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Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Brandenburger Osthavelniederung“

Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Brandenburger Osthavelniederung“
vom 21. Juli 1998
(GVBl.II/98, [Nr. 24], S.558)

zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 25. Juli 2005
(GVBl.II/05, [Nr. 24], S.449)

Auf Grund des § 22 in Verbindung mit § 19 Abs. 1 und 2 und mit § 78 Abs. 1 Satz 5 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes vom 25. Juni 1992 (GVBl. I S. 208), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 18. Dezember 1997 (GVBl. I S. 124), verordnet der Minister für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung:

§ 1
Erklärung zum Schutzgebiet

Die in § 2 näher bezeichneten Flächen im Landkreis Potsdam-Mittelmark und in der kreisfreien Stadt Brandenburg an der Havel werden als Landschaftsschutzgebiet festgesetzt. Das Landschaftsschutzgebiet trägt die Bezeichnung "Brandenburger Osthavelniederung".

§ 2
Schutzgegenstand

(1) Das Landschaftsschutzgebiet hat eine Größe von rund 9.384 Hektar. Es liegt im Landschaftsraum "Brandenburg-Potsdamer Havelgebiet" zwischen den Städten Brandenburg an der Havel und Ketzin und schließt im Norden Teile der "Nauener Platte", im Süden Teile des "Lehniner Landes" ein.

Eine Kartenskizze ist dieser Verordnung zur Orientierung als Anlage beigefügt.

(2) Die Grenzen des Landschaftsschutzgebietes sind in einer Übersichtskarte im Maßstab 1: 50.000, die genauen Grenzen sind in Karten im Maßstab 1:10.000 sowie in Flurkarten mit einer ununterbrochenen Linie eingetragen; als Grenze gilt der innere Rand dieser Linie.

(3) Die Karten können beim Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung des Landes Brandenburg, oberste Naturschutzbehörde, in Potsdam, sowie bei dem Landkreis Potsdam-Mittelmark und der kreisfreien Stadt Brandenburg an der Havel, untere Naturschutzbehörden, von jedermann während der Dienstzeiten kostenlos eingesehen werden.

§ 3
Schutzzweck

Schutzzweck ist

  1. die Bewahrung der Vielfalt, Eigenart und Schönheit des Landschaftsbildes, insbesondere
    1. der landschaftsprägenden, zum großen Teil naturnahen Flußniederung der Havel mit ihrem mäandrierenden Flußlauf, den Altarmen, Inseln und Verlandungszonen sowie der sie begrenzenden End-, Stauch- und Grundmoränengebiete,
    2. der durch den Wechsel von Röhrichten, Feuchtgrünland, kleinflächigen Wäldern und Trockenrasen strukturierten, offenen Kulturlandschaft,
    3. der historisch entstandenen, weiträumigen Siedlungsstrukturen mit Alleen, Wiesen, Weiden, Äckern und Obstpflanzungen;
  2. die Erhaltung oder Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, insbesondere
    1. des naturnahen Verlaufs der Havel, der Uferzonen, der Verlandungs- und Überflutungsbereiche und der Regenerationsfähigkeit der Gewässer,
    2. der weiträumigen, wechselhaften Landschaftsstruktur mit vielfältigen Biotopen und Landschaftselementen wie Röhrichten, Feuchtwiesen, Bruchwäldern, Feldgehölzen, Hecken, Solitärbäumen, Äckern und Trockenrasen,
    3. der Lebensbedingungen und Lebensräume von gefährdeten Pflanzengesellschaften wie Schwimmblatt- und Feuchtwiesengesellschaften, Erlenbrüche, Eichenmischwälder, kontinentale Trockenrasen- und vereinzelte Salzstellengesellschaften sowie von gefährdeten Tierarten,
    4. der Funktionsfähigkeit der Böden durch die Sicherung und Förderung der natürlichen Vielfalt an Bodeneigenschaften sowie den Schutz des Bodens vor Überbauung, Verdichtung, Abbau und Erosion,
    5. der Funktionsfähigkeit des Wasserhaushaltes und der Wassergüte der Still- und Fließgewässer sowie der Sicherung und Wiederherstellung einer unbeeinträchtigten Grundwasserneubildung,
    6. wegen der Bedeutung des Gebietes im Rahmen der Biotopvernetzung zum Naturschutzgebiet "Rietzer See" und den Landschaftsschutzgebieten "Westhavelland" und "Potsdamer Wald- und Havelseengebiet";
  3. die Erhaltung und Entwicklung des Gebietes wegen seiner besonderen Bedeutung für die naturnahe Erholung im Einzugsbereich der Ballungsräume Brandenburg und Potsdam, insbesondere
    1. durch eine der Landschaft und Naturausstattung angepaßten Förderung der Erlebbarkeit des Landschaftsraums, vor allem der Gewässer und Niederungsgebiete,
    2. durch eine Verbesserung der landschaftlichen Einbindung der Siedlungsbereiche unter Berücksichtigung der historisch gewachsenen dörflichen Strukturen;
  4. die Entwicklung des Gebietes im Hinblick auf eine naturverträgliche und nachhaltige Landnutzung.

§ 4
Verbote, Genehmigungsvorbehalte

(1) Vorbehaltlich der nach § 5 dieser Verordnung zulässigen Handlungen sind in dem Landschaftsschutzgebiet gemäß § 22 Abs. 3 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes folgende Handlungen verboten:

  1. Grünland auf Niedermoorstandorten umzubrechen oder in anderer Weise zu beeinträchtigen;
  2. Trockenrasen nachteilig zu verändern, zu beschädigen oder zu zerstören;
  3. Bäume außerhalb des Waldes, Hecken, Feld- oder Ufergehölze, Ufervegetation, Schwimmblattgesellschaften oder ähnlichen Bewuchs zu verändern, zu beschädigen oder zu beseitigen.

(2) Sonstige Handlungen, die geeignet sind, den Charakter des Gebietes zu verändern, den Naturhaushalt zu schädigen, das Landschaftsbild zu beeinträchtigen oder sonst dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen, bedürfen der Genehmigung. Der Genehmigung bedarf insbesondere, wer beabsichtigt,

  1. bauliche Anlagen, die einer öffentlich-rechtlichen Zulassung oder Anzeige bedürfen, zu errichten oder wesentlich zu verändern;
  2. die Bodengestalt zu verändern, die Böden zu verfestigen, zu versiegeln oder zu verunreinigen;
  3. Plakate und Werbeanlagen aufzustellen oder anzubringen, ausgenommen zur saisonalen Direktvermarktung landwirtschaftlicher Produkte;
  4. die Gewässer, ausgenommen die Landes- und Bundeswasserstraßen, mit motorbetriebenen Wasserfahrzeugen zu befahren;
  5. außerhalb öffentlich-rechtlich zugelassener und gekennzeichneter Plätze sowie von Hausgärten offene Feuerstellen zu errichten oder zu betreiben, zu zelten oder Wohnwagen aufzustellen, ausgenommen zur Ernte und saisonalen Direktvermarktung landwirtschaftlicher Produkte;
  6. Veranstaltungen mit motorbetriebenen Fahrzeugen durchzuführen;
  7. Grünland in eine andere Nutzungsart zu überführen.

(3) Die Genehmigung nach Absatz 2 ist unbeschadet anderer Rechtsvorschriften auf Antrag von der unteren Naturschutzbehörde zu erteilen, wenn die beabsichtigte Handlung den Charakter des Gebietes nicht verändert und dem besonderen Schutzzweck nicht oder nur unerheblich zuwiderläuft. Die Genehmigung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden.

§ 5
Zulässige Handlungen

(1) Entgegen § 4 dieser Verordnung bleiben zulässig:

  1. die im Sinne des § 11 Abs. 2 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung auf den rechtmäßig dafür genutzten Flächen, mit der Maßgabe, daß
    1. § 4 Abs. 1 Nr. 2 und 3 sowie
    2. § 4 Abs. 1 Nr. 1 gelten, wobei eine Bewirtschaftung von Niedermooren entsprechend den Moortypen (Norm-, Mulm-, Erdniedermoor) ausgenommen ist. Dabei ist eine weitere Degradierung des Moorkörpers weitestgehend auszuschließen;
  2. die im Sinne des § 11 Abs. 3 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes ordnungsgemäße forstwirtschaftliche Bodennutzung auf den rechtmäßig dafür genutzten Flächen mit der Maßgabe, daß
    1. Höhlenbäume erhalten bleiben,
    2. § 4 Abs. 1 Nr. 2 gilt;
  3. für den Bereich der Jagd:
    1. die rechtmäßige Ausübung der Jagd,
    2. die Errichtung von Ansitzleitern und Kanzeln, soweit das charakteristische Landschaftsbild nicht beeinträchtigt wird und nur Materialien verwendet werden, die sich in das Landschaftsbild einfügen;
  4. die im Sinne des § 11 Abs. 4 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes in Verbindung mit § 1 Abs. 1 und 2 des Fischereigesetzes für das Land Brandenburg ordnungsgemäße fischereiwirtschaftliche Flächennutzung sowie die Angelfischerei auf den rechtmäßig dafür genutzten Flächen mit der Maßgabe, daß Fanggeräte und Fangmittel so einzusetzen oder auszustatten sind, daß ein Einschwimmen und eine Gefährdung des Fischotters weitgehend ausgeschlossen ist;
  5. die ordnungsgemäße Unterhaltung der Gewässer im Benehmen mit der unteren Naturschutzbehörde und mit der Maßgabe, daß
    1. Maßnahmen zeitlich und räumlich derart durchzuführen sind, daß ein vielfältiger und standortgerechter Pflanzen- und Tierbestand erhalten bleibt oder sich neu entwickeln kann,
    2. bei erforderlichen Wasserbaumaßnahmen möglichst natürliche Baustoffe und ingenieurbiologische Methoden verwendet werden,
    3. keine Pflanzenschutzmittel verwendet werden. Der Herstellung des Benehmens bedarf es nicht, soweit es sich um unaufschiebbare Maßnahmen handelt;
  6. die ordnungsgemäße Unterhaltung der rechtmäßig bestehenden Anlagen einschließlich der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen und Wege im Benehmen mit der unteren Naturschutzbehörde. Der Herstellung des Benehmens bedarf es nicht, soweit es sich um unaufschiebbare Maßnahmen handelt;
  7. die Nachrüstung bestehender landwirtschaftlicher Anlagen, soweit sie nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz bis zum 30. Juni 1999 erforderlich ist;
  8. Handlungen nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 in rechtmäßig bestehenden Baumschulen, Gärten, Friedhöfen, Park- und Gartenanlagen;
  9. die sonstigen bei Inkrafttreten dieser Verordnung aufgrund behördlicher Einzelfallentscheidung rechtmäßig ausgeübten Nutzungen und Befugnisse in der bisherigen Art und im bisherigen Umfang;
  10. Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen, die von der zuständigen Naturschutzbehörde angeordnet worden sind;
  11. Maßnahmen zur Untersuchung von Altlastverdachtsflächen und Maßnahmen der Altlastensanierung im Benehmen mit der unteren Naturschutzbehörde. Der Herstellung des Benehmens bedarf es nicht, soweit es sich um unaufschiebbare Maßnahmen handelt;
  12. behördlich angeordnete oder zugelassene Beschilderungen;
  13. Maßnahmen der Modernisierung, Instandsetzung sowie der notwendigen Anpassung der Infrastruktur an umweltgesetzliche Erfordernisse auf räumlich abgegrenzten landwirtschaftlichen Betriebsstandorten, die als solche im Liegenschaftskataster bezeichnet sind. Soweit diese Maßnahmen eine Errichtung bzw. Erweiterung von Baukörpern, die einer öffentlich rechtlichen Genehmigung oder Anzeige bedürfen, darstellen, ist das Einvernehmen mit der unteren Naturschutzbehörde erforderlich.

(2) Die in § 4 Abs. 2 Nr. 4 dieser Verordnung für das Befahren des Landschaftsschutzgebietes enthaltenen Einschränkungen gelten nicht für die Dienstkräfte der Naturschutzbehörden, die zuständigen Naturschutzhelfer und sonstige von den Naturschutzbehörden beauftragte Personen sowie für Dienstkräfte und beauftragte Personen anderer zuständiger Behörden und Einrichtungen und die von ihnen beauftragten Personen, soweit diese in Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben handeln. Der Genehmigungsvorbehalt nach § 19 Abs. 3 Satz 2 des Landeswaldgesetzes bleibt unberührt.

§ 6
Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen

Es werden folgende Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen als Zielvorgabe festgelegt:

  1. es wird angestrebt, die natürlichen Gebietswasserverhältnisse zu erhalten und wo nötig wieder herzustellen; Verunreinigungen und Eutrophierungen der Gewässer sollen möglichst verhindert werden; das Regenerationsvermögen der Gewässer soll durch die Förderung einer standortgemäßen Ufervegetation verbessert werden;
  2. Feuchtwiesen und ihre Auflassungsstadien sollen in ihrer Artenvielfalt durch angepaßte, regelmäßige Pflege, insbesondere entsprechende Mahd oder Weideführung und Entbuschung entwickelt werden; auf die Anwendung von Düngern und Pflanzenschutzmitteln ist nach Möglichkeit zu verzichten;
  3. Sand- und kontinentale Trockenrasen sollen durch periodische Pflegemaßnahmen erhalten werden;
  4. naturnahe Wälder sollen durch entsprechende Waldbaumaßnahmen erhalten werden, von der entsprechenden natürlichen Waldgesellschaft in ihrer Baumartenzusammensetzung erheblich abweichende Bestockungen sollen allmählich umgebaut werden;
  5. für die Sicherung der naturverträglichen Erholung sollen als geeignete Lenkungsmaßnahme Rad-, Wander- und Reitwege sowie Biwakplätze für Wasserwanderer unter Vermeidung zusätzlicher Versiegelung derart entwickelt werden, daß seltene oder gefährdete Arten und ihre Lebensräume möglichst unbeeinträchtigt bleiben;
  6. Freileitungen sollen aus landschaftsästhetischen Gründen und für den Vogelschutz gesichert oder verkabelt werden.

§ 7
Befreiungen

Von den Verboten dieser Verordnung kann die untere Naturschutzbehörde auf Antrag gemäß § 72 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes Befreiung gewähren. Dies gilt auch im Falle der Versagung einer Genehmigung nach § 4 Abs. 2 und 3.

§ 8
Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig im Sinne des § 73 Abs. 2 Nr. 2 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

  1. den Vorschriften des § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 zuwiderhandelt oder
  2. Handlungen ohne die nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 7 erforderliche Genehmigung vornimmt oder
  3. den Maßgaben des § 5 dieser Verordnung zuwiderhandelt.

(2) Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 1 können gemäß § 74 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes mit einer Geldbuße bis zu hunderttausend Deutsche Mark geahndet werden.

§ 9
Verhältnis zu anderen naturschutzrechtlichen Bestimmungen

(1) Der Erlaß von Pflegeplänen zur Ausführung der in dieser Verordnung festgelegten Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen und zur Verwirklichung des Schutzzwecks und die Duldung von Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege richten sich nach den §§ 29 und 68 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes.

(2) Soweit für den Bereich des Landschaftsschutzgebietes weitergehende naturschutzrechtliche Vorschriften bestehen, bleiben diese unberührt.

(3) Soweit diese Verordnung keine weitergehenden Vorschriften enthält, bleiben die Regelungen über gesetzlich geschützte Teile von Natur und Landschaft (nach den §§ 31 bis 36 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes) und über den Schutz und die Pflege wildlebender Tier- und Pflanzenarten (nach den §§ 20 bis 26 b des Bundesnaturschutzgesetzes und den §§ 37 bis 43 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes) unberührt.

§ 10
Geltendmachen von Form- und Verfahrensfehlern

Die Verletzung der Verfahrens- und Formvorschriften des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes kann gegen diese Verordnung nur innerhalb von zwei Jahren nach ihrer Verkündung geltend gemacht werden, es sei denn,

  1. diese Verordnung ist nicht ordnungsgemäß verkündet worden oder
  2. der Form- oder Verfahrensfehler ist zuvor gegenüber dem Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung unter Angabe der verletzten Rechtsvorschrift und der Tatsache, die den Mangel ergibt, gerügt worden.

§ 11
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

(1) Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.

(2) Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung tritt die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Götzer Berge" des Rates des Bezirkes Potsdam vom 20. Juli 1966 außer Kraft.

Potsdam, den 21. Juli 1998

Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung
Matthias Platzeck

Anm.: Die Anlagen wurden nicht aufgenommen.