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Brandenburgisches Vorschriftensystem (BRAVORS)

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Letzte gültige Fassung Änderungshistorie

ARCHIV

Unterrichtung ausländischer Konsulate über die Festnahme eines Staatsangehörigen ihres Landes


vom 7. Februar 1994
(ABl./94, [Nr. 18], S.199)

Außer Kraft getreten am 30. September 2013 durch Allgemeine Verfügung des MdJ, MI und MUGV vom 7. Oktober 2013
(JMBl/13, [Nr. 11], S.98)

I.

Artikel 36 Abs. 1 Buchst. b des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vom 24. April 1963 (BGBl. 1969 II S.1585, 1971 II S. 1285) enthält folgende Regelung:

"Die zuständigen Behörden des Empfangsstaates haben die konsularische Vertretung des Entsendestaats auf Verlangen des Betroffenen unverzüglich zu unterrichten, wenn in deren Konsularbezirk ein Angehöriger dieses Staates festgenommen, in Straf- oder Untersuchungshaft genommen oder ihm anderweitig die Freiheit entzogen ist. Jede von dem Betroffenen an die konsularische Vertretung gerichtete Mitteilung haben die genannten Behörden ebenfalls unverzüglich weiterzuleiten. Diese Behörden haben den Betroffenen unverzüglich über seine Rechte aufgrund dieser Bestimmung zu unterrichten."

Diese Regelung stellt eine Kodifizierung des geltenden Völkergewohnheitsrechts dar, die Bestandteil des Bundesrechts ist (Artikel 25 GG). Sie ist daher auch im Verhältnis zu den Staaten anzuwenden, die dem Übereinkommen nicht beigetreten sind.

Ich bitte deshalb, im Verhältnis zu allen Staaten entsprechend der Nr. 135 RiVASt zu verfahren.

II.

Eine völkerrechtliche Verpflichtung zur Unterrichtung der konsularischen Vertretung ohne oder gegen den Willen des Betroffenen besteht zur Zeit gegenüber den Staaten

Griechenland (Artikel 3 Abs. 3 des deutsch-griechischen Niederlassungs- und Schifffahrtsvertrages vom 18. März 1960, BGBl. 1962 II S. 1505; 1963 II S. 912),

Großbritannien und Nordirland (Artikel 18 Abs. 1 des deutsch-britischen Konsularvertrages vom 30. Juli 1956, BGBl. 1957 II S. 284; 1958 II S. 17), einschließlich der inzwischen unabhängig gewordenen ehemaligen Kolonien

Bahamas
Dominica
Fidschi
Grenada
Jamaika
Kenia
Lesotho
Malawi
Malta
Mauritius
Seyschellen
St. Kitts und Nevis
St. Lucia
St. Vincent und Grenadinen
Swasiland
Tonga
Trinidad und Tohago
Uganda

Italien (Art. 4 Abs. 3 des deutsch-italienischen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrages vom 21. November 1957, BGBl. 1959 II S. 949),

Monaco (Art. 16 des deutsch-monegassischen Rechtshilfevertrages vom 21. Mai 1962, BGBl. 1964 II S. 1297, 1306; 1965 II S. 405; die Mitteilung ist an die Direktion der Justizdienste des Fürstentums Monaco, Monaco-Ville, Palais de Justice, zu richten),

Spanien (Art. 5 Buchst. d Halbsatz 2 des deutsch-spanischen Niederlassungsvertrages vom 23. April 1970, BGBl. 1972 II S. 1041. Eine Mitteilung ist von Amts wegen nur dann zu bewirken, wenn die festgenommene Person nicht in der Lage ist, die Benachrichtigung der nächsten konsularischen Vertretung zu verlangen),

Tunesien (Art. 36 des deutsch-tunesischen Vertrages über die Auslieferung und die Rechtshilfe in Strafsachen vom 19. Juli 1966, BGBl. 1969 II S. 1157, 1158),

Zypern (Art. 18 Abs. 1 des deutsch-britischen Konsularvertrages vom 30. Juli 1956 (BGBl. 1957 II S. 285) gilt gemäß Art. 8 des britisch-zyprischen Vertrages vom 16. August 1960 über die Errichtung der Republik Zypern, auch im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland und Zypern)

III.

  1. Als Haft, durch die eine Belehrungs- oder Benachrichtigungspflicht im Sinne der Abschnitte I. und II. ausgelöst wird, ist auch die Strafhaft anzusehen. Die Pflicht tritt unabhängig davon ein, ob der Verurteilte aufgrund eines Vollstreckungsbefehls eingeliefert wird oder sich zum Strafantritt stellt.
  2. Der Zweck der Unterrichtung ausländischer Konsulate von der Festnahme eines Staatsangehörigen ihres Landes kann nur erreicht werden, wenn die Mitteilung unverzüglich nach der Inhaftnahme erfolgt. Unter Umständen kann es angebracht sein, das Konsulat fernmündlich oder per Telefax zu verständigen.

IV.

  1. In der Mitteilung an die konsularische Vertretung des Heimatlandes soll auch der der Verhaftung zugrundeliegende Strafvorwurf angegeben werden, sofern der Festgenommene dazu seine Zustimmung erklärt. Es empfiehlt sich daher, den Festgenommenen zu befragen, ob er einer Mitteilung des Strafvorwurfs zustimmt, wenn er die Unterrichtung der konsularischen Vertretung seines Heimatlandes verlangt oder wenn eine Verpflichtung zur Unterrichtung auch ohne sein Verlangen besteht.
  2. Von einer weitergehenden Unterrichtung der konsularischen Vertretung, z. B. durch Übersendung des Haftbefehls oder der Anklageschrift, ist abzusehen. Zeigt sich eine konsularische Vertretung an zusätzlichen Mitteilungen interessiert, so wird sie auf die Möglichkeit hingewiesen, mit dem Festgenommenen Verbindung aufzunehmen.
  3. Das Generalkonsulat der Vereinigten Staaten von Amerika in Frankfurt am Main hat gebeten, möglichst noch am gleichen Tag von der Inhaftnahme eines Staatsangehörigen seines Landes zu erfahren. Ich bitte, diesem Anliegen zu entsprechen und nach Möglichkeit gleichzeitig eine Besuchserlaubnis für die Konsularbeamten zu erteilen.

V.

  1. Die Pflicht, den Festgenommenen über seine Rechte zu belehren, und die Benachrichtigungspflicht obliegen:
    • beim Vollzug von Untersuchungshaft, Auslieferungshaft, vorläufiger Auslieferungshaft und bei einstweiliger Unterbringung dem Richter, dem der Ausländer nach seiner Festnahme vorgeführt wird, in den Fällen des § 115 a StPO jedoch dem zuständigen Richter, falls der Beschuldigte in einem anderen Bundesland dem Richter vorgeführt worden ist,
    • beim Vollzug von Freiheitsstrafe, Jugendstrafe oder von Jugendarrest dem Leiter der Vollzugsanstalt, und zwar auch dann, wenn sich der Verurteilte vorher in Untersuchungshaft befunden hat,
    • bei einer strafgerichtlich angeordneten Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt der Vollstreckungsbehörde.
  2. Die Belehrung und die Unterrichtung der ausländischen konsularischen Vertretung sind aktenkundig zu machen und im Aufnahmeersuchen an die Justizvollzugsanstalt zu vermerken.
  3. Ist die Belehrung und Benachrichtigung durch den Richter unterblieben, so hat sie der Leiter der Justizvollzugsanstalt, in die der Betroffene eingeliefert wird, nachzuholen.

VI.

Die Durchführung der Belehrung, die Zustimmung des Betroffenen zur Unterrichtung der konsularischen Vertretung und ggf. sein Einverständnis zur Mitteilung des Strafvorwurfs sollen von dem Betroffenen durch Unterschrift bestätigt werden.

Hierzu soll folgender Vordruck verwendet werden:

Amtsgericht/Landgericht/Justizvollzugsanstalt

Geschäfts-Nr.
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Belehrung des Betroffenen über
Art. 36 WÜK bei freiheitsentziehenden Maßnahmen gegen Ausländer

Ort und Tag
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Der/Die
(Name, Vorname, Staatsangehörigkeit, Geburtsdatum, Geburtsort, letzter Wohnort)

ist über seine/ihre Rechte aufgrund des Artikels 36 Abs. 1 Buchstabe b) des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vom 24. April 1963 (BGBl. 1969 II S. 1585), wonach auf sein/ihr Verlangen die für ihn/sie zuständige konsularische Vertretung seines/ihres Heimatstaates von seiner/ihrer Freiheitsentziehung unterrichtet wird, belehrt worden.

    Er/Sie ist mit der Unterrichtung einverstanden. Das Konsulat ist zu unterrichten.

    Der Strafvorwurf ist mitzuteilen.

    Er/Sie ist mit der Unterrichtung nicht einverstanden.

    -----------------

    (Unterschrift)

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    (Name, Amtsbezeichnung)

    VII.

    Wegen der Anschriften und Amtsbezirke der ausländischen Vertretungen wird auf Nr. 134 Abs. 2 RiVASt verwiesen.

    VIII.

    Diese Allgemeine Verfügung tritt am Tage der Unterzeichnung in Kraft.