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Verordnung über das Naturschutzgebiet „Untere Havel Nord“

Verordnung über das Naturschutzgebiet „Untere Havel Nord“
vom 28. Mai 2004
(GVBl.II/04, [Nr. 15], S.434)

zuletzt geändert durch Artikel 13 der Verordnung vom 8. Dezember 2017
(GVBl.II/17, [Nr. 70])

Auf Grund des § 21 in Verbindung mit § 19 Abs. 1 und 2 und § 78 Abs. 1 Satz 5 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes vom 25. Juni 1992 (GVBl. I S. 208), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 20. April 2004 (GVBl. I S. 106), verordnet der Minister für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung:

§ 1
Erklärung zum Schutzgebiet

Die in § 2 näher bezeichnete Fläche im Landkreis Havelland wird als Naturschutzgebiet festgesetzt. Das Naturschutzgebiet trägt die Bezeichnung „Untere Havel Nord“.

§ 2
Schutzgegenstand

(1) Das Naturschutzgebiet hat eine Größe von rund 4 706 Hektar. Es umfasst die postglazial geprägte Niederung der Havel nördlich von Rathenow bis zur Alten Dosse mit Flächen in folgenden Fluren:

Gemeinde:Gemarkung:Flur:
Rathenow Rathenow 8 bis 11, 13, 14, 17, 22;
Rathenow Göttlin 1, 5 bis 8;
Rathenow Grütz 1, 6, 7;
Havelaue Gülpe 1, 3, 4;
Seeblick Hohennauen 1, 3 bis 6;
Havelaue Parey 1 bis 5;
Havelaue Spaatz 1 bis 5;
Havelaue Strodehne 20 bis 24, 26;
Havelaue Wolsier 1, 7.

Eine Kartenskizze ist dieser Verordnung als Anlage 1 zur Orientierung über die Lage des Naturschutzgebietes beigefügt. Darüber hinaus ist dieser Verordnung eine Flurstücksliste als Anlage 2 zur Orientierung beigefügt. Als Anlage 3 ist dieser Verordnung eine Liste mit der Zuordnung der Kartenblätter der Flurkarte zu den Gemarkungen und Fluren beigefügt.

(2) Die Grenze des Naturschutzgebietes ist in der „Übersichtskarte zur Verordnung über das Naturschutzgebiet ,Untere Havel Nord ‘“ (Blatt 1 bis 2) im Maßstab 1 : 50 000, in der „Topografischen Karte zur Verordnung über das Naturschutzgebiet ,Untere Havel Nord‘“ (Blatt 1 bis 10) im Maßstab 1 : 10 000 und in der „Flurkarte zur Verordnung über das Naturschutzgebiet ,Untere Havel Nord‘“ (Blatt 1 bis 42) mit ununterbrochener roter Linie eingezeichnet; als Grenze gilt der innere Rand dieser Linie. Maßgeblich ist die Einzeichnung in den Flurkarten. Die Übersichtskarten (Blatt 1 und 2) und die Flurkarten (Blatt 1 bis 42) gemäß Absatz 2 sind von der Siegelverwahrerin mit der Siegelnummer 51 des Ministeriums für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung am 25. Mai 2004 unterzeichnet worden. Die topografischen Karten (Blatt 1 bis 10) gemäß Absatz 2 sind von der Siegelverwahrerin mit der Siegelnummer 13 des Ministeriums für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft am 18. Oktober 2017 unterzeichnet worden.

(3) Die Grenze des in § 3 Absatz 2 Nummer 2 aufgeführten Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung „Untere Havel Nord“ ist in der Anlage 1 gemäß § 2 Absatz 1 Satz 3 schraffiert und in den in Absatz 2 aufgeführten topografischen Karten im Maßstab 1 : 10 000 (Blatt 1 bis 10) mit ununterbrochener Linie eingezeichnet; als Grenze gilt der innere Rand dieser Linie.

(4) Das Naturschutzgebiet ist in die Zonen 1, 2 und 3 unterteilt, für die unterschiedliche Beschränkungen der landwirtschaftlichen Bodennutzung festgesetzt sind. Die Grenzen der Zonen sind in den Flurkarten eingezeichnet.

(5) Die Verordnung mit Karten, Flurstücks- und Zuordnungsliste kann beim Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung des Landes Brandenburg, oberste Naturschutzbehörde, in Potsdam sowie beim Landkreis Havelland, untere Naturschutzbehörde, von jedermann während der Dienstzeiten kostenlos eingesehen werden.

§ 3
Schutzzweck

(1) Schutzzweck des Naturschutzgebietes ist:

  1. die Erhaltung und Entwicklung
    1. von Lebensgemeinschaften oder Lebensstätten wild lebender Tier- und Pflanzenarten eines durch periodische Überflutungen beeinflussten und durch eine weitestgehend extensive Landnutzung geprägten Süßwasserfeuchtgebietes in einer für die norddeutsche Tiefebene typischen Flussniederung,
    2. als wichtiges Element des länderübergreifenden Auen- und Feuchtbiotopverbundes, des europäischen Schutzgebietssystems NATURA 2000 und der Ramsar-Konvention mit dem Status „Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung“ sowie als Rast- und Überwinterungsgebiet für ziehende Vogelarten,
    3. der Standorte seltener oder gefährdeter Pflanzengesellschaften wie der von Überflutungen und Hochwassereinfluss abhängigen Auwälder, der Feuchtwiesen und der vollständigen Serien der Flachwasserverlandung,
    4. eines weiträumigen und ungestörten Lebensraumes mit zahlreichen, seltenen und gefährdeten Tier- und Pflanzenarten,
    5. der Talsandkuppen mit ihrem spezifischen Artenspektrum;
  2. die Erhaltung und Entwicklung der Lebensräume wild lebender Pflanzenarten, darunter zahlreicher nach § 10 Abs. 2 Nr. 10 und 11 des Bundesnaturschutzgesetzes besonders geschützter Arten, beispielsweise Kantiger Lauch (Allium angulosum), Sumpf-Wolfsmilch (Euphorbia palustris), Lungenenzian (Gentiana pneumonanthe), Gottes-Gnadenkraut (Gratiola officinalis), Echtes Tausendgüldenkraut (Centaurea erythraea), Sand-Strohblume (Helichrysum arenarium), Wasserfeder (Hottonia palustris), Sibirische Schwertlilie (Iris sibirica), Sumpf-Platterbse (Lathyrus palustris), Krebsschere (Stratiotes aloides), Ähriger Ehrenpreis (Veronica spicata), Langblättriger Ehrenpreis (Veronica longifolia), Zungenhahnenfuß (Ranunculus lingua), Körner-Steinbrech (Saxifraga granulata) und Rentierflechte (Cladonia arbuscula);
  3. der Erhaltung und Entwicklung des Gebietes als Lebens- beziehungsweise Rückzugsraum und potenzielles Wiederausbreitungszentrum wild lebender Tierarten, insbesondere als Brut- und Nahrungsgebiet von Wat-, Wasser- und Stelzvögeln, darunter zahlreicher nach § 10 Abs. 2 Nr. 10 und 11 des Bundesnaturschutzgesetzes besonders und streng geschützter Arten, beispielsweise Braunes Langohr (Plectotus auritius), Graues Langohr (Plectotus austriacus), Uferschnepfe (Limosa limosa), Rotschenkel (Tringa totanus), Wiesenpieper (Anthus pratensis), Grauammer (Emberiza calandra), Kreuzkröte (Bufo calamita), Knoblauchkröte (Pelobates fuscus), Moorfrosch (Rana arvalis), Kleiner Wasserfrosch (Rana lessonae) und Zauneidechse (Lacerta agilis);
  4. die Erhaltung einer reich gegliederten, weitgehend extensiv genutzten Kulturlandschaft als charakteristische Flussniederung der norddeutschen Tiefebene mit typischen Elementen wie Flussmäandern, Altarmen und angrenzenden Niederungsflächen, Verlandungsseen, Niedermooren sowie Talsandkuppen wegen ihrer Vielfalt, besonderen Eigenart und hervorragenden Schönheit.

(2) Die Unterschutzstellung dient der Erhaltung und Entwicklung

  1. des Gebietes als Teil des Europäischen Vogelschutzgebietes „Niederung der Unteren Havel“ nach der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (ABl. EG Nr. L 103 S. 1), zuletzt geändert durch die Richtlinie 97/49/EG vom 29. Juli 1997 (ABl. EG Nr. L 233 S. 9) – Vogelschutz-Richtlinie – in seiner Funktion
    1. als Lebensraum von Arten nach Anhang I der Vogelschutz-Richtlinie, beispielsweise Rohrdommel (Botaurus stellaris), Weißstorch (Ciconia ciconia), Roter Milan (Milvus milvus), Schwarzer Milan (Milvus migrans), Rohrweihe (Circus aeruginosus), Seeadler (Haliaeetus albicilla), Kranich (Grus grus), Kampfläufer (Philomachus pugnax), Wachtelkönig (Crex crex), Trauerseeschwalbe (Chlidonias niger), Eisvogel (Alcedo atthis), Neuntöter (Lanius collurio) und weiterer Arten, einschließlich ihrer Brut- und Nahrungsbiotope,
    2. als Durchgangs-, Rast- und Überwinterungsgebiet für Zugvogelarten wie beispielsweise Graugans (Anser anser), Saatgans (Anser fabalis), Blässgans (Anser albifrons), Singschwan (Cygnus cygnus), Zwergschwan (Cygnus bewickii), Stockente (Anas platyrhynchos), Löffelente (Anas clypeata), Großer Brachvogel (Numenius arquata), Kiebitz (Vanellus vanellus), Goldregenpfeifer (Pluvialis apricaria) und anderer Arten;
  2. als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung „Untere Havel Nord“ (§ 7 Absatz 1 Nummer 6 des Bundesnaturschutzgesetzes), das ehemals einen Teil des Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung „Niederung der Unteren Havel/Gülper See“ umfasste, mit seinen Vorkommen von
    1. Dünen mit offenen Grasflächen mit Corynephorus und Agrostis, Natürlichen eutrophen Seen mit einer Vegetation des Magnopotamions oder Hydrocharitions, Flüssen der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation des Ranunculion fluitantis und des Callitricho-Batrachion, Feuchten Hochstaudenfluren der planaren und montanen bis alpinen Stufe, Brenndolden-Auenwiesen (Cnidion dubii), Mageren Flachland-Mähwiesen (Alopecurus pratensis, Sanguisorba officinalis) und Alten bodensauren Eichenwäldern auf Sandebenen mit Quercus robur als natürlichen Lebensraumtypen von gemeinschaftlichem Interesse im Sinne von § 7 Absatz 1 Nummer 4 des Bundesnaturschutzgesetzes,
    2. Auenwäldern mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno-Padion, Alnion incanae, Salicion albae) als prioritärem natürlichen Lebensraumtyp im Sinne von § 7 Absatz 1 Nummer 5 des Bundesnaturschutzgesetzes,
    3. Biber (Castor fiber), Fischotter (Lutra lutra), Rotbauchunke (Bombina, bombina), Kammmolch (Triturus cristatus), Rapfen (Aspius aspius), Steinbeißer (Cobitis taenia), Flussneunauge (Lampetra fluviatilis), Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis), Meerneunauge (Petromyzon marinus) und Bitterling (Rhodeus amarus) als Arten von gemeinschaftlichem Interesse im Sinne von § 7 Absatz 2 Nummer 10 des Bundesnaturschutzgesetzes, einschließlich ihrer für Fortpflanzung, Ernährung, Wanderung und Überwinterung wichtigen Lebensräume.

§ 4
Verbote

(1) Vorbehaltlich der nach den §§ 5 bis 9 zugelassenen Handlungen sind in dem Naturschutzgebiet gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes alle Handlungen verboten, die das Gebiet, seinen Naturhaushalt oder einzelne seiner Bestandteile zerstören, beschädigen, verändern oder nachhaltig stören können.

(2) Es ist insbesondere verboten:

  1. bauliche Anlagen zu errichten oder wesentlich zu verändern, auch wenn dies keiner öffentlich-rechtlichen Zulassung bedarf; ausgenommen ortsübliche Weidezäune, Viehtränken und mobile Melkstände;
  2. Straßen, Wege, Plätze oder sonstige Verkehrseinrichtungen sowie Leitungen anzulegen, zu verlegen oder zu verändern;
  3. die Bodengestalt zu verändern, die Böden zu verfestigen, zu versiegeln oder zu verunreinigen;
  4. die Art oder den Umfang der bisherigen Grundstücksnutzung zu ändern;
  5. Plakate, Werbeanlagen, Bild- oder Schrifttafeln aufzustellen oder anzubringen;
  6. Buden, Verkaufsstände, Verkaufswagen oder Warenautomaten aufzustellen;
  7. außerhalb der für den öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen und Wege sowie außerhalb der nach öffentlichem Straßenrecht oder gemäß § 51 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes als Reitwege markierten Wege zu reiten; § 15 Abs. 6 des Waldgesetzes des Landes Brandenburg bleibt unberührt;
  8. das Gebiet außerhalb der Wege zu betreten, ausgenommen ist das Betreten der in den Karten im Maßstab 1 : 10 000 dargestellten Badestellen;
  9. mit Kraftfahrzeugen außerhalb der für den öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen und Wege zu fahren oder Fahrzeuge dort abzustellen, zu warten oder zu pflegen;
  10. Wasserfahrzeuge aller Art einschließlich Surfbretter oder Luftmatratzen außerhalb der Bundeswasserstraße Havel zu benutzen;
  11. Modellsport oder ferngesteuerte Modelle zu betreiben oder feste Einrichtungen dafür bereitzuhalten;
  12. zu lagern, zu zelten, Wohnwagen aufzustellen, Feuer zu verursachen oder eine Brandgefahr herbeizuführen;
  13. Hunde frei laufen zu lassen;
  14. die Ruhe der Natur durch Lärm zu stören;
  15. wild lebenden Tieren nachzustellen, sie mutwillig zu beunruhigen, zu fangen, zu verletzen, zu töten oder ihre Entwicklungsformen, Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören;
  16. wild lebende Tiere zu füttern oder Futter bereitzustellen;
  17. wild lebende Pflanzen oder ihre Teile oder Entwicklungsformen abzuschneiden, abzupflücken, aus- oder abzureißen, auszugraben, zu beschädigen oder zu vernichten;
  18. Tiere auszusetzen oder Pflanzen anzusiedeln;
  19. Entwässerungsmaßnahmen über den 1994/95 festgelegten Umfang hinaus durchzuführen, Gewässer jeder Art entgegen dem Schutzzweck zu verändern oder in anderer Weise den Wasserhaushalt des Gebietes zu beeinträchtigen;
  20. Wiesen, Weiden oder sonstiges Grünland umzubrechen oder neu anzusäen;
  21. Abwasser, Gärfutter oder Klärschlämme auszubringen, einzuleiten, zu lagern oder abzulagern; die §§ 4 und 5 der Klärschlammverordnung bleiben unberührt;
  22. Dünger auszubringen, einzuleiten, zu lagern oder abzulagern;
  23. Abfälle oder sonstige Gegenstände zu lagern oder abzulagern oder sich ihrer in sonstiger Weise zu entledigen;
  24. Pflanzenschutzmittel jeder Art anzuwenden.

§ 5
Zulässige Handlungen

(1) Ausgenommen von den Verboten des § 4 bleiben neben den Freistellungen der §§ 6 bis 9:

  1. die im Sinne des § 10 des Brandenburgischen Straßengesetzes ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen und Wege hinsichtlich der Fahrbahn und des Banketts in der Zeit vom 1. Juli bis zum 30. September eines jeden Jahres, sofern eine Beschädigung des Gehölzbestandes ausgeschlossen ist. Die Maßnahmen sind der unteren Naturschutzbehörde vorab anzuzeigen. Alle sonstigen Unterhaltungsmaßnahmen an Straßen und Maßnahmen außerhalb des genannten Zeitraums bedürfen des Einvernehmens mit der unteren Naturschutzbehörde;
  2. Gewässerunterhaltung:
    1. die im Sinne des § 39 des Wasserhaushaltsgesetzes und des § 78 des Brandenburgischen Wassergesetzes ordnungsgemäße Unterhaltung der Gewässer sowie die ordnungsgemäße Unterhaltung der im Gebiet gelegenen Bundeswasserstraße, soweit sie den in § 3 aufgeführten Schutzgütern nicht entgegensteht,
    2. die ordnungsgemäße Unterhaltung der Anlagen an Bundeswasserstraßen sowie der Bau und die wesentliche Änderung von Anlagen, sofern sie nicht einer Planfeststellung unterliegen, im Benehmen mit der unteren Naturschutzbehörde. Gegenstand der Benehmensherstellung ist dabei auch die Prüfung der Verträglichkeit mit den in § 3 Absatz 2 genannten Erhaltungszielen des Gebietes. Soll bei der Durchführung der Maßnahme von der Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde abgewichen werden, entscheidet hierüber die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung Ost im Benehmen mit der Fachbehörde für Naturschutz und Landschaftspflege;
  3. die ordnungsgemäße Unterhaltung sonstiger rechtmäßig bestehender Anlagen im Einvernehmen mit der unteren Naturschutzbehörde;
  4. die sonstigen bei In-Kraft-Treten dieser Verordnung auf Grund behördlicher Einzelfallentscheidung rechtmäßig ausgeübten Nutzungen und Befugnisse in der bisherigen Art und im bisherigen Umfang;
  5. das nichtgewerbliche Sammeln von Pilzen und Wildfrüchten ab dem 1. Juli eines jeden Jahres;
  6. das Befahren der Pirre und der Gülper Havel nördlich der Pirremündung mit muskelbetriebenen Wasserfahrzeugen in der Zeit vom 1. Juni eines jeden Jahres bis zum 1. März des Folgejahres sowie das Be-fahren der Gülper Havel südlich der Pirremündung mit muskelbetriebenen Wasserfahrzeugen in der Zeit vom 16. Juni eines jeden Jahres bis zum 1. März des Folgejahres; das ganzjährige Befahren der Rathenower Stremme mit muskelbetriebenen Wasserfahrzeugen, wobei das An- und Ablegen sowie das Betreten der Uferbereiche der Rathenower Stremme nur außerhalb des Naturschutzgebietes erlaubt ist;
  7. das Befahren der in der Topografischen Karte zur Verordnung über das Naturschutzgebiet „Untere Havel Nord“ im Maßstab 1 : 10 000 gekennzeichneten Wege und das dortige Abstellen von Fahrzeugen ist gemäß der Eintragung in den topografischen Karten ganzjährig oder in der Zeit vom 1. Juli eines jeden Jahres bis zum 28. Februar des Folgejahres zum Zwecke des Angelns und des Badens zulässig;
  8. Maßnahmen zur Untersuchung von altlastenverdächtigen Flächen und Verdachtsflächen sowie Maßnahmen der Altlastensanierung und der Sanierung schädlicher Bodenveränderungen gemäß Bundes-Bodenschutzgesetz sowie Maßnahmen der Munitionsberäumung im Einvernehmen mit der unteren Naturschutzbehörde;
  9. Schutz-, Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen, die von der  unteren Naturschutzbehörde angeordnet worden sind;
  10. behördliche sowie behördlich angeordnete oder zugelassene Beschilderungen, soweit sie auf den Schutzzweck des Gebietes hinweisen oder als hoheitliche Kennzeichnungen, Orts- oder Verkehrshinweise, Wegemarkierungen oder Warntafeln dienen;
  11. Maßnahmen, die der Abwehr einer unmittelbar drohenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dienen, einschließlich Maßnahmen des Hochwasserschutzes. Die untere Naturschutzbehörde ist über die getroffenen Maßnahmen unverzüglich zu unterrichten. Sie kann nachträglich ergänzende Anordnungen zur Vereinbarkeit mit dem Schutzzweck treffen;
  12. die im Sinne des § 63 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes bestimmungsgemäße Nutzung des bestehenden Truppenübungsplatzes Klietz zu Zwecken der Landesverteidigung, einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung, sowie die zur Aufrechterhaltung und Sicherung der militärischen Nutzung auf dieser Fläche erforderlichen Tätigkeiten, Maßnahmen und Einrichtungen.

(2) Die in § 4 für das Betreten und Befahren des Naturschutzgebietes enthaltenen Einschränkungen gelten nicht für die Dienstkräfte der Naturschutzbehörden, die zuständigen Naturschutzhelfer und sonstige von den Naturschutzbehörden beauftragte Personen sowie für Dienstkräfte und beauftragte Personen anderer zuständiger Behörden und Einrichtungen, soweit diese in Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben handeln. Sie gelten unbeschadet anderer Regelungen weiterhin nicht für Eigentümer zur Durchführung von Maßnahmen zur Sicherung des Bestandes und der zulässigen Nutzung des Eigentums sowie für das Betreten und Befahren im Rahmen der nach Absatz 1 zulässigen Handlungen; das Gestattungserfordernis nach § 16 Abs. 2 des Waldgesetzes des Landes Brandenburg bleibt unberührt.

§ 6
Landwirtschaft

(1) Ausgenommen von den Verboten des § 4 ist die den in § 1b Abs. 4 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes genannten Anforderungen und Grundsätzen entsprechende landwirtschaftliche Bodennutzung auf den bisher rechtmäßig dafür genutzten Flächen unter Beachtung der in den Nummern 1 bis 4 genannten Maßgaben.

  1. In allen Zonen des Naturschutzgebietes gilt, dass:
    1. das Ausbringen von Dünger und Pflanzenschutzmitteln mit Luftfahrzeugen unzulässig ist,
    2. bei Beweidung eine Auszäunung der Ufer von Flüssen und Stillgewässern, sowie von Gehölzen zu erfolgen hat,
    3. das Walzen und Schleppen von Grünland im Zeitraum vom 31. März bis zur ersten Nutzung unzulässig ist,
    4. es unzulässig ist, Abwasser, Gärfutter oder Klärschlämme auszubringen, einzuleiten, zu lagern oder abzulagern,
    5. auf Grünland das Erntegut zu beräumen ist. Ausgenommen davon ist die vorübergehende Lagerung von Heu- und Silageballen (bis zu drei Monaten) an den zu jeder Zeit befahrbaren Wegen;
  2. über die Regelungen der Nummer 1 hinaus gilt für Grünland der Zone 1, dass
    1. die jährliche Zufuhr an Pflanzennährstoffen über Dünger inklusive der Exkremente von Weidetieren je Hektar Grünland die Menge nicht überschreitet, die dem Äquivalent an Dünger von 1,4 Großvieheinheiten (GVE) entspricht, ohne chemisch-synthetische Stickstoffdüngemittel, Gülle und Jauche einzusetzen,
    2. die erste Nutzung nicht vor dem 16. Juni eines jeden Jahres erfolgt,
    3. der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln unzulässig ist,
    4. der Umbruch und die Neuansaat unzulässig sind,
    5. Flächen mit der Größe über einen Hektar in Blöcken mit einer maximalen Breite von 80 Metern in Bewirtschaftungsrichtung gemäht werden und zwischen den Blöcken ein Streifen in Breite des Mähwerkes bis zur nächsten Nutzung verbleibt;
  3. über die Regelungen der Nummer 1 hinaus gilt für Grünland der Zone 2, dass
    1. eine Düngung unzulässig ist,
    2. der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln unzulässig ist,
    3. der Umbruch und die Neuansaat unzulässig sind;
  4. über die Regelungen der Nummer 1 hinaus gilt für Grünland der Zone 3, ausgenommen der Grasansaat auf Ackerflächen, dass
    1. die jährliche Zufuhr an Pflanzennährstoffen über Dünger inklusive der Exkremente von Weidetieren je Hektar Grünland die Menge nicht überschreitet, die dem Äquivalent an Dünger von 1,4 Großvieheinheiten (GVE) entspricht, ohne chemisch-synthetische Stickstoffdüngemittel, Gülle und Jauche einzusetzen,
    2. der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln unzulässig ist,
    3. der Umbruch und die Neuansaat unzulässig sind.

Die folgenden in den Blättern 24, 30 und 31 der Flurkarte gekennzeichneten Flurstücke sind vom Verbot, Gülle und Jauche einzusetzen, freigestellt:

Gemarkung:Flur:Flurstücke:
Spaatz 1 214 (anteilig), 215;
  2 15 bis 28 (alle anteilig), 31/2 (anteilig), 31/3 (anteilig), 32 bis 36, 37 (anteilig), 38 (anteilig), 52, 53 (anteilig), 88 (anteilig), 89, 90, 93/3, 94, 95, 100, 101, 102, 105 (anteilig), 106 bis 112, 113 (anteilig), 114 (anteilig), 139 (anteilig), 140 (anteilig);
Hohennauen 6 43 bis 46, 48.

(2) Ausgenommen von der Verboten des § 4 ist die Errichtung oder Aufstellung von ortsüblichen Weidezäunen, Viehtränken und mobilen Melkständen. Die Errichtung von ortsunveränderlichen Anlagen zur Weidehaltung, wie Melkstände, Fangeinrichtungen und Unterstände bedürfen einer Zustimmung der Fachbehörde für Naturschutz und Landschaftspflege. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn der Schutzzweck durch die Maßnahme nicht beeinträchtigt wird.

§ 7
Forstwirtschaft

Ausgenommen von den Verboten des § 4 ist die den in § 1b Abs. 5 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes genannten Anforderungen entsprechende forstwirtschaftliche Bodennutzung auf den bisher rechtmäßig dafür genutzten Flächen mit der Maßgabe, dass

  1. keine Kahlhiebe vorzunehmen sind,
  2. nur Arten der potenziell natürlichen Vegetation eingebracht werden,
  3. eine naturnahe Waldentwicklung mit einem Totholzanteil von mindestens drei Prozent sowie einem Altholzanteil von mindestens zehn Prozent des Bestandesvorrats zu gewährleisten ist,
  4. § 5 Abs. 2 Nr. 24 gilt.

§ 8
Fischerei, Angeln

(1) Ausgenommen von den Verboten des § 4 ist die den in § 1b Abs. 6 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes genannten Anforderungen in Verbindung mit dem Fischereigesetz für das Land Brandenburg entsprechende fischereiwirtschaftliche Flächennutzung auf den bisher rechtmäßig dafür genutzten Flächen mit der Maßgabe, dass

  1. Fanggeräte und Fangmittel so einzusetzen oder auszustatten sind, dass das Einschwimmen oder eine Gefährdung von Biber oder Fischotter weitgehend ausgeschlossen ist,
  2. fischereiliche Verfahren, die zur Gewässereutrophierung oder zu anderen Schädigungen der Gewässer führen können, unzulässig sind,
  3. § 4 Abs. 2 Nr. 16 gilt,
  4. die Elektrofischerei von der unteren Fischereibehörde nur im Einvernehmen mit der unteren Naturschutzbehörde zugelassen wird,
  5. Gewässersperrungen über die Hälfte der Gewässerbreite zum Aalfang von der unteren Fischereibehörde nur im Benehmen mit der unteren Naturschutzbehörde zugelassen werden.

(2) Ausgenommen von den Verboten des § 4 ist die rechtmäßige Ausübung der Angelfischerei auf den bisher rechtmäßig dafür genutzten Flächen.

§ 9
Jagd

(1) Ausgenommen von den Verboten des § 4 ist die rechtmäßige Ausübung der Jagd mit der Maßgabe, dass

  1. durch die oberste Jagdbehörde auf Antrag der unteren Naturschutzbehörde oder der Verwaltung des Naturparks Westhavelland ein örtlich und zeitlich begrenztes Jagdverbot angeordnet werden kann, wenn dies zum Schutz des Reproduktions- oder Rastgeschehens gefährdeter Arten erforderlich ist,
  2. in der Zeit vom 1. März bis zum 15. Juni eines jeden Jahres die Jagd nur vom Ansitz aus gestattet ist,
  3. die Jagd auf Federwild verboten ist. Auf durch Gänse geschädigten Ackerkulturen bleibt die Jagd auf Gänse im Rahmen des Gänsemanagements zulässig.

(2) Ausgenommen von den Verboten des § 4 ist die Errichtung ortsunveränderlicher jagdlicher Einrichtungen zur Ansitzjagd mit Zustimmung der unteren Naturschutzbehörde. Transportable und mobile Ansitzeinrichtungen sind der unteren Naturschutzbehörde vor der Aufstellung anzuzeigen. Die untere Naturschutzbehörde kann in begründeten Einzelfällen das Aufstellen verbieten. Die Entscheidung hierüber soll unverzüglich erfolgen.

(3) Ausgenommen von den Verboten des § 4 ist die Anlage von Kirrungen außerhalb von gesetzlich geschützten Biotopen und außerhalb der mageren Flachland-Mähwiesen.

§ 10
Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen

Folgende Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen werden als Zielvorgaben benannt:

  1. langfristig soll sich die Havel zu einem Fließgewässer mit einer naturnahen Dynamik entwickeln und eine an der Feuchtgebietscharakteristik des Naturschutzgebietes orientierte Wasserhaltung gesichert werden. Im Pflege- und Entwicklungsplan sind Stauziele für die Stauanlagen unter Beachtung der Aufgaben der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung zu erarbeiten;
  2. mit der Stauzielfestlegung in der Stromhavel und ihren Nebengewässern sollen in der Zone 1 durch die Nutzung vorhandener Regulierungseinrichtungen unterschiedlich vernässte Bereiche entstehen. Dabei werden auf bis zur Hälfte der Fläche oberflächennahe Wasserstände mit Blänkenbildung zum 30. April, 30. Mai oder 30. Juni eines Jahres jeweils in Abhängigkeit vom Geländeniveau und der zur Verfügung stehenden Wassermenge angestrebt;
  3. durch gewässerstrukturgüteverbessernde Maßnahmen wie dem Anschluss geeigneter Altarme, der Minderung von Profilerhaltungs- und Uferverbaumaßnahmen soll unter Beachtung der Schifffahrt ein natürlicher Gestaltungsprozess im Flussbett erreicht werden;
  4. zwischen Elbe und Havel soll eine verbesserte biologische Durchgängigkeit erreicht werden;
  5. zur Wiederherstellung der Auendynamik auf ehemaligen Retentionsflächen soll unter Beachtung des Hochwasserschutzes der Wiederanschluss von Polderflächen an das Flusssystem angestrebt werden;
  6. Teilflächen der Zone 1 sollen zu Refugialräumen für spätreproduzierende Arten mit einer ungestörten Vegetationsphase bis zum 1. Juli, 16. Juli oder bis zu einem späteren Zeitpunkt eines jeden Jahres entwickelt werden;
  7. Grünlandflächen, deren Biomasse nicht zu Futterzwecken verwendet wird, sollen erst ab dem 16. August gemäht werden.

§ 11
Befreiungen

Von den Verboten dieser Verordnung kann die zuständige Naturschutzbehörde auf Antrag gemäß § 72 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes Befreiung gewähren.

§ 12
Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig im Sinne des § 73 Abs. 2 Nr. 2 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig den Vorschriften der §§ 4 bis 9 dieser Verordnung zuwiderhandelt.

(2) Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 1 können gemäß § 74 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes mit einer Geldbuße bis zu 50 000 (in Worten: fünfzigtausend) Euro geahndet werden.

§ 13
Duldungspflicht, Verhältnis zu anderen naturschutzrechtlichen Bestimmungen

(1) Die Duldung von Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege, die zur Ausführung der in dieser Verordnung festgelegten Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen und zur Verwirklichung des Schutzzwecks erforderlich sind, richtet sich nach § 68 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes.

(2) Die Vorschriften dieser Verordnung gehen anderen naturschutzrechtlichen Schutzgebietsausweisungen im Bereich des in § 2 genannten Gebietes vor.

(3) Soweit diese Verordnung keine weiter gehenden Vorschriften enthält, bleiben die Regelungen über gesetzlich geschützte Teile von Natur und Landschaft (§§ 31 bis 35 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes) und über den Schutz und die Pflege wild lebender Tier- und Pflanzenarten (§§ 39 bis 55 des Bundesnaturschutzgesetzes, §§ 37 bis 43a des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes) unberührt.

(4) Für Entschädigungen für Nutzungseinschränkungen auf Grund dieser Verordnung gilt § 71 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes.

§ 14
Geltendmachen von Rechtsmängeln

Eine Verletzung der in § 28 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes genannten Verfahrens- und Formvorschriften kann gegen diese Verordnung nur innerhalb eines Jahres nach ihrem In-Kraft-Treten schriftlich unter Angabe der verletzten Rechtsvorschrift und des Sachverhalts, der die Verletzung begründen soll, gegenüber dem Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung geltend gemacht werden. Das Gleiche gilt für Mängel bei der Beschreibung des Schutzzwecks sowie für Mängel bei der Prüfung der Erforderlichkeit der Unterschutzstellung einzelner Flächen. Mängel im Abwägungsvorgang sind nur dann beachtlich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind und die Mängel in der Abwägung innerhalb von vier Jahren nach In-Kraft-Treten dieser Verordnung unter den in Satz 1 genannten Voraussetzungen geltend gemacht worden sind.

§ 15
In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten

(1) Diese Verordnung tritt am 1. Juli 2004 in Kraft.

(2) Gleichzeitig tritt die Anordnung des Vorsitzenden des Landwirtschaftsrates der DDR Nr. 3 vom 11. September 1967 in Verbindung mit der Anordnung Nr. 1 vom 30. Juni 1961 für den Geltungsbereich der Verordnung außer Kraft.

Potsdam, den 28. Mai 2004

Der Minister für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung
Wolfgang Birthler


Anlagen