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Brandenburgisches Vorschriftensystem (BRAVORS)

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Aktuelle Fassung

Hinweise zur Meldung, Aufbewahrung und Nutzung von Patientenunterlagen, Zentralkarteien, Zentralregistern und Zentraldateien mit patientenbezogenem (medizinischem) Inhalt aus ehemaligen Gesundheitseinrichtungen der DDR


vom 22. November 1993
(ABl./93, [Nr. 95], S.1725)

Auf Grund des § 34 des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes (Bbg DSG) vom 20. Januar 1992 (GVBl. I S. 2) in Verbindung mit § 1 Abs. 4 der Verordnung über den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) und die Aufgaben der Gesundheitsämter in den Landkreisen und kreisfreien Städten vom 8. August 1990 (GBI. 1 S. 1086) wir bezüglich der Meldung, Aufbewahrung und Nutzung von Patientenunterlagen, Zentralkarteien, Zentralregistern und Zentraldateien aus ehemaligen Gesundheitseinrichtungen der DDR folgendes festgelegt:

I. Ziel und Zweck

Ziel dieses RunderIasses ist die Gewährleistung einer am geltenden Recht ausgerichteten, bürgerfreundlichen, sicheren und einheitlich gehandhabten Aufbewahrung, Verwaltung und Nutzung von personenbezogenen medizinischen Daten aus ehemaligen Gesundheitseinrichtungen der DDR im Land Brandenburg.

Mit diesem Runderlaß wird ferner angestrebt verläßliche Informationen über Bestand und Verbleib von Patientenunterlagen zu erhalten. Zugleich ist beabsichtigt, eine arzt- und patientenorientierte Auskunftsmögllchkeit beiden Gesundheitsämtern über derartige für die betroffenen Personen wichtigen Unterlagen einzurichten.

Ferner sollen die Gesundheitsämter in die Lage versetzt werden, entsprechend ihrer örtlichen Zuständigkeit Auskunft über den Verbleib gesuchter Patientenunterlagen aus ehemaligen Gesundheitseinrichtungen der DDR zu geben.

Diese Auskunft erfolgt an auskunftsberechtigte Personen unter Beachtung des geltenden Rechts.

II. Begriffsbestimmungen

  1. Patientenunterlagen im Sinne dieses Runderlasses sind:
    • Krankengeschichten,
    • Patientenkarteien und Patientenakten,
    • Röntgenunterlagen,
    • patientenbezogene, medizinische Laborunterlagen und ähnliche Unterlagen (personenbezogene, medizinische Zentralregister, Zentraldateien und Zentralkarteien, wie nachfolgend in Nr. 2 und 3 aufgeführt), aus ehemaligen staatlichen Gesundheitseinrichtungen der DDR.
  2. Zentralregister/Zentraldateien

    im Sinne dieses Runderlasses sind insbesondere die kreis- und bezirksbezogenen zentralgeführten, nachstehend aufgeführten Dateien und Register der DDR sowie andere Register/Dateien ähnlichen Inhalts die zu ähnlichen Zielen angelegt wurden.

    Wesentliche Zentralregister und Zentraldateien der ehemaligen Kreise und Bezirke der DDR sind Register/Dateien aus überbezirklichen Dispensaires und medizinischen Beratungsstellen sowie die vom Büro für Sozialhygiene bzw. den medizinisch-statistischen Abteilungen der Gesundheitsabteilungen der Kreise, z. B.:
    • Krebsregister,
    • Fachbericht Geschlechtskrankheiten,
    • Fachbericht Diabetikerberatung,
    • Fachbericht Rehabilitation,
    • Fachbericht Beratung älterer Personen.
  3. Zentralkarteien

    im Sinne dieses Runderlasses sind archivierte Karteien in den ehemaligen Polikliniken bzw. den jetzigen Gesundheitszentren, über die Zugang zu Patientenunterlagen nach Nr. 1 gewonnen werden kann.

III. Allgemeine Grundsätze

  1. Öffentliche und nicht öffentliche Stellen im Land Brandenburg, die Patientenunterlagen oder andere personenbezogene medizinische Daten aus ehemaligen Gesundheitseinrichtungen der DDR in ihrer Verfügungsgewalt halten, haben diese entsprechend geltendem Recht und nach Maßgabe dieses Runderlasses aufzubewahren, zu verwalten und zu nutzen. Besonders zu beachten sind hierbei die Vorschriften des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes, die über Artikel 9 des Einigungsvertrages fortgeltenden archivrechtlichen Bestimmungen der DDR, sofern sie nicht durch ein Landesarchivgesetz abgelöst werden, und die § 203 bis 205 des Strafgesetzbuches (StGB).

    Nach § 34 Abs. 1 Bbg DSG stehen Patientenunterlagen, die sich zur Zeit im Besitz von niedergelassenen Ärztinnen oder Ärzten befinden und vor dem 3. Oktober 1990 von einer öffentlichen Gesundheitseinrichtung (z. B. Krankenhaus, Poliklinik), deren Aufgabe jetzt eine öffentliche SteIle des Landes, eine Gemeinde oder ein Gerneindeverband wahrnimmt, gespeichert wurden, demjenigen Träger der öffentlichen Verwaltung zu, der nunmehr für die Verwaltungsaufgabe zuständig ist. Sofern es für die ehemalige Einrichtung keine direkte Nachfolgeeinrichtung gibt, stehen die Unterlagen der öffentlichen Stelle zu, die heute Träger der Einrichtung wäre. Die Regelung in § 34 Abs. 1 Bbg DSG basiert auf der Vorschrift des Einigungsvertrages zum Verwaltungsvermögen (Artikel 21 Abs. 2).
  2. Die Aufbewahrung, Verwaltung und Nutzung von Patientenunterlagen hat mit der schriftlichen Einwilligung der betroffenen Patientinnen oder Patienten, ihrer gesetzlichen Vertretung oder Erben zu erfolgen.

    Öffentliche Stellen, namentlich die Gesundheitsämter und Archive, bedürfen für die Aufbewahrung und Verwaltung von Patientenunterlagen keiner schriftlichen Einwilligung durch die betroffenen Patientinnen oder Patienten, ihrer gesetzlichen Vertretung oder Erben, sofern sie in Rechtsnachfolge der ehemaligen Gesundheitseinrichtungen die Patientenunterlagen, Zentralkarteien, Zentralregister oder Zentraldateien in ihr Verfügungsgewalt erhalten haben.
  3. Der Nachweis der geforderten schriftlichen Einwilligung nach Nr. 2 gilt als erbracht, wenn aufgrund von Eintragungen in die Patientenunterlagen oder anderen, vergleichbaren Anhaltspunkten erkennbar ist, dass sich die betroffenen Patientinnen oder Patienten bei dem Inhaber der Verfügungsgewalt über die Patientenunterlagen in ärztlicher Behandlung befinden oder zu einem Zeitpunkt nach dem 3. Oktober 1990 in ärztlicher Behandlung befanden.
  4. Die Behandlung von Impfdateien wird in einem gesonderten Runderlass geregelt.

IV. Meldung

  1. Die unter Nr. III.1 aufgeführten Stellen sind gehalten, die in ihrer Verfügungsgewalt befindlichen Dateien und Aktenbestände auf vorhandene Patientenunterlagen unter Berücksichtigung der einschlägigen Bestimmungen zu überprüfen. Die zuständigen Heilberufskammern haben in ihrem Verantwortungsbereich dafür Sorge zu tragen, daß die niedergelassene Ärzte- und Zahnärzteschaft in gleicher Weise verfährt.
  2. Abweichend von § 34 Abs. 3 Bbg DSG sollen Meldungen über das Vorhandensein von Patientenunterlagen an das örtlich zuständige Gesundheitsamt erfolgen. Die Erstmeldung soll bereits über den Inhalt des § 34 Abs. 3 Bbg DSG hinaus (vgl. auch Tz. 1.10 des Rundschreibens des Ministeriums des Innern zu den §§ 34 ff. des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes 16. März 1992, Absatz 1 S. 363 ff.) namensbezogen erfolgen.

    Diese Meldungen sind bis zum 30. Juni 1994 namensbezogen an das örtlich zuständige Gesundheitsamt zu meIden. Eine Meldung von Patientenunterlagen, die zur begleitenden ärztlichen Betreuung genutzt werden, ist hierbei nicht erforderlich.
  3. Können Patientenunterlagen nicht anderweitig ordnungsgemäß aufbewahrt und genutzt werden, so verbleiben diese Patientenunterlagen bei der Ärztin oder dem Arzt, in deren Verfügungsgewalt sie sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt befinden. Diese verfahren mit den Patientenunterlagen entsprechend den einschlägigen Bestimmungen. Dazu gehört, daß die Ärztin oder der Arzt die Unterlagen auf Anforderung an die weiterbehandelnde Ärztin oder den weiterbehandelnden Arzt abgibt.

    Im Ausnahmefall können Patientenunterlagen an das örtlich zuständige Gesundheitsamt auf eine, die Rechtsvorschriften beachtende Weise übergeben werden.

    Jede Weitergabe von Patientenunterlagen ist zu dokumentieren und unterliegt der Nachweispflicht über dreißig Jahre, gerechnet vom Tage des letzten Eintrages in die Patientenunterlage.
  4. Patientenunterlagen sind durch das örtlich zuständige Gesundheitsamt zu katalogisieren und über dreißig Jahre (gerechnet vom Tage des letzten Eintrags in die Patientenunterlage) aufzubewahren.

    Patientenunterlagen die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr zu Zwecken der medizinischen Behandlung bzw. für gutachterliche Bearbeitung genutzt werden und die ihre rechtlich festgelegten Aufbewahrungsfristen überschritten haben, sind zu vernichten.

    Ein Protokoll zur Dokumentation der durchgeführten Vernichtung ist namensbezogen anzulegen. Dieses Protokoll ist über weitere zehn Jahre, gerechnet vom Tage der Vernichtung der Unterlagen, aufzubewahren.

    In Ausnahmefällen können Patientenunterlagen von dem örtlich zuständigen Kreisarchiv im Auftrage des örtlich zuständigen Gesundheitsamtes aufbewahrt und verwaltet werden.
  5. Eine Meldung entsprechend Nr. 2 ist von einer meldepflichtigen Stelle auch dann abzugeben, wenn diese keine Patientenunterlagen aufbewahrt oder verwaltet. In diesem Fall ist der Vollzug des Runderlasses an das örtlich zuständige Gesundheitsamt zu melden.
  6. Treten nach dem 30. Juni 1994 nicht katalogisierte Patientenunterlagen in Erscheinung, so ist mit diesen entsprechend Nr. 1 bis 4 zu verfahren.
  7. Es wird empfohlen, daß die Gesundheitsämter die bei ihnen eingehenden Meldungen über namensbezogene Patientenunterlagen in alphabetischer Reihenfolge katalogisieren, so, daß eine Person (Patientin oder Patient) jederzeit erfahren kann, 
    • ob sie betreffende Patientenunterlagen vorhanden sind,
    • welchen Inhalt diese haben und
    • bei welchen öffentlichen bzw. nicht öffentlichen Stellen sie sich befinden. 
  8. Die Gesundheitsämter ergänzen die von ihnen erstellten Verzeichnisse über die Patientenunterlagen, soweit möglich, fortlaufend.

V Empfehlung zur Nutzung von Patientenunterlagen

  1. Grundsätzlich sind für die Nutzung von Patientenunterlagen die einschlägigen Bestimmungen zu beachten sowie die nachfolgenden Grundsätze, hier insbesondere die unter Nr. III.1 und V.2.b. genannten.
    1. Auf Verlangen der betroffenen Patientin oder des Patienten, deren gesetzlichen Vertretung oder Erben ist diesem Personenkreis ein unmittelbares. Recht auf Einsichtnahme zu gewähren unter Beachtung der hierfür geltenden Regelungen (§ 18 Bbg DSG, ggf. i.V.m. § 1922 BGB; §§ 3, 7, 21, 35 und 67 des Sozialgesetzbuches (SGB). Fünftes Buch; § 12 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz der Kriegsopferfürsorge) und unter Berücksichtigung der nachstehenden Empfehlungen.
    2. Im Falle einer Einsichtnahme in Patientenunterlagen durch die Patientin oder den Patienten, deren gesetzlichen Vertretung oder Erben ist schriftlich (etwa in Form eines Vordruckes) darauf hinzuweisen, daß eine Einsichtnahme ohne ärztliche Begleitung und Beratung ggf. schwerwiegende Nachteile und Gefährdungen in bezug auf Gesundheit aber auch hinsichtlich des Lebens- und Gesundheitsverständnisses einer Betroffenen oder eines Betroffenen bewirken kann.

      Die ärztliche Begleitung und Beratung sollte im Regelfall durch die behandelnde Ärztin bzw. den behandelnden Arzt oder die Hausärztin bzw. den Hausarzt der antragstellenden Person erfolgen.

      Im Ausnahmefall kann eine Ärztin oder Arzt des Gesundheitsamtes diesen Dienst hilfsweise übernehmen. Eine Verpflichtung des Gesundheitsamtes, eine Ärztin oder Arzt für diese Zwecke zur Verfügung zu stellen, besteht nicht.
    1. Eine Aushändigung von Patientenunterlagen kann nur an eine behandelnde Ärztin oder einen behandelnden Arzt auf deren schriftliche Anforderung mit Einwilligung der betroffenen Patientin oder Patienten zu Zwecken der medizinischen Behandlung oder Begutachtung erfolgen.

      Im Falle einer Anforderung verbleiben die Patientenunterlagen bei der anfordernden Ärztin oder dem anfordernden Arzt. Die Ausgabe ist zu dokumentieren.
    2. Die Aushändigung von ärztlichen Aufzeichnungen (Patientenunterlagen) kann ferner an die Patientinnen oder Patienten erfolgen, damit diese sie von ihnen gewählten weiterbehandelnden Ärztinnen oder Ärzten aushändigen. Die Aushändigung soll dokumentiert werden (schriftliche Empfangsbestätigung).
  2. Eine Kontrolle oder Bewertung von Patientenunterlagen über deren Inhalt sowie sich daraus ergebender medizinischer, rechtlicher und anderer Konsequenzen findet durch die aufbewahrende Einrichtung nicht statt.
     
    1. Patientenunterlagen mit psychiatrischem Inhalt die als solche deutlich erkennbar sind. werden in Abweichung von Nr. 2 b nur über eine Ärztin oder einen Arzt ausgehändigt, die oder der von der Patientin oder dem Patienten, ihren gesetzlichen Vertretungen oder Erben bestimmt werden.
    2. Patienten, die psychiatrisch behandelt worden sind, kann die Einsicht in die vollständigen Krankenunterlagen dann verweigert werden, wenn nach ärztlichem Urteil dem schützenswerte Interessen der Patientin oder des Patienten entgegenstehen.
    1. Für Patientenunterlagen mit psychiatrischen und anderen, sensiblen oder bedenklichen Teilen, deren Inhalt jedoch nicht ohne weiteres erkenn bar ist, gilt Nr. 4 entsprechend.
    2. Das Einsichtsrecht soll sich nicht auf solche Aufzeichnungen erstrecken, an deren Zurückhaltung die Ärztin oder der Arzt ein begründetes Interesse besitzt. Hierzu zählen subjektive Wertungen der Ärztin oder des Arztes, die Wiedergabe persönlicher Eindrücke über die Patientin oder den Patienten und dessen Angehörige, eine vorläufige “Verdachtsdiagnose“, die später wieder aufgegeben worden ist, Bemerkungen über auffälliges Verhalten der Patientin oder des Patienten im Rahmen der Behandlung sowie sonstige persönliche Bemerkungen der Ärztin oder des Arztes.

VI. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte

Die Landesärztekammer und die Landeszahnärztekammer Brandenburg werden aufgefordert, diesen Runderlaß für ihren Bereich innerhalb eigener Zuständigkeit umzusetzen.

VII. Umsetzung

Die Durchführung dieses Erlasses obliegt den Landkreisen und kreisfreien Städten.

VIII. Inkrafttreten/Außerkrafttreten

  1. Dieser Runderlaß ergeht nach Anhörung des Landesbeauftragten für den Datenschutz (§ 7 Abs. 2 Bbg DSG) und tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.
  2. Am gleichen Tage tritt Nr. 4 des Runderlasses des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur vom 3. August 1992 außer Kraft.