:

  • Klasse Montio-Cardaminetea
  • verschiedene Gesellschaften der Großseggenrieder (V Magnocaricion), der Kleinseggensümpfe (V Caricion fuscae) und der Feuchtwiesen (O Molinietalia)
  • Quellwälder des Verbandes Alno-Ulmion

1.5.4 Kennzeichnende Pflanzenarten:

Cardamine amara (Bitteres Schaumkraut), Montia fontana (Bach-Quellkraut), Chrysosplenium alternifolium (Wechselblättriges Milzkraut), Nasturtium microphyllum (Einreihige Brunnenkresse), Berula erecta (Berle), Veronica beccabunga (Bachbunge), Glyceria fluitans (Flutender Schwaden), Mentha aquatica (Wasser-Minze), Cratoneurum commutatum (Starknervmoos); in Quellwäldern auch zahlreiche Arten der Erlen-Bruchwälder und Erlen-Eschen-Wälder

1.5.5 Kennzeichnende Tierarten:

Säugetiere (Mammalia): Neomys fodiens (Wasserspitzmaus), Lurche (Amphibia): Triturus alpestris (Bergmolch), Schmetterlinge (Lepidoptera): Anthocharis cardamines (Aurorafalter), Käfer (Coleoptera): Agabus nitidus (Schnellschwimmer), Amalorrhynchus melanarius (Sumpfkressen-Rüßler), Libellen (Odonata): Cordulegaster boltoni (Zweigestreifte Quelljungfer), Steinfliegen (Plecoptera): zum Beispiel Leuctra nigra, Nemurella pictetii, Köcherfliegen: zum Beispiel Agapetus fuscipes, Parachiona picicornis, Crunoecia irrorata, Krebse (Crustacea): Gammarus pulex (Bachflohkrebs), Planarien: zum Beispiel Crenobia alpina

1.5.6 Biotoptypen nach Kartieranleitung:

01100 Quellen und Quellfluren (FQ)
          01101 unbeschattet (FQU)
          01102 beschattet (FQB)
          01103 gefaßte oder verbaute Quelle (FQG) (teilweise)

1.6 Schwimmblattgesellschaften und Röhrichte der Verlandungszonen und Gewässerufer

Schwimmblattgesellschaften sind von See- oder Teichrosen dominierte flächige Bestände von Schwimmblattvegetation auf Fließ- und Stillgewässern. Röhrichte sind dominante  Bestände einzelner oder mehrerer Röhrichtarten in und an stehenden und fließenden Gewässern. Beide Biotoptypen gehören zur Verlandungszone von Gewässern. Entgegen dem insoweit mißverständlichen Wortlaut sind Gewässerufer an sich keine Biotope im Sinne des § 32 BbgNatSchG.

Damit sind geschützt:

  • Schwimmblattvegetation auf stehenden und fließenden Gewässern jeder Art > 25 Quadratmeter
  • Röhrichtflächen > 50 Quadratmeter in und an stehenden und fließenden Gewässern

Damit sind nicht geschützt:

  • Schwimmblattpflanzen und Röhrichte in künstlich angelegten Gartenteichen oder Feuerlöschbecken
  • gepflanzte Bestände nichtheimischer Arten an Gewässern aller Art

1.6.1 Erläuterungen:

Röhrichte in Mooren und Sümpfen sowie Kleingewässern sind mit diesen geschützt. Röhrichte in aufgelassenen Feucht-/Naßwiesen sind als Sukzessionsstadien mit diesen geschützt.

1.6.2 Seltenheit/Gefährdung:

Röhrichte und Schwimmblattzonen gehören zu den typischen und relativ häufigen Biotopen im gewässerreichen Brandenburg. Dennoch sind sie aufgrund der starken Eutrophierung vieler Gewässer gefährdet. Problematisch ist vor allem die Verschiebung im Artenspektrum der Röhrichte an poly- und hypertrophen Gewässern, in denen das Schilf teilweise vollständig von Rohrkolben-Arten abgelöst wird.

1.6.3 Pflanzengesellschaften:

  • Schwimmblattgesellschaften des Verbandes Nymphaeion
  • Röhrichtgesellschaften der Verbände Glycerio-Sparganion und Phragmition

1.6.4 Kennzeichnende Pflanzenarten:

Schwimmblattgesellschaften:

Nuphar lutea (Große Teichrose), Nymphaea alba (Weiße Seerose), Myriophyllum verticillatum (Quirl-Tausendblatt), M. spicatum (Ähren-Tausendblatt), Polygonum amphibium (Wasser-Knöterich), Potamogeton natans (Schwimmendes Laichkraut), Nymphoides peltata (Seekanne), Trapa natans (Wassernuß), Ceratophyllum demersum (Gemeines Hornblatt), C. submersum (Zartes Hornblatt), Ranunculus circinatus (Spreizender Wasserhahnenfuß), Stratiotes aloides (Krebsschere), Hydrocharis morsus-ranae (Froschbiß)

Röhrichte:

Phragmites australis (Schilf), Schoenoplectus lacustris (Gemeine Teichsimse), Typha angustifolia (Schmalblättriger Rohrkolben), T. latifolia (Breitblättriger Rohrkolben), Glyceria maxima (Wasser-Schwaden), Eleocharis palustris (Gemeine Sumpfsimse), Sparganium erectum (Ästiger Igelkolben), Acorus calamus (Kalmus), Cladium mariscus (Binsen-Schneide), Butomus umbellatus (Schwanenblume), Sagittaria sagittifolia (Gemeines Pfeilkraut)

1.6.5 Kennzeichnende Tierarten:

Säugetiere (Mammalia): Micromys minutus (Zwergmaus), Lutra lutra (Fischotter), Vögel (Aves): Botaurus stellaris (Rohrdommel), Anser anser (Graugans), Circus aeruginosus (Rohrweihe), Grus grus (Kranich), Chlidonias niger (Trauerseeschwalbe), Panurus biarmicus (Bartmeise), Acrocephalus arundinaceus (Drosselrohrsänger), Locustella luscinioides (Rohrschwirl), Luscinia svecica (Blaukehlchen), Kriechtiere (Reptilia): Natrix natrix (Ringelnatter), Emys orbicularis (Sumpfschildkröte), Lurche (Amphibia): Rana ridibunda (Seefrosch), Fische (Pisces): Abramis brama (Brachsen), Esox lucius (Hecht), Tinca tinca (Schleie), Schmetterlinge (Lepidoptera): Archanara geminipunctata (Zweipunkt-Schilfeule), Plusia festucae (Goldeule), Käfer (Coleoptera): Odacantha melanura (Halskäfer), Dytiscus dimidiatus (Schwimmkäfer), Hydrous piceus (Großer Kolbenwasserkäfer), Gyrinus suffriani (Taumelkäfer), Donacia vulgaris (Grünkupferner Rohrkäfer), Bagous rotundicollis (Seerosen-Rüßler), Libellen (Odonata):

Anaciaeshna isosceles (Keilflecklibelle), Aeshna viridis (Grüne Mosaikjungfer), Erythromma najas (Großes Granatauge), Spinnen (Archanida): Tetragnatha striata (Streckerspinne), Singa nitidula (Glanz-Kreuzspinne), Weichtiere (Mollusca): Succinea putris (Bernsteinschnecke), Limnaea stagnalis (Spitzschlammschnecke), Anodonta cygnea (Schwanenmuschel), Planorbis planorbarius (Gemeine Tellerschnecke), Viviparus contectus (Spitze Sumpfdeckelschnecke)

1.6.6 Biotoptypen nach Kartieranleitung:

01200 Schwimmblattgesellschaften an Fließgewässern (FN)
01210 Röhrichtgesellschaften an Fließgewässern (FR)
02200 Schwimmblattgesellschaften an Stillgewässern (SN)
02210 Röhrichtgesellschaften an Stillgewässern (SR)

2. Moore und Sümpfe

2.1 Moore

Moore sind von Regen- oder Mineralbodenwasser abhängige, durch die Ablagerung unterschiedlich starker Schichten von Mudden und Torfen entstandene Lebensräume. Im geologischen und bodenkundlichen Sinn sind Moore Torflagerstätten mit einer Mächtigkeit > 30 Zentimetern beziehungsweise einem Gehalt an organischer Substanz > 30 vom Hundert.

Damit sind geschützt:

  • alle Übergangsmoore und Braunmoosmoore mit moortypischer Vegetation (vgl. 2.1.3)
  • alle Niedermoore mit niedermoortypischer Vegetation (vgl. 2.1.3) > 25 Quadratmeter

Damit sind nicht geschützt:

  • als Dauergrünland genutzte Niedermoorstandorte, die keine Feuchtwiesen oder binsen- und seggenreiche Naßwiesenvegetation aufweisen

2.1.1 Erläuterungen:

Man trennt verschiedene hydrologische Moortypen. Grob lassen sich dabei die an relativ nährstoffreiches Grundwasser, austretendes Quellwasser oder an Verlandungsbereiche bestimmter Fließ- und Standgewässer gebundenen Niedermoore von den ausschließlich durch Regenwasser gespeisten Hochmooren (Torfmoosmooren) unterscheiden. Hochmoore fehlen in Brandenburg aufgrund der geringen Niederschlagsmengen, sehr ähnliche Ausbildungen stellen jedoch die Kesselmoore der Jungmoränengebiete dar. Selbst diese nährstoffarmen Moore Brandenburgs sind jedoch aufgrund des mehr oder weniger starken Einflusses von Mineralbodenwasser als Übergangs- beziehungsweise Zwischenmoore einzustufen.

Niedermoore sind meist flachgründige Torfbildungen nährstoffreicherer Standorte. Entsprechend den bodenkundlichen Einstufungskriterien gelten als Niedermoore auch Böden mit bis zur Oberfläche anstehenden Mudden von einer Mächtigkeit > 20 Zentimeter, auch wenn diese von geringmächtigen mineralischen Schichten oder Torfschichten < 20 Zentimeter bedeckt sind. Die Niedermoore befinden sich heute fast ausschließlich in landwirtschaftlicher Nutzung und haben dadurch ihren ursprünglichen Charakter meist verloren.

Braunmoosmoore sind mehr oder weniger kalkreiche Ausprägungen von Übergangs- und Niedermooren.

2.1.2 Seltenheit/Gefährdung:

Besonders Übergangsmoore und Braunmoosmoore sind aufgrund zunehmender Eutrophierung extrem gefährdet. In den waldreichen Jungmoränengebieten gehörten sie ursprünglich zu den häufigen Biotopen, heute sind jedoch kaum noch unbeeinflußte Moore zu finden.

Niedermoore sind nach wie vor großflächig durch intensive Nutzung in Verbindung mit Entwässerung gefährdet und praktisch nicht mehr in ursprünglicher Ausprägung vorhanden.

2.1.3 Pflanzengesellschaften:

  • Übergangsmoore mit Gesellschaften der Hoch- und Zwischenmoore der Klassen Oxycocco-Sphagnetea und Scheuchzerio-Caricetea nigrae
  • Braunmoosmoore mit Gesellschaften der Ordnung Tofieldietalia
  • Niedermoore (Seggen- und Röhrichtmoore) mit Kleinseggen-Sümpfen der Klasse Scheuchzerio-Caricetea nigrae sowie Röhrichten und Großseggen-Sümpfen der Klasse Phragmitetea
  • Moorgehölze mit Weidengebüschen des Verbandes Frangulo-Salicion auritae

Weitere Pflanzengesellschaften siehe Kapitel 1.2 Feuchtwiesen.

2.1.4 Kennzeichnende Pflanzenarten:

Übergangsmoore mit Arten der Hoch- und Zwischenmoore:

Sphagnum spp. (Torfmoose), Drosera rotundifolia (Rundblättriger Sonnentau), D. intermedia (Mittlerer Sonnentau), Oxycoccus palustris (Gemeine Moosbeere), Rhynchospora alba (Weißes Schnabelried), Andromeda polifolia (Rosmarinheide), Carex lasiocarpa (Faden-Segge), Scheuchzeria palustris (Blasenbinse), Eriophorum angustifolium (Schmalblättriges Wollgras), E. vaginatum (Scheidiges Wollgras), Polytrichum strictum, P. commune (Haarmützenmoose), Aulacomnium palustre (Streifensternmoos), Calliergon stramineum (Schönmoos)

Niedermoore:

siehe Feuchtwiesen, seggen- und binsenreiche Naßwiesen, feuchte Weidengebüsche (vgl. 2.2.3 und 2.2.4), Moor- und Bruchwälder

Braunmoosmoore:

Juncus subnodulosus (Stumpfblütige Binse), Pinguicula vulgaris (Echtes Fettkraut), Dactylorhiza incarnata (Steifblättriges Knabenkraut), Dactylorhiza majalis ssp. brevifolia (Breitblättriges Knabenkraut), Epipactis palustris (Sumpfwurz), Liparis loeselii (Sumpf-Glanzkraut), Parnassia palustris (Sumpf-Herzblatt), Ophioglossum vulgatum (Gemeine Natternzunge)

2.1.5 Kennzeichnende Tierarten:

Vögel (Aves): Grus grus (Kranich), Gallinago gallinago (Bekassine), Tringa ochropus (Waldwasserläufer), Kriechtiere (Reptilia): Vipera berus (Kreuzotter), Lacerta vivipara (Waldeidechse), Lurche (Amphibia): Rana arvalis (Moorfrosch), Schmetterlinge (Lepidoptera): Archanna melanaria (Sumpfheidelbeer-Spanner), Boloria aquilonaris (Nördlicher Perlmutterfalter), Vacciniina optilete (Heidelbeer-Bläuling), Hautflügler (Hymenoptera): Ectemnius confinis (Grabwespe), Käfer (Coleoptera): Agabus affinis (Schnellschwimmer), Agonum ericeti (Heide-Putzkäfer), Cyphon hilaris (Sumpfkäfer), Libellen (Odonata): Coenagrion hastulatum (Speer-Azurjungfer), Leucorrhinia dubia (Kleine Moosjungfer), Spinnen: Pirata spec. (Piratenspinnen)

2.1.6 Biotoptypen nach Kartieranleitung:

04100 Torfmoosmoore (MT)
          04101 ungestört (MTW)
          04102 entwässert (Molinia-Stadium) (MTE)
04110 Braunmoosmoore (MB)
          04111 ungestört (MBW)
          04112 entwässert (MBE)
04120 Seggen- und Röhrichtmoore (Niedermoore) (MN)
          04121 ungestört (MNW)
          04122 entwässert (MNE)
04130 Moorgehölze (MG)
          04131 Kiefern- (MGK)
          04132 Birken- (MGW)
          04133 Erlen- (MGA)
          04134 Weiden- (MGS)
08283 Vorwälder feuchter Standorte (kein Torf) (WVF)

2.2 Sümpfe

Sümpfe sind überwiegend baumfreie, teils gebüschreiche, von Sumpfpflanzen dominierte Lebensgemeinschaften auf mineralischen bis organischen Naßböden (mit einem Anteil organischer Substanz von < 30 vom Hundert), die durch Oberflächen-, Quell- oder hoch anstehendes Grundwasser geprägt sind.

Damit sind geschützt:

  • Flächen > 50 Quadratmeter, in denen mindestens fünf charakteristische Pflanzenarten der Moore, Feuchtwiesen, seggen- und binsenreichen Naßwiesen oder Röhrichte regelmäßig vorkommen beziehungsweise einzelne oder mehrere typische Arten mindestens 25 vom Hundert der vegetationsbedeckten Fläche einnehmen

Damit sind nicht geschützt:

  • Flächen, in denen die kennzeichnenden Arten nur in Einzelexemplaren vorkommen beziehungsweise eine oder mehrere dieser Arten nicht mindestens 25 vom Hundert der Fläche decken

2.2.1 Erläuterungen:

Zum Teil sind Sümpfe natürlichen Ursprungs, vielfach aber erst durch Waldrodung und nachfolgende Nutzung als Streu- oder Futterwiese entstanden. Verbreitete Vegetationseinheiten sind feuchte Hochstaudenfluren, Kleinseggensümpfe, Großseggenriede und feuchte Weidengebüsche. Die Übergänge zwischen Mooren, der Verlandungsvegetation von Gewässern und Sümpfen sind oft fließend. Es gibt keine charakteristischen Pflanzengesellschaften oder Arten, die nicht auch in anderen Feuchtbiotopen (insbesondere Moore und Sümpfe, Bruchwälder, Feuchtgrünland) vorkommen.

2.2.2 Seltenheit/Gefährdung:

Sümpfe sind allgemein durch Nutzung und Entwässerungen gefährdet, nähere Angaben finden sich bei den entsprechenden Biotoptypen.

2.2.3 Pflanzengesellschaften:

  • zahlreiche Gesellschaften der Moore, Feuchtwiesen, seggen- und binsenreichen Naßwiesen und Röhrichte (s. dort)
  • Kleinseggensümpfe des Verbandes Caricion fuscae
  • feuchte Weidengebüsche der Klasse Carici-Salicetea cinereae, zum Teil auch der Klasse Rubo-Salicetea purpureae

2.2.4 Kennzeichnende Pflanzenarten:

siehe Moore, Feuchtwiesen, seggen- und binsenreiche Naßwiesen, Röhrichte

feuchte Weidengebüsche:

Salix cinerea (Grau-Weide), S. viminalis (Korb-Weide), Frangula alnus (Faulbaum), Solanum dulcamara (Bittersüßer Nachtschatten), Thelypteris palustris (Sumpffarn)

2.2.5 Kennzeichnende Tierarten:

Je nach Substrat und Trophie verschiedene Artenkombinationen der Moore, Verlandungsbereiche und des Feuchtgrünlandes

2.2.6 Biotoptypen nach Kartieranleitung:

siehe Moore, Feuchtwiesen, seggen- und binsenreiche Naßwiesen, Röhrichte; außerdem:

07101 Weidengebüsche nasser Standorte (BLF)
08283 Vorwälder feuchter Standorte (kein Torf) (WVF)

3. Salzstellen, Borstgras- und Trockenrasen, Binnen-dünen, Zwergstrauch- und Wacholderheiden

3.1 Salzstellen

Salzstellen (Binnensalzstellen) sind durch salzhaltiges Wasser beeinflußte, meist als Feuchtgrünland ausgebildete Standorte mit salzliebenden oder -toleranten Pflanzenarten.

Damit sind geschützt:

  • alle natürlichen Binnensalzstellen unabhängig von ihrer Flächengröße und der Anzahl vorkommender salzliebender oder -toleranter Arten

Damit sind nicht geschützt:

  • anthropogene Salzpflanzenvorkommen an Straßenrändern und Bahndämmen infolge Laugenausbringung

3.1.1 Erläuterungen:

Binnensalzstellen gehören zu den geologisch-botanischen Besonderheiten Brandenburgs und entstehen durch Aufsteigen von Solen aus den stellenweise nur wenige hundert Meter unter der Oberfläche anstehenden Zechsteinsalzen.

3.1.2 Seltenheit/Gefährdung:

Binnensalzstellen sind in Brandenburg sehr selten und extrem gefährdet.

3.1.3 Pflanzengesellschaften:

  • echte Salzwiesen-Gesellschaften der Klasse Asteretea tripolii sowie Gesellschaften der Klasse Bolboschoenetea

3.1.4 Kennzeichnende Pflanzenarten:

Glaux maritima (Strand-Milchkraut), Juncus gerardii (Salz-Binse), Triglochin maritimum (Strand-Dreizack), Lotus tenuis (Salz-Hornklee), Carex distans (Entferntährige Segge), Bolboschoenus maritimus (Gemeine Strandsimse), Schoenoplectus tabernaemontani (Salz-Teichsimse), Eleocharis uniglumis (Einspelzige Sumpfsimse), Aster tripolium (Strand-Aster), Apium graveolens (Sellerie)

3.1.5 Kennzeichnende Tierarten:

Hier nur einige, mehr oder weniger spezialisierte Insektenarten; ansonsten in Brandenburg keine Ausprägung besonderer Tierlebensgemeinschaften; in der Regel Arten der nassen bis wechselfeuchten Wiesen und Weiden sowie der Röhrichte, Gräben und Kleingewässer

Wanzen (Heteroptera): Salda littoralis, Käfer (Coleoptera): Kanalkäfer (Amara convexiuscula), verschiedene Kurzflügler, unter anderem Carpelimus ganglbaueri, Philonthus salinus

3.1.6 Biotoptyp nach Kartieranleitung:

11110 Binnensalzstellen (AS)

3.2 Borstgrasrasen

Borstgrasrasen sind ungedüngte, nährstoffarme, oft unregelmäßig gemähte oder beweidete Rasen auf stark sauren, mäßig trockenen bis feuchten Standorten mit dominanten Beständen des Borstgrases (Nardus stricta).

Damit sind geschützt:

  • alle Borstgrasrasen > 25 Quadratmeter, in denen neben dem Borstgras mindestens eine weitere charakteristische Art vorkommt

Damit sind nicht geschützt:

  • Kleinstflächen mit Vorkommen von Nardus stricta ohne weitere charakteristische Arten der Borstgrasrasen

3.2.1 Erläuterungen:

Borstgrasrasen sind in größerer Ausdehnung und typischer Ausprägung fast ausschließlich im montanen Bereich anzutreffen. In Brandenburg sind sie nur noch in Fragmenten in der Prignitz und der Niederlausitz vorhanden und kommen in der Regel gemeinsam mit anderen geschützten Biotoptypen (Pfeifengraswiesen, Trockenrasen) vor. Neben dem Borstgras gehört das Bergwohlverleih (Arnica montana), welches landesweit nur noch in der Niederlausitz vorkommt, zu den charakteristischen Arten dieser Gesellschaft.

3.2.2 Seltenheit/Gefährdung:

Borstgrasrasen sind aufgrund ihrer extremen Seltenheit in Brandenburg gefährdet und nach der FFH-Richtlinie als prioritäre Lebensräume besonders geschützt.

3.2.3 Pflanzengesellschaften:

  • Gesellschaften der Klasse Nardo-Callunetea (O Nardetalia)

3.2.4 Kennzeichnende Pflanzenarten:

Nardus stricta (Borstgras), Potentilla erecta (Blutwurz), Carex leporina (Hasenpfoten-Segge), Viola canina (Hunds-Veilchen), Arnica montana (Arnika), Polygala vulgaris (Gemeines Kreuzblümchen), Luzula campestris (Gemeine Hainsimse), Pedicularis sylvatica (Wald-Läusekraut)

3.2.5 Kennzeichnende Tierarten:

Je nach Feuchteverhältnissen Arten der Sandtrockenrasen, bodensauren Naß- und Feuchtwiesen sowie der Sandheiden

3.2.6 Biotoptypen nach Kartieranleitung:

05114 Borstgrasrasen feuchter Ausprägung (GMB)
05121 Sandtrockenrasen (einschl. offene Sandstandorte und Borstgrasrasen trockener Ausprägung) (GTS)

3.3 Trockenrasen

Trockenrasen sind ungedüngte, meist kurzrasige oder lückige Grasfluren auf basenarmen bis basenreichen trockenen und warmen Böden.

Damit sind geschützt:

  • Sandtrockenrasen > 250 Quadratmeter unabhängig von ihrem Entwicklungsstadium, also auch offene, nahezu vegetationsfreie Sandflächen mit Trockenrasen-Pionierfluren, Trockenrasenstreifen an Weg-, Wald- und Feldrändern und in Nachbarschaft anderer Biotoptypen unabhängig von ihrer Bewirtschaftung sowie aufgelassenes Grasland und Hochstaudenfluren mit charakteristischen Arten der Trockenrasen, sofern der Anteil der kennzeichnenden Arten an der Gesamtartenzahl oder Vegetationsbedeckung mindestens 25 vom Hundert ausmacht
  • alle basiphilen, kontinentalen bis subkontinentalen Trocken- und Halbtrockenrasen > 25 Quadratmeter, in denen mindestens eine charakteristische Art auf der Fläche regelmäßig vorkommt
  • Staudenfluren und -säume trockenwarmer Standorte > 100 Quadratmeter als Sukzessionsstadien verschiedener Trockenrasengesellschaften

Damit sind nicht geschützt:

  • Sand-Ruderalfluren, in denen Sandtrockenrasenarten in bezug auf die Gesamtartenzahl oder den Anteil an der Vegetationsbedeckung weniger als 25 vom Hundert ausmachen
  • Ackerbrachen auf Stillegungsflächen mit Vorkommen einzelner Trockenrasenarten

3.3.1 Erläuterungen:

In Brandenburg können die relativ weit verbreiteten Sandtrockenrasen von den auf kalkhaltigeren (Geschiebemergel-) Böden vorkommenden basiphilen oder Kalktrockenrasen getrennt werden. Basiphile Trockenrasen sind ungedüngte Grasfluren auf trockenen bis mäßig trockenen, basen- und/oder kalkreichen Standorten und zählen zu den kontinental getönten Trockenrasengesellschaften. Sie unterscheiden sich mit ihrer dichten Pflanzendecke und meist höheren Artenzahl von den Sandtrockenrasen. Ihre Hauptverbreitung liegt in den östlichen Teilen Brandenburgs, insbesondere an den Abhängen des Odertals und Oderbruchs sowie einiger Seitentäler. Während hier stellenweise relativ großflächige Steppenrasen mit zahlreichen kontinentalen Arten vorkommen, beschränkt sich ihre Verbreitung weiter westlich auf meist kleine Flächen im Bereich exponierter Hangkuppen und steiler Südhänge. Überall in Brandenburg finden sich Übergänge zwischen basiphilen und Sandtrockenrasen. Den Trockenrasen zugeordnet werden Sand-Pionierfluren, aufgelassenes Grasland trockener Standorte und licht- und wärmebegünstigte Staudenfluren an südexponierten Waldrändern oder trockenen Waldgrenzstandorten.

3.3.2 Seltenheit/Gefährdung:

Sandtrockenrasen sind in Brandenburg relativ häufig, jedoch aufgrund unterschiedlichster Einflüsse (unter anderem Eutrophierung, Nutzungsauflassung, Bebauung) gefährdet. Da sie in Norddeutschland in dieser Ausprägung nur in Brandenburg und im südöstlichen Mecklenburg-Vorpommern vorkommen, ergibt sich eine besondere Verpflichtung zu ihrem Erhalt.

Kontinentale Trockenrasen sind in ihrer Verbreitung weitgehend auf das Odergebiet und wenige exponierte Standorte in Mittel- und Nordbrandenburg beschränkt und daher wegen Seltenheit gefährdet.

3.3.3 Pflanzengesellschaften:

  • Sandtrockenrasen mit Verbänden der Klasse Sedo-Scleranthetea (V Corynephorion canescentis, V Koelerion glaucae, V Armerion elongatae, V Thero-Airion)
  • Kalktrockenrasen (Basiphile Trockenrasen, kontinental getönte Trocken- und Halbtrockenrasen, Steppenrasen) mit Verbänden der Klasse Festuco-Brometea (V Bromion, V Mesobromion, V Festuco-Stipion, V Cirsio-Brachypodion)
  • Staudenfluren und -säume trockenwarmer Standorte mit Gesellschaften der Klasse Trifolio-Geranietea sanguinei

3.3.4 Kennzeichnende Pflanzenarten:

Sandtrockenrasen:

Carex arenaria (Sand-Segge), C. ligerica (Französische Segge), Corynephorus canescens (Silbergras), Spergula morisonii (Frühlings-Spergel), Teesdalia nudicaulis (Bauernsenf), Sedum acre (Scharfer Mauerpfeffer), Helichrysum arenarium (Sand-Strohblume), Jasione montana (Berg-Jasione), Ornithopus perpusillus (Vogelfuß), Scleranthus perennis (Ausdauernder Knäuel), S. annuus (Einjähriger Knäuel), Festuca ovina s.str. (Echter Schafschwingel), Festuca trachyphylla (Rauhblatt-Schwingel), F. psammophila (Sand-Schwingel), Koeleria glauca (Blaugrünes Schillergras), Thymus serpyllum (Sand-Thymian), Artemisia campestris (Feld-Beifuß), Armeria elongata (Gemeine Grasnelke), Agrostis tenuis (Rot-Straußgras), Rumex acetosella (Kleiner Ampfer), Hieracium pilosella (Kleines Habichtskraut), Cerastium arvense (Acker-Hornkraut), Dianthus deltoides (Heide-Nelke), D. arenarius (Sand-Nelke), D. carthusianorum (Kartäuser-Nelke), Silene otites (Ohrlöffel-Leimkraut), S. chlorantha (Grünblütiges Leimkraut), Aira praecox (Frühe Haferschmiele), A. caryophyllea (Nelken-Haferschmiele), Spergularia rubra (Rote Schuppenmiere)

Kalktrockenrasen (Basiphile Trockenrasen, kontinental getönte Trocken- und Halbtrockenrasen, Steppenrasen):

Stipa capillata (Pfriemengras), S. pennata agg. (Federgras), Carex caryophyllea (Frühlings-Segge), C. humilis (Zwerg-Segge), C. supina (Niedrige Segge), Filipendula vulgaris (Kleines Mädesüß), Salvia pratensis (Wiesen-Salbei), Sanguisorba minor (Kleiner Wiesenknopf), Adonis vernalis (Frühlings-Adonisröschen), Aster linosyris (Goldhaar-Aster), Potentilla arenaria (Sand-Fingerkraut), Pulsatilla pratensis (Wiesen-Küchenschelle), Scabiosa canescens (Graue Skabiose), Silene otites (Ohrlöffel-Leimkraut), Thesium linophyllon (Mittleres Vermeinkraut), Anemone sylvestris (Großes Windröschen), Orobanche caryophyllacea (Gemeine Sommerwurz), Peucedanum cervaria (Hirschwurz), Oxytropis pilosa (Steppen-Fahnenwicke), Prunella grandiflora (Großblütige Braunelle), Scorzonera purpurea (Violette Schwarzwurzel), Campanula sibirica (Sibirische Glockenblume), C. bononiensis (Bologneser Glockenblume), C. rapunculus (Rapunzel-Glockenblume)

Staudenfluren und -säume trockenwarmer Standorte:

Geranium sanguineum (Blut-Storchschnabel), Peucedanum oreoselinum (Berg-Haarstrang), P. cervaria (Hirschwurz), Fragaria viridis (Knack-Erdbeere), Polygonatum odoratum (Duftende Weißwurz, Salomonssiegel), Origanum vulgare (Gemeiner Dost), Vicia tenuifolia (Schmalblättrige Vogel-Wicke), Scabiosa canescens (Graue Skabiose), Hypericum perforatum (Tüpfel-Hartheu)

3.3.5 Kennzeichnende Tierarten:

Vögel (Aves): Upupa epops (Wiedehopf), Anthus campestris (Brachpieper), Sylvia nisoria (Sperbergrasmücke), Kriechtiere (Reptilia): Coronella austriaca (Glattnatter), Lacerta agilis (Zauneidechse), Lurche (Amphibia): Bufo calamita (Kreuzkröte), Schmetterlinge (Lepidoptera): Cucullia artemisiae (Beifußmönch), Hyles euphorbiae (Wolfsmilchschwärmer), Hautflügler (Hymenoptera): Megachile pilidens (Blattschneiderbiene), Coelioxys afra (Kegelbiene), Grabwespen zum Beispiel Ammophila pubescens (Sandwespe), Dinetus pictus, Nysson niger, Käfer (Coleoptera): Cicindela hybrida (Brauner Sandlaufkäfer), Harpalus autumnalis (Herbst-Schnelläufer), H. flavescens (Gelber Schnelläufer), Heuschrecken (Saltatoria):

Metrioptera bicolor (Zweifarbige Beißschrecke), Oedipoda caerulescens (Blauflügelige Ödlandschrecke), Gryllus campestris (Feldgrille), Chorthippus biguttulus (Nachtigall-Grashüpfer), Omocestus haemorrhoidalis (Rotleibiger Grashüpfer), Ohrwürmer (Dermaptera): Labidura riparia (Sandohrwurm), Spinnen (Arachnida): Atypus muralis (Tapezierspinne), Zodarion rubidum (Ameisenjäger), Arctosa perita (Wolfsspinne), Weichtiere (Mollusca): Chondrula tridens (Dreizähnige Vielfraßschnecke), Helicella obvia (Weiße Heideschnecke)

3.3.6 Biotoptypen nach Kartieranleitung:

05121 Sandtrockenrasen (einschl. offene Sandstandorte und Borstgrasrasen trockener Ausprägung) (GTS)
          051211 Silbergrasreiche Pionierfluren (GTSC)
051212 Grasnelken-Fluren und subkontinentale Schafschwingel-Rasen (GTSA)
051213 Kleinschmielen-Pionierfluren und (sub-) atlantische Schafschwingelrasen (GTSK)
05122 Basiphile Xerothermrasen (einschließlich kontinental getönte Trocken- und Halbtrockenrasen, Steppenrasen) (GTK)
051221 Kontinentale Steppenrasen (GTKK)
051222 Subkontinentale Trocken- und Halbtrockenrasen, Wiesensteppen (GTKS)
05133 Aufgelassenes Grasland trockener Standorte (GAT)
05143 Staudenfluren (Säume) trockenwarmer Standorte (GST)

3.4 Binnendünen

Binnendünen sind durch den Wind aufgeschüttete Sandablagerungen des Binnenlandes mit verschiedenartiger Vegetation.

Damit sind geschützt:

  • alle offenen Binnendünen mit mindestens 30 vom Hundert nicht von Gehölzen bedeckter Fläche
  • alle Dünensandaufwehungen mit einer Mächtigkeit von > 3 Metern unabhängig von der Vegetationsbedeckung (auch aufgeforstete Flächen)

Damit sind nicht geschützt:

  • flachgründige Sandaufwehungen und Flugsanddecken (< 3 Meter Mächtigkeit), sofern sie nicht als offene Binnendünen mit mindestens 30 vom Hundert gehölzarmer Fläche anzusprechen sind und keine Vegetationseinheiten anderer geschützter Biotope (insbesondere Flechten-Kiefernwälder, Kiefern- und Eichentrockenwälder als Restbestockungen von natürlichen Waldgesellschaften, Trockenrasen, Heiden) aufweisen

3.4.1 Erläuterungen:

Als Bildungen der Nacheiszeit stellen Binnendünen wertvolle geomorphologische Formen dar, die es als solche unabhängig von ihrer Vegetationsbedeckung unbedingt zu erhalten gilt. Viele Dünen wurden aufgeforstet, unterliegen aber dennoch dem Schutz des § 32 BbgNatSchG. Häufig umfassen sie einen Komplex verschiedener Biotope (zum Beispiel Trockenrasen, Heiden, Flechten-Kiefernwälder und -forsten, Kiefern- und Eichentrockenwälder), ohne jedoch eigene Vegetationseinheiten aufzuweisen. Hier sei auf die Beschreibungen der entsprechenden Biotope an anderer Stelle verwiesen.

3.4.2 Seltenheit/Gefährdung:

Brandenburg ist naturgemäß reich an Binnendünen, diese wurden jedoch zumeist aufgeforstet. Binnendünen mit offenen Abschnitten sind aufgrund ihrer Seltenheit besonders gefährdet.

3.4.3/3.4.4 Pflanzengesellschaften/Kennzeichnende Pflanzenarten:

siehe Trockenrasen, Heiden, Gebüsche und Baumbestände trockenwarmer Standorte, Flechten-Kiefernwälder, Kiefern- und Eichentrockenwälder

3.4.5 Kennzeichnende Tierarten:

Arten der Trockenrasen sowie der Wälder und Gebüsche trockenwarmer Standorte

3.4.6 Biotoptypen nach Kartieranleitung:

11120 Binnendünen (AD)
11121 mit offenen Abschnitten, Deckung der Gehölze < 30 vom Hundert (ADO)
11122 bewaldet, Deckung der Gehölze > 30 vom Hundert (ADW)

3.5 Zwergstrauch- und Wacholderheiden

Unter Zwergstrauchheiden werden in Brandenburg dominante Bestände typischer Heidearten (Besenheide, Glockenheide, Besenginster, Krähenbeere, Ginster) zusammengefaßt. Als Wacholderheiden und -gebüsche werden vom Gemeinen Wacholder (Juniperus communis) geprägte, lichte Gebüsche über zumeist sauren Standorten bezeichnet.

Damit sind geschützt:

  • Trockenheiden > 50 Quadratmeter mit Vorkommen mindestens einer charakteristischen Heideart (Calluna, Sarothamnus, Genista), die einzeln oder in Summe mehr als 25 vom Hundert der Vegetationsbedeckung ausmachen
  • Feucht- und Moorheiden mit Erica tetralix unabhängig von ihrer Größe
  • Wacholderbestände mit mindestens 5 in räumlichem Zusammenhang stehenden Büschen

Damit sind nicht geschützt:

  • gepflanzte Bestände von gärtnerisch gezüchteten Sorten oder nichtheimischen Arten beziehungsweise Unterarten

3.5.1 Erläuterungen:

Besenheide-Gesellschaften können oft mosaikartig im Wechsel mit verschiedenen Trockenrasengesellschaften ausgebildet sein. Besenginsterheiden sind von Sarothamnus scoparius geprägte Flächen auf relativ trockenen, schwach sauren Standorten. Sie stehen oft in engem Kontakt zu Trockenrasen- und Heidegesellschaften. Feucht- und Moorheiden sind typische atlantisch-subatlantische Gesellschaften der Moore und anmoorigen Sandböden. Echte, atlantisch geprägte Moorheiden mit Erica tetralix sind in Brandenburg nicht oder nur sehr kleinflächig und fragmentarisch (Niederlausitz, Prignitz) vorhanden. Die Heidekraut-Erica-Heide (Calluno-Ericetum tetralicis) ist in ihrem Vorkommen deutschlandweit auf die Lausitz beschränkt.

Flächen mit einer geringeren Deckung der Heidearten können als Trockenrasen, Gebüsche und Baumbestände trockenwarmer Standorte oder Restbestockungen von natürlichen Waldgesellschaften geschützt sein, sofern sie den dort genannten Kriterien genügen.

3.5.2 Seltenheit/Gefährdung:

Zwergstrauch- und Wacholderheiden sind aufgrund ihrer Seltenheit gefährdet.

3.5.3 Pflanzengesellschaften:

  • Klasse Vaccinio-Juniperetea mit den Verbänden Genisto-Callunion, Sarothamnion, Ericion tetralicis und Empetrion boreale

3.5.4 Kennzeichnende Pflanzenarten:

Trockenheiden:

Calluna vulgaris (Heidekraut, Besenheide), Genista pilosa (Haar-Ginster), Sarothamnus scoparius (Besenginster), Juniperus communis (Gemeiner Wacholder), Deschampsia flexuosa (Draht-Schmiele), Danthonia decumbens (Dreizahn), Corynephorus canescens (Silbergras)

Feucht- und Moorheiden:

Erica tetralix (Glocken-Heide), Empetrum nigrum (Gemeine Krähenbeere), Drosera rotundifolia (Rundblättriger Sonnentau), Molinia caerulea (Pfeifengras), Sphagnum spp. (Torfmoos)

3.5.5 Kennzeichnende Tierarten:

Vögel (Aves): Lyrurus tetrix (Birkhuhn), Caprimulgus europaeus (Ziegenmelker), Lullula arborea (Heidelerche), Anthus campestris (Brachpieper), Oenanthe oenanthe (Steinschmätzer), Kriechtiere (Reptilia): Coronella austriaca (Glattnatter), Lacerta agilis (Zauneidechse), Schmetterlinge (Lepidoptera): Chesias rufata (Quergebänderter Kolbenschenkelspanner), Eupithecia goossensiata (Heidekraut-Blütenspanner), Plebejus argus (Tiefblauer Silberfleck-Bläuling), Hautflügler

(Hymenoptera): u. a. Oxybelus mandibularis, Cerceris arenarius, Bembix rostrata (Grabwespen), Colletes succinctus (Heidekraut-Seidenbiene), Käfer (Coleoptera): Bradycellus ruficollis (Rothals-Rundbauchläufer), Strophosoma fulvicorne (Trapezrüssler), Heuschrecken (Saltatoria): Decticus verrucivorus (Warzenbeißer), Platycleis albopunctata (Westliche Beißschrecke), Stenobothrus lineatus (Heidegrashüpfer), Myrmeleotettix maculatus (Gefleckte Keulenschrecke), Spinnen (Arachnida): Eresus niger (Schwarze Röhrenspinne)

3.5.6 Biotoptypen nach Kartieranleitung:

06100 Zwergstrauchheiden (HZ)
         06101 Feucht- und Moorheiden (HZM)
         06102 trockene Sandheiden (HZS)
06110 Besenginsterheiden (HG)
06120 Wacholdergebüsche (HW)

4. Gebüsche und Baumbestände trockenwarmer Standorte, Magerrasen, Lesesteinhaufen und Streuobstbestände

4.1 Gebüsche und Baumbestände trockenwarmer Standorte

Als Laubgebüsche trockenwarmer Standorte werden Gebüsche auf mehr oder weniger trockenen Standorten bezeichnet, die als Sukzessionsstadien von Trockenrasen zu wärmegetönten Wäldern überleiten. Als Baumbestände trockenwarmer Standorte sind vor allem Eichenmischwälder mit einer artenreichen Krautschicht an flachgründigen und südexponierten Stellen zu zählen.

Damit sind geschützt:

  • Flächen > 100 Quadratmeter (Gebüsche) bzw. > 400 Quadratmeter (Baumbestände), in denen eine der unter 4.1.3 genannten Pflanzengesellschaften mindestens 50 vom Hundert deckt
  • Flächen, in denen neben den charakteristischen Gehölzarten mindestens zwei kennzeichnende Arten der Bodenflora regelmäßig, das heißt, nicht nur in Einzelexemplaren vorkommen

Damit sind nicht geschützt:

  • Gebüsche und Baumbestände trockenwarmer Standorte, in denen nicht wenigstens zwei kennzeichnende Arten der Bodenflora vorkommen
  • nicht standortgerechte Pflanzungen von Schlehe, Gemeiner Berberitze oder Kreuzdorn

4.1.1 Erläuterungen:

Baumbestände trockenwarmer Standorte sind mitunter niederwüchsig oder buschartig und zum Teil aus ehemaligen Niederwäldern hervorgegangen. Durch das Vorkommen zahlreicher Sandtrockenrasen- beziehungsweise Steppenrasenarten sind sie zumeist gut charakterisiert. Als Kiefern-Trockenwälder oder Kiefern-Steppenwälder werden von Kiefern beherrschte, lichte Wälder trockenwarmer Standorte mit einer artenreichen Krautflora bezeichnet. Diese oft von Trockenrasen begleiteten Wälder kommen sehr selten in den subkontinental-kontinental geprägten Gebieten Ostbrandenburgs vor. Die artenarmen Flechten-Kiefernwälder und -forsten mit einem hohen Strauchflechtenanteil sind in Brandenburg auf trockene und sehr nährstoffarme Sandstandorte der Binnendünen und Talsandflächen beschränkt. Sie sind auch außerhalb natürlicher Kiefernwaldgebiete auf degradierten Laubwaldstandorten zu finden.

Gehölzreiche Sukzessionsstadien von Trockenrasen unterschiedlicher Ausprägung sind als Trockenrasen geschützt.

4.1.2 Seltenheit/Gefährdung:

Gebüsche und Baumbestände trockenwarmer Baumbestände besitzen ähnlich wie kontinentale Trockenrasen eine sehr begrenzte Verbreitung und sind daher wegen Seltenheit gefährdet. Lediglich Flechten-Kiefernwälder sind in Gebieten mit anstehenden nährstoffarmen Sanden verbreiteter, aufgrund der allgemeinen Eutrophierung sind diese jedoch durch zunehmende Vergrasung gefährdet.

4.1.3 Pflanzengesellschaften:

  • Trockengebüsche mit Gesellschaften des Verbandes Berberidion vulgaris
  • Eichenwälder trockenwarmer Standorte mit Verbänden der Klasse Peucedano-Quercetea (V Dactylido-Quercion, V Euphorbio-Quercion, V Peucedano-Quercion)
  • Kiefern-Trockenwälder mit Gesellschaften der Klasse Pulsatillo-Pinetea (bzw. Erico-Pinetea)
  • Flechten-Kiefernwälder und -forsten mit dem Verband Cladonio-Pinion

4.1.4 Kennzeichnende Pflanzenarten:

Trockengebüsche:

Prunus spinosa (Schlehe), Rhamnus cathartica (Purgier-Kreuzdorn), Crataegus spp. (Weißdorn), Brachypodium pinnatum (Fieder-Zwenke), Viola hirta (Rauhhaar-Veilchen), Agrimonia eupatoria (Kleiner Odermennig)

Eichenwälder trockenwarmer Standorte:

Quercus robur (Stiel-Eiche), Rhamnus cathartica (Purgier-Kreuzdorn), Prunus spinosa (Schlehe), Rosa canina (Hunds-Rose), Galium verum (Echtes Labkraut), Achillea millefolium (Gemeine Schafgarbe), Euphorbia cyparissias (Zypressen-Wolfsmilch), Hypericum perforatum (Tüpfel-Hartheu), Sedum maximum (Große Fetthenne), Agrostis tenuis (Rot-Straußgras), Poa angustifolia (Schmalblättriges Rispengras), Festuca trachyphylla (Rauhblatt-Schwingel), Brachypodium pinnatum (Fieder-Zwenke)

Kieferntrockenwälder:

Pinus sylvestris (Gemeine Kiefer), Quercus robur (Stiel-Eiche), Q. petraea (Trauben-Eiche), Festuca ovina s.str. (Echter Schafschwingel), Hieracium pilosella (Kleines Habichtskraut), H. umbellatum (Dolden-Habichtskraut), Rumex acetosella (Kleiner Ampfer), Deschampsia flexuosa (Draht-Schmiele), Calluna vulgaris (Heidekraut), Corynephorus canescens (Silbergras), Festuca trachyphylla (Rauhblatt-Schwingel), Stipa capillata agg. (Pfriemengras)

Flechten-Kiefernwälder und -forsten:

Pinus sylvestris (Gemeine Kiefer), Calluna vulgaris (Heidekraut, Besenheide), Cladonia arbuscula, C. mitis, C. rangiferina, C. chlorophaea, C. gracilis, C. furcata, Dicranum scoparium (Gabelzahnmoos)

4.1.5 Kennzeichnende Tierarten:

Je nach Standort verschiedene Arten der Trockenrasen, Säume und Wälder trockener Standorte, zum Teil aber auch auf die spezifische Biotopstruktur angewiesene Arten, wie zum Beispiel der in Brandenburg sehr seltene Segelfalter (Iphiclides podalirius)

4.1.6 Biotoptypen nach Kartieranleitung:

07103 Laubgebüsche trockenwarmer Standorte (BLT)
08200 Eichenmischwälder trockenwarmer Standorte (WT)
08210 Kiefernwälder und -forsten trockenwarmer Standorte (WK)
08230 Flechten-Kiefernwälder und -forsten (WF)

4.2 Magerrasen

Magerrasen sind ein Sammelbegriff für nährstoffarme Grünlandgesellschaften unterschiedlicher Standorte (Sandtrockenrasen, basiphile Trockenrasen, Halbtrockenrasen, nährstoffarme Feuchtwiesen, Borstgrasrasen etc.). Die entsprechenden Beschreibungen finden sich unter den Biotoptypen Trockenrasen, Borstgrasrasen beziehungsweise Feuchtwiesen.

4.3 Lesesteinhaufen

Als Lesesteinhaufen werden die meist in unmittelbarer Nähe zu landwirtschaftlich genutzten Flächen abgelagerten Ansammlungen von Feldsteinen bezeichnet.

Damit sind geschützt:

  • Lesesteinhaufen von mindestens 2 Quadratmetern Größe
  • Lesesteinwälle mit einer Länge von mindestens 5 Metern unabhängig von ihrer Breite

Damit sind nicht geschützt:

  • Bauschuttablagerungen
  • Steinhaufen in Hausgärten

4.3.1 Erläuterungen:

Nicht selten sind Lesesteinansammlungen als Steinwälle entlang von Waldkanten oder von Wegen, kombiniert mit Hecken oder Baumreihen, zu finden. Oft sind sie von Gehölzen oder Staudenfluren überwachsen, nur jüngere Ansammlungen sind noch weitgehend vegetationsfrei. Lesesteinhaufen sind unabhängig von ihrem Bewuchs geschützt.

4.3.2 Seltenheit/Gefährdung:

Lesesteinhaufen sind in Brandenburg gebietsweise relativ häufig, jedoch potentiell durch Entnahme gefährdet.

4.3.3/4.3.4 Pflanzengesellschaften/Kennzeichnende Pflanzenarten:

Lesesteinhaufen weisen als Kleinstbiotope keine speziellen Vegetationseinheiten oder Pflanzenarten auf.

4.3.5 Kennzeichnende Tierarten:

Säugetiere (Mammalia): Crocidura leucodon (Feldspitzmaus), Mustela nivalis (Mauswiesel), Vögel (Aves): Oenanthe oenanthe (Steinschmätzer), Kriechtiere (Reptilia): Lacerta agilis (Zauneidechse), Hautflügler (Hymenoptera): Osmia anthocopoides (Mauerbiene)

4.3.6 Biotoptypen nach Kartieranleitung:

11160 Steinhaufen und -wälle (AH)
         11161 unbeschattet (AHU)
         11162 mit Gehölzen (AHB)

4.4 Streuobstbestände

Streuobstbestände sind flächige Bestände überwiegend langlebiger, starkwüchsiger und großkroniger Obstbäume mit landschaftsprägender Bedeutung.

Damit sind geschützt:

  • flächige Obstbestände mit mindestens zehn in räumlichem Zusammenhang stehenden langlebigen, starkwüchsigen und großkronigen Obstbäumen unabhängig von ihrem Alter und ihrer Vitalität

Damit sind nicht geschützt:

  • intensiv bewirtschaftete Obstanlagen
  • Obstbestände in Hausgärten bis zu 0,25 Hektar

4.4.1 Erläuterungen:

Eine ausschließliche Grünlandnutzung ist nicht zwingend erforderlich. Streuobstwiesen, die extensiv gemäht oder beweidet werden, gehören in Brandenburg zu den eher seltenen und damit hochwertigsten Landschaftselementen.

4.4.2 Seltenheit/Gefährdung:

Entgegen weit verbreiteter Meinungen sind Streuobstbestände für Brandenburg durchaus typisch und noch relativ häufig. Sie sind jedoch meist relativ kleinflächig und befinden sich in der Regel in oder am Rand der Ortslagen. Aufgrund dieser Lage sowie ausbleibender Nutzung und Pflege sind zahlreiche Bestände stark gefährdet.

4.4.3/4.4.4 Pflanzengesellschaften/Kennzeichnende Pflanzenarten:

Bei Streuobstbeständen handelt es sich um stark kulturgeprägte Biotope. Kennzeichnend sind Obstbaumarten (oft alte Regionalsorten von Apfel, Birne, Kirsche und Pflaume). Im Unterwuchs herrschen in der Regel Arten des Grünlandes und der Staudenfluren vor.

4.4.5 Kennzeichnende Tierarten:

Vögel (Aves): Athene noctua (Steinkauz), Upupa epops (Wiedehopf), Picus viridis (Grünspecht), Jynx torquilla (Wendehals), Phoenicurus phoenicurus (Gartenrotschwanz), Sylvia communis (Dorngrasmücke), Carduelis carduelis (Stieglitz), Arten der Laubmischwälder, Waldränder und Lichtungen, zum Beispiel Hautflügler (Hymenoptera): Vespa crabro (Hornisse), Käfer (Coleoptera): Cerambyx scopolii (Kleiner Heldbock), Heuschrecken (Saltatoria): Meconema thalassinum (Eichenschrecke)

4.4.6 Biotoptypen nach Kartieranleitung:

07171 genutzte Streuobstwiesen (BSG)
07172 genutzte Altobstbestände mit unterschiedlichem Unterwuchs (BSN)
07173 aufgelassene Streuobstwiesen (BSA)
07174 aufgelassene Altobstbestände (BSO)

5. Bruch-, Moor-, Au- und Hangwälder sowie andere Restbestockungen von natürlichen Waldgesellschaften

5.1 Moor- und Bruchwälder

Hierunter werden alle Wälder auf sehr nassen, anmoorigen bis moorigen Standorten unterschiedlicher Trophie zusammengefaßt.

Damit sind geschützt:

  • natürliche und standortgerecht aufgeforstete Bestände von Erlen, Kiefern, Birken oder Eschen (Kiefern- und Birken-Moorwälder > 500 Quadratmeter, Erlen-Bruch- und Erlen-Eschen-Wälder > 1000 Quadratmeter) auf moorigen bis anmoorigen oder sumpfigen sowie quelligen Standorten, die sich einer der genannten Pflanzengesellschaften zuordnen lassen, mindestens 50 vom Hundert der Fläche decken und in denen neben den charakteristischen Gehölzarten mindestens 2 kennzeichnende Arten regelmäßig, das heißt nicht in Einzelexemplaren vorkommen

Damit sind nicht geschützt:

  • Pflanzungen nichtheimischer Arten auf anmoorigen Böden (zum Beispiel Grauerle etc.)

5.1.1 Erläuterungen:

Zu dieser Gruppe geschützter Biotope zählen Kiefern-Moorwälder, Birken-Moorwälder und Birken-Bruchwälder sowie Erlen-Bruchwälder, des weiteren die Erlen-Eschenwälder, die bereits zu den Auwäldern des Verbandes Alno-Ulmion überleiten. Kiefern-Moorwälder sind auf nährstoff- und basenarmen, moorigen oder seltener anmoorigen Standorten zu finden. Sie entstehen durch natürliche Sukzession aus offenen Moorgesellschaften und haben mit diesen zumeist noch mehrere Pflanzenarten gemeinsam. Kennzeichnend sind die Vorkommen verschiedener Zwergsträucher aus der Familie der Heidekrautgewächse (Ericaceae). Birken-Moorwälder und Birken-Bruchwälder kommen auf nährstoff- und basenarmen Moorstandorten vor. Erlen-Bruchwälder sind als natürliche Waldgesellschaften auf nährstoff- und basenreicheren, moorigen oder anmoorigen Standorten charakteristisch. Sie können durch Nutzungsauflassung von Feuchtwiesen neu entstehen. Erlen-Eschen-Wälder stocken in Bachauen und Moorniederungen sowie an feuchten, flach abfallenden und quellwasserbeeinflußten Hängen, welche zeitweilig überflutet oder durch sehr hohe Grundwasserstände geprägt sind.

Gehölzgeprägte Moore, Sümpfe oder Quellbereiche, die noch nicht als Moor- oder Bruchwälder anzusprechen sind, unterliegen dem Schutz nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BbgNatSchG. Übergangsmoore sind nach der geologischen Definition unabhängig von ihrer Vegetationsbedeckung geschützt.

5.1.2 Seltenheit/Gefährdung:

Moorwälder sind in Brandenburg zumeist kleinflächig vorhanden und nur in waldreichen Jungmoränengebieten gebietsweise etwas häufiger und insgesamt stark gefährdet. Erlen-Bruchwälder sind für Brandenburg besonders typisch und gebietsweise häufig. Sie unterliegen dennoch einer gewissen Gefährdung, was insbesondere auf nährstoffärmere Ausprägungen zutrifft.

5.1.3 Pflanzengesellschaften:

  • Kiefern-Moorwälder mit Gesellschaften der Klasse Vaccinio-Piceetea (V Ledo-Pinion)
  • Birken-Bruchwälder mit dem Verband Betulion pubescentis
  • Erlen-Bruchwälder mit Gesellschaften der Klasse Alnetea glutinosae
  • Erlen-Eschen-Wälder mit Gesellschaften der Klasse Querco-Fagetea (V Alno-Ulmion); zum Teil syn. Klasse Geranio-Fraxinetea excelsae

5.1.4 Kennzeichnende Pflanzenarten:

Kiefern-Moorwälder:

Pinus sylvestris (Gemeine Kiefer), Betula pubescens (Moor-Birke), Ledum palustre (Sumpf-Porst), Eriophorum vaginatum (Scheidiges Wollgras), E. angustifolium (Schmalblättriges Wollgras), Carex lasiocarpa (Faden-Segge), Vaccinium myrtillus (Heidelbeere), V. uliginosum (Rauschbeere), Oxycoccus palustris (Gemeine Moosbeere), Andromeda polifolia (Rosmarinheide), Sphagnum spp. (Torfmoos)

Birken-Moorwälder und Birken-Bruchwälder:

Betula pubescens (Moor-Birke), Pinus sylvestris (Gemeine Kiefer), Frangula alnus (Faulbaum), Vaccinium myrtillus (Heidelbeere), Eriophorum vaginatum (Scheidiges Wollgras), Oxycoccus palustris (Gemeine Moosbeere), Molinia caerulea (Pfeifengras), Sphagnum spp. (Torfmoos)

Erlen-Bruchwälder:

Alnus glutinosa (Schwarz-Erle), Frangula alnus (Faulbaum), Calamagrostis canescens (Sumpf-Reitgras), Solanum dulcamara (Bittersüßer Nachtschatten), Carex elongata (Langährige Segge), Carex acutiformis (Sumpf-Segge), Lysimachia vulgaris (Gemeiner Gilbweiderich), Peucedanum palustre (Sumpf-Haarstrang), Iris pseudacorus (Wasser-Schwertlilie), Cardamine amara (Bitteres Schaumkraut), Urtica dioica (Große Brennnessel), Thelypteris palustris (Sumpffarn)

Erlen-Eschenwälder:

Alnus glutinosa (Schwarz-Erle), Fraxinus excelsior (Gemeine Esche), Carex remota (Winkel-Segge), Ribes nigrum (Schwarze Johannisbeere), Impatiens noli-tangere (Echtes Springkraut), Deschampsia cespitosa (Rasen-Schmiele), Cirsium oleraceum (Kohl-Kratzdistel), Filipendula ulmaria (Echtes Mädesüß), Anemone nemorosa (Busch-Windröschen), Galeobdolon luteum (Goldnessel), Festuca gigantea (Riesen-Schwingel), Poa trivialis (Gemeines Rispengras), Ranunculus repens (Kriechender Hahnenfuß), Chrysosplenium alternifolium (Wechselblättriges Milzkraut), Geum rivale (Bach-Nelkenwurz)

5.1.5 Kennzeichnende Tierarten:

Säugetiere (Mammalia): Clethrionomys glareolus (Rötelmaus), Sorex araneus (Waldspitzmaus), Gelbhalsmaus (Apodemus flavicollis), Vögel (Aves): Ciconia nigra (Schwarzstorch), Grus grus (Kranich), Scolopax rusticola (Waldschnepfe), Picoides minor (Kleinspecht), Parus montanus (Weidenmeise), Kriechtiere (Reptilia): Natrix natrix (Ringelnatter), Lurche (Amphibia): Rana arvalis (Moorfrosch), Schmetterlinge (Lepidoptera): Drepana curvatula (Erlen-Sichelflügel), Arichanna melanaria (Sumpfheidelbeer-Spanner), Käfer (Coleoptera): Agonum fuliginosum (Berußter Glanzflachläufer), Notiophilus palustris (Gewöhnlicher Laubläufer), Spinnen (Arachnida): Theridiosoma gemmosum (Zwergkreuzspinne), Hygrolycosa rubrofasciata (Wolfsspinne), Weichtiere (Mollusca): Perforatella bidentata (Zweizähnige Laubschnecke), Nesovitrea petronella (Weiße Streifenglanzschnecke), Columella edentula (Zahnlose Windelschnecke)

5.1.6 Biotoptypen nach Kartieranleitung:

08100 Moor- und Bruchwälder (WM)
          08101 Kiefern- (WMK)
          08102 Birken- (WMB)
          08103 Erlen- (WME)
08110 Erlen-Eschen-Wälder (WE)
08283 Vorwälder feuchter Standorte (kein Torf) (WVF)

5.2 Auwälder

Als Weichholz-Auwälder werden von Weiden und Pappeln geprägte Gehölze an nährstoffreichen Standorten der Flußauen bezeichnet.

Als Hartholz-Auwälder werden von Eichen, Ulmen, Eschen und Bergahorn geprägte Wälder gelegentlich oder periodisch überfluteter, nährstoffreicher Standorte in größeren Flußauen bezeichnet. Sie schließen sich normalerweise landseits an die Weichholz-Auwälder an.

Damit sind geschützt:

  • geschlossene Bestände von typischen Gehölzen der Weichholz-Auwälder > 400 Quadratmeter, in denen Gehölze mindestens 25 vom Hundert der Fläche decken
  • geschlossene Bestände von typischen Gehölzen der Hartholz-Auwälder > 400 Quadratmeter, in denen Gehölze mindestens 50 vom Hundert der Fläche decken
  • gemischte Gehölzbestände > 400 Quadratmeter in Flußauen, in denen die charakteristischen Auwaldgehölze mit mindestens 50 vom Hundert am Bestandsaufbau beteiligt sind

5.2.1 Pflanzengesellschaften:

  • Weichholz-Auwälder mit der Klasse Salicetea purpureae (V Salicion albae)
  • Hartholz-Auwälder mit dem Verband Alno-Ulmion

5.2.2 Seltenheit/Gefährdung:

Hartholzauwälder sind aufgrund ihrer Seltenheit extrem gefährdet. Weichholzauwälder regenerieren sich zwar derzeit insbesondere in der Oderaue, in typischer Ausprägung sind aber auch sie aufgrund ihrer Seltenheit extrem gefährdet.

5.2.3 Kennzeichnende Pflanzenarten:

Weichholz-Auwälder:

Salix alba (Silber-Weide), S. fragilis (Bruch-Weide), S. purpurea (Purpur-Weide), Populus nigra (Schwarz-Pappel), Urtica dioica (Große Brennessel), Phalaris arundinacea (Rohr-Glanzgras), Rubus caesius (Kratzbeere)

Hartholz-Auwälder:

Quercus robur (Stiel-Eiche), Fraxinus excelsior (Gemeine Esche), Ulmus minor (Feld-Ulme), U. laevis (Flatter-Ulme), Gagea lutea (Wald-Goldstern), Festuca gigantea (Riesen-Schwingel), Stachys sylvatica (Wald-Ziest), Circaea lutetiana (Großes Hexenkraut), Ranunculus ficaria (Scharbockskraut), Anemone nemorosa (Busch-Windröschen), Corylus avellana (Gemeine Hasel), Crataegus spp. (Weißdorn), Rubus caesius (Kratzbeere), Aegopodium podagraria (Giersch), Deschampsia cespitosa (Rasen-Schmiele), Glechoma hederacea (Gundermann), Galium aparine (Kleb-Labkraut), Urtica dioica (Große Brennessel)

5.2.4 Kennzeichnende Tierarten:

Säugetiere (Mammalia): Castor fiber (Biber), Vögel (Aves): Ciconia nigra (Schwarzstorch), Milvus migrans (Schwarzer Milan), Picoides minor (Kleinspecht), Picoides medius (Mittelspecht), Aegithalos caudatus (Schwanzmeise), Locustella fluviatilis (Schlagschwirl), Lurche (Amphibia): Bufo bufo (Erdkröte), Schmetterlinge (Lepidoptera): Mormo maura (Schwarzes Ordensband), Sesia apiformis (Hornissenschwärmer), Käfer (Coleoptera): Saperda carcharias (Großer Pappelbock), Elaphrus riparius (Gemeiner Raschkäfer), Heuschrecken

(Saltatoria): Conocephalus dorsalis (Kurzflügelige Schwertschrecke), Weichtiere (Mollusca): Bradybaena fruticum (Strauchschnecke)

5.2.5 Biotoptypen nach Kartieranleitung:

08120 Pappel-Weiden-Weichholz-Auwälder (WW)
08130 Stieleichen-Ulmen-Hartholz-Auwälder (WH)

5.3 Hangwälder

(Ulmen-)Hangwälder sind von Ulmen und Hainbuchen geprägte Gehölze, die in Brandenburg meist in Kontakt mit Au- und Bruchwäldern an frischen, nährstoffreichen Hangstandorten des Odertales bzw. Oderbruchs vorkommen.

Damit sind geschützt:

  • natürliche und standortgerecht aufgeforstete Bestände von Ulmen- oder Hainbuchenwäldern an Hangstandorten > 400 Quadratmeter, in denen die charakteristischen Gehölzarten mit mindestens 50 vom Hundert am Bestandsaufbau beteiligt sind

Damit sind nicht geschützt:

  • Pflanzungen nichtheimischer Arten (zum Beispiel Robinie) an Hangstandorten

5.3.1 Erläuterungen:

Die Esche tritt in Hangwäldern stark zurück, während Ulmen wesentlich stärker am Bestandsaufbau beteiligt sind. In Strauch- und Krautschicht dominieren nitrophile Arten.

5.3.2 Seltenheit/Gefährdung:

Hangwälder sind aufgrund ihrer Seltenheit extrem gefährdet.

5.3.3 Pflanzengesellschaften:

  • Gesellschaften des Verbandes Carpino-Ulmion

5.3.4 Kennzeichnende Pflanzenarten:

Ulmus minor (Feld-Ulme), Uglabra (Berg-Ulme), Acer campestre (Feld-Ahorn), Euonymus europaeus (Europäisches Pfaffenhütchen), Ranunculus ficaria (Scharbockskraut), Adoxa moschatellina (Moschuskraut), Geum urbanum (Echte Nelkenwurz), Veronica hederifolia (Efeu-Ehrenpreis), Viola odorata (März-Veilchen), Chaerophyllum temulum (Taumel-Kälberkropf), Brachypodium sylvaticum (Wald-Zwenke), Poa nemoralis (Hain-Rispengras), Corydalis pumila (Zwerg-Lerchensporn), C. intermedia (Mittlerer Lerchensporn)

5.3.5 Kennzeichnende Tierarten:

Oft linear oder kleinflächig, meist ohne spezifische Fauna, Arten reicherer Laubwaldgesellschaften

5.3.6 Biotoptypen nach Kartieranleitung:

08140 Ulmen-Hangwälder (WU)

5.4 Andere Restbestockungen von natürlichen Waldgesellschaften

Restbestockungen von natürlichen Waldgesellschaften sind Baumbestände, in denen Vegetationszusammensetzung und -schichtung einer für den jeweiligen Standort als natürlich anzusehenden Waldgesellschaft entsprechen.

Damit sind geschützt:

  • naturnahe Bestände > 1000 Quadratmeter, deren Baumartenzusammensetzung zu mindestens 90 vom Hundert einer natürlichen Waldgesellschaft entspricht

Damit sind nicht geschützt:

  • Bestände, die überwiegend aus nichtheimischen Baumarten bestehen
  • Bestände aus heimischen Baumarten, die keine Baumartenschichtung und -zusammensetzung einer natürlichen Waldgesellschaft aufweisen

5.4.1 Erläuterungen

Alle heute in Brandenburg vorhandenen Waldbestände sind entweder durch forstliche Nutzung oder andere anthropogene Einwirkungen mehr oder weniger stark beeinflußt. Nur wenn die anthropogenen Einwirkungen so gering waren oder die forstlichen Maßnahmen so ausgerichtet waren, daß sich sehr naturnahe Bestände herausbilden konnten, können diese als Restbestockungen natürlicher Waldgesellschaften bezeichnet werden.

Für die Beurteilung der Naturnähe und Zuordnung zu einer bestimmten natürlichen Waldgesellschaft sind in erster Linie Baumartenzusammensetzung und Vegetationsschichtung heranzuziehen. Die Ausbildung der Bodenvegetation sollte bei der Zuordnung zu einer bestimmten Waldgesellschaft herangezogen werden, das Fehlen entsprechender Arten ist jedoch nicht zwingend ein Kriterium gegen den gesetzlichen Schutz. In der Regel werden nur Bestände als geschützte Biotope im Sinne von Restbestockungen natürlicher Waldgesellschaften einzustufen sein, die den Naturnähestufen 6 oder 7 der von der Landesforstanstalt herausgegebenen Verfahrensweise zur Waldbiotopkartierung im Land Brandenburg entsprechen.

Als zusätzliche Kriterien für eine hohe Naturnähe des Bestandes können herangezogen werden:

  • weitestgehende Übereinstimmung von Zustands- und Stammnährkraftstufe
  • hoher Reifegrad des Bestandes.

Damit sind auch Bestände geschützt, in denen gesellschaftsfremde Gehölzarten mit weniger als 10 vom Hundert am Bestandsaufbau beteiligt sind.

Die Entstehung des jeweiligen Bestandes ist für den Schutz unerheblich. Es kann sich sowohl um tatsächliche Reste “natürlicher Wälder” als auch um forstlich begründete oder forstlich beeinflußte Bestände handeln.

In den gesetzlichen Schutz einbezogen sind nicht forstlich begründete Vorwaldstadien, insbesondere Kiefern- und Eichenvorwälder trockener Standorte sowie Eichenvorwälder reicherer Standorte. Vorwaldstadien auf feuchten Standorten, beispielsweise auf längere Zeit aufgelassenem Feuchtgrünland oder auf Mooren, sind als Moore, Sümpfe oder Moor- und Bruchwälder ebenfalls geschützt.

5.4.2 Seltenheit/Gefährdung:

Buchenwälder saurer und mittlerer Standorte, Eichen-Hainbuchenwälder und Eichen-Mischwälder sind trotz lokal stärkerer Verbreitung in Brandenburg gefährdet. Gefährdet aufgrund ihrer Seltenheit sind Kalkbuchenwälder und natürliche Fichtenvorkommen.

5.4.3 Pflanzengesellschaften:

  • Buchenwälder bodensaurer Standorte mit Gesellschaften der Verbände Luzulo-Fagion, Myrtillo-Fagion und Dicrano-Fagion
  • Buchenwälder mittlerer Standorte mit dem Verband Asperulo-Fagion
  • Buchenwälder kalkreicher Standorte mit dem Verband Cephalenthero-Fagion
  • Eichen-Hainbuchenwälder mit den Verbänden Carpinion betuli und Dactylido-Carpinion
  • Eichenmischwälder bodensaurer Standorte mit der Ordnung Quercetalia robori-petraeae und den Verbänden Molinio-Quercion, Agrostio-Quercion und Dicrano-Quercion
  • Frische bis mäßig trockene Eichenmischwälder mit den Verbänden Agrostio- und Dicrano-Quercion
  • Zwergstrauch-Kiefernwälder und -forsten mit dem Verband Dicrano-Pinion
  • Natürliche Fichtenwälder mit dem Verband Vaccinio-Piceion

5.4.4 Kennzeichnende Pflanzenarten:

Buchenwälder bodensaurer Standorte:

Fagus sylvatica (Rot-Buche), Quercus robur (Stiel-Eiche), Luzula pilosa (Haar-Hainsimse), Deschampsia flexuosa (Draht-Schmiele), Maianthemum bifolium (Zweiblättrige Schattenblume), Hieracium murorum (Wald-Habichtskraut), Carex pilulifera (Pillen-Segge), Melampyrum pratense (Wiesen-Wachtelweizen), Leucobryum glaucum (Weißmoos), Dicranum scoparium (Gabelzahnmoos), Mnium hornum (Gewelltes Sternmoos), Polytrichum formosum (Haarmützenmoos)

Buchenwälder mittlerer Standorte:

Galium odoratum (Waldmeister), Melica uniflora (Einblütiges Perlgras), Viola reichenbachiana (Wald-Veilchen), Convallaria majalis (Maiglöckchen), Oxalis acetosella (Wald-Sauerklee), Galeobdolon luteum (Goldnessel), Moehringia trinervia (Dreinervige Nabelmiere), Mycelis muralis (Mauerlattich), Campanula persicifolia (Pfirsichblättrige Glockenblume), Silene nutans (Nickendes Leimkraut), Anemone nemorosa (Busch-Windröschen), Milium effusum (Wald-Flattergras)

Buchenwälder kalkreicher Standorte:

Mercurialis perennis (Wald-Bingelkraut), Cephalanthera damasonium (Weißes Waldvöglein), C. rubra (Rotes Waldvöglein), Pulmonaria officinalis (Echtes Lungenkraut), Phyteuma spicatum (Ährige Teufelskralle), Actaea spicata (Christophskraut), Sanicula europaea (Sanikel), Anemone nemorosa (Busch-Windröschen), A. ranunculoides (Gelbes Windröschen)

Eichen-Hainbuchenwälder:

  • feuchte bis frische Standorte: Quercus robur (Stiel-Eiche), Carpinus betulus (Hainbuche), Stellaria holostea (Echte Sternmiere), Oxalis acetosella (Wald-Sauerklee), Viola reichenbachiana (Wald-Veilchen), Galeobdolon luteum (Goldnessel), Ranunculus ficaria (Scharbockskraut), R. auricomus (Goldschopf-Hahnenfuß), Anemone nemorosa (Busch-Windröschen)
  • mittlere bis trockene Standorte: Poa nemoralis (Hain-Rispengras), Dactylis glomerata (Gemeines Knäuelgras), Convallaria majalis (Maiglöckchen), Viola reichenbachiana (Wald-Veilchen), Milium effusum (Wald-Flattergras), Oxalis acetosella (Wald-Sauerklee)

Eichenmischwälder bodensaurer Standorte:

  • grundwasserbeeinflußte Standorte: Quercus robur (Stiel-Eiche), Betula pubescens (Moor-Birke), B. pendula (Hänge-Birke), Molinia caerulea (Pfeifengras),Deschampsia flexuosa (Drahtschmiele), Holcus mollis (Weiches Honiggras)
  • sonstige bodensaure Standorte: Quercus robur (Stiel-Eiche), Q. petraea (Trauben-Eiche), Melampyrum pratense (Wiesen-Wachtelweizen), Vaccinium myrtillus (Heidelbeere)

Frische bis mäßig trockene Eichenmischwälder:

Quercus robur (Stiel-Eiche), Betula pendula (Hänge-Birke), Deschampsia flexuosa (Draht-Schmiele), Carex pilulifera (Pillen-Segge), Melampyrum pratense (Wiesen-Wachtelweizen), Festuca ovina (Echter Schafschwingel), Luzula campestris (Gemeine Hainsimse), Anthoxanthum odoratum (Gemeines Ruchgras), Agrostis tenuis (Rot-Straußgras), Poa pratensis (Wiesen-Rispengras), Hieracium laevigatum (Glattes Habichtskraut), Luzula pilosa (Haar-Hainsimse), Hypericum perforatum (Tüpfel-Hartheu)

Zwergstrauch-Kiefernwälder und -forsten:

Vaccinium myrtillus (Heidelbeere), V. vitis-idaea (Preiselbeere), Calluna vulgaris (Heidekraut), Melampyrum pratense (Wiesen-Wachtelweizen), Festuca ovina (Echter Schafschwingel), Dicranum scoparium (Gabelzahnmoos)

Natürliche Fichtenwälder:

Calamagrostis villosa (Wolliges Reitgras), Sambucus racemosa (Roter Holunder), Trientalis europaea (Europäischer Siebenstern), Blechnum spicant (Rippenfarn)

5.4.5 Kennzeichnende Tierarten:

Rotbuchenwälder (bodensaure bis kalkreiche Standorte)

Säugetiere (Mammalia): Glis glis (Siebenschläfer), Apodemus flavicollis (Gelbhalsmaus), Vögel (Aves): Aquila pomarina (Schreiadler), Ficedula parva (Zwergschnäpper), Columba oenas (Hohltaube), Weichtiere (Mollusca): Cochlodina laminata (Glatte Schließmundschnecke), Schmetterlinge (Lepidoptera): Aglia tau (Nagelfleck), Käfer (Coleoptera): Sinodendron cylindricum (Kopfhornschröter)

Eichen-Hainbuchenwälder und Eichenmischwälder

Säugetiere (Mammalia): Nyctalus noctula (Abendsegler), Martes martes (Baummarder), Sorex araneus (Waldspitzmaus), Vögel (Aves): Picoides medius (Mittelspecht), Käfer (Coleoptera): Cerambyx cerdo (Eichenbock), Lucanus cervus (Hirschkäfer), Schmetterlinge (Lepidoptera): Moma alpium (Orion-Falter), Heuschrecken (Saltatoria): Nemobius sylvestris (Waldgrille)

Kiefern- und Kiefernmischwälder

Vögel (Aves): Parus cristatus (Haubenmeise), Lullula arborea (Heidelerche), Asio otus (Waldohreule), Caprimulgus europaeus (Ziegenmelker), Kriechtiere (Reptilia): Lacerta viridis (Smaragdeidechse), Schmetterlinge (Lepidoptera): Hyloicus pinastri (Kiefernschwärmer), Käfer (Coleoptera): Ergates faber (Mulmbock), Kamelhalsfliegen (Raphidioptera): Raphidia ophiopsis, Spinnen (Arachnida): Philodromus margaritatus (Flachstrecker-Spinne)

5.4.6 Biotoptypen nach Kartieranleitung:

08170 Rotbuchenwälder (WB)
          08171 bodensaurer Standorte (WBS)
          08172 mittlerer Standorte (WBM)
          08173 kalkreicher Standorte (WBK)
08180 Eichen-Hainbuchenwälder (WC)
          08181 feuchter bis frischer Standorte (WCF)
          08182 mittlerer bis trockener Standorte (WCM)
08190 Eichenmischwälder bodensaurer Standorte (WQ)
          08191 grundwasserbeeinflußt (WQF)
          08192 frisch bis mäßig trocken (WQM)
08220 Zwergstrauch-Kiefernwälder und -forsten (WZ)
08240 Fichtenwälder (keine Forsten!) (WP)
08280 Vorwälder (WV)
          08281 trockener Standorte (WVT)
          082811 Eichen-Vorwald (WVTQ)
          082819 Kiefern-Vorwald (WVTK)
          08282 frischer Standorte (WVM)
          082821 Eiche (WVMQ)

IV. Inkrafttreten

Diese Verwaltungsvorschrift tritt am Tage nach der Veröffentlichung in Kraft.