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Brandenburgisches Vorschriftensystem (BRAVORS)

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Letzte gültige Fassung Änderungshistorie

ARCHIV

Erhebung von Sicherheitsleistungen durch die Polizei


vom 17. Mai 1996
(ABl./96, [Nr. 26], S.607)

Außer Kraft getreten durch Bekanntmachung des MI vom 5. März 2013
(ABl./13, [Nr. 12], S.787)

1. Ermächtigung

Sind Personen, die im Geltungsbereich der Strafprozessordnung keinen festen Wohnsitz haben, einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit dringend verdächtig, kann die Polizei gemäß §§ 127 a, 132 der Strafprozessordnung mit folgenden Maßgaben Sicherheitsleistungen erheben:

2. Verfahren bei Ordnungswidrigkeiten

2.1 Anhörung

Wegen der Schwierigkeiten, die mit der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten im Ausland verbunden sind, ist dem Betroffenen grundsätzlich noch an Ort und Stelle Gelegenheit zu geben, sich zu der Beschuldigung zu äußern.

2.2 Anordnung der Sicherheitsleistung

2.2.1 Soll die Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße geahndet werden, oder erklärt sich der Betroffene bei einer geringfügigen Ordnungswidrigkeit mit einer Verwarnung unter Erhebung eines Verwarnungsgeldes nicht einverstanden, ist er nach seiner Bereitschaft zur Leistung einer Sicherheit und zur Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten zu befragen. Gibt er eine entsprechende Erklärung nicht ab, kann nach § 46 Abs. 1 des Ordnungswidrigkeitengesetzes in Verbindung mit § 132 der Strafprozessordnung angeordnet werden, dass er eine Sicherheit leistet und einen Zustellungsbevollmächtigten bestellt.

2.2.2 Die Anordnungen dürfen nach § 46 Ordnungswidrigkeitengesetz in Verbindung mit § 132 Abs. 2 der Strafprozessordnung nur Richter. bei Gefahr im Verzuge auch die Verwaltungsbehörden nach § 36 Ordnungswidrigkeitengesetz oder die ermächtigten Polizeibediensteten (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) treffen.

2.2.2.1 Verwaltungsbehörden im Sinne der Nummer 2.2.2 sind die Polizeibehörden, soweit ihnen durch Gesetz oder Rechtsverordnung die Zuständigkeit übertragen worden ist. Die Ermächtigung von Polizeibediensteten wird nach § 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes in Verbindung mit § 1 Abschnitt IV Nr. 1 und 2 der Verordnung über die Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft vom 11. Juli 1991 (GVBI. S. 300), zuletzt geändert durch Verordnung vom 28. Dezember 1995 (GVBI. 1996 II S. 62), geregelt.

2.2.2.2 Gefahr im Verzuge ist anzunehmen, wenn den Umständen nach zu befürchten ist, dass die Anordnung des Richters nicht rechtzeitig herbeigeführt werden kann, insbesondere wenn

  1. der Betroffene sich nur auf der Durchreise durch das Bundesgebiet befindet und
  2. der Richter nicht erreichbar oder der Betroffene nicht bereit ist, den Richter aufzusuchen.

2.3 Höhe und Art der Sicherheitsleistung

2.3.1 Die Höhe der Sicherheitsleistung richtet sich nach der zu erwartenden Geldbuße und den voraussichtlichen Kosten des Verfahrens. Anhaltspunkte für die zu erwartende Geldbuße geben die Bußgeld- und Verwarnungsgeldkataloge. Die im Bußgeldverfahren anfallenden Bearbeitungskosten ergeben sich aus dem Ordnungswidrigkeitengesetz in Verbindung mit dem Verwaltungskostengesetz.
Zu den Kosten gehören auch die Auslagen für Dolmetscher und Übersetzer. Wird eine Ordnungswidrigkeit zusammen mit einer Straftat verfolgt, gilt Nummer 3.1.

2.3.2 Der als Sicherheitsleistung festgelegte Geldbetrag ist grundsätzlich in Deutscher Mark, und zwar in bar, zu verlangen. Es ist jedoch zulässig,

  1. einen entsprechenden Betrag in ausländischer Währung in bar oder einen auf den festgesetzten Deutsche Mark-Betrag ausgestellten Euroscheck oder Reisescheck, der auch auf einen dem Deutsche Mark-Betrag entsprechenden Betrag in ausländischer Währung ausgestellt sein kann, unter Vorlage der Scheckkarte entgegenzunehmen,
  2. einen Kreditbrief der AIT (Alliance Internationale de Tourisme) entgegenzunehmen, der mindestens auf den festgesetzten Deutsche Mark-Betrag oder auf einen dem Deutsche Mark-Betrag etwa entsprechenden Betrag in ausländischer Währung lautet.

2.3.3 Über andere Arten der Sicherheitsleistung (Hinterlegung von Wertpapieren, Pfandbestellung, Bürgschaft geeigneter Personen gemäß § 132 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 116 a Abs. 1 der Strafprozessordnung) ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob anstelle einer an sich möglichen Sicherheit nach Nummer 2.3.2 der Zweck der Maßnahme auch durch eine angebotene andere Art der Sicherheitsleistung erfüllt werden kann.

2.4 Niederschrift

2.4.1 Über die Erhebung der Sicherheitsleistung ist eine Niederschrift unter Benutzung des mit Erlass vom 27.12.1994, Az.: IV/7.1 - 5410, für alle Präsidialbereiche einheitlich eingeführten Vordrucksatzes "Niederschrift Sicherheitsleistung" (BB POL 3230 - 3234) anzufertigen. Je eine Durchschrift der Niederschrift ist für die Verfahrensakte, für den Zustellungsbevollmächtigten, für die Polizei sowie für den Betroffenen bestimmt.

2.4. 1.1 Den Betroffenen ist das Formular "Hinweise/Belehrung zur 'Niederschrift Sicherheitsleistung'“ auszuhändigen, das dem Vordrucksatz beigefügt ist.

2.4.1.2 Kann im Einzelfall keine Sicherheit erlangt und kein dem Betroffenen gehörender Gegenstand gemäß Nummer 2.6 beschlagnahmt werden, ist ein entsprechender Vermerk in die Anzeige aufzunehmen. Das Ausfüllen des Vordruckes "Niederschrift Sicherheitsleistung" erübrigt sich dann.

2.5 Zustellungsbevollmächtigter

2.5.1 Mit der Sicherheitsleistung ist gleichzeitig anzuordnen, dass der Betroffene eine im Bezirk des zuständigen Gerichts (§ 68 des Ordnungswidrigkeitengesetzes) wohnende Person zum Empfang von Zustellungen bevollmächtigt.

2.5.2 Die Anordnung, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, ist auch dann zu treffen, wenn im Einzelfall keine Sicherheitsleistung erlangt und kein dem Betroffenen gehörender Gegenstand beschlagnahmt werden kann. Name und Anschrift des Zustellungsbevollmächtigten werden dann in der Anzeige vermerkt.

2.5.3 Als Zustellungsbevollmächtigte kommen Rechtsanwälte, Beamte der Geschäftsstelle des zuständigen Amtsgerichts, Vertreter von Automobilverbänden, Verwandte oder Bekannte oder sonstige geeignete Personen in Betracht. Die Polizeibehörden haben im Einvernehmen mit den Justizbehörden eine entsprechende Liste zu führen.

Kann der Beschuldigte einen Zustellungsbevollmächtigten eigener Wahl zunächst nicht benennen, so ist er darauf hinzuweisen, dass er einen Rechtsanwalt oder einen hierzu bereiten Beamten der Geschäftsstelle des zuständigen Amtsgerichts bevollmächtigen kann.

2.5.4 Weigert sich der Betroffene, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, so wird ihm durch die Polizeibehörde ein Zustellungsbevollmächtigter entsprechend der Liste gemäß Nummer 2.5.3 benannt.

2.6 Beschlagnahme

2.6.1 Befolgt der Betroffene die Anordnung der Sicherheitsleistung nicht oder lehnt er es ab, einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen, so können Beförderungsmittel und andere Sachen (auch Bargeld), die der Betroffene mit sich führt und die ihm gehören, gemäß § 132 Abs. 3 der Strafprozessordnung beschlagnahmt werden.

2.6.2 Bei der Entscheidung, welche Sachen zu beschlagnahmen sind, ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Würde die Beschlagnahme eine unverhältnismäßige Härte für den Betroffenen zur Folge haben, ist von einer Beschlagnahme abzusehen. Im einzelnen gilt folgendes:

2.6.2.1 Der Wert der beschlagnahmten Sachen soll nicht mehr als das Doppelte der geforderten Sicherheit betragen. Das Kraftfahrzeug des Betroffenen soll nur dann beschlagnahmt werden, wenn andere geeignete Gegenstände nicht zur Verfügung stehen. Nicht beschlagnahmt werden sollen Gegenstände, die während der Beschlagnahme verderben oder erheblich an Wert verlieren können oder deren Aufbewahrung, Pflege oder Erhaltung mit unverhältnismäßig hohen Aufwendungen oder Schwierigkeiten verbunden ist.

2.6.2.2 Nicht beschlagnahmt werden sollen Sachen, die gemäß § 811 der Zivilprozessordnung unpfändbar sind.

2.6.3 Über die Beschlagnahme ist entsprechend der Nummer 2.4 eine Niederschrift aufzunehmen.

2.6.4 Beschlagnahmte Gegenstände sind unter genauer Bezeichnung der Marke, eventuell der Nummer, der Farbe und anderer Erkennungsmerkmale aufzubewahren. Über die erfolgte Beschlagnahme ist, sofern nicht sofort eine richterliche Entscheidung herbeizuführen ist, unverzüglich um eine richterliche Bestätigung nachzusuchen. Die Anzeige und die Niederschrift über die Beschlagnahme sind dem zuständigen Amtsgericht zuzuleiten.

2.7 Behandlung der Sicherheitsleistung

2.7.1 Soweit die Polizeibehörde Ahndungsbehörde ist, sind die als Sicherheit entgegengenommenen Beträge unverzüglich den Geldannahmestellen bzw. den Abrechnungsstellen der zuständigen örtlichen Polizeidienststellen unter Beifügung der Urschrift der Niederschrift zuzuleiten. Durch die Geldannahmestellen sind die Einzahlungen bei den örtlichen Geldinstituten bzw. Zahlstellen der Polizeipräsidien vorzunehmen. Entgegengenommene Schecks sind an die zuständigen Zahlstellen der Polizeipräsidien zur weiteren Bearbeitung zu übersenden.

2.7.2 Andere Arten von Sicherheitsleistungen sind bis zur Entscheidung der Bußgeldstellen durch die Polizei aufzubewahren.

2.7.3 Der als Sicherheitsleistung entgegengenommene Betrag kann nach Rechtskraft der Entscheidung mit der Geldbuße und den Kosten des Verfahrens verrechnet werden. Übersteigt der Wert der geleisteten Sicherheit Geldbuße und Kosten, so ist der Unterschiedsbetrag dem Betroffenen zu erstatten.

2.7.4 Sind nach Abschluss des Verfahrens Rückzahlungen von Sicherheitsleistungen nach erfolgloser Erforschung der Anschrift oder Bankverbindung des Betroffenen nicht möglich, ist der als Sicherheitsleistung entgegengenommene Betrag bei Kapitel 03 110 Titel 119 10 (Vermischte Einnahmen) zu vereinnahmen. Kleinbeträge unter 5 DM sollen zur Vermeidung eines hohen Verwaltungsaufwandes sofort beim selben Titel vereinnahmt werden.

3. Straftaten

3.1 Sicherheitsleistung bei Straftaten, wenn die Voraussetzungen eines Haftbefehls nicht vorliegen (§ 132 der Strafprozessordnung):

Für die Maßnahmen der Polizei gelten die Vorschriften unter Nummer 2 entsprechend mit der Einschränkung. daß zu den Kosten des Verfahrens gemäß Artikel 6 Abs. 3 Buchstabe e der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten nicht die Auslagen für Dolmetscher und Übersetzer gehören, welche im Strafverfahren herangezogen werden, uni für einen Beschuldigten, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, Erklärungen oder Schriftstücke zu übertragen, auf deren Verständnis er zu seiner Verteidigung angewiesen ist.

3.2 Sicherheitsleistungen bei Straftaten, wenn die Voraussetzungen eines Haftbefehls nur wegen Fluchtgefahr vorliegen (§ 127 a der Strafprozessordnung):

3.2.1 Von einer Festnahme kann abgesehen werden, wenn

  1. der Beschuldigte die Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls gegen Sicherheitsleistung beantragt und eine im Bezirk des zuständigen Gerichts wohnende Person zum Empfang von Zustellungen bevollmächtigt,
  2. der Beschuldigte eine angemessene Sicherheit für die zu erwartende Geldstrafe und die Kosten des Verfahrens leistet und
  3. nicht damit zu rechnen ist, dass wegen der Tat eine Freiheitsstrafe verhängt oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird.

3.2.2 Die Entscheidung nach Nummer 3.2.1 kann jeder ermächtigte Polizeibedienstete treffen. Die Vorschriften über Höhe und Art der Sicherheitsleistung, Niederschrift, Zustellungsbevollmächtigte und Beschlagnahme sind entsprechend anzuwenden.

3.2.3 Bestehen Zweifel, ob die unter Nummer 3.2.1 genannten Voraussetzungen vorliegen, oder sieht sich der ermächtigte Polizeibedienstete nicht in der Lage, die Höhe der Sicherheitsleistung zu bestimmen, soll der Beschuldigte vorläufig festgenommen werden. Die Entscheidung des Richters beim Amtsgericht ist herbeizuführen (§ 128 Abs. 1 der Strafprozessordnung).

3.2.4 Weigert sich der Beschuldigte, die angeordnete Sicherheit zu leisten oder einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, ist er vorläufig festzunehmen. Nummer 3.2.3 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

3.3 Aufbewahrung/Hinterlegung der Sicherheitsleistung

Der als Sicherheitsleistung entgegengenommene Betrag ist von der Polizei unverzüglich einer Gerichtskasse oder Gerichtszahlstelle unter Beifügung der Urschrift der Niederschrift zuzuleiten. Wertpapiere, sonstige Urkunden sowie Kostbarkeiten sind bei der Gerichtskasse des zuständigen Amtsgerichtes unter Beifügung der Urschrift der Niederschrift zu hinterlegen. Sonstige Gegenstände sind bis zur Entscheidung der Staatsanwaltschaft durch die Polizei aufzubewahren.

3.4 Ermittlungen im Ausland

Soweit Ermittlungen im Ausland erforderlich werden, sind sie bei der Staatsanwaltschaft zu veranlassen.

4. Vordrucke

Die Vordrucke BB POL 3230 - 3234 werden über den Zentraldienst der Polizei für Technik und Beschaffung von den Polizeipräsidien beschafft.

5. Beteiligung anderer Ressorts

Der Erlass ergeht im Einvernehmen mit dem Ministerium der Justiz und für Bundes- und Europaangelegenheiten.

6. Inkrafttreten

Der Erlass tritt mit dem Tage der Veröffentlichung in Kraft.

7. Aufhebung bisheriger Regelungen

Der Erlass des Ministeriums des Innern vom 12. April 1991, Az.: 4 - 4.9.4 - 270, über die Erhebung von Sicherheitsleistungen durch die Polizei wird aufgehoben.