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Gesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst im Land Brandenburg (Landesgleichstellungsgesetz - LGG)

Gesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst im Land Brandenburg (Landesgleichstellungsgesetz - LGG)
vom 4. Juli 1994
(GVBl.I/94, [Nr. 19], S.254)

Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Inhaltsübersicht

Erster Abschnitt
Allgemeine Vorschriften

§ 1 Ziel des Gesetzes
§ 2 Geltungsbereich
§ 3 Begriffsbestimmungen
§ 4 Grundsätze

Zweiter Abschnitt
Frauenförderung im öffentlichen Dienst

§ 5 Erstellung von Gleichstellungsplänen
§ 6 Mindestinhalt des Gleichstellungsplanes
§ 7 Stellenausschreibung
§ 8 Auswahlverfahren
§ 9 Einstellung und beruflicher Aufstieg
§ 10 Ausbildung
§ 11 Fortbildung
§ 12 Gremien
§ 13 Sprache

Dritter Abschnitt
Frauenförderung durch öffentliche Auftragsvergabe und staatliche Leistungsgewährung

§ 14 Auftragsvergabe
§ 15 Staatliche Leistungsgewährung

Vierter Abschnitt
Familiengerechte Arbeitszeit

§ 16 Familie und Lebensgemeinschaften
§ 17 Beurlaubung
§ 18 Teilzeitbeschäftigte
§ 19 Individuelle Arbeitszeitgestaltung

Fünfter Abschnitt
Gleichstellungsbeauftragte

§ 20 Bestellung der Gleichstellungsbeauftragten
§ 21 Widerruf der Bestellung
§ 22 Aufgaben und Kompetenzen der Gleichstellungsbeauftragten
§ 23 Widerspruchsrecht
§ 24 Dienstliche Stellung
§ 25 Kommunale Gleichstellungsbeauftragte

Sechster Abschnitt
Berichtspflicht, Übergangs- und Schlußvorschriften

§ 26 Berichtspflicht
§ 27 Übergangsvorschriften
§ 28 Rechte des Personalrates
§ 29 Rechte der Schwerbehinderten
§ 30 Inkrafttreten

Erster Abschnitt
Allgemeine Vorschriften

§ 1
Ziel des Gesetzes

Ziel dieses Gesetzes ist es, die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst zu erreichen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen und Männer zu fördern sowie die berufliche Situation von Frauen auch in der Privatwirtschaft zu verbessern.

§ 2
Geltungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt für die Verwaltung des Landes, für die der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie für die Eigenbetriebe, Krankenhäuser, Gerichte, den Landesrechnungshof und die Verwaltung des Landtages. Es gilt auch für den Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg unter Wahrung von Artikel 5 Abs. 1 Grundgesetz.

(2) Dieses Gesetz gilt für die Verwaltung der Gemeinden, Ämter und Landkreise nach Maßgabe des § 25 sowie für die Eigenbetriebe, Krankenhäuser, Zweckverbände und der Aufsicht der Gemeinden, Ämter und Landkreise unterstehenden Stellen.

(3) Dieses Gesetz gilt nicht für die Hochschulen.

§ 3
Begriffsbestimmungen

(1) Dienststellen im Sinne dieses Gesetzes sind die Behörden und Einrichtungen des Landes und die in § 2 genannten Stellen. Für die Schulen sind die Staatlichen Schulämter Dienststellen im Sinne dieses Gesetzes. Dienststelle im Sinne dieses Gesetzes ist der Ostdeutsche Rundfunk Brandenburg einschließlich seiner Studios und Sendeanlagen.

(2) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind Angestellte, Arbeiterinnen und Arbeiter, Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter sowie Auszubildende. Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind auch die Beschäftigten nach § 4 Abs. 1 bis 3 des Landespersonalvertretungsgesetzes. Auf den von § 4 Abs. 4 des Landespersonalvertretungsgesetzes ausgenommenen Personenkreis findet auch dieses Gesetz keine Anwendung. Das gleiche gilt für Wahlbeamtinnen und -beamte auf Zeit.

§ 4
Grundsätze

(1) Zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst sind Frauen nach Maßgabe dieses Gesetzes unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Vorranges von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung (Artikel 33 Abs. 2 Grundgesetz) zu fördern.

(2) Die Dienststellen sind verpflichtet, durch Gleichstellungspläne und sonstige Maßnahmen der Förderung auf die Gleichstellung von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst und auf die Beseitigung bestehender Unterrepräsentanzen hinzuwirken. Die Einzelfallgerechtigkeit ist zu wahren. Die Erfüllung dieser Verpflichtung ist besondere Aufgabe der Dienstkräfte mit Leitungsfunktionen und bei der Beurteilung ihrer Leistung einzubeziehen.

(3) Unterrepräsentanz nach Absatz 2 liegt dann vor, wenn in einer Lohngruppe, Vergütungsgruppe oder Besoldungsgruppe innerhalb einer Laufbahn oder Berufsgruppe weniger Frauen als Männer beschäftigt sind.

Zweiter Abschnitt
Frauenförderung im öffentlichen Dienst

§ 5
Erstellung von Gleichstellungsplänen

(1) Für jede Dienststelle mit mehr als zwanzig Beschäftigten ist ein Gleichstellungsplan zu erstellen, der die Förderung der Gleichstellung und den Abbau von Unterrepräsentanz von Frauen zum Gegenstand hat. In Dienststellen mit weniger als zwanzig Beschäftigten kann ein Gleichstellungsplan aufgestellt werden. Der Gleichstellungsplan ist einvernehmlich von der Leitung der Dienststelle und der Gleichstellungsbeauftragten zu erstellen. Ist in einer Dienststelle eine Gleichstellungsbeauftragte nicht bestellt, ist die nächsthöhere Dienststelle zuständig.

(2) Wird zwischen der Leitung der Dienststelle und der Gleichstellungsbeauftragten kein Einvernehmen erzielt, entscheidet auf Verlangen der Gleichstellungsbeauftragten die nächsthöhere Dienststelle. Wird zwischen der Leitung einer obersten Landesbehörde und der Gleichstellungsbeauftragten kein Einvernehmen erzielt, entscheidet die Leitung. Die Entscheidung soll innerhalb von drei Wochen ergehen.

(3) Nächsthöhere Dienststelle nach Absatz 2 ist

  1. bei Dienststellen der Landesverwaltung die Dienststelle, die die Dienstaufsicht ausübt,
  2. bei den der Aufsicht des Landes unterstehenden öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen die Dienststelle, die die Rechtsaufsicht ausübt,
  3. bei den Gerichten das Ministerium der Justiz oder das für Arbeit und Soziales zuständige Ministerium im Bereich ihrer jeweiligen Zuständigkeiten.

(4) In den Gemeinden mit eigener Verwaltung, Ämtern und Landkreisen sind Gleichstellungspläne einvernehmlich von den für Personalangelegenheiten zuständigen Stellen und den kommunalen Gleichstellungsbeauftragten zu erstellen. Wird auf diese Weise kein Einverständnis erzielt, entscheidet nach Anhörung der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten die Vertretung der kommunalen Körperschaft.

(5) In den Eigenbetrieben, Krankenhäusern, Zweckverbänden und der Aufsicht der Gemeinden, Ämter und Landkreise unterstehenden Stellen sind Gleichstellungspläne von den für Personalangelegenheiten zuständigen Stellen und den nach diesem Gesetz zu bestellenden Gleichstellungsbeauftragten zu erstellen. Wird auf diese Weise kein Einverständnis erzielt, gilt Absatz 4 Satz 2 zweiter Halbsatz entsprechend.

(6) In den der Rechtsaufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gilt Absatz 5 Satz 1 entsprechend. Wird auf diese Weise kein Einverständnis erzielt, entscheidet das geschäftsführende Organ.

(7) In der Verwaltung des Landtages wird der Gleichstellungsplan von dem Direktor oder der Direktorin des Landtages im Einvernehmen mit der Gleichstellungsbeauftragten erstellt. Wird auf diese Weise kein Einverständnis erzielt, entscheidet der Präsident oder die Präsidentin des Landtages.

(8) Das Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 geht dem Verfahren über die Mitbestimmung des Personalrates bei organisatorischen Angelegenheiten nach dem Personalvertretungsgesetz voraus. Dies gilt auch für die Verfahren nach den Absätzen 4 bis 7.

(9) Der Gleichstellungsplan ist in der Dienststelle, für die er erstellt ist, bekanntzumachen.

§ 6
Mindestinhalt des Gleichstellungsplanes

(1) Der Gleichstellungsplan ist für jeweils vier Jahre zu erstellen und nach jeweils zwei Jahren der aktuellen Entwicklung anzupassen. Die Anpassung erfolgt entsprechend § 5.

(2) Grundlagen des Gleichstellungsplanes sind eine Bestandsaufnahme und Analyse der Beschäftigtenstruktur sowie eine Schätzung der im Geltungszeitraum zu besetzenden Stellen und möglichen Beförderungen und Höhergruppierungen. Für diese Analyse sind folgende Angaben zu erheben:

  1. die Zahl der in der Dienststelle beschäftigten Frauen und Männer, getrennt nach Besoldungs-, Vergütungs- und Lohngruppen sowie Laufbahnen und Berufsgruppen,
  2. die Zahl der mit Teilzeitbeschäftigten besetzten Stellen, getrennt nach Geschlecht, Besoldungs-, Vergütungs- und Lohngruppen sowie nach Laufbahnen und Berufsgruppen,
  3. die Zahl der Auszubildenden, getrennt nach Geschlecht, Laufbahn oder Berufsgruppe und Ausbildungsberuf,
  4. die Zahl der voraussichtlich neu zu besetzenden Stellen oder möglichen Höhergruppierungen und Beförderungen.

(3) Der Gleichstellungsplan enthält für jeweils zwei Jahre verbindliche Zielvorgaben bezogen auf den Anteil der Frauen bei Einstellungen, Beförderungen und Höhergruppierungen mit dem Ziel, den Frauenanteil in Bereichen zu erhöhen, in denen sie unterrepräsentiert sind. Wenn personalwirtschaftliche Regelungen vorgesehen sind, die Stellen sperren oder zum Wegfall bringen, ist durch den Gleichstellungsplan anzustreben, daß der Frauenanteil in dem betreffenden Bereich nicht sinkt.

(4) Der Gleichstellungsplan soll ferner enthalten:

  1. Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen,
  2. Maßnahmen zur Aufwertung der Tätigkeit auf Arbeitsplätzen, die überwiegend mit Frauen besetzt sind, jedoch nur im Rahmen des Stellenplanes der Dienststelle,
  3. Vorgaben für Fortbildungsmaßnahmen,
  4. Regelungen zur umfassenden Unterrichtung der Beschäftigten über Gleichstellungsthemen.

(5) Wird der Gleichstellungsplan in bezug auf die Einstellung und Beförderung von Frauen innerhalb des vorgesehenen Zeitraums nicht erfüllt, bedarf es bis zu seiner Erfüllung bei jeder weiteren Einstellung oder Beförderung eines Mannes in einem Bereich, in dem Frauen unterrepräsentiert sind, der Zustimmung der Stelle, die bei fehlendem Einvernehmen über den Gleichstellungsplan entscheidet (§ 5 Abs. 2).

§ 7
Stellenausschreibung

(1) Alle Stellen sind grundsätzlich auszuschreiben. In Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, hat die Ausschreibung auch öffentlich zu erfolgen. Im Einvernehmen mit der Gleichstellungsbeauftragten kann bei Vorliegen besonderer Gründe hiervon abgesehen werden.

(2) Bei Stellenausschreibungen ist sowohl die männliche als auch die weibliche Form zu verwenden, es sei denn, ein bestimmtes Geschlecht ist unverzichtbare Voraussetzung für die Tätigkeit.

(3) Auf bestehende Möglichkeiten zur Teilzeitbeschäftigung ist in der Ausschreibung hinzuweisen. Das gilt auch für Vorgesetzten- und Leitungsaufgaben.

(4) In allen Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, sind sie besonders aufzufordern, sich zu bewerben. Liegen nach der ersten Ausschreibung keine Bewerbungen von Frauen vor, die die geforderten Qualifikationen nachweisen, kann die Stelle auf Verlangen der Gleichstellungsbeauftragten erneut ausgeschrieben werden.

§ 8
Auswahlverfahren

In Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, sind alle Bewerberinnen oder mindestens ebensoviele Frauen wie Männer zum Vorstellungsgespräch zu laden, sofern sie die für die Stelle erforderliche Qualifikation besitzen.

§ 9
Einstellung und beruflicher Aufstieg

(1) Bei Einstellung, Beförderung, Höhergruppierung und Übertragung höherbewerteter Dienstposten und Arbeitsplätze dürfen zum Nachteil der Betroffenen nicht berücksichtigt werden:

  1. der Familienstand,
  2. die zeitliche Belastung durch Elternschaft, durch die Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger oder die Absicht, von der Möglichkeit einer Ermäßigung der Arbeitszeit Gebrauch zu machen,
  3. die Einkommenssituation des Partners oder der Partnerin,
  4. die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit, die Reduzierung der Arbeitszeit oder die Verzögerung des Abschlusses einzelner Ausbildungsgänge aufgrund der Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen.

(2) Durch Familien- und soziale Arbeit erworbene Erfahrungen und Fähigkeiten sind bei der Qualifikation zu berücksichtigen, wenn sie für die vorgesehenen Tätigkeiten dienlich sind.

(3) Fragen nach Vorliegen einer Schwangerschaft, nach der Familienplanung oder danach, wie die Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen neben der Berufstätigkeit gewährleistet werden kann, sind unzulässig.

§ 10
Ausbildung

Ausbildungsplätze sollen in beruflichen Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, mindestens zur Hälfte an Frauen vergeben werden. In diesen Bereichen sind Frauen zusätzlich zur Ausschreibung besonders zu motivieren, sich um Ausbildungsplätze zu bewerben.

§ 11
Fortbildung

(1) Die Teilnahmeplätze für Fortbildungsveranstaltungen sollen zur Hälfte mit Frauen besetzt werden. Für weibliche Beschäftigte sind besondere Fortbildungsveranstaltungen anzubieten, die eine weitere Qualifizierung ermöglichen und auf die Übernahme von Tätigkeiten vorbereiten, bei denen Frauen unterrepräsentiert sind.

(2) Die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen ist auch Beschäftigten mit Familienpflichten und Teilzeitbeschäftigten zu ermöglichen.

(3) Fortbildungsprogramme, insbesondere für Beschäftigte mit Leitungsfunktionen und solche im Personalwesen, haben dieses Gesetz als Unterrichtsgegenstand vorzusehen.

(4) Frauen sind verstärkt als Dozentinnen bei Fortbildungsmaßnahmen einzusetzen.

§ 12
Gremien

(1) In allen Beratungs- und Entscheidungsgremien im Bereich der unmittelbaren und mittelbaren Landesverwaltung sollen mindestens die Hälfte der Mitglieder Frauen sein. Gremien im Sinne von Satz 1 sind insbesondere Beiräte, Kommissionen, Ausschüsse, Verwaltungs- und Aufsichtsräte sowie sonstige Kollegialorgane und vergleichbare Mitwirkungsgremien unabhängig von ihrer Bezeichnung und davon, ob die Mitglieder gewählt werden. Mitglieder kraft Amtes sind von dieser Regelung ausgenommen.

(2) Bei der Bestellung, Berufung oder Ernennung von Gremienmitgliedern im Bereich der unmittelbaren oder mittelbaren Landesverwaltung sollen die Vorschläge oder Vorschlagsrechte der entsendenden Organe, Behörden, Dienststellen oder sonstigen Einrichtungen des Landes so ausgestaltet werden, daß zur Hälfte Frauen vorzuschlagen oder zu benennen sind oder mindestens in jeder zweiten Amtsperiode eine Frau vorzuschlagen oder zu benennen ist.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend für die Entsendung von Vertreterinnen und Vertretern in Gremien außerhalb der Landesverwaltung durch Organe, Behörden, Dienststellen oder sonstige Einrichtungen des Landes.

(4) Die Regelungen des § 50 Gemeindeordnung und des § 44 Landkreisordnung bleiben unberührt.

§ 13
Sprache

(1) Gesetze und andere Rechtsvorschriften haben sprachlich der Gleichstellung von Frauen und Männern Rechnung zu tragen.

(2) Im dienstlichen Schriftverkehr ist bei der Formulierung besonders auf die Gleichbehandlung von Frauen und Männern zu achten.

(3) In Vordrucken sind geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen zu verwenden. Sofern diese nicht gefunden werden können, ist die weibliche und männliche Sprachform zu verwenden.

Dritter Abschnitt
Frauenförderung durch öffentliche Auftragsvergabe und staatliche Leistungsgewährung

§ 14
Auftragsvergabe

(1) Beim Abschluß von Verträgen über Leistungen mit einem Aufwand von über 100 000 Deutsche Mark soll bei gleichwertigen Angeboten derjenige Anbieter bevorzugt werden, der sich der Gleichstellung von Frauen im Erwerbsleben angenommen hat.

(2) Das Nähere regelt eine Rechtsverordnung der Landesregierung.

§ 15
Staatliche Leistungsgewährung

(1) Bei der Gewährung von freiwilligen Leistungen an Arbeitgeber nach Landesrecht soll in geeigneten Fällen die Förderung der Beschäftigung von Frauen berücksichtigt werden.

(2) Das Nähere regelt eine Rechtsverordnung der Landesregierung.

Vierter Abschnitt
Familiengerechte Arbeitszeit

§ 16
Familie und Lebensgemeinschaften

Die Regelungen nach § 11 Abs. 2, §§ 17 und 19 gelten unabhängig vom Familienstand für Lebensgemeinschaften mit Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen.

§ 17
Beurlaubung

(1) Angestellte, Arbeiterinnen und Arbeiter haben in entsprechender Anwendung des § 48 des Beamtengesetzes für das Land Brandenburg Anspruch auf Beurlaubung aus familiären Gründen ohne Vergütung oder Lohn. Weitergehende tarifvertragliche Regelungen bleiben unberührt. Nach Beendigung der Beurlaubung ist anzustreben, die Beurlaubten wieder an ihrem alten Dienstort einzusetzen.

(2) Eine Beurlaubung aus familiären Gründen steht der Übertragung einer höherbewerteten Tätigkeit, soweit es mit dienstlichen Belangen vereinbar ist, nicht entgegen. Die Dienststelle hat eine beurlaubte Person in die engere Entscheidung über eine Maßnahme nach Satz 1 dieses Absatzes einzubeziehen, wenn die zuletzt erreichten Leistungen und der Zeitpunkt der letzten vor der Beurlaubung liegenden Maßnahme nach Satz 1 dieses Absatzes dies rechtfertigen.

(3) Während der Beurlaubung besteht die Möglichkeit der Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen. Beurlaubte sind in geeigneter Weise über die Fortbildungsprogramme zu informieren. Die Fortbildungsveranstaltungen sind dienstliche Veranstaltungen. Arbeitsentgelt wird den Beurlaubten aus Anlaß der Teilnahme nicht gewährt; eine Anrechnung auf die Beschäftigungs- und Dienstzeiten erfolgt nicht. Es besteht kein Anspruch auf Reisekosten- und Trennungsgeld.

(4) Beschäftigungsverhältnisse zur Überbrückung von dienstlichen Engpässen sind vorrangig Beschäftigten anzubieten, die aus familiären Gründen beurlaubt sind.

(5) Mit den Beurlaubten sind auf Antrag Beratungsgespräche zu führen, in denen sie über Einsatzmöglichkeiten während und nach der Beurlaubung informiert werden.

§ 18
Teilzeitbeschäftigte

(1) Teilzeitbeschäftigten sind die gleichen beruflichen Chancen wie Vollzeitbeschäftigten einzuräumen. Teilzeitbeschäftigung darf sich nicht nachteilig auf die dienstliche Beurteilung auswirken.

(2) Anträgen von Angestellten, Arbeiterinnen und Arbeitern auf Teilzeitbeschäftigung ist zu entsprechen, soweit nicht besondere dienstliche Belange entgegenstehen. Die Wahrnehmung von Vorgesetzten- und Leitungsaufgaben steht der Reduzierung der Arbeitszeit grundsätzlich nicht entgegen.

(3) Nach Ablauf einer befristeten Teilzeitbeschäftigung im Rahmen eines unbefristeten Beschäftigungsverhältnisses besteht ein Anspruch auf Rückkehr zur Vollzeitbeschäftigung unter Wahrung der Belange von anderen Teilzeitbeschäftigten. Teilzeitbeschäftigte aus familiären Gründen, die eine vorzeitige Rückkehr zur Vollzeitbeschäftigung oder diese erstmals anstreben, sind unter Beachtung ihrer Qualifikation vorrangig zu berücksichtigen.

(4) Wird eine Reduzierung der Arbeitszeit oder eine Beurlaubung ohne Vergütung oder Lohn beantragt, sind die Beschäftigten im Rahmen der allgemeinen Fürsorgepflicht auf Nachteile hinzuweisen, die insbesondere im Bereich der Renten- und Arbeitslosenversicherung und aufgrund tarifrechtlicher Regelungen eintreten können.

§ 19
Individuelle Arbeitszeitgestaltung

Im Rahmen der gesetzlichen, tarifvertraglichen oder sonstigen Regelungen der Arbeitszeit und der dienstlichen Möglichkeiten sind im Einzelfall Beschäftigten mit Familienpflichten auf begründeten Antrag geänderte tägliche und wöchentliche Arbeitszeiten einzuräumen.

Fünfter Abschnitt
Gleichstellungsbeauftragte

§ 20
Bestellung der Gleichstellungsbeauftragten

(1) In jeder Dienststelle mit mehr als zwanzig Beschäftigten ist aus dem Kreis der Beschäftigten eine Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen. Dies gilt nicht, soweit die Gemeinden mit eigener Verwaltung, Ämter und Landkreise nach § 23 Gemeindeordnung und § 21 Landkreisordnung kommunale Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen haben.

(2) Die Bestellung erfolgt durch die jeweilige Leitung nach mehrheitlichem Vorschlag der weiblichen Beschäftigten. Es sollen mindestens zwei Kandidatinnen vorgeschlagen werden.

(3) Ist aufgrund der zu geringen Anzahl der Beschäftigten eine Gleichstellungsbeauftragte nicht zu bestellen, ist die Gleichstellungsbeauftragte der nächsthöheren Dienststelle oder der Dienststelle zuständig, die die Rechtsaufsicht ausübt. Die Dienststelle ohne Gleichstellungsbeauftragte bestellt eine Vertrauensperson als Ansprechpartnerin für die Gleichstellungsbeauftragte der nächsthöheren Dienststelle.

(4) Die Gleichstellungsbeauftragte wird für vier Jahre mit der Möglichkeit der Verlängerung bestellt. Vor der Entscheidung über die Verlängerung muß das Votum der weiblichen Beschäftigten eingeholt werden.

(5) Für jede Gleichstellungsbeauftragte ist eine Vertreterin zu bestellen, die sie bei Abwesenheit und bei sonstiger Verhinderung vertritt. Die Absätze 2 und 4 gelten entsprechend.

§ 21
Widerruf der Bestellung

(1) Die Leitung der Dienststelle kann die Bestellung der Gleichstellungsbeauftragten nur widerrufen, wenn die Gleichstellungsbeauftragte ihre gesetzlichen Pflichten grob vernachlässigt hat. Auf Antrag der Mehrheit der weiblichen Beschäftigten oder auf Antrag der Gleichstellungsbeauftragten ist die Bestellung zu widerrufen.

(2) Absatz 1 gilt für die Vertreterin entsprechend.

§ 22
Aufgaben und Kompetenzen der Gleichstellungsbeauftragten

(1) Die Gleichstellungsbeauftragte unterstützt die Dienststelle bei der Durchführung und Einhaltung dieses Gesetzes, insbesondere bei folgenden Maßnahmen:

  1. Einstellungen, Beförderungen, Eingruppierungen, Höhergruppierungen, Versetzungen sowie Übertragungen höherwertiger Tätigkeiten einschließlich der Formulierung von Stellenausschreibungen, beim gesamten Auswahlverfahren sowie bei Vorstellungsgesprächen,
  2. sozialen, baulichen und organisatorischen Maßnahmen, die weibliche Beschäftigte in besonderem Maße oder anders als männliche Beschäftigte betreffen,
  3. Fortbildungsmaßnahmen,
  4. Arbeitsplatzgestaltung,
  5. Analyse der Beschäftigtenstruktur sowie Erstellung des Gleichstellungsplanes.

Die Wahrnehmung der Aufgaben nach Satz 1 setzt eine Einwilligung der Betroffenen nicht voraus.

(2) Die Gleichstellungsbeauftragte ist frühzeitig über die Maßnahmen zu unterrichten und anzuhören. Ihr ist innerhalb einer angemessenen Frist, die in der Regel eine Woche nicht unterschreiten darf, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Soweit die Maßnahme nach § 5 Abs. 2, 4, 5 und 6 oder § 23 Abs. 2 einer anderen Dienststelle zur Entscheidung vorgelegt wird, kann sie eine schriftliche Stellungnahme beifügen.

(3) Wird die Gleichstellungsbeauftragte nicht in der nach Absatz 2 vorgeschriebenen Weise an einer Maßnahme beteiligt, ist die Entscheidung über die Maßnahme auf Antrag der Gleichstellungsbeauftragten für eine Woche auszusetzen und die Beteiligung nachzuholen.

(4) Die Gleichstellungsbeauftragte erhält Einsicht in alle Akten, die Maßnahmen betreffen, an denen sie zu beteiligen ist. Soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben nach Absatz 1 erforderlich ist, ist die Dienststelle verpflichtet und berechtigt, der Gleichstellungsbeauftragten dabei auch personenbezogene Daten zu übermitteln. Bei Personalentscheidungen gilt dies auch für Bewerbungsunterlagen, einschließlich der von Bewerberinnen und Bewerbern, die nicht in die engere Auswahl einbezogen wurden, sowie für Personalakten.

(5) Der Gleichstellungsbeauftragten ist Gelegenheit zur Teilnahme an Besprechungen der Leitung der Dienststelle sowie an Sitzungen und Konferenzen ihrer Dienststelle zu geben, die Angelegenheiten ihres Aufgabenbereiches betreffen. Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(6) § 31 des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes gilt für die Gleichstellungsbeauftragte entsprechend.

(7) Die Gleichstellungsbeauftragte kann Sprechstunden durchführen und einmal im Jahr eine Versammlung der weiblichen Beschäftigten einberufen. Beschäftigte können sich ohne Einhaltung des Dienstweges an die Gleichstellungsbeauftragte wenden. Die Gleichstellungsbeauftragte kann sich in grundsätzlichen Angelegenheiten unmittelbar an die Leitung ihrer Dienststelle wenden.

(8) Die Gleichstellungsbeauftragte gilt als speichernde Stelle im Sinne von § 3 Abs. 4 Nr. 1 des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes. Für die Einhaltung der Vorschriften über den Datenschutz durch die Gleichstellungsbeauftragte ist auch die Dienststelle verantwortlich. § 24 Abs. 1 Satz 1 und 3 bleibt unberührt.

(9) Die Gleichstellungsbeauftragte ist berechtigt, personenbezogene Daten zu erheben, zu speichern und zu nutzen, soweit und solange dies zur Erfüllung der ihr durch dieses Gesetz zugewiesenen Aufgaben erforderlich ist. In den Fällen des Absatz 4 Satz 3 sind die Daten spätestens sechs Wochen nach Abschluß der Maßnahme zu löschen.

§ 23
Widerspruchsrecht

(1) Soweit bei Maßnahmen, an denen die Gleichstellungsbeauftragte zu beteiligen ist, gegen dieses Gesetz verstoßen oder durch Maßnahmen die Erfüllung des Gleichstellungsplanes der Dienststelle gefährdet wird, kann die Gleichstellungsbeauftragte der Maßnahme innerhalb einer Woche nach Kenntnis widersprechen. Die Leitung der Dienststelle hat erneut über den Vorgang zu entscheiden. Bis zur erneuten Entscheidung ist der Vollzug der Maßnahme auszusetzen. Die Entscheidung soll innerhalb von zehn Arbeitstagen ergehen.

(2) Wird dem Widerspruch der Gleichstellungsbeauftragten nicht abgeholfen, so ist auf ihren Antrag die Entscheidung der Stelle einzuholen, die nach § 5 Abs. 2, Abs. 4 Satz 2, Abs. 5 Satz 2 und Abs. 6 Satz 2 zur Entscheidung befugt ist. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend. Der Antrag ist innerhalb von drei Tagen ab Kenntnis der Widerspruchsentscheidung durch die Gleichstellungsbeauftragte geltend zu machen.

(3) Das Verfahren gemäß Absätze 1 und 2 geht einem Beteiligungsverfahren nach dem Personalvertretungsgesetz voraus.

§ 24
Dienstliche Stellung

(1) Die Gleichstellungsbeauftragte ist Teil der Dienststelle und übt ihre Aufgaben als dienstliche Tätigkeit aus. Die Regelungen über die Schweigepflicht gemäß Landesbeamtengesetz und den tarifrechtlichen Bestimmungen gelten auch für die Tätigkeit als Gleichstellungsbeauftragte. Im Rahmen ihrer rechtmäßigen Aufgabenerfüllung ist sie von Weisungen frei. Sie ist im erforderlichen Umfang von den übrigen dienstlichen Aufgaben zu entlasten.

(2) Die Gleichstellungsbeauftragte und ihre Stellvertreterin dürfen wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt werden. Das gilt auch für die berufliche Entwicklung. Durch die Tätigkeit als Gleichstellungsbeauftragte erworbene besondere Kenntnisse und Fähigkeiten sind bei der beruflichen Entwicklung zu berücksichtigen.

(3) Die Entlastung der Gleichstellungsbeauftragten wird durch organisatorische Maßnahmen im Rahmen der verfügbaren Planstellen und Stellen innerhalb der Dienststelle geregelt.

§ 25
Kommunale Gleichstellungsbeauftragte

Die Regelungen der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg über die Gleichberechtigung von Frau und Mann werden durch dieses Gesetz nicht berührt. Für die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten in Gemeinden, Ämtern und Landkreisen finden die §§ 20 bis 24 dieses Gesetzes keine Anwendung.

Sechster Abschnitt
Berichtspflicht, Übergangs- und Schlußvorschriften

§ 26
Berichtspflicht

(1) Die Landesregierung berichtet dem Landtag im Abstand von zwei Jahren, erstmalig dreißig Monate nach Inkrafttreten dieses Gesetzes, über die Durchführung dieses Gesetzes.

(2) Der Bericht gibt Auskunft über die bisherigen und geplanten Maßnahmen zur Durchführung dieses Gesetzes, insbesondere über die Entwicklung des Frauenanteils in den Besoldungs-, Vergütungs- und Lohngruppen in der Landesverwaltung. Der Bericht gibt auch Auskunft über Erfahrungen bei der Anwendung dieses Gesetzes und die Umsetzung von § 24 Abs. 1 Satz 4.

(3) Als Grundlage des Berichts der Landesregierung erstellt jede Dienststelle der Landesverwaltung sechs Monate vor Abgabe des Berichts eine Analyse der Beschäftigtenstruktur. Für die Analyse sind die nach § 6 Abs. 2 zu erhebenden Angaben maßgebend.

(4) Im Bereich der Kommunalverwaltung hat die Verwaltungsleitung eine Berichtspflicht gegenüber ihren gewählten Vertretungen. Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend.

§ 27
Übergangsvorschriften

(1) Die Gleichstellungspläne sind erstmals bis zum Ablauf von sechs Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes zu erstellen.

(2) Die Gleichstellungsbeauftragten sind erstmals bis zum Ablauf von drei Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes zu bestellen.

(3) Die bereits bestellten Gleichstellungsbeauftragten behalten ihre Funktion, jedoch nicht länger als zwei Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes. § 20 Abs. 4 gilt entsprechend.

§ 28
Rechte des Personalrates

Die Rechte des Personalrates nach dem Personalvertretungsgesetz für das Land Brandenburg bleiben unberührt.

§ 29
Rechte der Schwerbehinderten

Die Rechte der Schwerbehinderten werden durch dieses Gesetz nicht berührt.

§ 30
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Potsdam, den 4. Juli 1994

Der Präsident des Landtages Brandenburg
Dr. Herbert Knoblich