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Aktuelle Fassung

Kommunalaufsichtliche Genehmigung nach § 49 Abs. 3 der Kommunalverfassung und Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 1 Satz 2 der Kommunalverfassung


vom 23. Dezember 1992
(ABl./93, [Nr. 08], S.158)

Mit meinem Erlass III Nr. 19/1992 habe ich grundsätzliche Hinweise bei der Veräußerung von kommunalen Vermögenswerten gegeben. In zahlreichen Gesprächen mit Mitarbeitern der Kommunalaufsicht bei den Landkreisen und den Liegenschaftsämtern bei den kreisfreien Städten wurde deutlich, dass mit dem Erlass zwar bereits weite Bereiche der Vermögensveräußerung angesprochen wurden, jedoch bei einigen Sachverhalten vertiefende Hinweise notwendig sind, andere Sachverhalte dagegen ergänzend aufgegriffen werden müssen. Zudem ist es erforderlich, die Gründe für den Inhalt meines Runderlasses III Nr. 82/1992 und die sich daraus ergebenden Konsequenzen darzustellen.

Die in diesem Erlass wie auch in dem Erlass III Nr. 19/1992 getroffenen Regelungen bei der Veräußerung kommunalen Vermögens enthalten Mindestforderungen, deren Einhaltung die Voraussetzung für eine Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde nach § 49 Abs. 3 der KVerf darstellt. Ein Rechtsanspruch des Bürgers auf die Einhaltung der Mindestforderungen erwächst aus diesen Regelungen nicht. Im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung sind grundsätzlich auch Entscheidungen möglich, die über diese Regelungen hinausgehen und damit geeignet sind, die kommunale Finanzsituation zu verbessern. In derartigen Fällen ist jedoch darauf zu achten, dass Gleichbehandlungsgrundsätze nicht verletzt werden.

Im Verfahren zur Genehmigung nach § 49 Abs. 3 der KVerf wird schwerpunktmäßig nur geprüft, ob die Forderungen der Kommunalverfassung erfüllt worden sind, also gemäß § 49 Abs. 1 KVerf die Vermögensgegenstände zum vollen Wert veräußert worden sind und ob die Gemeindevertretung bzw. der Kreistag gemäß § 21 Abs. 3 Buchstabe k KVerf bzw. § 85 Abs. 3 Buchstabe i KVerf ihrer Entscheidungspflicht nachgekommen sind. Dieses Prüfungsverfahren ist keine umfassende Rechtsprüfung der vorgelegten Kaufverträge.

Nachfolgende Aufstellung gibt eine Übersicht der in diesem Erlass behandelten Themen:

  1. Veräußerungen nach dem Gesetz zum Verkauf volkseigener Gebäude vom 07.03.1990 und nach § 6 des Vermögenszuordnungsgesetzes
  2. Voraussetzungen für eine Genehmigung nach § 49 Abs. 3 KVerf
  3. Hinweise zu einer möglichen Freistellung der Genehmigungspflicht nach § 49 Abs. 4 KVerf
  4. Erstellen von Gutachten
  5. Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 1 KVerf
  6. Allgemeine Hinweise

I. Veräußerungen nach dem Gesetz zum Verkauf volkseigener Gebäude vom 07.03.1990

  1. Die in meinem Runderlass III Nr. 19/1992 vom 26.03.1992 unter II. getroffenen Festlegungen hinsichtlich der Genehmigungspflicht nach § 49 Abs. 3 KVerf und der sich daraus ergebenden Folgen für die Behandlung von auf der Grundlage des „Gesetzes zum Verkauf volkseigener Gebäude“ vom 07.03.1990, nachfolgend Verkaufsgesetz genannt, abgeschlossenen notariellen Kaufverträge lassen sich aufgrund des Beschlusses des Bezirksgerichtes Halle vom 24.07.1992 - AZ.: 1 T 54/91 nicht mehr aufrecht erhalten. Das Gericht hat festgestellt, dass für die Veräußerungen auf der Grundlage des „Gesetzes über den Verkauf volkseigener Gebäude“ vom 07.03.1990 (GBl. I, S. 157/1990) sowie der dazu ergangenen Durchführungsverordnung vom 15.03.1990 (GBl. I, S. 158/1990) eine Genehmigungspflicht nach § 49 Abs. 3 KVerf nicht besteht. Es begründet seine Auffassung damit, dass im Jahre 1990 bis zum In-Kraft-Treten des Kommunalvermögensgesetzes vom 06.07.1990 (GBl. I, S. 6 60/1990) kommunales Eigentum noch nicht geschaffen war und sich der zum Verkauf freigegebene Grund und Boden noch in Volkseigentum befand, so dass demzufolge die Räte nicht über kommunales Eigentum verfügten. Darüber hinaus galt die für diese Verkaufsfälle erforderliche staatliche Genehmigung entsprechend der Spezialregelung des § 5 Abs. 4 der Durchführungsverordnung zum Verkaufsgesetz als erteilt, wenn die preisrechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung vorlag. Einer weiteren Genehmigung bedurfte es nicht.

    Daraus folgt, dass die Vertragsparteien an ihre notariell beurkundeten Erklärungen zum übereinstimmend gewollten Eigentumsübergang und an ihre Preisvereinbarung, die den damals geltenden Preisbestimmungen laut staatlicher Genehmigung entsprach, gebunden sind.

    Soweit vor dem 03.10.1990 notariell beurkundete Kaufverträge nachweislich aufgrund einer Beantragung nach dem Verkaufsgesetz vom 07.03.1990 zustandegekommen sind und eine preisrechtliche Unbedenklichkeitserklärung über den Kaufpreis vorliegt, ist eine nachträgliche Genehmigung nach § 49 Abs. 3 KVerf ebenfalls nicht erforderlich.
  2. Veräußerungen volkseigener in kommunaler Rechtsträgerschaft befindlicher Grundstücke, die aufgrund des Kommunalvermögensgesetzes nicht in kommunales Eigentum überführt wurden, sind auch nach dem 03.10.1990 gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 der Neufassung des Vermögenszuordnungsgesetzes (VZOG) vom 03.08.1992 (GBl. I, S. 1464/1992) nicht nach § 49 Abs. 3 KVerf genehmigungspflichtig. Nach dieser Vorschrift unterliegen Verfügungen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VZOG nicht den Vorschriften in bezug auf Verfügungen über eigenes Vermögen der verfügungsbefugten Stellen. Die Neufassung des VZOG ist nach Art. 14 Abs. 4 des Gesetzes zur Änderung des Vermögensgesetzes und anderer Vorschriften (2. VermRÄndG) vom 14.07.1992 (BGBl. I, S. 1257/1992) auch auf Verfahren anzuwenden, die vor In-Kraft-Treten des 2. VermRÄndG begonnen, aber noch nicht durch eine abschließende Entscheidung abgeschlossen worden sind.
  3. Zusammenfassend ist also festzustellen, dass sowohl Veräußerungen auf der Grundlage des Verkaufsgesetzes als auch Veräußerungen im Rahmen der Verfügungsbefugnis des § 6 Abs. 1 VZOG nach § 49 Abs. 3 KVerf nicht genehmigungspflichtig sind.

    Ganz unterschiedlich sind jedoch die Anforderungen an den Verkaufspreis zu bewerten. Die Formulierung des § 6 Abs. 1 Satz 2 VZOG bezieht sich ausschließlich auf das Genehmigungsverfahren nach § 49 Abs. 3 KVerf. Die Kommunen werden damit aber keinesfalls von der grundsätzlichen Verpflichtung entbunden, Kaufpreise auf der Grundlage der jeweils gültigen Verkehrswerte festzusetzen. Diese Notwendigkeit ergibt sich aus den § § 34, 48 und 49 KVerf und insbesondere auch aus dem Vermögenszuordnungsgesetz. Nach § 6 Abs. 4 Satz 2 VZOG ist die verfügende Stelle verpflichtet, mindestens den Wert des Vermögensgegenstandes an den aus einem unanfechtbaren Bescheid über die Zuordnung nach den § 1 und 2 des VZOG hervorgehenden Berechtigten auszukehren. Veräußert eine Kommune eine Liegenschaft unter dem Verkehrswert, so tritt in jedem Fall ein Vermögensschaden für die Kommune ein.

    Ich weise an dieser Stelle ausdrücklich darauf hin, dass bei Nichtbeachtung der §§ 34, 48 und 49 KVerf ein Tatverdacht nach § 266 Strafgesetzbuch (StGB) - Untreue - besteht, unabhängig davon, ob die Gemeinde bzw. der Landkreis ein Grundstück im Rahmen der Verfügungsbefugnis des § 6 VZOG oder als Eigentümer veräußert. Dieser Tatverdacht richtet sich sowohl gegen die jeweiligen Mitglieder der Gemeindevertretung bzw. des Kreistages als auch gegen die jeweiligen Landräte, hauptamtlichen Bürgermeister bzw. Amtsdirektoren.

    Die Kommunalaufsicht hat als Rechtsaufsichtsbehörde gemäß § 63 Abs. 2 KVerf sicherzustellen, dass die Verwaltung der Gemeinde im Einklang mit den Gesetzen erfolgt. Da eine Veräußerung unter Wert nach den §§ 34 und 49 KVerf in der Regel rechtswidrig ist, ist die Kommunalaufsicht grundsätzlich zum Einschreiten gemäß § 66 ff KVerf verpflichtet.

    Ich empfehle aber in Fällen, in denen das Zustandekommen eines notariellen Kaufvertrages nach dem 03.10.1990 nachweislich auf den Kaufantrag eines Bürgers bzw. eines Vorvertrages auf der Grundlage des Verkaufsgesetzes vor dem 03.10.1990 beruht, grundsätzlich davon nicht Gebrauch zu machen. Ausnahmen hiervon sind denkbar bei der Veräußerung von übergroßen Grundstücken und wenn Anzeichen für einen unredlichen Erwerb vorliegen.

    Dieser Verzicht auf kommunalaufsichtliche Maßnahmen sollte zur Wahrung der Gleichbehandlung auch gelten, wenn ein notarieller Kaufvertrag im Anschluss an einen Kaufantrag bzw. Kaufvorvertrag bis zum 03.10.1990 noch nicht abgeschlossen wurde und die Kommune nunmehr beabsichtigt, die Liegenschaft zu den damaligen Konditionen zu veräußern.

    Jedoch ist in diesen Fällen hervorzuheben, dass der Bürger aufgrund seines Antrages keinen Rechtsanspruch auf den Rechtsabschluss eines Kaufvertrages zu den alten Baulandpreisen ableiten kann. Es bedurfte - und bedarf auch zukünftig - der Verkaufsbereitschaft der Kommune, wobei die Verkaufsbereitschaft aber z. B. aus planungsrechtlichen Gründen nicht gegeben sein kann. Die Kommune kann somit in diesen Fällen den Abschluss eines Kaufvertrages zu den alten Baulandpreisen, aber unter bestimmten spekulationsverhindernden Bedingungen, in Aussicht stellen.
  4. Wenn es aufgrund des Erlasses III Nr. 19/1992 zur Genehmigung von Verkäufen auf der Grundlage des Verkaufsgesetzes mit den Bedingungen eines Wiederkaufsrechtes bzw. einer Wertabschöpfungsklausel kam und der Käufer sich mit diesen einverstanden erklärte, sollten sie zur Wahrung der Gleichbehandlung derartiger Grundstücksverkäufe nicht mehr durchgesetzt werden.

    Des Weiteren haben die Kommunen natürlich auch von den Bedingungen keinen Gebrauch zu machen, wenn sie bereits grundbuchrechtlich eingetragen wurden. Diesen Verzicht empfehle ich den Käufern gegenüber schriftlich zuzusichern. Der Käufer hat gleichwohl Anspruch auf Löschung dieses dinglichen Rechtes.

II. Voraussetzungen für eine Genehmigung nach § 49 Abs. 3 KVerf

Für folgende Fälle besteht weiterhin die Genehmigungspflicht nach § 49 Abs. 3 KVerf:

  1. Veräußerungen von Grundstücken, die aufgrund des Kommunalvermögensgesetzes in das Eigentum der Kommunen übergegangen sind.
  2. Veräußerungen von Grundstücken, die den Kommunen aufgrund einer Entscheidung nach § 1 des Vermögenszuordnungsgesetzes als Eigentum zugeordnet wurden.
  3. Veräußerungen von Grundstücken, die die Kommune z. B. zum Zwecke der Weiterveräußerung (Eigenheimsiedlung, Gewerbegebiet) erworben hat.

Der Rechtsaufsicht sind zur Genehmigung nach § 49 Abs. 3 der Kommunalverfassung immer die nachfolgend aufgeführten Unterlagen einzureichen:

  1. Nachweis über die Zuordnung
  2. Beschluss des Kreistages bzw. der Gemeindevertretung, wobei dieser u. a. die Feststellung der Entbehrlichkeit des Grundstückes und - ggf. - die Gründe für ein Unterschreiten des Verkehrswertes enthalten muss.
  3. Verkehrswertgutachten oder gutachterliche Stellungnahme.
  4. notariell beglaubigter Kaufvertrag.

Anträge auf Genehmigung nach § 49 Abs. 3 Kommunalverfassung sind von der jeweiligen Kommune grundsätzlich selbst zu stellen.

III. Hinweise zu einer möglichen Freistellung der Genehmigungspflicht nach § 49 Abs. 4 KVerf

  1. Auf absehbare Zeit werden die Kommunen weiterhin Grundstücke und Gebäude überwiegend im Rahmen ihrer Verfügungsbefugnis nach § 6 Abs. 1 VZOG veräußern, so dass es keiner Genehmigung nach § 49 Abs. 3 KVerf bedarf. Somit stellen die in II. aufgeführten Veräußerungsfälle zur Zeit im Land Brandenburg noch den kleineren Teil aller Veräußerungen dar. Das für diese Fälle erforderliche Genehmigungsverfahren müsste von den Rechtsaufsichtsbehörden innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne (ca. 4 Wochen) abzuschließen sein, so dass eine Freistellung von der Genehmigungspflicht nach § 49 Abs. 4 KVerf z. B. aus Gründen der Investitionsbeschleunigung zur Zeit nicht vorgenommen werden muss. Ich werde daher bis auf weiteres von einer Freistellung bestimmter Rechtsgeschäfte gemäß § 49 Abs. 4 KVerf absehen. Begründet ist dies darin, dass Kommunen ihre Grundstücke bis heute noch teilweise weit unter dem Verkehrswert ohne nachvollziehbare Gründe veräußern. Diese Situation vermittelt den Eindruck, dass in einigen Kommunen die Bedeutung einer verantwortungsvollen Veräußerungspraxis für den kommunalen Haushalt noch nicht ausreichend erkannt wurde. Insbesondere die Veräußerung von Vermögensgegenständen stellt aber eine der wenigen eigenen Einnahmequellen des kommunalen Haushaltes dar, die nicht aus Zuweisungen von Landes- und Bundesbehörden resultieren.

    Kommunalaufsichtliche Eingriffe bei rechtswidrigen Veräußerungen im Rahmen der Verfügungsbefugnis des § 6 VZOG werden in der Regel nicht geeignet sein, das kommunale Vermögen zu schützen, da der Käufer eines unter Wert veräußerten Grundstücks durch den Abschluss des notariellen Kaufvertrages den zivilrechtlichen Anspruch auf Durchführung des Vertrages bzw. Schadensersatz erlangt hat.

    Vor diesem Hintergrund erhoffe ich mit der weiterhin bestehenden Genehmigungspflicht für die unter II. aufgeführten Verkaufsfälle und der damit verbundenen direkten Sanktionierungsmöglichkeit für gesetzwidrige Verkäufe beispielgebend auch für Veräußerungen nach § 6 VZOG zu wirken und die Stärkung des Bewusstseins für den verantwortlichen Umgang mit den kommunalen Vermögensgegenständen zu erreichen.

IV. Erstellen von Gutachten

  1. Veräußerungen von Grundstücken und Gebäuden sind nur auf der Grundlage einer den aktuellen Wert wiedergebenden gutachterlichen Stellungnahme vorzunehmen. Die Heranziehung von Werten der Bodenrichtwertkarten im Gutachten ohne die notwendige Aktualisierung ist nicht ausreichend. Die Kommunen sollten vorrangig nur die Gutachterausschüsse und öffentlich bestellten und vereidigte Gutachter für die Verkehrswertermittlung beauftragen. Ggf. kann auch einem staatlich zugelassenen Gutachter der Auftrag zur Erstellung eines Gutachtens erteilt werden. Bei der Vorlage eines Gutachtens mit offenkundigen und groben Mängeln sollte sich die Rechtsaufsichtsbehörde das Recht vorbehalten, dieses Gutachten dem Gutachterausschuss zur Prüfung vorzulegen.
  2. Wenn im Rahmen einer Veräußerung vom Verkehrswert einer solchen gutachterlichen Stellungnahme abgewichen wird, ist das ausführlich und nachvollziehbar zu begründen. Dabei dürfen keinesfalls Gründe angegeben werden, die bereits wertmindernd im Verkehrswertgutachten Berücksichtigung fanden.
  3. Wie bereits im Erlass III Nr. 19/1992 dargestellt, müssen die Gutachten aktuelle Verkehrswerte ausweisen. Als aktuell sind weiterhin Gutachten anzusehen, die zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses nicht älter als zwei Monate sind. Dabei ist selbstverständlich abzustellen auf den Stichtag der Bewertung des Objektes im Gutachten und nicht auf das Datum der Erstellung des Gutachtens. Wenn zwischen dem Beschluss des Kreistages bzw. der Gemeindevertretung zum Verkauf des Grundstückes und dem notariell beglaubigten Kaufvertrag ein längerer Zeitraum liegt und dieser Zeitraum auf die besondere Situation in den neuen Bundesländern, insbesondere die langen Bearbeitungszeiten von Verwaltungen, Vermessern, Notaren usw. zurückzuführen ist, erkläre ich mich ausnahmsweise damit einverstanden, dass der Kreistag bzw. die Gemeindevertretung auch den durch ein zum Zeitpunkt des Beschlusses als Kaufpreis ermittelten Wert im notariell beglaubigten Kaufvertrag ansetzt, wenn zwischen dem Beschluss und dem notariell beglaubigten Kaufvertrag nicht mehr als ein Jahr liegt. Wird die Zeitspanne von einem Jahr überschritten, muss eine neue gutachterliche Stellungnahme eingeholt werden.

    Dabei reicht es aus, wenn der Gutachter oder auch die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses durch ein Kurztestat den vorher festgestellten Preis aktualisiert oder ggf. auch als weiterhin geltend bestätigt.

    Bei der Veräußerung von Baugrundstücken an Eigenheimbauer im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus empfehle ich sogar, für eine Zeitdauer von einem Jahr nach dem Beschluss die Preise zum Zeitpunkt des Beschlusses zu garantieren und von der Auswahlmöglichkeit nicht Gebrauch zu machen, weil besonders in diesem Bereich eine Verteuerung der Grundstückspreise sehr schnell zu einer Überschuldung und damit zu einer Beendigung der Baumaßnahme führen kann.

    Voraussetzung dafür sollte jedoch sein, dass der Käufer die Verzögerung der notariellen Beurkundung nachweislich nicht selbst verursacht hat. Grundgedanke dieser Empfehlung ist, dass die Kommune im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung gemäß § 2 Abs. 2 der Kommunalverfassung - die Verbesserung der Wohnbedingungen der Einwohner durch den sozialen Wohnungsbau - nicht spekulieren sollte, sondern im Gegenteil durch klare, transparente und garantierte Beschlüsse das private Interesse am sozialen Wohnungsbau fördern sollte.

V. Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 1 KVerf

Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 KVerf darf die Kommune keine Sicherheiten zugunsten Dritter bestellen. Die Bestellung von Sicherheiten umfaßt sowohl die schuldrechtliche Sicherheitsleistung als auch die dingliche Sicherung durch Bestellung von Grundpfandrechten. Die Rechtsaufsichtsbehörde darf gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 KVerf Ausnahmen zulassen.

Im Grundstücksverkehr ist es gängige Praxis, dass der Verkäufer eine Belastung des Grundstückes noch vor Übergang des Eigentums auf den Erwerber durch die Eintragung einer Grundschuld zustimmt, so dass der Erwerber für Kreditaufnahmen dingliche Sicherheiten bieten kann. Die Forderung einer derartigen Eintragungsbewilligung (Belastungsvollmacht) wird seitens der Investoren zunehmend auch gegenüber den Kommunen erhoben. Die Kommunen müssen in jedem Einzelfall eine Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 1 KVerf bei der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde beantragen.

Aufgrund der zur Zeit noch sehr langen Fristen bis zur grundbucherechtlichen Eigentumsumschreibung und der daraus resultierenden mangelnden Beleihungsmöglichkeiten zur Finanzierung von Investitionen sowie zur Beschleunigung von Investitionsmaßnahmen bin ich bereit, gemäß § 45 Abs. 1 KVerf Ausnahmegenehmigungen zur Bestellung von Grundpfandrechten zugunsten Dritter zu erteilen. Voraussetzung ist jedoch, dass die nachfolgend aufgeführten Sachverhalte im Kaufvertrag Berücksichtigung finden, wobei die Formulierung abweichend sein kann:

  1. Der Verkäufer bevollmächtigt den Käufer unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB den verkauften Grundbesitz mit Grundpfandrechten, die der Finanzierung des Kaufpreises sowie der im Kaufvertrag zugesagten Investitionen durch den Käufer dienen, bereits vor Eigentumsübergang zu belasten und bewilligt deren Eintragung im Grundbuch samt dinglicher Zwangsvollstreckungsunterwerfung.
  2. Die Vollmacht schließt die Übernahme einer persönlichen Schuldhaftung und im Verhältnis zum Käufer die Übernahme von Kosten aus. Die Grundpfandrechte dienen bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung nur zur Sicherung des finanzierten und tatsächlich an den Verkäufer ausgezahlten Kaufpreis.
  3. Der Käufer tritt bereits jetzt seine Ansprüche auf Auszahlung der Darlehen bis zu dem zur Kaufpreisfinanzierung benötigten Betrag an den Verkäufer ab und weist die Gläubiger unwiderruflich an, aus dem Darlehen den Kaufpreis auf das Notaranderkonto zu zahlen.
  4. Die Vollmacht berechtigt nur zur Erklärung der dinglichen Einigung, wenn gleichzeitig eine Sicherungsvereinbarung zwischen dem Verkäufer und dem Gläubiger zustande kommt.

    Anmerkung: Dieser Sicherungsvertrag (Zweckbestimmungserklärung) ist so zu fassen, dass der Gläubiger bis zur Eigentumsumschreibung (mindestens bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung) das Grundpfandrecht nur insoweit verwerten und/oder behalten darf, als er tatsächlich Zahlungen auf die Kaufpreisschuld des Käufers geleistet hat. Der Sicherungsvertrag kommt durch Angebot (Übersendung der durch eine Sicherungsabrede ergänzten Grundpfandrechtsbestellungsurkunde) und Annahme (stillschweigend) zustande. Der Gläubiger (z. B. Kreditinstitut) kann nicht die in der Urkunde enthaltene dingliche Einigung annehmen, ohne das ebenfalls enthaltene Angebot auf Abschluss des Sicherungsvertrages anzunehmen.
  1. Bei der Veräußerung einer Teilfläche eines Grundstückes, das erst später vermessen wird, muss sich der Gläubiger unwiderruflich verpflichten, die nicht verkaufte Teilfläche nach katasteramtlicher Fortschreibung auflagenfrei aus der Mithaftung zu entlassen.
  2. Sollte im Grundbuch des zu veräußernden Grundstückes bereits beim Abschluss des Kaufvertrages eine Belastung eingetragen sein, so ist diese Belastung ausdrücklich in die Abtretungserklärung unter Anrechnung des Kaufpreises mit aufzunehmen.
  3. Im Kaufvertrag muss die Auflassung erklärt werden.
  4. Bei Briefgrundpfandrechten besitzt der Gläubiger die Grundpfandrechte bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung an den Verkäufer oder auf seine Anweisung an dessen Gläubiger nur treuhänderisch.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine Belastungsvollmacht nicht nur bis zur Höhe des Kaufpreises, sondern auch darüber hinaus für Investitionen auf dem Grundstück, die der Käufer im Kaufvertrag zugesagt hat, erteilt werden kann.

Ein Risiko der finanziellen Inanspruchnahme der Kommune ist durch die Abtretungserklärung, den Ausschluss einer persönlichen Haftung gegenüber den Gläubigern und den Sicherungsvertrag nicht gegeben.

Die Erteilung einer Belastungsvollmacht im Rahmen einer Grundstücksveräußerung nach § 6 Abs. 1 VZOG ist nicht genehmigungspflichtig. Dies ergibt sich aus § 6 Abs. 1 Satz 1 VZOG (siehe I, Punkt 2.). Der in § 6 VZOG verwandte Begriff „Verfügungsbefugnis“ ist nach Auffassung des Bundesministeriums des Innern weit auszulegen. Er umfasst auch die Begründung, Bestellung und Übertragung von dinglichen Rechten an einem Grundstück oder Gebäude oder Teilen hiervon.

VI. Allgemeine Hinweise

  1. Die mit Erlass III Nr. 19/1992 erteilte Befreiung von der Genehmigungspflicht für Veräußerungen auf der Grundlage des § 6 Vermögenszuordnungsgesetz (VZOG) bzw. § 3 a Vermögensgesetz ist insoweit obsolet, als dieses nunmehr mit dem 2. Vermögensrechtsänderungsgesetz (2. VermRÄG) durch gesetzliche Norm ( § 6 VZOG) geregelt ist.

    Wie bereits in dem Erlass III Nr. 19/1992 angesprochen, besteht für Veräußerungen nach § 6 VZOG bzw. den Regelungen des neuen Investitionsvorranggesetzes eine Anzeigepflicht. Deshalb ist bei diesen Veräußerungen der jeweiligen Rechtsaufsichtsbehörde spätestens alle drei Monate eine Liste zu übersenden, die die nachfolgenden Angaben enthalten muss: UR-Nr. des Notars, Vertragsdatum, Erwerber, Flur, Flurstück, Objekt (Nutzung), m2, Kaufpreis, DM/m2, Ergebnis des Wertgutachtens getrennt nach Grund und Boden und Gebäude.
  2. Die vorgenannten Empfehlungen sollten auch im Genehmigungsverfahren zwischen der Kommunalaufsicht beim Landkreis und den kreisangehörigen Städten und Gemeinden Berücksichtigung finden. Ich bitte die Landräte, die kreisangehörigen Städte und Gemeinden entsprechend zu unterrichten.
  3. Sollte zu den verschiedenen Themen noch weiterer Klärungsbedarf bestehen, bitte ich um Rückruf unter der im Briefkopf genannten Rufnummer. Anfragen von kreisangehörigen Städten und Gemeinden sind grundsätzlich an die Kommunalaufsicht des Landkreises zu richten.