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Gesetz über die Behandlung von Petitionen an den Landtag Brandenburg (Petitionsgesetz - PetG)

Gesetz über die Behandlung von Petitionen an den Landtag Brandenburg (Petitionsgesetz - PetG)
vom 13. Dezember 1991
(GVBl.I/91, [Nr. 45], S.643)

Am 21. Dezember 2010 außer Kraft getreten durch Gesetz vom 20. Dezember 2010
(GVBl.I/10, [Nr. 48])

Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Inhaltsverzeichnis

§ 1 Petitionsberechtigung
§ 2 Form und Inhalt der Petition
§ 3 Petitionsberechtigung in besonderen Fällen
§ 4 Verfahren im Landtag
§ 5 Aufklärung des Sachverhalts
§ 6 Zeugen und Sachverständige
§ 7 Entscheidungen
§ 8 Entscheidungen in Gesetzgebungsangelegenheiten
§ 9 Entscheidungen bei bestandskräftigen Verwaltungsentscheidungen
§ 10 Verhältnis zu den Gerichten
§ 11 Überweisung von Petitionen
§ 12 Bericht über die Arbeit des Petitionsausschusses
§ 13 Nicht erledigte Petitionen
§ 14 Inkra f ttreten

§ 1
Petitionsberechtigung

(1) Petitionsberechtigt ist jede Person unabhängig von ihrer Geschäftsfähigkeit oder Staatsangehörigkeit. Petitionen können von einzelnen oder gemeinsam mit anderen Personen bei dem Landtag Brandenburg schriftlich eingereicht werden.

(2) Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes können Petitionen auch in dienstlichen Angelegenheiten ohne Einhaltung des Dienstweges einreichen.

(3) Juristische Personen des Privatrechts sind petitionsberechtigt.

(4) Juristischen Personen des öffentlichen Rechts steht das Petitionsrecht insoweit zu, als die Petition einen Gegenstand ihres sachlichen Zuständigkeitsbereiches betrifft.

§ 2
Form und Inhalt der Petition

(1) Petitionen können auch durch gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Vertreter eingereicht werden.

(2) Die Petition muß den Antragsteller erkennen lassen. Sie darf keine Verstöße gegen Strafgesetze beinhalten oder zum Ziele haben. Ferner darf sie nicht nur den Inhalt einer früheren Petition desselben Antragstellers aus derselben Wahlperiode ohne wesentlich neues Vorbringen wiederholen.

§ 3
Petitionsberechtigung in besonderen Fällen

Petitionen inhaftierter und untergebrachter Personen sind verschlossen und ohne Kontrolle durch die Anstaltsleitung dem Landtag zuzuleiten.

§ 4
Verfahren im Landtag

(1) Über die dem Landtag zugeleiteten Petitionen entscheidet ein aus Mitgliedern des Landtages bestehender, für diesen besonderen Zweck eingesetzter Petitionsausschuß nach pflichtgemäßem Ermessen.

(2) Der Petitionsausschuß kann die Petition zur endgültigen Beschlußfassung dem Plenum des Landtages vorlegen. Eine Fraktion des Landtages oder zehn seiner Mitglieder können beantragen, daß eine Petition im Plenum des Landtages entschieden wird.

(3) Für den Petitionsausschuß gilt die Geschäftsordnung des Landtages, sofern nicht durch dieses Gesetz Abweichendes bestimmt ist.

(4) Der Ausschuß bestellt grundsätzlich für jede Petition einen Berichterstatter. Jedes Ausschußmitglied kann verlangen, daß auch ein Mitberichterstatter bestellt und tätig wird.

(5) Der Petitionsausschuß kann vor seiner Entscheidung die Stellungnahme eines Fachausschusses des Landtages oder eines besonders fachkundigen, dem Ausschuß nicht angehörenden Mitglieds des Landtages einholen.

§ 5
Aufklärung des Sachverhalts

(1) Zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Vorbereitung seiner Entscheidung kann der Petitionsausschuß oder ein von ihm beauftragtes Mitglied des Landtages den Petenten und andere Beteiligte anhören. Auf Antrag eines Ausschußmitgliedes hat der Petitionsausschuß die Pflicht, den Petenten oder einen Vertreter der Petenten im Ausschuß zu hören.

(2) Ferner hat der Petitionsausschuß oder ein von ihm beauftragtes Mitglied des Landtages folgende Rechte:

Er kann

  1. vom Ministerpräsidenten,
  2. von der Landesregierung und unmittelbar
  3. von allen Mitgliedern der Landesregierung,
  4. von allen der Landesregierung oder einem ihrer Mitglieder unterstellten, ihrer Aufsicht oder ihren Weisungen unterliegenden Behörden, Verwaltungsstellen und Landesbetrieben,
  5. von allen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts des Landes Brandenburg in dem Umfang, wie diese gegenüber einem dem Landtag Verantwortlichen der Aufsicht unterworfen sind, verlangen:
    1. mündliche oder schriftliche Auskünfte und Berichte,
    2. Vorlage von Akten und amtlichen Unterlagen und
    3. Gestattung der Ortsbesichtigung.

Dies gilt nicht, soweit die Mitglieder der Landesregierung durch Gesetze, Bestimmungen oder Weisungen anderer Institutionen gebunden sind.

(3) Der Ausschuß oder einzelne von ihm beauftragte Mitglieder können Untersuchungs- und Strafanstalten, geschlossene Heil- und Pflegeanstalten sowie alle anderen der Verwahrung von Menschen dienenden Einrichtungen des Landes Brandenburg jederzeit und ohne vorherige Anmeldung besuchen. Dabei muß Gelegenheit sein, mit jedem darin verwahrten Menschen jederzeit und ohne Gegenwart anderer sprechen und alle Räumlichkeiten besichtigen zu können.

(4) Einem Ersuchen nach Absatz 2 oder Absatz 3 braucht nur dann nicht entsprochen zu werden, wenn

  1. über die allgemeine Verschwiegenheitspflicht im öffentlichen Dienst hinaus besondere rechtliche Vorschriften über die Wahrung des Berufsgeheimnisses bestehen,
  2. zu besorgen ist, daß dem Bund, einem Lande oder einem Dritten ein erheblicher, nicht wiedergutzumachender Schaden entstehen würde.

(5) Besteht der Ausschuß trotz Einwendungen des Adressaten auf seinem Ersuchen, so ist ein Beschluß der Landesregierung herbeizuführen.

(6) Sofern die Aufklärungsmöglichkeiten des Ausschusses im Einzelfall nicht ausreichen, hat er das Recht, mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beim Landtag einzubringen.

§ 6
Zeugen und Sachverständige

(1) Der Petitionsausschuß kann im Rahmen seiner Zuständigkeit die Beteiligten sowie Zeugen und Sachverständige vernehmen.

(2) Zeugen und Sachverständige sind verpflichtet, auf Ladung des Petitionsausschusses zu erscheinen; in der Ladung ist auf die gesetzlichen Folgen eines Ausbleibens hinzuweisen. Erscheint ein ordnungsgemäß geladener Zeuge oder Sachverständiger ohne genügende Entschuldigung nicht, so entscheidet auf Antrag des Petitionsausschusses das Gericht über die Verhängung einer Ordnungsstrafe, die Auferlegung der Kosten und die Vorführung des Zeugen.

(3) Der Petitionsausschuß kann Zeugen und Sachverständige vereidigen. Verweigert ohne gesetzlichen Grund ein Zeuge die Aussage oder ein Sachverständiger die Erstattung des Gutachtens oder verweigert ein Zeuge oder ein Sachverständiger die Eidesleistung, so entscheidet das Gericht auf Antrag des Petitionsausschusses über die Verhängung einer Ordnungsstrafe.

(4) Zuständig für die gerichtlichen Entscheidungen ist das für den Sitz des Landtages zuständige Gericht erster Instanz.

(5) Im übrigen finden die Vorschriften der §§ 51, 53, 53a, 55 bis 59, 60 Nr. 1 und 2, 66b bis 66e, 70, 75 bis 77, 79, 304 Abs. 1 und 2, 306 bis 310 und 11a Strafprozeßordnung entsprechende Anwendung.

§ 7
Entscheidungen

(1) Über Petitionen kann in folgender Weise entschieden werden:

  1. Die Petition wird der Landesregierung in folgender Weise überwiesen:
    1. zur Kenntnisnahme,
    2. zur Überprüfung,
    3. mit der Empfehlung, bestimmte näher bezeichnete Maßnahmen zu veranlassen.
  2. Dem Petenten wird anheimgegeben, zunächst den Rechtsweg auszuschöpfen. Hierüber ist er gegebenenfalls im einzelnen zu belehren.
  3. Die Petition wird für erledigt erklärt.
  4. Eine Petition wird, ohne auf die Sache einzugehen, zurückgewiesen oder an eine andere zuständige Stelle weitergegeben.
  5. Die Petition wird nach Beratung im Ausschuß für ungeeignet zur weiteren Behandlung erklärt.

(2) Der Petent wird in der Regel über die Art der Erledigung unterrichtet, und zwar mit Ausnahme der Fälle des § 4 Abs. 2 durch einen Bescheid des Petitionsausschusses. Solche Bescheide bedürfen keiner Begründung. Sie sollen jedoch den Petenten über den Sinn einer Entscheidung aufklären. In geeigneten Fällen kann auch die Landesregierung aufgefordert werden, dem Petenten über die Sach- und Rechtslage erschöpfende Auskunft zu erteilen.

(3) Wird der Landesregierung eine Petition zur Überprüfung oder mit einer Empfehlung überwiesen, so ist diese verpflichtet, darüber zu berichten, was sie aufgrund der überwiesenen Petition veranlaßt hat. Der Bericht ist innerhalb einer Frist von drei Wochen zu erstatten, sofern nicht Fristverlängerung bewilligt wurde.

(4) Der Ausschuß kann seine Vorgänge der für die Einleitung eines Straf- und Disziplinarverfahrens zuständigen Stelle zuleiten.

§ 8
Entscheidungen in Gesetzgebungsangelegenheiten

Petitionen in Gesetzgebungsangelegenheiten werden grundsätzlich in derselben Weise behandelt wie andere Petitionen. Falls ein Fachausschuß bereits mit der betreffenden Gesetzgebungsmaterie befaßt ist, kann ihm die Petition zu dem Zweck zugeleitet werden, sie bei seiner Arbeit mitzuberaten.

§ 9
Entscheidungen bei bestandskräftigen Verwaltungsentscheidungen

Eine Behandlung der Petition ist grundsätzlich auch dann möglich, wenn bereits eine bestandskräftige Verwaltungsentscheidung vorliegt. Handelt es sich um eine Entscheidung der Verwaltung, bei der eine nochmalige Überprüfung oder Abänderung zugunsten des Betroffenen möglich ist, so ist der Petitionsausschuß berechtigt, der Landesregierung eine erneute Prüfung oder Abänderung der Verwaltungsentscheidung zu empfehlen.

§ 10
Verhältnis zu den Gerichten

(1) Der Petitionsausschuß kann von den Gerichten mündliche und schriftliche Auskünfte und die Vorlage von Akten im Wege der Rechts- oder Amtshilfe verlangen. Er hat ferner die Befugnis, Art und Umfang der Dienstaufsicht über die Gerichte zu kontrollieren.

(2) Es ist dem Petitionsausschuß versagt, in schwebende Gerichtsverfahren einzugreifen. Unberührt hiervon bleibt das Recht des Petitionsausschusses, in einem Verfahren, in dem das Land Brandenburg oder eine Behörde, Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des Landes Brandenburg Partei ist, der Landesregierung oder über die Landesregierung dieser Behörde bzw. juristischen Person im Rahmen des Aufsichtsrechts der Landesregierung zu empfehlen, sich als Partei in dem Verfahren in bestimmter Weise zu verhalten.

(3) Nach Abschluß eines Verfahrens durch rechtskräftiges Urteil, das eine Maßnahme der Verwaltung für rechtmäßig erklärt hat, bleibt es dem Petitionsausschuß unbenommen, in besonders gelagerten Fällen die Zweckmäßigkeit der Maßnahme zu überprüfen und der Landesregierung eine Abänderung der Verwaltungsentscheidung zu empfehlen. Eine Grenze findet dieses Recht des Petitionsausschusses dort, wo Rechtsvorschriften der Verwaltung das in der Petition angegriffene Verfahren zwingend vorschreiben oder ihr eine nachträgliche Änderung ihrer Entscheidung verbieten.

§ 11
Überweisung von Petitionen

Der Petitionsausschuß kann solche Petitionen, die in den Zuständigkeitsbereich des Europaparlaments, des Deutschen Bundestages oder eines anderen Landesparlaments fallen, an diese verweisen. Der Petent ist hierüber zu unterrichten. Die Einspruchsmöglichkeit des Petenten ist zu gewährleisten.

§ 12
Bericht über die Arbeit des Petitionsausschusses

(1) Der Landtag nimmt mindestens jährlich einen Bericht über die Arbeit des Petitionsausschusses entgegen. Auf Wunsch einer Fraktion oder von zehn Mitgliedern des Landtages ist dem Parlament über die Arbeit des Petitionsausschusses auch darüber hinaus zu berichten. Die Berichte des Ausschusses können mündlich oder in Schriftform erstattet werden.

(2) Mindestens vierteljährlich sind die Beschlüsse des Ausschusses in einer Übersicht dem Landtag zur Kenntnis zu geben.

§ 13
Nicht erledigte Petitionen

Petitionen, die am Ende einer Legislaturperiode noch nicht abschließend behandelt worden sind, gelten auch innerhalb der darauffolgenden Wahlperiode als eingegangen, ohne daß es einer erneuten Eingabe des Petenten bedarf.

§ 14
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

Potsdam, den 13. Dezember 1991

Der Ministerpräsident
Dr. Stolpe